Die Yankees gewannen die ersten beiden Spiele der kürzlich beendeten Serie gegen die Red Sox, Boston das dritte Aufeinandertreffen. Somit steht es in der Saisonserie nun 3-3 nach sechs Begegnungen. In der American League East liegen beide Teams folglich mit Bilanzen von 26-11 gleichauf.
Freilich ist es erst Anfang Mai, was erfahrungsgemäß kein optimaler Moment ist, um die volle Leistungsfähigkeit der Major-League-Teams abschließend zu bewerten. Doch die Zeichen scheinen klar: Beide Teams sind äußerst konkurrenzfähig und vermutlich derzeit die besten Teams der Liga - der MLB, nicht nur der American League!
Die 26-11-Bilanz ist die beste im Baseball und zwar mit mindestens zweieinhalb Spielen Abstand zum nächstbesten Team. Die einzige Truppe, die nach bekannter Metrik aktuell gute Argumente hat, in diese Phalanx vorzudringen, sind die Houston Astros (24-15), denn deren Run-Differenz ist mit +82 die mit Abstand beste der MLB. Und Runs sind nicht ganz unwesentlich, wenn man die Qualität eines Teams oder Spielers bewerten will. Die Yankees (+65) und Red Sox (+64) belegen hier die Plätze zwei und drei. Danach besteht eine größere Lücke zum Rest der Liga.
Beste Run-Differenzen der MLB (Stand: 10. Mai 2018)
Platz | Team | Run-Differenz |
1. | Houston Astros | +82 |
2. | New York Yankees | +65 |
3. | Boston Red Sox | +64 |
4. | Atlanta Braves | +53 |
5. | Chicago Cubs | +43 |
Doch sind beide Teams wirklich gleich gut? Schaut man nur auf die letzte Serie, könnte man zumindest den Eindruck gewinnen. Es gab in den drei Spielen, die im Übrigen insgesamt 10 Stunden und 32 Minuten dauerten - oder im Schnitt etwa dreieinhalb Stunden -, elf Führungswechsel, jede Menge Bullpen-Action und insgesamt 29 Runs. Bemerkenswert ist zudem, dass kein Spiel mit mehr als drei Runs Unterschied ausging. Von den ersten sechs in dieser Saison zwischen beiden Teams wurde nur das erste (14:1 Boston) mit größerem Abstand beendet.
Das heißere Team von beiden sind derweil sicherlich die Yankees. Nicht nur haben sie die jüngste Serie gewonnen, sie haben auch 17 ihrer letzten 19 Partien für sich entschieden. Und damit einen Rückstand von einst 7 ½ Spielen Mitte April ausradiert. Diese beeindruckende Phase kam indes nicht gegen irgendwen: Die Yankees mussten unter anderem die Angels (3-0) und Astros (3-1) auswärts überwinden sowie die Indians (3-0) in der Bronx.
Bis jetzt haben die Yankees 21 Spiele in dieser Saison gegen Teams bestritten, die Stand Donnerstag (10. Mai) eine positive Bilanz aufwiesen - die Indians als Nummer 1 der AL West sind mit 18-18 nicht mal dabei - und haben gegen solche eine Bilanz von 14-7. Die Red Sox haben erst zwölf derartige Spiele absolviert, ihre Bilanz beträgt 8-4.
Daraus kann man nun ablesen, was man will, aber Fakt ist, die Yankees hatten einen härteren Weg zu ihren 26 Siegen in 37 Spielen als Boston.
Red Sox: Mookie Betts spielt auf MVP-Niveau
Ein weiterer Ansatz, der diese zwei Teams unterscheiden mag, ist die bisher gezeigte Form der Spieler.
Die Red Sox scheinen ihre Topform schon früh gefunden zu haben. Der potenzielle MVP Mookie Betts (13 HR, 1.244 OPS) etwa führt die MLB in Sachen Homeruns, Runs, Schlagdurchschnitt sowie OPS deutlich an. Neuzugang J.D. Martinez (9 HR, 29 RBI) ist trotz verkürztem Spring Training in den Top 10 bei den RBI anzutreffen und auch sonst fällt keiner wirklich ab, wie etwa auch der im Vorjahr schwächelnde Hanley Ramirez mit seinem Homerun im Spiel am Donnerstag unter Beweis stellte.
Die Yankees wiederum hatten schon so einige Klippen zu umschiffen. Star-Neuzugang Giancarlo Stanton kam eigentlich den ganzen April über nicht in Tritt und blühte erst kürzlich auf, während auch feste Größen wie Gary Sanchez oder Brett Gardner noch viel Luft nach oben haben.
