"In L.A. passt so gut wie nichts zusammen"

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27. Dezember 201212:40
Mike D'Antoni löste bei den L.A. Lakers Mike Brown als Head Coach ab  Getty
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In der Christmas-Triangle diskutieren Philipp Dornhegge, Haruka Gruber und Florian Regelmann diesmal mit Timo Böckenhüser, verantwortlicher Redakteur des Fach-Magazins "BASKET". Die Themen: Ist Mike D'Antoni der richtige Coach für die L.A. Lakers? Wird Lamar Odom Clippers' X-Faktor? Hat Kevin Martin die Thunder besser gemacht? Sind die Bulls das gefährlichste Team im Osten? Und was treiben die Mavs?

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These: Mike D'Antoni ist der richtige Trainer für die Lakers

Timo Böckenhüser: Ja, allerdings mit einem dicken Aber! D'Antoni ist ein Offensive Mastermind. Die Lakers-Bosse wollten, dass mit Steve Nash und Dwight Howard Showtime-Basketball nach L.A. zurückkehrt. Für dieses Ziel gibt es keinen besseren Coach als Uptempo-Liebhaber D'Antoni, dem Erfinder der "Seven Seconds or Less"-Taktik. Das dicke Aber: In Anbetracht des Kaders muss er umdenken und darf nicht steif auf sein altes Konzept beharren. Die Lakers haben nicht die Bausteine wie die Suns, als D'Antoni sie zwischen 2004 und 2008 in vier Saisons in Folge zu 54 oder mehr Siegen geführt hat. Sie haben nicht so viele exzellente Shooter und Pau Gasol ist kein "Stretch Four". Heißt: Bei den Lakers muss er sein System abändern und den Stärken der Stars anpassen. Nur wenn die Lakers es schaffen, unter Nashs Führung die Offense so aufzubauen, dass Kobe Bryants, Pau Gasols und Dwight Howards Stärken voll zum Tragen kommen, haben sie eine echte Titelchance! Phil Jackson wäre zwar wohl der perfekte Mann gewesen. Mike D'Antoni ist aber allein deshalb mehr als nur ein Plan B, weil er den Respekt der Stars hat und die Lakers in seinem offensivausgerichteten System wieder die Spielfreude entwickeln werden, an der es ihnen unter Mike Brown gemangelt hat.

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Philipp Dornhegge: Ich war schon in Phoenix kein Fan von ihm, ich mochte ihn nicht in New York und ich mag ihn auch jetzt nicht. Für mich ist D'Antoni kein Trainer, mit dem man irgendwas gewinnen kann. Sein System ist für viele Fans unterhaltsam, verlangt aber nach einer bestimmten Kaderzusammenstellung, die er in L.A. einfach nicht hat. Darüber wurde ja schon viel geschrieben. Mich regt aber seit Jahren eher auf, wie D'Antonis Teams verteidigen. Das ist für mich als Fan großartiger Defenses absolut schmerzhaft. Ich habe viele Lakers-Spiele in diesem und den vergangenen Jahren gesehen, und so - auf Deutsch gesagt - beschissen habe ich die Truppe noch nie gesehen. Und ganz ehrlich: Es gibt Spiele, in denen sie auch offensiv nur dank Kobe Bryant gut sind. Für mich passt da so gut wie nichts zusammen, beim Spiel gegen die Bobcats hab ich vor Schmerzen fast gelacht. Um es mal ganz deutlich zu sagen: Verletzungen hin oder her, aber eine Truppe mit diesem Talent hätte selbst komplett ohne Coach keine schlechtere Bilanz erreichen können. Sorry, aber bei D'Antoni werde ich ziemlich schnell ziemlich emotional. Wobei ich auch finde, dass Howard bisher einen ziemlich erschreckenden Eindruck hinterlässt.

