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MLB: Boston Red Sox nach der Entlassung von Teampräsident Dave Dombrowski - Die Welt ist nicht genug

Dave Dombrowski nicht länger President of Baseball Operations der Boston Red Sox.
© getty

Die Boston Red Sox haben sich in der Vorwoche von Teampräsident Dave Dombrowski getrennt. Für viele überraschend, da Boston 2018 noch die beste Saison seiner Geschichte gespielt hatte. Die Gründe für den Schritt dürften in der langfristigen Ausrichtung der Franchise liegen.

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Dave Dombrowski übernahm den Job des President of Baseball Operations bei den Boston Red Sox nach einer enttäuschenden Saison 2015. Sein Auftag: Den World-Series-Gewinner von 2004, 2007 und 2013 wieder in die Spur zu bringen nach zwei "Losing Seasons" in Serie.

Und Dombrowski machte genau das. Er zeigte sich wenig zimperlich darin, den Kader auf sofortigen Erfolg zu trimmen und akquirierte nach und nach Topspieler via Free Agency und Trades. So fanden Leute wie Chris Sale, David Price oder letztlich auch J.D. Martinez ihren Weg nach Boston.

Nach zwei Division-Titeln in Serie war es dann soweit: 2018 wurde das Jahr für Dombrowski und die Red Sox. Sie gewannen so viele Spiele (108) wie nie zuvor in ihrer 108-jährigen Franchise-Geschichte und marschierten dann scheinbar mühelos zum vierten World-Series-Titel dieses Jahrhunderts - keiner hat mehr.

Am vergangenen Sonntag nun wurde Dombrowski entlassen. Keine zwölf Monate nach der größten Saison in der Teamgeschichte, wie es selbst Teambesitzer John Henry seinerzeit proklamierte. Und wenn man genau hinschaut, hinterlässt Dombrowski einen einigermaßen umfangreichen Trümmerhaufen in Boston.

Auch 2019 wird Boston eine "Winning Season" hinlegen, am Tag seiner Entlassung jedoch lagen die Red Sox 17,5 Spiele hinter dem Erzrivalen New York Yankees, gegen den man gerade erst eine Vier-Spiele-Heimserie mit 1-3 verloren hatte und damit auch seine Wildcard-Hoffnungen weitestgehend begraben musste.

Dave Dombrowski: Stets im Win-Now-Modus

Doch von vorn: Wer einen Grund sucht, warum Dombrowski trotz des massiven Erfolgs keine Zukunft in Boston hat - sein Vertrag läuft noch bis Ende 2020 -, der muss nur auf seinen üblichen Modus Operandi schauen. Dombrowski war eigentlich seit jeher der personifizierte Win-Now-Funktionär.

Ende der 90er war er als Assistant General Manager bei den Florida Marlins in die Kaderplanung und das Farmsystem involviert. 1997 gewann das Team, gespickt mit Stars dank Trades und teurer Free Agents, die World Series.

Von 2002 bis 2015 war Dombrowski dann der GM der Detroit Tigers und auch dort galt immer die Vorgabe, alles zu tun, um einen Titel zu gewinnen. Erneut durfte Dombrowski viel Geld ins Team stecken und tat dies auch mit durchaus großem Erfolg. Zweimal (2006, 2012) erreichten die Tigers die World Series, unterlagen aber den St. Louis Cardinals respektive San Francisco Giants.

Und in Boston verschwendete Dombrowski dann keine Zeit, viel Geld in alle Mannschaftsteile zu investieren. Das Resultat war eine stets extrem hohe Payroll. Unter ihm durchbrachen die Reds Ende 2016 mit 204 Millionen Dollar erstmals die 200-Millionen-Dollar-Grenze, für den Titel 2018 zahlten die Sox gar fast 240 Millionen Dollar - mit Abstand die höchste Payroll im Baseball.

2019 begannen sie die Saison bereits mit einer Payroll im Bereich von 236 Millionen Dollar. Ein Zustand, den Teameigner John Henry, dem unter anderem auch der FC Liverpool gehört, als nicht langfristig tragfähig betrachtet. Dass der diesjährige Topverdiener Pitcher David Price (31 Millionen Dollar) fast ein Drittel der Saison verletzungsbedingt verpasst hat, tut dabei besonders weh.

Boston Red Sox: Teure Spieler lange verletzt

Ebenso schwierig zu verkaufen sein dürfte, dass Pitcher Nathan Eovaldi, der vor der Saison einen 68-Millionen-Dollar-Vertrag unterschrieben hat, weite Teile der Saison mit einer Ellenbogenverletzung verpasste und Chris Sale, der auf Druck von Dombrowski für 145 Millionen Dollar verlängert wurde, droht mit Ellenbogenproblemen eventuell sogar die nächste Saison zu verpassen - im ersten Jahr seiner Vertragsverlängerung (30 Mio. Dollar Jahresgehalt).

