Martin Brunner, der Coordinator Development Europe der MLB, spricht im Interview mit SPOX über seine Aufgaben in Diensten der Major League Baseball und gibt ein Einblicke in die Talentförderung sowie die Entwicklung von Spielern und dem Sport insgesamt.
Ferner erinnert sich Brunner an die Anfänge der deutschen Major-League-Spieler Max Kepler und Donald Lutz. Zudem erklärt er die Faszination Baseball und bewertet den japanischen Superstar Shohei Ohtani und aktuelle deutsche Talente in den Minor Leagues.
SPOX: Herr Brunner, Ihr Titel bei der MLB ist "Coordinator Development Europe". Was muss man sich darunter vorstellen?
Martin Brunner: Die Major League Baseball will Europa dabei helfen, sich weiterzuentwickeln. Speziell "Development" bezieht sich immer auf die Spielerentwicklung. Wir haben Programme, um Europa mit Know-how zur Seite zu stehen, damit hier eben noch effektivere Programme aufgebaut werden können, um das Umfeld um den Athleten herum zu verbessern. Meine Aufgabe ist es, eben das zu koordinieren.
SPOX: Beschreiben Sie uns mal Ihre generellen Aufgaben.
Brunner: Wir veranstalten zum Beispiel Camps für 15-Jährige unter dem MLB-Logo. Ziel ist es, gerade in der Phase, in der gute Athleten so langsam aus dem Sport wegbrechen, ihnen eine Perspektive zu geben. Ihnen zu zeigen, wie Baseball als Karriere eine Chance bieten kann und dass es sich lohnt und greifbar ist.
spoxSPOX: Das ist aber noch nicht alles, was Sie machen ...
Brunner: Nein. Gleichzeitig arbeiten wir mit den Nationaltrainern und Volunteers aus diversen Ländern zusammen, um auch jene ein wenig unter unsere Fittiche zu nehmen und ihnen neue Inhalte mitzugeben. Wir versuchen, den Fokus auf die Spielerbetrachtung in der richtigen Altersgruppe zu lenken. Das lässt sich in Europa über die größeren Events gut regeln. Im Umfeld der Events bieten wir dann auch Lehrgänge an und versuchen über Gespräche mit den Verbänden, inhaltlich deren Strukturen zu professionalisieren.
Martin Brunner: "Habe die erste Baseball Academy in Europa gegründet"
SPOX: Wie lange machen Sie denn diesen Job schon und wie ist die MLB auf Sie persönlich aufmerksam geworden?
Brunner: Ich mache das jetzt seit fünf Jahren. Ich habe die erste Academy in Europa gegründet und diese hat spielerisch dermaßen für Furore gesorgt, dass sie ein Vorbild für ganz Europa wurde. Durch die gezeigten Leistungen hat man förmlich gemerkt, dass da etwas Positives passiert. Zudem sind Namen wie Donald Lutz und Max Kepler daraus hervorgegangen. Das sorgte für gewisse Aufmerksamkeit. Aber letztendlich ist es so - das ist auch auf gewissem Niveau in jeder Sportart gleich - die Elite kennt sich untereinander. Also ist es auch nicht überraschend gekommen, sondern war eine Entwicklung, dass die MLB auf mich aufmerksam geworden ist und mich angesprochen hat.
SPOX: Sie haben die Akademie in Regensburg angesprochen. Was macht die Legionäre zu solch einer Talentschmiede? Mit Niklas Rimmel werden es nun zwölf Spieler sein, die aus Regensburg den Sprung in die USA geschafft haben.
Brunner: Es gibt mittlerweile sicher auch viele andere gute Akademien in Europa. Die Holländer haben zum Beispiel jetzt fast ihre komplette Junioren-Nationalmannschaft in einer Akademie zusammen. Was Regensburg auszeichnet, ist ein gewisser Know-how-Vorsprung. Hier ist eine ganz tolle Kultur entstanden, in der sich Spieler untereinander gepusht und nicht ablenken lassen haben. Es herrscht eine tolle Teamkultur. Zudem besteht immer ein Austausch nach oben. Die neuen Entwicklungen im Sport kommen sehr schnell in diesem Zentrum an.