Florian Regelmann: Tut mir leid, Phil, aber das sehe ich komplett anders. D'Antoni bekommt viel zu wenig Respekt. Seine Offense, die er in Phoenix mit Nash zusammen installiert hat, wurde in den letzten Jahren mindestens in Teilen von vielen anderen Mannschaften kopiert. Es war die Blaupause für attraktiven Offensiv-Basketball und hat die NBA verändert. Und dass er von Defense keine Ahnung hat, kann ich auch nicht mehr hören. Die besten Suns-Teams unter D'Antoni waren defensiv nicht top, sie waren aber auch nicht mies. Und da hatte er keinen Howard im Kader, der in Bestform ein Team alleine zu einem Top-10-Defense-Team macht. Und für sein System in der Offense braucht er eben auch den richtigen Dirigenten. Was sollte denn bitte dabei herauskommen, wenn er sein System von Chris Duhons oder Darius Morris' laufen lassen muss? Es konnte bis jetzt noch nicht funktionieren und hat einen Rattenschwanz an Problemen nach sich gezogen. Zum Beispiel, dass Kobe viel zu viele Würfe nehmen muss, weil er keine andere Wahl hatte. D'Antoni ist dabei, eine Rotation zu finden. Howard und Gasol abwechselnd spielen zu lassen, kann ein Weg sein, zu Triangle-Zeiten wurden Andrew Bynum und Gasol auch häufig getrennt. Metta World Peace auf der Vier ist ebenfalls ein richtiger Move. Ein Shooter (Raja Bell?) mehr wie Jodie Meeks wäre sicher wichtig. Aber vor allem ist Nash zurück. Und damit die Struktur. Er wird gemeinsam mit D'Antoni das Ding zum Laufen kriegen.

Haruka Gruber: Absolut richtig, Florian. D'Antoni kommt vor allem bei Philipp viel schlecht weg. Klar, in New York lief es nicht wirklich rund, aber seine Erfolge mit Phoenix sind nicht wegzudiskutieren: Er hatte mit einem guten, aber nicht exquisiten Kader zweimal die Conference Finals erreicht. Ein total Blinder schafft das nicht. Und im Nachhinein könnte ihm die Knicks-Zeit sogar helfen: Er weiß selbst, dass der Kader nicht gut zusammengestellt war, und dass er sich im politischen Ränkelspiel innerhalb der Franchise sich besser hätte positionieren müssen. Er wird daraus aber gelernt haben und sich im Lakers-Dickicht cleverer verhalten, um mit seiner Spielidee alle zu überzeugen und sich schrittweise die Spieler zu holen, die er braucht. Dabei muss er gar nicht so viel machen, wenn die Verletzten alle zurückkehren. Wie sehr Steve Nash gefehlt hatte, war bei seinem ersten Comeback-Spiel schon zu sehen. Warum sollte es also nicht klappen mit Howard oder Gasol als Center, World Peace nach dem Melo-Modell als athletischer Power Forward und dahinter mit drei Guards? Die Lakers werden sicher keine Defensemacht, aber ich bin überzeugt: Sie werden spätestens zu den Playoffs Showtime-Basketball zeigen.

These 2: Lamar Odom wird zum X-Faktor bei den Clippers

These 3: Die Bulls sind das gefährlichste Team im Osten

These 4: Kevin Martin hat die Thunder besser gemacht

These 5: Derek Fishers Abgang ist kein Verlust für die Mavs

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These: Lamar Odom wird zum X-Faktor bei den Clippers

Timo Böckenhüser: Es tut weh, Odom in so einer Verfassung zu sehen! Übergewichtig, zu Saisonbeginn waren es 15 Kilo!, völlig außer Form, ohne jeglichen Drive und ein Schatten seiner selbst. Was war nur aus dem Spieler geworden, der vor ein paar Jahren der vielseitigste Big Man der NBA gewesen ist?! Ist das der Kardashian-Effekt? Traurig! In dieser Verfassung würde er auch in der BBL bei keinem Team zum X-Faktor werden. Aber nach miserablem Start zeigt sich im Dezember, dass in der leblosen Hülle doch noch ein schwacher Puls schlägt. Gegen Milwaukee scorte er erstmals seit März wieder zweistellig. Odom scheint die Kurve zu kriegen. Und mit seiner Form geht auch die der Clippers konstant nach oben. Ich glaube zwar nicht, dass er zum X-Faktor wird, da sehe ich eher Chauncey Billups und Grant Hill, aber wenn er die positive Entwicklung fortsetzt, kann er ein weiteres, wichtiges Puzzleteil dieses extrem tiefbesetzten Titelkandidaten sein. Ja, richtig - die Clippers sind ein Contender!

