"Was auch immer er macht, es funktioniert." Yankees-Legende Derek Jeter ist - wie viele andere auch - beeindruckt von der Karriere des ersten japanischen Feldspielers in der MLB, Ichiro Suzuki.
Einerseits gefällt Jeter dessen ungewöhnliches Ritual, wenn er auf dem Deck steht. "Die gesamte Routine ist wie ein einziger Tanz", schreibt Jeter in seiner Kolumne für The Players' Tribune. Ichiro bleibt in seiner Vorbereitung ständig in anmutiger Bewegung: Er nimmt ein paar Schwünge, geht in die Knie, holt erneut einige Male aus, geht tiefer runter und dehnt seine Beine, dreht artistisch seinen Torso, lockert die Schultern und beginnt wieder von vorne.
Mariners-Rückkehrer Ichiro: Vorbereitung ist alles
Das Ritual ist Teil von Ichiros durchdringender Vorbereitung. Vom Beginn des Spring Trainings bis zum letzten Out der Saison gibt es wohl keinen Spieler, der öfter versucht, einen Ball zu schlagen. Dies behauptet zumindest Allen Turner, Ichiros Dolmetscher, der 2000 gleichzeitig als Bullpen-Catcher bei den Mariners installiert wurde.
"Er nimmt sich nach der Saison vielleicht drei Tage frei", erzählt Turner. Danach stünde er wieder täglich im Klubhaus und trainiert. Mit dabei ist immer ein schwarzer Koffer für seine Schläger. Dieser soll stoßfest, aber vor allem so gut hermetisch abgeriegelt sein, dass keine Feuchtigkeit eintreten kann. Kollegen sagen, Ichiro kleide sich wie ein Rockstar, der Koffer passe perfekt ins Bild.
Nichts wird dem Zufall überlassen, alles hat seine Ordnung. Den Grund für seine akribische Vorbereitung beschreibt Ichiro selbst wie folgt: "Wenn ich eines Tages meine Karriere beende, will ich zurückblicken können, ohne auch nur irgendetwas zu bereuen."
MLB, NPB (Japan): Ichiro Suzukis Karrierestationen
Jahre | Liga | Team |
1992-2000 | NPB | Prix BlueWave |
2001-2012 | MLB | Seattle Mariners |
2012-2014 | MLB | New York Yankees |
2015-2017 | MLB | Miami Marlins |
2018- | MLB | Seattle Mariners |
Derek Jeter: Ichiro Suzuki als Vorbild bei den New York Yankees
Allzu viel Reue wird der zukünftige Hall-of-Famer ohnehin nicht verspüren, zu konstant ruft er seine absoluten Top-Leistungen Jahr für Jahr in den besten Ligen der Welt ab. "In meinen Augen ist Konstanz jene Eigenschaft, der am wenigsten Beachtung geschenkt wird", findet Jeter.
Für ein Jahrzehnt beobachtete er die Auftritte Ichiros aus der Ferne, ehe jener 2012 zu den Yankees getradet wurde. Jeter lernte Ichiro besser kennen und nahm sich trotz seiner erfolgreichen Karriere ein Vorbild an seinem neuen Teamkollegen. "Für ihn war Baseball immer mehr als ein Spiel. Er wurde für diesen Sport geboren", erzählt Jeter.
Trotz dessen hohen Alters könne sich Jeter nicht erinnern, dass der Japaner jemals auf der Disabled List landete. "Er hat immer gut auf seinen Körper geachtet. Er ging mit der Mentalität an die Sache ran, Baseball sei eine Kunst, die man niemals perfektionieren könne."
Ichiro Suzuki: Der beste Allrounder aller Zeiten?
Ichiro ist bekannt als einer der besten Hitter, die je in der MLB gespielt haben. Bis heute stehen seine 262 Hits in der Saison 2004 in den Rekordbüchern, kein anderer Spieler schaffte in einer Spielzeit mehr. Fans des Sympathieträgers installierten einen eigenen Ichimeter, auf dem sie die Karriere-Hits ihres Stars mitzählen. Im August 2016 verbuchte er als 30. Spieler der Geschichte seinen 3000. MLB-Hit, über die gesamte profesissionelle Karriere sammelte er bereits über 4300.
Zudem ist er einer der gefürchtetsten Baserunner der Liga, auch wenn er mittlerweile ein wenig von seiner Schnelligkeit einbüßen musste. In seiner Rookie-Saison verzeichnete er 56 Stolen Bases, zudem hält er mit 45 bis heute den Rekord für die meisten erfolgreichen Versuche in Folge, eine Base zu stehlen.
