Die Baltimore Orioles starteten schwach in die neue Saison, nachdem schon in der Offseason über einen Umbruch spekuliert wurde. Der naht spätestens im Winter. Mit neuer Führung und neuer Richtung soll nun der Schritt in die Zukunft gelingen.
"In keinem anderen Team in den Majors herrscht derzeit so viel Unruhe wie bei den Baltimore Orioles", schrieb Reporter Ken Rosenthal kürzlich für The Athletic über die O's. Und damit liegt er vermutlich nicht ganz so falsch.
Spätestens in der kommenden Offseason steht den Orioles ein beträchtlicher Umbruch ins Haus. Superstar Manny Machado, Center Fielder Adam Jones sowie die Top-Relief-Pitcher Zach Britton und Brad Brach werden allesamt Free Agents und könnten dann weg sein. Vom Team bliebe größtenteils ein Gerüst, dem das Herz herausgerissen wurde.
Die Orioles sind zwar durchaus bereit, Geld in die Hand zu nehmen. Doch die Summen, die schon jetzt mit dem Namen Machado in Verbindung gebracht werden - 300 bis 400 Millionen Dollar als Verhandlungsgrundlage - sind sicherlich weit weg von dem, was Baltimore zu zahlen bereit wäre.
Angesichts des suboptimalen Starts (5-12) ist es nicht abwegig, dass spätestens zur Trade Deadline ein Fire Sale starten könnte. Dann wären nicht nur die vier Genannten entbehrlich, sondern noch einige andere Big Names, deren Verträge aber größtenteils nicht trade-fähig sind.
Es liegt also nahe, auslaufende Verträge zu traden und dafür noch etwas zu bekommen. Angesichts des neuen Kompensationssystems für Spieler, die ein Qualifying Offer erhalten haben, klingt ein Trade lukrativer, da man so immerhin weiß, was für Talent man im Gegenzug bekommt.
Baltimore Orioles: Peter Angelos ist gegen Rebuild
Doch allein schon hierbei scheiden sich in Maryland die Geister, denn noch vor Saisonstart war die generelle Ansicht, dass die O's partout keinen Rebuild wollten. Angeblich hätte sich Eigner Peter Angelos deutlich dagegen ausgesprochen. Stattdessen ging man erneut auf den Free-Agent-Markt und bediente sich gerade in Sachen Pitching mit Alex Cobb und Andrew Cashner. Die beiden jedoch wirken wie Tropfen auf den heißen Stein, besonders mit Blick auf den nächsten Winter.
Wie Rosenthal weiter berichtet, soll es aber ohnehin einen Machtwechsel in der Organisation gegeben haben. Angelos, der am Independence Day 89 Jahre alt wird, habe sich merklich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und die Teamkontrolle nach und nach an seine Söhne Peter und Lou übergeben.
Dass die beiden jedoch geeignet sind, eine MLB-Franchise zu führen, wird in Branchenkreisen bezweifelt. Doch beide scheinen erpicht, die Franchise in die Zukunft zu führen. Aus ihrer Feder stammte etwas das "Kids Cheer Free"-Programm, dass es unter Peters Führung sicher nicht gegeben hätte - damit hätte man schließlich Einnahmen verlieren können ...
Peter Angelos gehört zur alten Garde von Ownern, die sich nichts vormachen lassen und sich selbst gewissermaßen wie Herrscher ihres Reichs ansehen. Nachdem die Ravens 2013 ihren zweiten Super Bowl gewannen, verhinderte Angelos das Season Kickoff Game an einem Donnerstagabend in Baltimore, da zeitgleich seine Orioles ein Heimspiel hatten.
Ein Primetime-Spiel abzugeben, kam für den erfolgreichen Rechtsanwalt griechischer Abstammung überhaupt nicht in Frage. Und als die Montreal Expos seinerzeit nach Washington/DC umzogen, ließ er die Liga für die Abtretung der Territorialrechte in der Hauptstadt ordentlich bluten.
gettyManny Machado: Bloß nicht nach New York!
Ein großes Gesprächsthema in der Offseason war die strikte Weigerung Angelos', Machado zu den Yankees zu traden - selbst wenn diese das beste Angebot unterbreiten würden. Dass er am Ende vielleicht doch dort landet, aber wohl mit geringerer Kompensation, schien keine Überlegung wert gewesen zu sein.