Philipp Dornhegge: Puh, da kommen aus meiner Sicht jede Menge Spieler in Frage. DeAndre Jordans verbessertes Offensivspiel und die Freiwürfe fallen mir da ein, Eric Bledsoes ungeheure Energie, die er von der Bank bringt. Aber auch Billups, der kaum gespielt hat, erfüllt irgendwie die Kriterien. Auf der anderen Seite: Klar, wenn Odom sich weiter verbessert und seine Erfahrung einbringt, ist er für die Bench Crew natürlich Gold wert. Nur Energie, wie sie von Ronny Turiaf oder Ryan Hollins auf den großen Positionen kommt, reicht eben nicht. Wenn man selbst auf der Bank noch spielerische Extraklasse hat, die Odom ja bei den Lakers stets verkörpert hat, dann ist das schon ein gewaltiger Luxus. Den hat kaum eine Mannschaft in der Liga - und dadurch könnten die Clippers richtig weit vorne landen.

Florian Regelmann: Man darf nicht vergessen, dass Odom beim Start des Trainingscamps wie von Timo erwähnt 120 Kilo gewogen hat. Der katastrophale November mit 23 Prozent FG war eigentlich nur die logische Folge. Aber jetzt hat Odom stark an Gewicht verloren, er scheint mental wieder auf Basketball eingestellt und hungrig zu sein, und man sieht immer mehr den Odom von früher zum Vorschein kommen. Er hat jetzt eigentlich seit Wochen ordentlich gespielt (7 Rebounds in 22 Minuten im Schnitt). Wenn es in dem Stil weitergeht, ist er natürlich ein Faktor. Er ist aber nicht der X-Faktor. Odom ist ein Teil der überragenden Bank mit Jamal Crawford, Bledsoe und Matt Barnes, aber auch nicht mehr. Der X-Faktor für einen langen Playoff-Run der Clippers heißt für mich nach wie vor Billups. Jetzt können sie seinen Ausfall kompensieren, aber in einer 7-Spiele-Serie gegen die Thunder, Spurs oder auch die Lakers geht es nicht ohne Billups. Sie werden ihn wegen seiner Big-Shot-Fähigkeiten brauchen und sie werden ihn vor allem brauchen, weil Billups eine Art Head Coach auf dem Feld ist. Deshalb wäre ich trotz der Siegesserie als Clippers-Fan ein wenig besorgt. Wenn Billups nicht fit ist, werden sie den Westen niemals gewinnen.

Haruka Gruber: Odom wird nie und nimmer ein X-Faktor. Und wenn doch, wäre es für die beste Liga der Welt ein Armutszeugnis. Offenbar hat er die letzten eineinhalb, zwei Jahren nicht richtig trainiert, sei es wegen echten Verletzungen, vorgetäuschten Verletzungen oder schlichtweg Lustlosigkeit. Und dann absolviert er einige gescheite Einheiten, trainiert ein bisschen Feierfett ab - und soll dann sogar die Championship oder zumindest den Ausgang der Western Conference mitentscheiden? Es wäre erschreckend, sollte es wirklich möglich sein. Was nicht vergessen werden darf: Odom zeigte auch in Dallas einige ganz ordentliche Leistungen - nur um kurz darauf selbstzufrieden mit dem Arbeiten aufzuhören. So ist es eben bei Spielern mit Upside: Für einzelne Spiele reicht das Talent, aber auf Dauer braucht selbst der Begnadetste Fitness und Fokussierung. Und wenn wieder zu lesen ist, dass Odom mitten in der Regular Season beim regelmäßigen Party-Machen mit irgendwelchen Frauen erwischt wurde, bleibt man sprachlos zurück. Die Clippers spielen bockstark - aber Odom ist nur ein kleiner Nebendarsteller, der ganz ordentlich reboundet. Mehr nicht.

