NBA

"Die NBA wird von den Bayern profitieren"

Von Interview: Haruka Gruber
David Stern tritt 2014 nach genau 30 Jahren als NBA-Commissioner zurück
© Imago
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SPOX: In Deutschland sorgte der Weg der Mavericks zum Titelgewinn 2011 dank des League Pass für eine wahre NBA-Mania vor dem PC-Monitor - und das um 3 oder 4 Uhr früh. Doch was passiert, wenn Dirk Nowitzki aufhört?

Stern: Ich war zuletzt mit ihm in Berlin im Rahmen der NBA Europe Live Tour und ich sah die gigantische Begeisterung. Daher verstehe ich die Frage. Nur: In China ist etwa das Interesse an der NBA nach Yao Mings Rücktritt nicht gesunken, ganz im Gegenteil, es ist gestiegen. Die chinesischen Fans kaufen jetzt eben die Jerseys von Kobe Bryant oder Kevin Durant. Man braucht einen einheimischen Star, um überhaupt Begeisterung für die NBA zu entfachen, das stimmt. Allerdings dürfen wir uns nicht abhängig von einem einzelnen Spieler machen, egal wie herausragend Dirk als Botschafter ist. Mittelfristig müssen wir uns von der Idee lösen, dass die NBA in einem ausländischen Markt nur mit einem einheimischen Star erfolgreich sein kann.

SPOX: Kann die NBA in Deutschland auch ohne Nowitzki wirklich zu einem Massenphänomen werden?

Stern: Ich sehe gute Ansätze. Ich traf Uli Hoeneß in Mailand beim Preseason-Spiel zwischen den Boston Celtics und Olimpia Milano. Er erzählte mir, dass die Bayern planen, weiter in den Basketball zu investieren - wovon die NBA profitieren wird. Wir wissen, dass wir als NBA von den Bayern lernen können. Sie sind einer der bestgeführten und profitabelsten Klubs Europas. Wenn so ein Verein Interesse an unserer Sportart zeigt, kann uns das nur helfen.

SPOX: Um was ging es zwischen Ihnen und FCB-Präsident Hoeneß?

Stern: Wir hatten eine lange Unterhaltung. Er war sehr neugierig und stellte viele Fragen. Wir werden uns auf jeden Fall wieder treffen und uns austauschen. Er wollte wissen, wie eine Liga wie die NBA gemanagt wird - und wir geben unser Knowhow gerne weiter und lernen selbst dazu. Zum Beispiel bestehen bereits tolle Kontakte zur Premier League. Ich bin sehr fasziniert von der Kultur des europäischen Fußballs. Sie ist so anders und irgendwie absurd. Wir lachen immer über das Szenario, wenn ich den NBA-Besitzern folgenden Vorschlag unterbreite: "Sorry Besitzer XY, dein Team hatte die schlechteste Bilanz der Liga, aber statt den ersten Draftpick zu bekommen, schmeißen wir dich raus." Für uns in den USA ist es undenkbar, in Europa hingegen funktioniert das faszinierenderweise. Unglaublich.

SPOX: Herr Stern, so recht weiß niemand, wie Sie einzuschätzen sind. In der Öffentlichkeit sind Sie charmant, hinter den Kulissen knallhart. Zumindest lautet so das Klischee. Wie ticken Sie?

Stern: In meinem Job geht es darum, Bedrohungen zu erkennen und sie zu eliminieren. Wenn ich Rentner bin, habe ich vielleicht die Muße, mich an die guten Zeiten zu erinnern. Solange ich jedoch in der Verantwortung stehe, kann ich nicht anders, als mich mit dem Negativen auseinanderzusetzen. Wenn ich gefragt werde: "David, der Draftjahrgang 1984 mit Michael Jordan, Hakeem Olajuwon und Charles Barkley war super, oder?" Antworte ich: "Sorry, woran ich mich im Nachhinein erinnere sind andere Momente. Wie 1991, als Magic Johnson bekanntgab, dass er HIV-positiv ist und wir alle dachten, dass er bald stirbt." Oder: "David, bekommt du glänzende Augen, wenn ich dich nach den Sternstunden von Jordan frage?" Antworte ich: "Viel eher kommt mir in den Kopf, wie Latrell Sprewell versucht hat, seinen Coach zu erwürgen. Und wie Ron Artest in die Zuschauerränge gesprungen ist."

SPOX: Klingt anstrengend.

Stern: Das höre ich oft. Dennoch ist dieser Blickwinkel nötig, um die Liga zu schützen. Ich arbeite in einem Business, bei dem Krisen-Management gefragt ist. Ich habe das Gefühl, dass in der NBA und im Sport generell sogar mehr Krisen auftreten als in anderen Geschäftsbereichen, weil wir es ausschließlich mit Menschen zu tun haben. Deswegen bin ich darauf sensibilisiert, jede erdenkliche Drohung zu erkennen und bestenfalls schon vor dem Entstehen zu bekämpfen. Das ist meine Verpflichtung der NBA gegenüber.

SPOX: Herr Silver, sind Sie ein ähnlicher Typ?

SIlver: Bis zu einem gewissen Grad schon, ich habe unter ihm lange gelernt. Trotzdem gibt es Unterschiede: Wenn David ein Glas als halb leer ansieht, sehe ich es als halb voll.

Stern: Ich neige in Diskussionen dazu, einen extremen Punkt einzunehmen, was ich per se wichtig finde, um Grenzen auszuloten. Wobei immer im Bewusstsein dessen, dass mich Adam langsam zurückholt auf ein Normalmaß. Daher ist Adam als Regulativ sehr wichtig.

SPOX: Ohne Sie wird sich Herr Silver emanzipieren müssen. Was wird seine größte Herausforderung als zukünftiger Commissioner?

Stern: Wenn Adam im Februar 2014 das Amt übernimmt, werden wir 22 Jahre zusammen gearbeitet haben. Deswegen sieht er schon so alt aus. (lacht) Adam ist kein Newcomer und er muss sich nicht mehr emanzipieren. Wir sind mittlerweile keine Vorgesetzten und Angestellten mehr, vielmehr gleichberechtigte Partner. Partner, die sich im Stil sicherlich unterscheiden. Aber Adams eigener Stil und seine Expertise werden dabei helfen, dass die NBA die anstehenden Herausforderungen exzellent bewältigen wird. Es geht um ein Fortführen der digitalen Revolution. Das wird der nächste Gamechanger für die gesamte Sportart. Daher ist Adam der perfekte Steuermann.

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