SPOX: Nach dem ersten Besuch im SPOX-Büro sagten Sie: "Ihr seid schon ein Haufen voller Freaks." Warum tun Sie sich das an, sich auf diese Freaks einzulassen und zukünftig bei SPOX die NBA live zu kommentieren?
Frank Buschmann: Das glauben mir einige nicht, aber trotz meines Methusalem-Alters besitze ich immer noch ein großes Herz für die orangefarbene Murmel. Daher ist es natürlich reizvoll, wenn ich die Chance bekomme, die NBA zu kommentieren - und das zu humanen Uhrzeiten und nicht um 2 oder 3 Uhr früh. Da bitte ich die Hardcore-Fans um Nachsicht. Und natürlich spielte es eine wichtige Rolle, dass das SPOX-Team ebenfalls Basketball liebt und mir penetrant auf die Nerven gegangen ist. Da konnte ich nur zusagen. (lacht) Mich reizt das Projekt sehr und ich freue mich darauf, mit der Horde an jüngeren und gleichzeitig genauso verrückten Kollegen das Ding zu wuppen. Ich merke eine absolute Aufbruchsstimmung und ich hoffe, dass sich beim Thema Basketball auf SPOX noch mehr bewegt. Die Mischung aus Bewegtbild und Text ist genau der richtige Weg.
SPOX: Provokant gefragt: Warum sind Sie der richtige NBA-Kommentator für SPOX?
Buschmann: Ich weiß schon, welche Reaktionen ich bei den Hardcore-Fans auslöse: "Der Buschi ist ja nicht mehr nah dran an der NBA!" Es stimmt insofern, dass ich seit den Finals 2001 nur noch unregelmäßig über die NBA berichtet habe. Davor hatte ich pro Saison 50 bis 60 Spiele. Dennoch muss sich niemand sorgen: Ich verstehe das Spiel immer noch und verfolge die NBA intensiv.
SPOX: Für Sie werden in Marktforschungsumfragen extrem hohe Beliebtheitswerte ermittelt, vor allem unter den Basketball-Puristen sind Sie hingegen umstritten. Wie wird Ihre Art der Kommentierung sein?
Buschmann: Ich weiß, dass bei SPOX die User sehr kompetent sind, vor allem im Basketball, daher werde ich nicht erklären, was ein Turnover ist. Das würde nicht zu SPOX passen. Allerdings werde ich den Versuch unternehmen, die Menschen abzuholen, die vielleicht zufällig im NBA LIVE-STREAM gelandet sind. Das mag Buschi-like sein, gleichzeitig werde ich gegenüber den Hardcore-Fans weiter hartnäckig behaupten, dass ich die Sportart ganz gut verstehe. Es soll sogar einige Spieler und Trainer geben, die mir das glauben.
SPOX: Sie kündigten kürzlich in einem Radio-Interview auf "BR3" an, beruflich kürzertreten zu wollen. Wie passt dazu das NBA-Projekt bei SPOX? Oder Ihr Plan, ein Buch zu schreiben?
Buschmann: Die Aussage war keine Koketterie. Es ist nun mal so: Mit "LIGA total!" fällt ab Sommer leider ein großer Arbeitgeber weg. Man muss jetzt nicht für mich sammeln gehen, aber ich werde zukünftig an Wochenenden mehr Zeit haben, was mir in die Lebensplanung passt. Ich muss nicht mehr immer und überall rumhampeln. Was sich nicht ändern wird: Wenn ich von solch spannenden Projekten wie jetzt bei SPOX höre, habe ich total Lust darauf. So alt fühle ich mich auch wieder nicht.
SPOX: Und was hat es mit dem Vorhaben auf sich, als Autor zu arbeiten? Wird es ein Sachbuch aus dem Leben eines Sport-Kommentators? Oder sogar Fiktion?
Buschmann: Ohne, dass es eine hohe Priorität hat: Das Buch wird irgendwann kommen. Wobei ich noch nicht weiß, ob ich Sachbuch oder Fiktion mache. Grundsätzlich glaube ich, dass ich eine nette Schreibe mitbringe, um Situationen zu schildern, daher traue ich mir ein Sachbuch zu. Richtig interessant wäre es, im Fiktionsbereich etwas zu schreiben. Ein klassischer Roman mit Anlehnung ans wahre Leben. Ich weiß nur nicht, ob meine Schreibe dafür reicht. Da muss ich erst einmal in Ruhe in mich gehen.