These 1: Mike D'Antoni ist der richtige Trainer für die Lakers

These 3: Die Bulls sind das gefährlichste Team im Osten

These 4: Kevin Martin hat die Thunder besser gemacht

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These: Die Bulls sind das gefährlichste Team im Osten

Philipp Dornhegge: Im Moment sieht es so aus, oder? Ohne Derrick Rose haben viele Spieler die Chance, sich zu zeigen und zu entwickeln. Ich bin trotzdem nicht überzeugt davon, dass Chicago mit dieser Truppe ohne Rose in den Playoffs etwas reißen könnte. Und obwohl man erwarten darf, dass er in Kürze wieder mitmacht, finde ich es ganz schwierig zu sagen, was für einen Derrick Rose wir dann sehen werden. Vielleicht braucht er Monate, ehe er an seine alte Form anknüpfen kann. Vielleicht erreicht er sie nie mehr. Man könnte es ihm nicht verübeln, wenn er anfangs mit angezogener Handbremse spielt. Aber was passiert dann mit dem Team: Leidet es vielleicht sogar unter Rose, weil die anderen gehemmt sind? Das sind mir alles zu viele Fragezeichen. Eine ähnliche Situation findet man in Indiana: Auch hier fehlt der Star, die anderen Spieler können reifen. George Hill und Paul George sind in den letzten Wochen richtig stark in Form, nur Roy Hibbert kommt nicht so recht in die Gänge. Dafür ist die Defense mit die beste der Liga. Und: Mit Danny Granger gibt es einen Go-to-Guy, der zwar ebenfalls ausfiel, aber einige Vorteile gegenüber Rose hat: Seine Verletzung ist weniger schlimm, sein Spiel ist nicht so von der Athletik abhängig. Granger dürfte es leichter fallen, wieder seinen Rhythmus zu finden. Aktuell sieht es so aus, als wären die Heat und Knicks die Teams to beat. Aber danach kommen für mich, wenn wir auf die Playoffs zugehen, die Pacers. Meinen ursprünglich festen Glauben an Boston erschüttern die Celtics mit jedem Spiel aufs Neue, auch den Nets traue ich nicht viel zu.

Florian Regelmann: Ich habe großen Respekt vor der Arbeit von Tom Thibodeau. Was der aus den Belinellis und Nate Robinsons dieser Welt herausholt, ist bemerkenswert. Und die All-Around-Saison, die Joakim Noah spielt? Wahnsinn. Wenn Rose zurückkommt, will gegen Chicago niemand spielen, das ist völlig klar. Das gefährlichste und aktuell einfach auch das beste Team im Osten sind aber die Knicks. Und das liegt nicht in erster Linie an Carmelo Anthony, auch wenn der zweifellos seine Aufgabe als Franchise-Player grandios erfüllt. Die beiden Gründe, warum die Knicks so gut sind, warum sie ein Titelkandidat sind, heißen Backcourt und Center. In der letzten Saison hatten die Knicks ein großes Problem: Turnover. Kein Team schmiss so häufig den Ball weg. Und jetzt sind sie die Nummer 1, was das Vermeiden von Turnover betrifft. Der Backcourt mit zwei Einsern, Raymond Felton und Jason Kidd, funktioniert formidabel. Kidd, lustigerweise ganz im Gegensatz zu früher, ist jetzt der reinste Spot-Up-Shooter, den man finden kann. Und Felton ist auch der Typ Schütze. Entweder Isolation Play mit Melo oder Pick'N'Roll mit Felton/Kidd und Tyson Chandler. Wobei wir bei meinem Top-5-MVP-Kandidaten der laufenden Saison sind: Nicht Melo, sondern Chandler (70 Prozent FG!). Es gibt durchaus Parallelen zum Championship-Run der Mavs mit Chandler. Der einzige kritische Punkt heißt für mich Amare Stoudemire. Wird er eine Bankrolle akzeptieren? Am Anfang bestimmt noch, aber wie lange passt das mit seinem Selbstverständnis zusammen? Coach Mike Woodson hat bis jetzt immer die richtigen Knöpfe gedrückt, ich bin gespannt, wie er die Amare-Situation meistert.

