Auch im Jahr 2019 spielt Tim Tebow noch professionell Baseball. Der ehemalige Star-Quarterback der Flordia Gators und NFL-Erstrundenpick der Denver Broncos ist seit 2017 im Farmsystem der New York Mets aktiv. Aktuell ist er nur noch einen Schritt von der MLB entfernt.
Dieser Schritt jedoch könnte ein verdammt langer werden.
Tebow begann sein Baseball-Abenteuer 2017 mit einer Saison, die er zwischen Single-A- und Single-A-Advanced-Level aufteilte. Seine Ausbeute war unterm Strich solide, aber nicht gut. Er kam auf 92 respektive 96 wRC+ (weighted Runs created), was auf gut Deutsch heißt, dass seine Schlagleistung insgesamt 8 beziehungsweise 4 Prozent unter dem Ligadurchschnitt (100) lag.
Für einen, der seit der High School nicht mehr den Schläger geschwungen hatte, gar nicht so schlecht. Aber an sich auch nicht gut genug, um eine Versetzung ins nächsthöhere Level zu rechtfertigen.
Tim Tebow 2018 bei den Rumble Ponies
Die Mets jedoch schickten ihn 2018 dennoch ins Double-A-Level. Bei den Binghampton Rumble Ponies verbrachte er dann die komplette Saison. Und erstaunlicherweise stieg seine Schlagleistung sogar an! Alle relevanten Zahlen verbesserten sich, was unterm Strich 106 wRC+ ergab - sechs Prozent über dem Schnitt.
Wieder muss die Frage erlaubt sein, ob das denn genug war, um eine Versetzung zu rechtfertigen, schließlich steigen nur die Allerbesten auf. Die Antwort: Eher nicht - doch die Mets taten es trotzdem.
Nun allerdings könnte das Ende der Fahnenstange erreicht sein. Tebow sieht komplett verloren aus. Er kommt kaum auf Base (.212 wOBA) und sammelt Strikeouts in erschreckender Frequenz (36,8 Prozent). Und: Er steht bei 16 wRC+, 84 Prozent unter dem Ligaschnitt! Immerhin schlug er mittlerweile seinen ersten Homerun.
"Es ist ziemlich schwierig im Moment mit dem Pitching, das ihm gerade gegenübersteht", beschrieb Tony DeFrancesco, der Manager der Syracuse Mets, die Lage gegenüber dem Tennessean: "Er hat nicht viel von diesem Niveau letztes Jahr in Double-A gesehen. Die Jungs attackieren ihn an der Innenkante der Strikezone und er muss lernen, sich darauf einzustellen."
Tim Tebow: Keine Chance gegen Yankees-Prospect
Leichter gesagt als getan, wie man sieht. Neulich trat Tebow in einem Spiel gegen die Scranton/Wilkes-Barre RailRiders an, das Triple-A-Team der New York Yankees. Dort war Chad Green der Pitcher. Green, der die Saison in der MLB begann und aufgrund von Formschwäche in die Minor Leagues geschickt wurde, hatte dann leichtes Spiel: Er feuerte einen Fastball mit 96 Meilen pro Stunde, ließ einen mit 95 MPH folgen, anschließend gab es noch einen mit 96 MPH und Tebow trottete von dannen - Strikeout!
"Er arbeitet weiter an seinem Schwung, um ihn zu verkürzen und somit etwas pünktlicher am Ball zu sein", sagte DeFrancesco weiter.
Alles verloren scheint freilich noch nicht. Im selben Spiel schlug er anschließend noch einen Ball mit einer Exit Velocity von 105 Meilen pro Stunde - Statcast, das statistische Analysesystem der MLB, zählt Bälle, die so schnell den Schläger verlassen, als "hart" geschlagen. Zum Pech Tebows aber wurde daraus ein Double Play. "Die Bälle fallen nicht zu seinen Gunsten ins Feld", konstatierte sein MLB-erfahrener Teamkollege Rajai Davis: "Manchmal brauchst du hier und da ein wenig Glück und er hatte gar keins bislang."
Nun ist nicht alles schlecht, was Tebow macht. Als er kürzlich gegen die Louisville Bats eingewechselt wurde, gelang ihm ein Pinch-Hit-RBI-Double, das gegen die Mauer im Outfield flog. Ein Zeichen, dass vielleicht doch ein wenig mehr Potenzial in Tebow steckt als seine bisherigen Leistungen suggerierten.
"Es ist nie so gut wie es scheint, es ist aber nie so schlecht wie es erscheint. Das ist etwas, das ich bereits vor langer Zeit im Sport gelernt hab", gab sich Tebow gegenüber dem Courier Journal gelassen.