Regensburger Talente, die den Sprung in die USA geschafft haben
Jahr | Spieler | Position | MLB-Organisation |
2007 | Rodney Gessmann | Pitcher | Minnesota Twins |
2008 | Ludwig Glaser | Third Baseman | Los Angeles Angels |
2008 | Donald Lutz | First Baseman/Outfielder | Cincinnati Reds |
2008 | Mike Bolsenbroek | Pitcher | Philadelphia Phillies |
2009 | Jakub Sladek | First Baseman | Philadelphia Phillies |
2009 | Max Kepler | Outfielder | Minnesota Twins |
2012 | Daniel Thieben | Pitcher | Seattle Mariners |
2014 | Julsan Kamara | Outfielder/Catcher | Philadelphia Phillies |
2014 | Sven Schüller | Pitcher | Los Angeles Dodgers |
2014 | Maik Ehmke | Outfielder | Arizona Diamondbacks |
2016 | Pascal Amon | Outfielder | Los Angeles Dodgers |
2018 | Niklas Rimmel | Pitcher | Minnesota Twins |
SPOX: Wie funktioniert dieser Austausch?
Brunner: Es geht hier vor allem ums Sportfachliche. Mit den neuen Technologien - die Klubs haben stark in Research and Development investiert, vor allem in den USA - hat sich Baseball in den letzten zehn Jahren gigantisch weiterentwickelt. Wenn man dann mit den Klubs eng zusammen- und teilweise auch für sie arbeitet, kriegt man wahnsinnig viel mit. In einem großen Baseball-Land wie den USA dauert es zwar ewig, bis neue Erkenntnisse dann bis ganz unten in der Little League ankommen, aber in Deutschland sieht das anders aus.
SPOX: Inwiefern?
Brunner: Der Talentpool ist kleiner - deutlich kleiner. Das wiederum ist aber auch unsere Stärke, denn so können wertvolle Informationen schneller unten an der Basis ankommen. Durch diese Akademien hat man dann schneller guten Durchlauf. Das ist mit Sicherheit der größte Faktor für den Standort in Regensburg.
SPOX: Inwiefern spielt da das Spieler-Scouting mit rein?
Brunner: Natürlich muss man auch schauen, dass man die Richtigen fördert. Das haben die Regensburger sicherlich gut gemacht. Sie haben Athleten gefunden, für die es sich lohnt, solch einen Aufwand zu betreiben. Aber der Talentpool ist natürlich so dünn, dass jeder, der im Baseball in Deutschland unterwegs ist, schon weiß, wer förderungswürdig ist.
SPOX: Woran merkt man, wer förderungswürdig ist? Schaut man hauptsächlich auf spezielle Daten oder ist dann doch das "Auge" entscheidend?
Brunner: Es ist immer eine Gesamtbetrachtung. Es geht nicht darum, wie gut jemand mit 13 oder 14 ist. Die Frage ist immer: Wie gut ist jemand in zehn Jahren? Wenn jemand schon groß und kräftig ist, hat er biologisch bedingt automatisch einen Vorteil gegenüber den anderen in der Altersklasse. Aber mit 17 haben ihn die anderen dann auch wieder eingeholt. Somit reichen Zahlen wie der Schlagdurchschnitt nicht. Man muss mehr darauf schauen - und das ist sehr subjektiv - welche athletischen Fähigkeiten jemand hat. Wie schätzt man seine körperliche Entwicklung ein? Da braucht es dann schon eine gewisse Erfahrung und ein gutes Auge, um etwa zu erkennen, was jemand schon an sogenannten "Tools" hat. Man schaut zum Beispiel, wie schnell jemand ist. All das schränkt dann den Aufwand letztlich ein.
SPOX: Welche Rolle spielt in dem Zusammenhang die Persönlichkeit eines Spielers?
Brunner: Das ist immer ein Zwiespalt. Wenn wir ein Überangebot an Athleten hätten, wäre es völlig klar, dass nur das mentale, das charakterliche, das "Makeup" eines Spielers entscheidend wäre. Die Frage ist nämlich schon, wie jemand Talent definiert und ob sich der Spieler durchbeißen kann. Hat er das nötige Durchhaltevermögen? Ein großes Maß an Eigenmotivation kann viele körperliche Dinge ausstechen und ist vermutlich sogar das Wichtigste. Aber es ist natürlich auch so, dass, wenn ich es körperlich einfach nicht draufhabe, ich noch so ein korrekter Spieler sein kann, der alles richtigmacht und komme dann trotzdem nicht weit. Es ist also eine Kombination aus beidem ... Aber man unterschätzt gerade bei 13- oder 14-Jährigen in der Akademie, wie viel man sich tatsächlich erarbeiten kann in den Jahren.
SPOX: Haben Sie dafür ein Beispiel?