Haruka Gruber: Naja, New York ist wirklich klasse, aber zu stark sollte man sie auch nicht reden. Im November, Dezember gab es schon häufig Teams, die über ihre Verhältnisse gespielt haben - und zu den Playoffs hin von den Mannschaften überholt wurden, die sich im Laufe einer Saison stetig verbessern. Mir fehlt im Knicks-Kader dann doch die Substanz. Anders als eben Chicago. Die Mavs sind ohne Dirk Nowitzki unter ferner liefen, die Bulls sind ohne Derrick Rose das viertbeste Ost-Team mit aufsteigender Tendenz. Wahnsinn, dass jetzt schon darüber spekuliert wird, dass Nate Robinson trotz seiner guten Leistungen entlassen werden könnte, weil Rose zurückkehrt und Rookie Marquis Teague so stark spielt. Ich stelle mir nur Mitte April vor: Rose ist nach 4 Monaten und 40 Regular-Season-Spielen vielleicht nicht bei 100 Prozent, aber bei 85, 90 Prozent. Dazu Noah in der Form seines Lebens, Deng als Scottie-Pippen-Verschnitt, Carlos Boozer und Rip Hamilton als nette Beigaben in der Starting Five. Und von der Bank kommen Taj Gibson, Kirk Hinrich, Marco Belinelli, Teague, vielleicht Robinson. Dazu angeleitet von Thibodeau, unter dem jeder Spieler genau weiß, was er zu tun und zu lassen hat. Klingt für mich ziemlich angsteinflößend für jedes Ost-Team, selbst für die Heat.

Timo Böckenhüser: Nope, auf keinen Fall! Das erste Saisondrittel hat gezeigt, dass sie ohne Rose nur die Hälfte wert sind. Versteht mich nicht falsch: Ich mag die Truppe, ihre Leidenschaft und ihren Einsatz in der Verteidigung, aber es mangelt ihr in der Offense schlichtweg an Waffen, um ein Wörtchen im Titelkampf mitzureden. 92,8 Punkte sprechen eine deutliche Sprache - nur die Wizards, Magic, Hornets und Pacers scoren weniger, das sagt alles! Der Plan, Rose' Ausfall als Kollektiv zu kompensieren, in allen Ehren, aber der Kader ist nicht stark genug, um die Schwergewichte Miami und Boston sowie die wiedererstarkten Knicks zu gefährden. Hut ab vor Noahs Entwicklung und Dengs konstant guten Leistungen. Was Chicago fehlt, sind weitere konstant zuverlässige Optionen, die ihnen Abend für Abend 15 bis 20 Punkte liefern. Und das Wichtigste: ein Floor General, der in der Crunchtime das Heft an sich reißt. Hinrich, Hamilton, Belinelli und Robinson sind keine Leader. Und Mittelmaß auf der Aufbauposition ist immer problematisch. Sprich: So lange Rose verletzt ist, sind die Bulls ein gutes, aber kein sehr gutes Team, das den Favoriten gefährlich wird! Mit der Rückkehr ihres Superstars kann sich das aber schnell ändern, denn einen starken Supporting Cast hat Chicago. Eben nur keinen Leader, der den Unterschied macht.

These 1: Mike D'Antoni ist der richtige Trainer für die Lakers

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These 4: Kevin Martin hat die Thunder besser gemacht

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These: Kevin Martin hat die Thunder besser gemacht