XFL als Alternative zum Baseball?
In dieser Phase, die insgesamt eher schlecht anmutet für Tebow, passte dann die Meldung von Sports Illustrated ins Bild, dass die XFL, die neue Frühjahrs-Football-Liga von WWE-Mogul Vince McMahon, die 2020 ihre Tore öffnen wird, ihre Fühler ausgestreckt hat. Die Startup-Liga sucht Talent. Und Tebow, der zumindest Ansätze eines NFL-Quarterbacks gezeigt hatte, wäre unzweifelhaft ein großes Aushängeschild für die Liga.
SI berichtete, dass der Commissioner der Liga, Oliver Luck, beim College-Football-Finale im Januar Tebow über den Weg gelaufen sei und mal vorsichtig nachgefragt habe, ob dieser sich eine Rückkehr in den Football vorstellen könne. Der lehnte jedoch dankend ab, mit dem Hinweis, sich voll auf Baseball konzentrieren zu wollen.
Nun muss man kein Prophet - oder erfahrener Baseballscout - sein, um zum Schluss zu kommen, dass Tebow rein sportlich betrachtet nie den Sprung in die MLB schaffen wird. Er ist weiterhin ein sehr guter Athlet, aber der Sprung von Triple-A zur MLB ist riesig. Und Tebow scheint nicht mal den von Double- zu Triple-A zu meistern.
Warum also machen die Mets das? Warum schleppen sie diesen wenig verheißungsvollen 31-Jährigen weiter durch?
Wenig überraschend spielt Geld eine Rolle. Tebow, so mäßig er auch sein mag in diesem Sport, ist ein unglaublicher Publikumsmagnet. Laut Yahoo! Sports stieg das Zuschaueraufkommen bei den anderen Teams der International League North bei Gastspielen von Tebow massiv an. Am deutlichsten zu sehen in Scranton (+33,8 Prozent) und Louisville (+21,1 Prozent).
Zuschauer-Anstieg bei Gastspielen von Tim Tebow
Team | Zuschauer-Anstieg (Prozent) |
Lehigh Vallay IronPigs | +6,5 |
Pawtucket Red Sox | +10,9 |
Rochester Red Wings | +19,3 |
Luisville Bats | +21,1 |
Scranton/Wilkes-Barre RailRiders | +33,8 |
Bei Heimspielen ist das Zuschauerinteresse ohnehin deutlich höher seit Tebows Ankunft. Das lässt sich schon daran ablesen, dass der Kader der Triple-A Mets kein einziges Top-100-Prospect aufweist - wer also sonst sollte das Interesse der Zuschauer wecken?
Die Triple-A Mets sind, das sollte berücksichtigen, ein Sonderfall. Anders als zahlreiche andere Minor-League-Franchises gehört diese den Mets komplett. Einnahmen wandern also direkt in die Kassen der Big-League-Organisation, wenn man so will.
Tebows Verpflichtung war ohnehin von Anfang an zuvorderst eine PR-Aktion. Der damals zuständige General Manager Sandy Alderson sagte damals zu Newsday: "Sehen Sie, wir haben ihn verpflichtet, weil er ein guter Typ ist, zum Teil wegen seiner Prominenz und zum Teil, weil dies ein Unterhaltungsbusiness ist."
Alderson ist freilich nicht mehr im Amt und es erscheint zumindest fraglich, ob die neue sportliche Leitung um General Manager Brodie Van Wagenen diese Meinung und Aldersons Enthusiasmus gegenüber Tebow teilt. Die bisherigen Moves von Van Wagenen deuten eher darauf hin, dass möglichst schneller sportlicher Erfolg im Vordergrund steht - keine Showeinlage.
Tim Tebow: Ein Star in der XFL?
Eine Showeinlage hingegen hätte die XFL wiederum sehr gerne. Auch mit bereits geschlossenen TV-Verträgen mit FOX und Disney (ABC/ESPN) braucht es immer noch namhafte Attraktionen. Das sportliche Niveau wird unzweifelhaft niedriger sein als in der NFL, komplexe Offensiv-Systeme sind nicht zu erwarten. Folglich könnte Tebow wieder an alte Glanzzeiten anknüpfen und sportlich positiv auf sich aufmerksam machen.
Tebow allerdings hat eine andere Zielsetzung, wie er dem Courier Journal verriet: "Ich spiele Baseball nicht für mögliche Lobeshymnen. Ich mache es, weil es meine Leidenschaft ist. Ich will etwas tun, das ich liebe."