Brunner: Donald Lutz ist ein gutes Beispiel. Im Nachhinein kannte ihn jeder, aber am Anfang in der Academy war er nicht besonders interessant. Es hat sich eigentlich keiner gemeldet, der mit ihm sprechen wollte. Aber nach nur einem Jahr hat er gelernt, sich besser zu bewegen. Und da er sich ein paar athletische Dinge erarbeitet hat, die vorher bei ihm noch nicht ersichtlich waren, wurde er auf einmal interessant. Es ist auch einfach das Wichtigste, sich auf dem nächsten Level korrigieren zu können, um erfolgreich zu spielen und sich weiterzuentwickeln. Das hat letztlich den Ausschlag gegeben, dass Klubs auf ihn aufmerksam geworden sind. Donald Lutz hat es sich im wahrsten Sinne des Wortes selbst erarbeitet, letzten Endes in die Major League zu kommen.
Donald Lutz in der MLB
Jahr | Team | Spiele | HR | RBI | OPS |
2013 | Cincinnati Reds | 34 | 1 | 8 | .565 |
2014 | Cincinnati Reds | 28 | 0 | 1 | .477 |
Gesamt | 62 | 1 | 9 | .523 |
SPOX: Worin liegt letztlich die Schwierigkeit, Talent im Baseball schon in frühem Alter einzuschätzen? Im Fußball oder Football kann man das ja meist schon eher sagen.
Brunner: Ich bin mir nicht sicher, ob das in anderen Sportarten nicht auch schwer ist. Aber speziell im Baseball muss man so viele verschiedene Sachen können. Den Ball treffen, ihn fangen ... Zudem läuft man nicht nur geradeaus, sondern muss sich auch seitlich gut bewegen können. Vielleicht ist auch einer dabei, der wahnsinnig schnell Technik lernt. Und dann ist man auch ein tolles Talent, denn Technik ist schon eine große Komponente im Baseball. Im Gegensatz dazu kann ich den schönsten Schwung haben, treffe aber keinen Ball. Das hilft auch nicht. Es gibt wahnsinnig viele Faktoren, die einen wirklich guten Baseballspieler ausmachen. Da sich aber die kognitiven Eigenschaften in dem Alter nur schwer bewerten lassen, bin ich mir nicht sicher, ob wirklich jemand sagen kann, wie gut ein Spieler ist, wenn er zehn oder elf ist - oder 13 und 14. Ich bin mir nicht sicher, ob unser Auswahlverfahren tatsächlich zuverlässig ist.
SPOX: Wie könnte man es denn verbessern?
Brunner: Grundsätzlich wäre es mir viel lieber, wenn alle Athleten in Deutschland fast alle Sportarten ausüben würden bis sie zehn Jahre alt sind. Dann sollten sie ein, zwei Sportarten rauspicken, die sie richtig ausüben. Und mit 14 entscheiden sie sich dann für die eine Sportart, die sie am allerliebsten betreiben wollen. Dann nämlich würden wir noch viel mehr Weltstars herausbringen als momentan. Und nicht alle würden nur beim Fußball landen.
SPOX: Sie haben bereits einige sehr gute Spieler gesehen und ausgebildet. Daher frage ich mal konkret: Wer sind die nächsten Spieler, die den Sprung aus Deutschland in die Staaten schaffen können?
Brunner: Es gibt ungefähr 5000 bis 6000 Jobs in den Staaten, um Baseball zu spielen. Und es gibt weltweit fast so viele Baseball- wie Fußballspieler. Es streben natürlich alle danach, in die beste Liga der Welt zu kommen. Im Baseball gibt es eben nur eine Liga und nicht zehn wie im Fußball. Und sobald ich Profi werden will, um wenigstens in den Minor Leagues zu spielen, befinde ich mich im Konkurrenzkampf mit dem Rest der Welt. Es gibt also relativ wenig Platz. Aber es gibt definitiv diese Talente in Deutschland und Europa.
SPOX: Reden wir mal über die Spieler, die bereits in den Minors aktiv sind. Wer hat von denen die besten Perspektiven?
Brunner: Momenten ist aus Europa sicherlich Sven Schüller am nächsten dran an den Majors. In ein, zwei Jahren könnte er vielleicht den Schritt machen, um auf Donald und Max zu folgen. Es sieht ganz gut aus und ich denke, dass muss jetzt auch in den nächsten, ein, zwei Jahren passieren. Er muss sich weiter so toll wie bisher weiterentwickeln, denn die Konkurrenz im Baseball ist einfach gigantisch. Da kommen jedes Jahr so viele neue, talentierte Spieler dazu. Man muss konstant Entwicklung zeigen.
SPOX: Wie sieht es bei Pascal Amon aus?