Einzig der AL Player of the Month im April, Didi Gregorius (10 HR, 31 RBI), sowie Superstar Aaron Judge (9 HR, 28 RBI, 1.018 OPS) zeigten bislang konstant gute Leistungen. Aus dem Center Field jedoch fehlt weiterhin jegliche Produktion und die zweite Base ist erst seit Rookie Gleyber Torres' (.344 AVG) Ankunft keine Problemzone mehr. First Base hingegen bleibt wohl mindestens bis zur Rückkehr von Greg Bird ein Fragezeichen.
Yankees: Noch Luft nach oben?
Umso beeindruckender scheint die aktuelle Tabellenkonstellation aus Sicht der Bronx Bombers. Nicht wenige Experten suggerieren, dass die Yankees ihre Leistungsgrenze noch gar nicht erreicht hätten, die Red Sox wiederum schon jetzt am Limit agierten.
Ähnlichkeiten ergeben sich hingegen beim Pitching. Bei beiden Teams zeigten sich gerade unter den Relief Pitchern teils arge Defizite in den wichtigen Rollen. Die Yankees zerstörten Joe Kelly, während die Sox Schwächen von Leuten wie Chad Green oder David Robertson eiskalt ausnutzten. Im Vergleich der Starting Rotations wiederum scheint Boston die Nase - wie erwartet - vorn zu haben.
Für den Moment sind beide gleichauf und das gießt gewissermaßen Öl ins nun wieder entfachte Feuer einer Rivalität, die seit ein paar Jahren ein wenig schlummerte. Doch spätestens seit dem epischen Brawl in der ersten Serie im April, nachdem Kelly Tyler Austin abgeworfen hatte und die Gemüter erhitzte, ist sie wieder erwacht.
Die vielleicht größte Rivalität im amerikanischen Sport macht wieder Spaß. Beide Teams sind zur gleichen Zeit wieder auf der Höhe ihres Schaffens und könnten die ganze Saison über dominieren. Das gab es in der Form zwischen diesen beiden Teams eigentlich schon seit 2003/2004 nicht mehr.
Yankees vs. Red Sox: Erinnerungen an 2003/2004
Damals trafen beide zweimal in Folge in der American League Championship Series aufeinander. 2003 war es der heutige Yankees-Manager Aaron Boone, der in Spiel 7 den dramatischen Walk-Off-Homerun zur Entscheidung schlug. 2004 wiederum drehten die Red Sox die Serie historisch nach 0-3-Rückstand und gewannen dann ihre erste World Series seit 86 Jahren.
"Ich hatte vergessen, wie viel Spaß diese Serien gemacht haben", sagte Boone kürzlich zur Rivalität mit Boston, die er nun wieder hautnah miterleben darf.
Doch schon lange vor 2003 entwickelte sich zwischen den zwei Ostküsten-Kontrahenten eine Rivalität für die Ewigkeit. Los ging alles im Jahr 1916, als die Red Sox, in großen Finanznöten steckend, ihren Superstar Babe Ruth für 125.000 Dollar nach New York verkauften.
Eine Transaktion, die als "Curse of the Bambino" in die Geschichte einging. Das Bambino, wie Ruth genannt wurde, avancierte zum wohl größten Power Hitter, den die Welt je gesehen hatte und hatte riesigen Anteil an der ersten von zahlreichen Yankee Dynastys. Das erste Yankee Stadium wurde seinem Schwung von der linken Seite entsprechend mit dem kurzen Right Field errichtet, um noch mehr Homeruns aus ihm herauszuholen. "The House that Ruth Built" wurde es seither genannt.
Yankees vs. Red Sox: Curse of the Bambino und Ted Williams' Schmach
Die Red Sox wiederum litten jahrelang unter dem Fluch und mussten bis 2004 auf die Erlösung erwarten. Ein weiteres einschneidendes Erlebnis war freilich das Entscheidungsspiel um den Einzug in die Playoffs 1978. Die Entscheidung führte Bucky Dent für New York mit einem dramatischen Homerun herbei. Die Red Sox gingen mal wieder leer aus, die Yankees gewannen den ersten von zwei World-Series-Titeln in Serie.
Ebenfalls muss erwähnt werden, dass die Yankees maßgeblichen Anteil daran hatten, das dem wohl größten reinen Hitter aller Zeiten, Ted Williams, ein Meistertitel verwehrt blieb. Denn seine Blütezeit fiel - abgesehen von seiner unfreiwilligen Auszeit während dem zweiten Weltkrieg, bei dem er selbst im Einsatz war - nicht zufällig in eine der größten Yankee Dynastys zwischen den 40er und 50er Jahren.
Ob es 2018 ebenfalls so dramatisch werden wird wie damals, ist noch nicht zu sagen. Für den Sport darf man darauf aber zumindest hoffen. Eines steht aber jetzt schon fest: Die größte Rivalität des Sports ist zurück.
Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.