NBA

Die Highlight-Maschine und der seltsame Fluch

Von Martin Gödderz / Maurice Kneisel
John Wall (l.) wurde nur einen Platz vor Evan Turner gezogen, spielt aber viel besser
© Getty

Die NBA-Saison ist mittlerweile knapp zwei Monate alt. Für einige Neuankömmlinge genug Zeit, um sich in der besten Basketball-Liga der Welt zu beweisen. Andere hinken ihren Erwartungen hingegen meilenweit hinterher. Während Blake Griffin alle anderen Rookies in den Schatten stellt, scheint auf Evan Turner der Fluch des zweiten Picks zu lasten. Die New York Knicks dagegen haben den absoluten Draft-Steal dieses Jahrgangs geangelt. Die Tops und Flops der Rookies.

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Die Positiverscheinungen

Blake Griffin (1. Pick 2009, Los Angeles Clippers)

20,8 PPG, 12,2 RPG, 3,2 APG, 0,6 BPG, 51,6 Prozent FG

Kurze Frage: Was haben Kevin Love, Pau Gasol, Dwight Howard und Blake Griffin gemeinsam? Richtig, sie haben alle bisher mindestens 20 Punkte und 10 Rebounds im Schnitt gemacht und gehören zur absoluten Creme de la Creme unter den Big Men.

Dass ein Rookie zwischen Größen wie Gasol oder Howard auftaucht, ist höchst ungewöhnlich, doch genau das ist Griffin eben: ungewöhnlich gut. Ein Jahr musste der 1. Draftpick von 2009 aussetzen, weil er sich seine Kniescheibe gebrochen hatte. Er machte kein Spiel für die Clippers, die Angst, ein zweiter Greg Oden zu werden, wuchs und wuchs.

Doch Pustekuchen! Was der 21-Jährige seit Saisonbeginn abliefert, ist unbeschreiblich. Mit seinen faszinierenden Dunks füllt Griffin in jedem Spiel eine gesamte Highlightsammlung. Er ist enorm explosiv, dominant und spektakulär. Was bei aller Athletik und allem Potenzial überrascht: Griffin wirkt bereits sehr reif. Er hat einen passablen Wurf, ein Arsenal an guten Postmoves und sogar ein gutes Auge für den Mitspieler. Für einen Rookie-Power-Forward sind durchschnittlich drei Assists eine ganze Menge (zum Vergleich: Nowitzki brachte es als Rookie auf einen Assist im Schnitt).

Griffin bringt alles mit, um über Jahre hinaus der dominierende Power Forward der Liga zu sein. Er gehört schon jetzt zur Elite - nach nicht einmal 30 Spielen. Spielt er so weiter, ist ihm der Rookie-Of-The-Year-Award sicher - trotz John Wall. Auch eine Nominierung für das All-Star-Game scheint in Reichweite. Was aber noch viel wichtiger ist: Dieser Junge macht einfach ungeheuren Spaß! Und mit Eric Bledsoe und Al-Farouq Aminu hat er bei den Clippers gleich zwei Rookie-Kollegen zur Seite, die auch überraschend stark spielen.

John Wall (1. Pick, Washington Wizards)

16,7 PPG, 3,5 RPG, 8,9 APG, 40,7 Prozent FG, 33,3 Prozent 3PT

Der Hype war gigantisch. Noch bevor John Wall ein NBA-Spiel bestritten hatte, hoben ihn die ersten Experten schon auf den All-Star-Thron. Eine ziemlich hohe Erwartungshaltung an einen Rookie. Doch der Nummer-eins-Pick wurde dem vollauf gerecht. Kein Rookie holte bisher mehr Assists und mehr Steals, nur Blake Griffin machte mehr Punkte.

Der einzige Grund dafür, dass der erste Pick des Drafts auch nicht der beste aller Rookies ist, heißt Blake Griffin. Es scheint so, als würden Griffin und Wall - wenn die Fitness stimmt - unter den Neulingen in einer eigenen Liga spielen.

Walls Problem bisher sind allerdings seine Turnover-Anfälligkeit (3,5 pro Spiel) und seine Verletzungsprobleme. Wall machte erst 15 Spiele und verlor durch seine Knie- und Fußverletzungen Mitte November etwas den Rhythmus.

Allerdings: Nachdem die Wizards dieser Tage Gilbert Arenas nach Orlando tradeten, ist klar, dass die Zukunft in Washington nur einem Spieler gehört: John Wall.