Brunner: Pascal Amon ist auf einem guten Weg. In einem Jahr hat er sich körperlich und auch Baseball-technisch gigantisch weiterentwickelt. Und immer wenn man Entwicklung sieht, ist der Spieler interessant. Dann ist er ein Pferd, auf das man gerne wetten möchte. Wenn es dagegen Stillstand gibt, kann man auch ganz schnell raus sein aus dem Profibaseball.
SPOX: Verfolgen Sie die Entwicklung von Shohei Ohtani, dem Japaner, der sowohl als Pitcher als auch als Designated Hitter spielt?
Brunner: Ja.
SPOX: Wir haben vor kurzem im SPOX-Interview mit Niklas Rimmel geprochen und der erzählte, dass man sich vor der Aufnahme in die Akademie in Regensburg festlegen muss, ob man als Hitter oder als Pitcher spielen will. Wenn Sie jetzt Ohtani betrachten, würden Sie diese Maßgabe nochmal überdenken?
Brunner: Überdenken würde ich das nicht nochmal. Mit 13 oder 14 Jahren arbeitet man am besten an allen Aspekten weiter. Denn in die Akademie werden am ehesten Athleten aufgenommen, nicht etwa fertige Spieler. Wenn man dann erstmal ein, zwei Jahre in der Akademie mit einem Spieler zusammenarbeitet, findet man auch heraus, wie so ein Athlet funktioniert und zu welcher Position seine athletischen Eigenschaften am besten passen. Diese Position gilt es dann herauszuarbeiten.
"Shohei Ohtani ist der neue Babe Ruth"
SPOX: Wie bewerten Sie Ohtani insgesamt als Spieler?
Brunner: Es ist relativ selten, dass ein Pitcher auch richtig gut hauen kann, denn Pitcher arbeiten nicht so richtig daran. Bei Ohtani ist das etwas anderes. Er ist der neue Babe Ruth. Ich habe ihn selber noch in Japan spielen sehen, bevor er so richtig groß geworden ist. Er ist ein absoluter Ausnahmeathlet. Es wird noch spannend, wie sich das entwickelt bei ihm. Denn die Belastungen, eine Position zu spielen, schlagen zu gehen als Designated Hitter und auch Pitcher zu sein ... da zieht er sich schon ziemlich große Schuhe an, denn das hat seit 50 Jahren keiner geschafft. Aber er ist ein außergewöhnlicher Mensch und hat einen unglaublich tollen Charakter. Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass der zu keinem Zeitpunkt irgendwie negativ auffallen könnte, weil er einfach ein echter Musterknabe ist.
SPOX: Kommen wir mal auf Max Kepler zu sprechen. War bei ihm eigentlich schon früh abzusehen, dass er es mal in die Big Leagues schafft?
Brunner: Das haben wir uns alle von Anfang an so vorgestellt. Ganz klar. Stellen Sie sich vor, Sie sprinten über 60 Meter, so schnell Sie können, aber weil Sie athletisch so gut sind, strengt Sie das nicht so an, sodass Sie direkt danach mit jemandem reden können, weil Sie nicht mal außer Atem sind. Das ist so eine Situation, die mir beim Max stark in Erinnerung geblieben ist. Haben wir es gewusst? Nein, aber wir haben es gehofft. Denn von allen, die einen Profivertrag unterschreiben, schaffen es drei Prozent in die MLB, die restlichen 97 bleiben irgendwo auf der Strecke.
SPOX: Wie sehen Sie denn Keplers Entwicklung bisher?
Brunner: Ich bin schwer beeindruckt. Er hat bisher alles gut gemeistert. Er hat zwei Jahre in Folge annähernd 20 Homeruns geschlagen. Das zweite Jahr ist nämlich eigentlich das schwierigste, weil die Liga den Spieler dann kennt. Die wissen alles, was es überhaupt über dich zu wissen gibt. Das heißt: im zweiten Jahr bist du transparent. Es schaffen nur wenige, auch dann noch erfolgreich zu sein. In die Majors zu kommen ist verglichen damit, da auch zu bleiben, verhältnismäßig einfach.
Max Kepler in der MLB
Jahr | Team | Spiele | HR | RBI | OPS |
2015 | Minnesota Twins | 3 | 0 | 0 | .286 |
2016 | Minnesota Twins | 113 | 17 | 63 | .734 |
2017 | Minnesota Twins | 147 | 19 | 69 | .737 |
Gesamt | 263 | 36 | 132 | .732 |
SPOX: Gab es einen Moment, der für Sie besonders heraus stach?