Doch damit nicht genug: In der Defense überzeugte der Outfielder immer wieder mit seinem starken Arm. Ichiro versuchte sogar, sich bei seinen Managern als Pitcher ins Gespräch zu bringen. In Japan werden Positionsspieler häufiger auch auf den Mound geschickt, mit Shohei Ohtani hat es zuletzt ein Designated Hitter als Pitcher in die MLB geschafft. Im letzten Spiel der Saison 2015 erfüllte Manager Dan Jennings Ichiros langjährigen Traum. Ganze 18 Pitches warf er im Spiel gegen die Philadelphia Phillies, ein absolutes Spektakel für alle Anwesenden.
MLB: Ichiro Suzukis Rekorde und Auszeichnungen - Auswahl
Jahr(e) | Bestmarke |
2004 | 262 Hits in einer Saison |
2001-2010 | All-Star |
2001 | AL MVP |
2001 | AL Rookie of the Year |
2001- | Meiste Hits eines Nicht-Amerikaners |
2001- | Meiste Hits im Interleague Play |
2001-2010 | Zehn Jahre mit über 200 Hits pro Saison |
2001-2010 | Gold Glove Award |
2001, 2007, 2009 | Silver Slugger Award |
Bei all dem Streben nach Perfektion ist Ichiro keineswegs verbissen. Wie man nach dem Pitching-Auftritt sieht, zaubert er seinen Teamkollegen jederzeit ein Lächeln ins Gesicht. Vor allem zu Beginn seiner MLB-Karriere versuchte er schnell, Floskeln aus dem amerikanischen Englisch aufzuschnappen und auf dem Spielfeld bei Freund und Feind zu verwenden.
Jeter selbst erfuhr dies in Ichiros Rookie-Saison am eigenen Leib. "Er hatte gerade ein Double erzielt, wischte sich den Schmutz von der Uniform. Ich nickte ihm zu, und er erwiderte im besten Englisch: 'Was geht ab, main man?'". Und ließ Jeter verblüfft zurück.
Seit seiner ersten Berufung ins All-Star Game hielt Ichiro zudem legendäre Motivationsansprachen für das Team der American League. Bestückt mit allen Schimpfwörtern, die er zu irgendeinem Zeitpunkt aufgegriffen hatte, überraschte er seine eigenen Kollegen, um sie so richtig heiß auf die Partie zu machen.
Interviews will er trotzdem nur über einen Dolmetscher geben. Er sei zum Baseball spielen nach Amerika gekommen, nicht um eine Sprache zu lernen. Was zunächst harsch klingt, hat eine tiefere Bedeutung.
"Wir kommunizieren mit unseren Fans über Medien", erklärt Ichiro seine Vorgangsweise. "Das muss aber von Herzen kommen und konstant sein. Ohne Übersetzer würde ich ein großes Risiko eingehen." Er will lediglich seinen Anhängern so detailgetreu wie möglich vermitteln, was er fühlt und denkt. Perfektionistisch eben.
Seattle Mariners holen Ichiro Suzuki zurück
Für die Saison 2018 kehrt Ichiro an seine alte Wirkungsstätte zurück. Bei den Mariners verbrachte er nach seinem Wechsel in die MLB im Jahr 2001 - mit 27 Jahren - seine ersten zwölf Saisons, nach seiner Zeit bei den Yankees spielte er drei Jahre lang in Florida bei den Miami Marlins.
Mit 44 Jahren ist Ichiro weitestgehend als Ergänzungsspieler gedacht, durch die zahlreichen Verletzungen im Outfield der Mariners wird er aber vor allem zu Beginn der Saison einige Einsätze bekommen. Für ein erstes Highlight sorgte er am Osterwochenende, als er Jose Ramirez von den Cleveland Indians mit seiner Schnelligkeit einen sicher geglaubten Homerun klaute.
Doch dass Ichiro nach seiner aktiven Karriere dem Baseball komplett den Rücken kehrt, ist schwer vorstellbar. Gut möglich, dass in Seattle eine Funktion als Funktionär für ihn vorgesehen ist, vielleicht ja auch in Zukunft als Motivator, Sprachrohr oder Stimmungsmacher. Die Mariners werden ihn in jedem Fall mit offenen Armen empfangen.
Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.