Kurzum: Die Starting Rotation, die entscheidend für den Erfolg war, fiel in dieser Saison komplett in sich zusammen. Die, die nicht verletzt waren, waren größtenteils zumindest ineffektiv. Einzige Ausnahme: Eduardo Rodriguez, der eine Breakout-Saison hinlegt.

Abgesehen von diesen Verträgen, die nun eher unglücklich aussehen, wird Dombrowski freilich auch angekreidet, dass die Sox über 30 Millionen an zwei Spieler gezahlt haben (Pablo Sandoval, Rusney Castillo), die schon lange nicht mehr für Boston spielen - im nächsten Jahr kommen in dem Zusammenhang nochmal 19 Millionen drauf.

Wie The Athletic berichtet, kommt erschwerend hinzu, dass Dombrowski Dinge nicht so macht, wie es die Teameigner in Boston bevorzugen. Nämlich modern und mit einem hohen Maß an Informationen und Daten durch Analytics. Dombrowski kommt eher aus der alten Schule und vertraut mehr auf Scouts, Augenmaß und dem eigenen Bauchgefühl. Das hat für eine World Series dank zahlreicher teurer Spieler gereicht.

Die Red Sox aber beendeten den Bambino-Fluch 2004 nicht, weil sie das meiste Geld ausgaben. Sie hatten damals dank Analytics ein Team zusammengestellt, das objektiv betrachtet gut genug war, aber eben nicht zu teuer. Und in den Folgejahren gelang es ihnen dann, ein Farmsystem aufzubauen, aus dem immer wieder talentierte Spieler hervorgingen, die zu Eckpfeilern des Big-League-Teams wurden.

Red Sox: Konkurrenz zeigt langfristigere Strategie

Auch das gab es in den letzten Jahren noch mit positiven Beispielen wie Rafael Devers oder Andrew Benintendi. Doch insgesamt ging zu viel nach der "Löcher-Stopf"-Methode. Dombrowskis Ansatz war offenbar zu kurzfristig ausgerichtet für den Geschmack der Bosse. Andere Topklubs wie die Houston Astros, Los Angeles Dodgers und - das dürfte besonders schmerzen - der Erzrivale Yankees legen da seit ein paar Jahren eine nachhaltigere Strategie an den Tag, obgleich auch diese Teams keine niedrigen Payrolls vorweisen.

Wer auch immer nun auf Dombrowski folgen wird - die Red Sox haben mit der Suche begonnen, werden aber wohl erstmal intern seine Aufgaben verteilen -, wird direkt einige knifflige Aufgaben zu lösen haben.

Ganz oben auf der Liste steht der Name Mookie Betts. Der MVP der American League will keine vorzeitige Verlängerung unterschreiben und wird sich auch 2020 mit einem Einjahresvertrag zufriedengeben. Sein Ziel: Free Agency nach 2020, denn dann endet die Teamkontrolle der Sox und er kann frei mit jedem Team verhandeln. Die Red Sox müssen somit entscheiden, ob sie ihn traden oder mit der Gefahr halten, dass er 2021 ohne große Kompensation woanders spielt.

Ebenso gehen könnte Designated Hitter J.D. Martinez, der nach jeder der kommenden Spielzeiten (bis 2022) aus seinem Vertrag aussteigen kann. Ihm stünden noch insgesamt 62 Millionen Dollar über diese Saison hinaus zu. Angesichts eines weiteren hervorragenden Jahres erscheint es aber nicht ausgeschlossen, dass er auf dem freien Markt mehr verdienen könnte.

Dave Dombrowski (2.v.l.) erreichte mit den Red Sox 2018 die World Series.
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Dave Dombrowski (2.v.l.) erreichte mit den Red Sox 2018 die World Series.

Was ist die künftige Richtung der Boston Red Sox?

In der Pitching Rotation wiederum sind die Topverdiener Sale, Price und Eovaldi alle noch länger unter Vertrag und werden angesichts ihrer diesjährigen Vorstellungen und/oder Verletzungsproblemen auch keinen großartigen Trademarkt haben. Zudem war der Bullpen zwar nicht so schwach wie erwartet, aber auch nicht sonderlich gut.

Die spannende Frage wird ohnehin zunächst mal sein, was die Vorgabe von ganz oben ist: Neuaufbau mit geringerer Payroll oder erstmal weiter wie bislang, aber weniger aggressiv mit Blick auf die nahe Zukunft. Ersteres würde bedeuten, dass Spieler - allen voran Betts, der dank Salary Arbitration annähernd 30 Millionen Dollar in der kommenden Saison verdienen könnte -, abgegeben werden könnten.

Die Red Sox könnten 2020 also ein komplett anderes Gesicht haben als bislang. Die World Series ist stets das ultimative Ziel. Boston jedoch zeigte mit seiner Entlassung von Teampräsident Dave Dombrowski, dass dies aber mitunter nicht genug ist.

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