Der Rebuild ab Winter ist wohl unvermeidbar, doch die Frage bleibt: Mit wem eigentlich? Die Verträge von Manager Buck Showalter und General Manager Dan Duquette laufen aus. Gerade bei Showalter, 61, scheiden sich die Geister, was er denn machen will. Je nach Quelle wird spekuliert, dass er weitermachen oder ins Front Office wechseln wolle. Der Organisation bliebe er damit in jedem Fall erhalten.
Anders ist die Sachlage bei Duquette. Länger schon scheint das Tischtuch zwischen ihm und Showalter zerschnitten. Das Warum ist weniger klar. Es soll aber nicht mehr passen zwischen den beiden Vätern der jüngsten Erfolge der O's.
Und diese gab es zweifelsohne. Vor Duquettes Amtsantritt 2011 waren die O's viermal in Serie Fünfter der American League East. Und in den zehn Jahren zuvor neun Mal Vierter und nur ein Mal Dritter. Eine positive Saisonbilanz indes hatten sie seit 1997 nicht mehr. Von 2012 an hingegen ging es dreimal in die Playoffs, 2014 gewann man gar die Division und beendete vier von fünf Jahre mit positiver Bilanz. Erst 2017 ging es zurück auf Platz 5 - aufgrund katastrophalem Pitchings.
Baltimore Orioles: Saison-Bilanzen seit 2011
Jahr | Platzierung AL East | Siege | Niederlagen |
2011 | 5. | 69 | 93 |
2012 | 2. (Wildcard/ALDS) | 93 | 69 |
2013 | 3. | 85 | 77 |
2014 | 1. (ALCS) | 96 | 66 |
2015 | 3. | 81 | 81 |
2016 | 3. (Wildcard) | 89 | 73 |
2017 | 5. | 75 | 87 |
Als nette Randnotiz sei erwähnt, dass das Farmsystem in diesem Jahr auf Platz 17 bei Baseball America gerankt ist - in den drei vorherigen Jahren hingegen waren sie auf 27 oder schlechter gelistet. Und das, obwohl Duquettes Fokus generell eher auf der Free Agency und weniger auf Talenten lag.
Letzteres ist vielleicht sogar der Hauptgrund dafür, dass seine Tage in Baltimore wohl gezählt sind. Die neuen starken Männer der Organisation nämlich bevorzugen den moderneren Weg mit dem Hauptfokus auf Draft, internationalen Amateurspielern und dem eigenen Farmsystem.
Ein weiterer positiver Nebeneffekt der neuen Führung dürften die mitunter kürzeren Wege sein bei wichtigen Entscheidungen. Als Peter Angelos noch das Zepter in der Hand gehalten hatte, ging eigentlich nichts ohne seine Zustimmung. Die Funktionäre des Teams konnten zwar eigenständig arbeiten, doch wenn die großen Entschlüsse anstanden, musste immer eine Rückmeldung Angelos' eingeholt werden. Und diese ließ nicht selten länger auf sich warten.
Mit John und Lou hingegen soll den handelnden Personen mehr Spielraum gegeben werden. So sind dann auch schnellere Beschlüsse möglich, was gerade bei Trade-Geschäften von Vorteil sein könnte.
Orioles: Schneller Rebuild nur mit Deadline-Trades
Ein schneller Rebuild indes könnte ein Wunschtraum bleiben, speziell wenn die Führung am Ende doch darauf besteht, den Kader für den Rest des Jahres zusammenzuhalten. Das Farmsystem mag zwar verbessert daherkommen, doch schaut man genau hin, stechen nur drei Top-100-Talente gemäß Baseball America ins Auge. Und lediglich Catcher Chance Sisco, der bereits in der MLB spielt, sowie Shortstop Ryan Mountcastle und Outfielder Austin Hays scheinen wirklich in der Lage zu sein, in naher Zukunft zu helfen.
Um aber in der eigenen Division konkurrenzfähig zu sein, wird es wahrscheinlich nicht reichen, die möglicherweise abgehenden Eckpfeiler mit Talenten zu ersetzen. Gerade der Pitching-Bereich benötigt weitere, nachhaltige Upgrades und der beste Weg, an bezahlbares Pitching heranzukommen ist nun mal der, solches selber zu entwickeln. Das wiederum braucht Zeit.
Zeit, die unter Peter Angelos wohl nicht verhandelbar wäre. Doch die nächste Generation könnte liberaler damit umgehen - um auch für die Zukunft gerüstet zu sein.
Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.