Brunner: Ich habe noch in Erinnerung, wie er im letzten Jahr gegen CC Sabathia von den Yankees einen Homerun geschlagen hat. Dass Max da Linkshänder gegen Linkshänder einem Superstar einen Homerun abnimmt, das sind schon Momente, die aufhorchen lassen. Da hat er schon bewiesen, dass er wirklich in die Liga gehört.
SPOX: Was trauen Sie Max Kepler in Zukunft zu, speziell in dieser Saison?
Brunner: Ich denke, dass er an seine bisherigen Leistungen anknüpfen kann und, dass mehr in ihm drinsteckt, als wir bis jetzt gesehen haben. Seine Entwicklung wird noch weitergehen. Wenn er fokussiert bleibt und auch noch die letzte Motivation hat, gleichzeitig so ein korrekter, bescheidener Kerl bleibt, traue ich ihm zu, dass er in drei Jahren im All-Star Game spielt.
SPOX: Was halten Sie vom Tim-Tebow-Experiment, das die Mets gerade am Laufen haben?
Brunner: Ich bin ein Fan von guter Physis. Aber man hat damals schon bei Michael Jordan, einem der besten Athleten überhaupt, gesehen, wie schwer Baseball ist. Aber einen so guten Athleten wie Tebow Baseball spielen zu sehen, halte ich für total spannend, obgleich ich auch ein wenig die Stirn runzle, ob es da nur um den Sport geht. Auf der anderen Seite lebt Baseball von den Medien, mit allem Drum und Dran. Er hat natürlich einen extrem schweren Stand. Die Messlatte liegt wahnsinnig hoch bei ihm. Doch es bringt auch Aufmerksamkeit, was wiederum gut fürs Spiel ist.
Brunner: "Baseball ist für mich wie Formel 1"
SPOX: Wie könnte man denn den Sport Baseball in Deutschland populärer machen?
Brunner: Wenn man mal leibhaftig spürt, wie es ist, wenn man den Ball gut getroffen hat, dann weiß man, warum wir so verrückt danach sind und warum wir den ganzen Tag dem Ball hinterherlaufen wollen. Baseball ist für mich wie die Formel 1: Es gibt ganz wenige Spieler oder Fahrer und Millionen Zuschauer. Aber Baseball muss man erleben oder mal selber gespielt haben, um diese Faszination zu kriegen, damit er hier einfach insgesamt populärer wird. Man muss es wahrnehmen und auch mal ausprobieren. Die Kombination, denke ich, macht Baseball groß - auch in Europa.
SPOX: Was macht für Sie die Faszination Baseball aus?
Brunner: Faszinierend ist es, welch unglaubliches Glücksgefühl es ist, eine extrem schwierige Aufgabe im Spiel zu meistern. Wenn man es schafft, obwohl eigentlich alle physikalischen Prinzipien dagegensprechen, dass man es kann. Das Gefühl, den Ball zu treffen reicht eigentlich allein, um es jeden Tag wiederhaben zu wollen. Außerdem kannst du dich in einem Spiel nicht verstecken. Auch der schlechteste Spieler auf dem Feld muss an den Schlag. Das macht auch diesen unglaublichen Teamgeist aus, obwohl es immer eine Eins-gegen-Eins-Situation ist. Nur der Pitcher ist immer auf sich allein gestellt. Es ist eine sehr individuelle Sportart, aber innerhalb eines Teams. So hat man beide Komponenten innerhalb eines Spiels.
SPOX: In der MLB wurde die Zahl der Mound Visits auf sechs pro Spiel ohne Pitcher-Wechsel limitiert. Was halten Sie davon?
Brunner: Ich mag den Gedanken, dass man das Spiel schnell hält und nicht auf diese Art verzögert. Man zwingt die Teams dazu, ihre Strategie besser fortzuführen gegen Ende hin, denn man kann sich keine extra Zeit erkaufen durch einen Mound Visit. Diese zu limitieren, um das Spiel schnell und für die Fans interessant zu halten, finde ich ganz richtig.
SPOX: Es gibt also keine Nachteile?
Brunner: Für die guten Teams jedenfalls nicht. Die denken ohnehin schon sehr weit voraus und sind vorbereitet, sodass sie diese Extrazeit auch nicht unbedingt brauchen. Und wer in der Mannschaft gut kommunizieren kann, etwa von der Bank zum Catcher, der hat dann im Bruchteil von Sekunden strategische Informationen parat. Man muss also nicht unbedingt Zeit erkaufen und das Spiel verzögern. Daher bin ich Fan davon.
Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.