Landry Fields (39. Pick, New York Knicks)

10,3 PPG, 7,4 RPG, 1,8 APG, 51,4 Prozent FG, 35,7 Prozent 3PT

Wenn es bisher einen Draft-Steal gab, dann ist es Landry Fields. Der 39. Pick des Drafts ist die Überraschung unter den Rookies und einer der Gründe für den Aufschwung der Knicks. Der Shooting Guard ist smart, er geht dahin, wo es wehtut, und er ist ein absolutes Tier unter den Brettern.

Neun Mal holte er bereits zweistellige Rebound-Werte, wohlgemerkt als Shooting Guard. Damit ist er unter allen Guards der beste Rebounder. Die Plätze hinter ihm belegen Andre Iguodala, Dwyane Wade und Kobe Bryant - keine schlechte Gesellschaft.

Der 22-Jährige hatte es Coach Mike D'Antoni von Anfang an angetan und stand bisher jedes Spiel in der ersten Fünf. Er wurde außerdem zum besten Rookie des Monats November in der Eastern Conference gewählt.

"Es sieht so aus, als könne er alles antizipieren. Aber das Beste ist, dass er sich wirklich Gedanken macht, warum er auf dem Feld steht, denn die kleinen Dinge machen am Ende den großen Erfolg", lobt Knicks-GM Donnie Walsh seinen Neuling, der gerade in der Defense sehr überzeugt.

DeMarcus Cousins (5. Pick, Sacramento Kings)

11,8 PPG, 7,5 RPG, 1,3 APG, 0,5 BPG, 41,6 Prozent FG

Klar, Cousins sprüht nur so vor Unreife. Wie zu befürchten wurde der Big Man schon einmal wegen Undiszipliniertheiten vom Training ausgeschlossen. Er wirkt in all seinen Aktionen relativ roh und führt die Liga in Fouls pro Spiel (4,1) an. Zu oft versucht der Big Man, Aktionen zu erzwingen.

Sieht man aber mal von diesen Problemen ab, die eigentlich sowieso schon klar waren, gehört Cousins zu den besten Spielern seines Jahrgangs. Für seine Größe ist er ungemein flink. Er ist explosiv und dominant unter den Brettern (7,5 Rebounds pro Spiel). Coach Paul Westphal, der ihn am Anfang vornehmlich von der Bank hat spielen lassen, vertraut seinem Rookie immer mehr. Cousins startet mittlerweile in Sacramento und enttäuscht nicht.

Natürlich muss der Power Forward noch viele Facetten seines Spiels verbessern. Behält er aber wenigstens halbwegs seine Disziplin bei, hat er eine große Zukunft vor sich. Und eigentlich präsentiert sich Cousins nicht einmal halb so undiszipliniert, wie es viele befürchtet hatten.

Gary Neal (nicht gedraftet, San Antonio Spurs)

7,3 PPG, 2,6 RPG, 0,9 APG, 42,0 Prozent FG, 37,6 Prozent 3PT

Es ist ungewöhnlich, dass ein ungedrafteter Spieler mit 26 Jahren als Rookie in der NBA für Furore sorgt, doch bei Neal überrascht es nicht. Am College war er ein Star, der von der NBA träumte. Als Neal allerdings 20 Jahre alt war, stand er vor Gericht. Die Anklage: Vergewaltigung. Eine Frau belastete ihn damals schwer. Auch wenn er am Ende freigesprochen wurde, verfolgt ihn Vorwurf noch immer.

Kein Team wollte ihn, also nahm Neal den Umweg über Europa. Über Karsiyaka, Barcelona, Treviso und Malaga landete er schließlich bei den Spurs. Die sind bekannt dafür, ein gutes Näschen für Rookies zu besitzen. Neal über seinen neuen Trainer: "Coach Pop ist hart. Er ist direkt, aber fair. Er sagt dir, was er von dir erwartet und was nicht. Mehr könnte ich nicht verlangen."

Und Neal erfüllt die Erwartungen. Sein Sprungwurf ist ein Genuss, sein Dreier fällt gut (36,7 Prozent). Der Swingman ist eine gute Alternative, die von der Bank kommend wichtige Punkte für die Spurs macht. Nach einer Odyssee ist er doch noch in der NBA angekommen und scheint genau der Typ Rollenspieler zu sein, den sich jedes Team wünscht.

Hier geht's zu Teil II: Es hagelt Backsteine - Die fünf Negativerscheinungen