Florian Regelmann: Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ich das eingestehen muss, aber die Thunder mit Kevin Martin sind besser als die Thunder mit James Harden. Harden ist der eindeutig talentiertere Basketball-Spieler, aber Martin ist für OKC ganz offenbar der bessere Fit. Martin spielt eine Saison, wie sie effizienter kaum sein könnte. Der Junge schießt 47 Prozent aus dem Feld, 46 Prozent von Downtown und 94 Prozent von der Linie. Martin versteht seine Rolle perfekt, er erzwingt nichts und macht im Prinzip nichts anderes, als hochprozentige Würfe reinzuballern. Harden wollte zu Recht auch in OKC ein weiterer Go-to-Guy sein, in Houston darf er das und geht darin auf. Wenn man sich die Thunder in dieser Saison anschaut, fällt vor allem das verbesserte Ball Movement auf, es stockt nicht mehr so. Die Zahlen belegen das auch. In der letzten Saison war OKC in puncto Assists und Assist-to-Turnover-Ratio das schlechteste Team der NBA, das sieht jetzt viel besser aus. Dazu kommt, dass die Thunder, obwohl Martin der klar schlechtere Verteidiger ist, defensiv überhaupt nicht schwächer geworden sind. Die einzige Frage, die ich habe, wird sich erst in den Playoffs klären lassen. Da könnte es ihnen schon abgehen, in der Crunchtime den Ball Harden geben zu können und ihn kreieren zu lassen. Aber ganz klar, es sieht alles nach einem extrem cleveren Move aus, Martin geholt zu haben. Einmal mehr Respekt vor GM Sam Presti.

Timo Böckenhüser: Wow, eine gewagte These, schließlich ist OKC mit James Harden in die Finals gekommen! Ob sie besser sind, werden wir erst im Juni 2013 wissen. Fakt ist aber, dass Martin mehr als nur ein Notnagel ist. Offensiv kompensiert er (15,7 Punkte) Harden fast komplett (2011/12: 16,8 Zähler). Er ist ein exzellenter Shooter, hat nur nicht die Slashing-Skills seines Vorgängers, der wie kaum ein zweiter Guard mit Dampf zum Korb zieht und dort nicht selten trotz Fouls ein Play erfolgreich abschließt. Dafür braucht Martin nicht im dem Maße den Ball in seinen Händen, um zu glänzen, wie es bei Harden der Fall war! Er hat seine Stärken im Catch-and-Shoot und ist höchst effizient. 45,8 Prozent Dreierquote sind bei fast fünf Versuchen pro Spiel sensationell. Das macht Martin zum perfekten Sidekick der OKC-Top-Scorer Kevin Durant und Russell Westbrook. Und das sieht man: Nach kurzer Eingewöhnungsphase läuft die Offense der Thunder, die zuletzt zwölf Spiele in Folge gewonnen haben, extrem flüssig. Sie haben den zweitbesten Angriff der Liga, kein Team gewinnt bis dato seine Spiele deutlicher. Respekt! Also: Die These ist sehr gewagt, doch der Tausch Martin für Harden hat OKC definitiv nicht schlechter gemacht!

Philipp Dornhegge: Absolut und definitiv: nein. Martin hat die Thunder nicht besser gemacht. Martin kann nichts, was Harden nicht auch konnte. Und das meiste davon kann Harden besser. OKC ist besser als im Vorjahr, keine Frage. Aber erstens ist die Regular Season nur ein Vorgeplänkel vor den Playoffs, zweitens sind die Gründe für die Steigerung der Thunder ganz andere. Es war doch klar, dass die Mannschaft nach der bitteren Finals-Niederlage reifen würde. Und der Kern ist so jung, die einzelnen Spieler selbst ohne Finals besser geworden wären. Mit den Finals wurde der Prozess aus meiner Sicht zusätzlich beschleunigt. Durant ist kompletter als je zuvor und hat sich sicherlich was von LeBron James abgeschaut. Russell Westbrook spielt umsichtiger, er und Durant haben auch von der Olympiateilnahme profitiert. Und dann ist da natürlich Serge Ibaka, dessen Limit derzeit kaum abzuschätzen ist. Wenn er seinen Jumper konstant trifft, kann er ein absoluter Topspieler werden. Sogar Hasheem Thabeet wirkt inzwischen wie ein brauchbarer NBA-Spieler. Also: Martin als dritte Scoring-Position zu haben ist nett. Aber die mutigste Aussage, zu der ich mich im Hinblick auf ihn hinreißen lasse, ist die: Martin hat Hardens Verlust halbwegs aufgefangen.

