SPOX: Olympia 2012 ist mit der erwarteten Goldmedaille für das Dream Team zu Ende gegangen. War sie überhaupt jemals in Gefahr?
Kevin Durant: Wir sind als Team immer selbstbewusster geworden. Die knappe Partie gegen Litauen war ein Weckruf für uns, weil wir gesehen haben, dass wir an jedem Abend, an dem wir unsere Leistung nicht bringen, besiegt werden können. Wir haben alle unsere Rollen im Team gefunden und eingesehen, dass jeder für den anderen arbeiten muss, um Erfolg zu haben. Jeder dieser Stars opfert ein wenig von seiner normalen Spielweise, um das Beste für das Team zu erreichen. Das zu sehen, ist toll. Ich hatte eine Menge Spaß.
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SPOX: Wie groß war die Angst vorm Versagen? Alles andere als Gold wäre so interpretiert worden.
Durant: Was wäre das Schlimmste gewesen, das uns hätte passieren können? Wir hätten ein Spiel verloren. Das ist alles. Die Leute hätten sich über uns das Maul zerrissen, aber am Ende des Tages hätten wir immer noch den Job ausgeübt, den wir lieben. Über diesen Druck des Gewinnen-Müssens habe ich mir also keine Gedanken gemacht. Den gab es bei Olympia 2008 und bei der WM 2010 auch schon.
SPOX: 2010 bei der WM waren Sie der Leader im Team. Wie sah Ihre Rolle diesmal aus?
Durant: Sie unterscheidet sich total. 2010 war ich der Kopf des Teams, der Coach brauchte mich als Leader. Diesmal waren Jungs wie Kobe, LeBron und Carmelo da, zu all denen schaue ich auf.
SPOX: Es waren Ihre ersten Olympischen Spiele. Wie ordnen Sie das Erlebnis in Ihre Karriere ein?
Durant: Ich hatte in London eine tolle Zeit, vielleicht die beste meines Lebens. Es ist ein Segen, hier sein zu dürfen. Daran werde ich mich mein ganzes Leben lang erinnern. Zum Schluss ist auch noch das Wetter gut geworden, das rundet die Sache ab. Ich wollte viele verschiedene Sportarten sehen, die ich zuvor noch nie gesehen hatte, und diese Chance habe ich bekommen. Ich war beim Schwimmen, beim Beachvolleyball, beim Fußball, beim Boxen. Das alles hatte ich vorher noch nie live gesehen. Es ist schön, hier Dinge tun zu können, die ich sonst nie tue.
SPOX: Was war das Highlight?
Durant: Schwimmen war sehr cool. Ich habe Michael Phelps siegen gesehen. Und Leichtathletik. Ich war dabei, als Usain Bolt die 100 Meter gewonnen hat. Mann, was für ein begnadeter Athlet! Es war eine Ehre, so nah an ihm dran zu sein. Er könnte locker auch Wide Receiver in der NFL spielen.
SPOX: Während der Bolt-Show von London kam es in der NBA zum Mega-Trade von Dwight Howard zu den Los Angeles Lakers. Es ist das große NBA-Thema. Wie ist der Trade bei Ihnen angekommen?
Durant: Ich denke, für die NBA ist er grundsätzlich gut. Er macht die Lakers natürlich schon verdammt stark. Aber so läuft das Geschäft eben, die besten Spieler werden getradet und Dwight ist der beste Center der NBA. Irgendwie scheint es die besten Center nach L.A. zu ziehen. Die Lakers schaffen es aber auch immer wieder dank ihres Managements, solch große Deals in die Realität umzusetzen.
SPOX: Für OKC ist das sportlich gesehen keine gute Nachricht. Die Vormachtstellung im Westen droht verloren zu gehen.
Durant: Die Lakers waren ohnehin schon ein ziemlich gutes Team. Jetzt haben sie eine Menge Feuerkraft. Das wird hart, aber wir nehmen die Herausforderung an. Wir dürfen uns keine Sorgen um andere Teams machen, wir müssen wir selbst sein. Lasst uns abwarten, wie die Saison verläuft, vielleicht wird es jetzt sogar noch mehr Spaß machen, gegen diese Jungs zu spielen.
SPOX: Wie Howard sind auch Sie einer besten Spieler der NBA und werden entsprechend gehypt. Wie groß ist die Gefahr, nicht irgendwann zu denken, dass man perfekt ist?
Durant: Das denke ich auf keinen Fall. Es gibt immer Aufs und Abs, auch bei mir. Und wenn es mal nicht so läuft, dann vertraue ich auf meine harte Arbeit und darauf, dass ich dadurch wieder zurück an die Spitze komme. Ich kann mich als Spieler immer verbessern, das habe ich vom ersten Tag an in der NBA gelernt.
SPOX: Prallt der Hype um Ihre Person tatsächlich vollkommen an Ihnen ab?
Durant: Ich versuche, nicht auf das ganze Gerede zu hören. Ich habe schnell verstanden, dass diejenigen, die über mich reden und schreiben, nicht alles wissen, was ich weiß. Sie sind nicht jeden Tag mit mir unterwegs und sehen, wie hart ich für das arbeite, was ich auf dem Spielfeld tue.
SPOX: Was hilft Ihnen dabei, die Bodenhaftung nicht zu verlieren?
Durant: Das Bewusstsein, dass morgen alles vorbei sein kann. Es geht so schnell. Du hast ein ganz mieses Spiel, das sich ganz schnell zu mehreren schrecklichen Spielen potenzieren kann. Ich halte es für besser, mir Schritt für Schritt Ziele zu setzen. Und wenn ich die erreiche, dann lächle ich ein bisschen.
SPOX: Wie frei können Sie sich als Superstar eigentlich bewegen?
Durant: Das funktioniert bei mir tatsächlich noch. Ich bin hier in London sogar schon ein paar Mal mit der U-Bahn gefahren. Die meisten Leute wissen nicht, wer ich bin. Basketball scheint in Großbritannien wirklich keine ganz so große Nummer zu sein.
SPOX: Wie sehr genießen Sie es, hier trotz Ihrer Bekanntheit in den USA normal mit der U-Bahn fahren zu können?
Durant: Sehr. Mir ist es sehr wichtig, trotz allem noch ein normales Leben führen zu können. Das funktioniert sogar in Oklahoma City noch relativ gut.
SPOX: Ihre Teamkollegen Kobe Bryant oder LeBron James haben es da nicht so gut.
Durant: Sie sind da leider machtlos. Auch sie würden gerne ein ganz normales Leben führen, aber sie sind nun einmal die Stars, die sie sind. Ich kann mir nicht vorstellen, was sie jeden Tag mitmachen müssen. Sie können nicht einkaufen gehen, sie können nicht ins Kino gehen. All diese Dinge funktionieren einfach nicht mehr.
SPOX: Wenn Sie so weiterspielen wie in den letzten Jahren, laufen Sie aber Gefahr, dass es Ihnen bald genauso geht.
Durant: (lacht) Das ist doch eher ein Luxusproblem, oder?
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