Haruka Gruber: Eine Facette kommt hier zu kurz: Wie Timo richtig sagt, kann der Maßstab nur die erneute Finals-Teilnahme sein und nicht die Regular Season. Und da habe ich zumindest leichte Zweifel, ob die Thunder Finals-ready sind. Zu Durant muss man nichts hinzufügen und Westbrook spielt plötzlich wie ein echter Point Guard und nicht wie ein verkappter Shooting Guard - aber hängt das alles mit Kevin Martin zusammen? Martin passt gut ins Team und angesichts des komplizierten Vertragspokers mit Harden war er der bestmögliche Ersatz. Aber: Harden brachte neben Scoring eben auch Playmaking. Martin beweist, dass er mehr als nur ein eindimensionaler Scorer ist, dennoch bleibt abzuwarten, wie es in den Playoffs läuft, wenn Westbrook gnadenlos attackiert wird. Braucht OKC nicht einen zweiten Guard, der mit dem Ball in der Hand das Tempo kontrollieren kann? Eric Maynor fand ich in den Playoffs 2011 in dieser Rolle super, aber die danach folgende fast einjährige Pause merkt man ihm deutlich an. Wenn Maynor nicht rechtzeitig zu den Playoffs in Form kommt, wird man sehen, wie wertvoll Harden tatsächlich war.

These 1: Mike D'Antoni ist der richtige Trainer für die Lakers

These 2: Lamar Odom wird zum X-Faktor bei den Clippers

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These 5: Derek Fishers Abgang ist kein Verlust für die Mavs

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These: Derek Fishers Abgang ist kein Verlust für die Mavs

Timo Böckenhüser: Doch! Fishers Abgang ist ein Verlust für die Mavs. Denn der fünfmalige Champion war das, was den Mavs, wie den Bulls, momentan massiv fehlt: ein Leader. Der 38-Järige hat mit den Lakers schon so viele Schlachten geschlagen und weiß einfach, worauf es ankommt. Zudem wäre er Darren Collison, dem Point Guard der Zukunft in Dallas, und dessen Backup Roddy Beaubois ein hervorragender Mentor gewesen. Fisher war zwar nie ein großer Scorer, dafür aber der Inbegriff von Konstanz und Erfahrung. Und genau daran hapert es Collison momentan am meisten. Auch, weil er nie einen erfahrenen Lehrer an seiner Seite gehabt hat. Derek Fisher, der fast 1200 Spiele auf dem Buckel hat, hätte Collison die Feinheiten des Playmakings beibringen können. Statistisch hat er zwar nicht viel gerissen, doch er hat dem Spiel der Mavs in den entscheidenden Phasen Führung und Ruhe verliehen. Von daher schmerzt sein Abgang - auf und vor allem auch abseits des Courts - enorm!

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Haruka Gruber: Da habe ich eine andere Meinung. Vielleicht wäre Fisher einer gewesen, der den jungen Point Guards "the right way" zeigt. Vielleicht hätte er den entscheidenden Dreier zum Playoff-Einzug versenkt. Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Aber das ist eigentlich alles egal, denn: Derek Fisher hatte offensichtlich keine große Lust, Teil dieses Teams zu sein, und genießt lieber sein Privatleben in LA. Und so integer er sich sonst verhält: So einer soll das Vorbild sein, an dem sich die zukünftigen Floor Generals der Mavs orientieren? Und selbst wenn Fisher geblieben wäre: Wann hätte er die Lehrlinge lehren sollen? Solche Mentor-Schüler-Beziehungen werden in der Offseason entwickelt, nicht in der hektischen Regular Season. Entsprechend war Fishers Unterschrift nicht mehr als ein aus der Not geborenes Provisorium.

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Philipp Dornhegge: Die entscheidende Frage lautet: Was wollen die Mavs erreichen? Eine Playoff-Teilnahme ist mit dem Kader aus meiner Sicht drin, und wenn man da etwas reißen möchte, dann geht das nur über die Defense, die wahrlich nicht Fishers Stärke ist. Geht es den Mavs vorrangig darum, die Spieler, die sie haben, zu evaluieren und eine klare Vorstellung davon zu bekommen, wie gut sie sind beziehungsweise werden können, dann müssen sie so viel Spielzeit wie möglich erhalten. In beiden Fällen gilt: Fisher würde Collison bremsen. Wenn man sich ansieht, wie die Karriere von Collison bisher verlaufen ist, dann ist mein Eindruck der, dass der Junge stets das Gefühl haben muss, dass er gebraucht wird und unangefochten ist. Deshalb hat er damals in New Orleans Chris Paul so grandios vertreten, deshalb hat er beim Time-Sharing mit George Hill in Indiana eher enttäuscht. Schaut Euch noch mal die Zahlen aus der Saison 2009/2010 an! Und in Dallas wirkt er, seit Fisher als Zugang gehandelt wurde, gehemmt. Ich würde mir wünschen, dass man ihm einfach das Vertrauen ausspricht und ihn machen lässt. Ohne Fisher werden die Mavs, glaube ich, das Maximum aus Collison herausholen. Zumal Fishers Leadership-Fähigkeiten von Dirk Nowitzki problemlos aufgefangen werden.

Haruka Gruber: Spätestens jetzt sollte Dallas wissen, dass eine Grundsatzfrage beantwortet werden muss: Wie soll es auf der wichtigsten Position im Basketball weitergehen? Dallas muss sich endlich entscheiden! Dieses Hin und Her ist sehr befremdlich: Delonte West wird in der Preseason rausgeschmissen, Roddy Beaubois hingegen allseits gelobt und Darren Collison zu einem der größten Point-Guard-Hoffnungen überhaupt erklärt. Dominique Jones hingegen soll getradet werden - und steht plötzlich in der Starting Five, obwohl sich alle einig sind, dass Collison und Beaubois talentierter sind. Collison ist seitdem verunsichert und Beaubois spielt plötzlich gar keine Rolle mehr und verkommt zur wertlosen Trade-Masse. Was will Dallas? Wenn Collison der Spielmacher der Zukunft ist, sollten sie jemanden verpflichten, der ihn als Backup gut ergänzt. Einer aus der Kategorie Earl Watson sollte per Trade irgendwie zu bekommen sein. Oder: Die Mavs bemühen sich um einen neuen Starting-Point-Guard und schnüren ein größeres Trade-Paket. Egal wie: Alles ist besser als dieses Halbgare.

Florian Regelmann: Da bin ich eher auf Timos Seite. Meiner Meinung nach gibt es grundsätzlich so gut wie kein Team in der NBA, bei dem Derek Fisher kein Gewinn wäre. Und sei es alleine wegen seiner Präsenz im Locker Room. Der Typ ist der geborene Winner und die personifizierte Toughness. Erst mit ihm, und mit der Hereinnahme von Dahntay Jones in die Starting Five, sind die Mavs in dieser Saison mal ein wenig von ihrer Softness weggekommen. Dazu kommt, dass Dallas Fisher auch rein sportlich gut zu Gesicht stand. Es war ja phasenweise Comedy, was auf der Point-Guard-Position abgegangen ist. Ich halte weiterhin sehr viel von Collison, für dessen Entwicklung wäre es Gold wert gewesen, jeden Tag neben Fisher zu sitzen, mit ihm auf dem Feld zu stehen, ihm einfach zuzuhören. Wenn er das aber nicht kapiert und lieber jammert, kann man es eh vergessen. Wer weiß, vielleicht hätte Fisher sogar bei Beaubois (War der nicht mal untradeable?) noch was retten können. Ich sehe im Gegensatz zum Kollegen Dornhegge auch absolut schwarz für die Playoffs, selbst wenn Nowitzki schnell wieder in Form kommt. Die Konkurrenz ist einfach besser. Über OKC, San Antonio, Memphis, die Clippers und auch die Lakers müssen wir als Playoff-Teams wohl kaum sprechen. Über die Warriors und Nuggets eigentlich auch nicht. Das sind schon sieben Teams, ohne Minnesota, Utah und Houston genannt zu haben. Forget it.

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