SPOX: Um was könnte es im Buch gehen?
Buschmann: Egal ob Sachbuch oder Fiktion: ein Blick hinter die Kulissen des TV und des Sports. Es soll explizit keine Abrechnung sein, aber ich bin ein so ehrlicher Mensch, dass ich den Lesern nicht vorenthalten will, wie es wirklich abläuft. Einige Freunde rieten mir deswegen schon, dass ich das Buch erst angehen soll, wenn ich keine Jobs mehr brauche. (lacht)
SPOX: Sie sind ein Social-Media-Phänomen: Obwohl keine klassische Werbung und PR für Ihre Facebook-Seite gemacht wird, haben Sie in weniger als einem Jahr über 45.000 Freunde hinzubekommen. Ist die von Ihnen angesprochene Ehrlichkeit der Grund dafür?
Buschmann: Manchmal wundere ich mich selbst über diese abenteuerliche Zahl. Sicherlich spielt es eine Rolle, dass ich eine gewisse Bekanntheit mitbringe, das hilft. Derart nach vorne konnte es jedoch nur gehen, weil mir ein Mix wichtig ist: Ich möchte den Facebook-Freunden so unverstellt wie möglich zeigen, wie es in dem Geschäft sowie in meinem Arbeitsleben abläuft und dass ich mich selbst auf die Schippe nehmen kann. Und ich möchte die Facebook-Freunde ernstnehmen, indem ich fast jeden Kommentar lese und darauf eingehe. Ein hoher Aufwand, der sich trotzdem lohnt.
SPOX: Sie gehören nicht unbedingt zu den Pionieren der neuen Kommunikationswege. Wie kam es, dass Sie sich plötzlich so engagieren?
Buschmann: Das stimmt, ich hatte im Grunde keine Ahnung von Social Media. Irgendwann war ich in Bamberg zu einem Spiel und im VIP-Bereich sprachen mich zwei Basketball-Fans an, die irgendwas davon erzählt haben, ob es okay ist, dass Sie mir eine Fan-Seite eingerichtet haben. Meine erste Antwort: "Was für eine Fan-Seite?" Dann erklärten Sie mir, dass Sie mich gut finden würden und es okay wäre, wenn ich die Seite ab jetzt selbst betreue. Und dann brachten Sie mir alles bei, wie man Posts setzt, wie man als Administrator auftritt, wie man mit den Usern kommuniziert. Was sich seitdem entwickelt hat, ist der Wahnsinn. Heutzutage schreiben mich namhafte Firmen an und fragen, ob ich ihnen eine Facebook-Seite aufbauen und eine Social-Media-Strategie entwerfen könnte. Es gibt die verrücktesten Dinge.
SPOX: Ihr Facebook-Auftritt ist wie Sie: launig und laut. Wann gibt es den leisen Buschmann?
Buschmann: Beruflich selbst während eines Live-Spiels. Das ist ein Vorurteil, dass ich nur laut könnte. Wenn ein Spiel langweilt oder es nichts zu sagen gibt, verzichte ich aufs Gaspedal. Im Privaten gibt es diesen leisen Buschmann vielleicht etwas häufiger. Besonders in Momenten wie dieses Jahr, wenn der 30. Todestag meines Vaters ansteht.
SPOX: In der angesprochenen Radio-Sendung von Thorsten Otto lasen Sie eine nicht von Ihnen selbst verfasste Kurzbiografie laut vor. Beim Satz "Geprägt hat mich der Tod meines Vaters" hatte Ihre sonst so feste und sichere Stimme einen kurzen, fast nicht vernehmbaren Wackler. Ist Ihnen der Wackler selbst aufgefallen?
Buschmann: Ja, allerdings erst, als ich mir die Aufzeichnung im Podcast noch mal angehört habe. Ich bin wie jeder andere nur ein Mensch mit ruhigen und sentimentalen Momenten. Ansonsten bevorzuge ich eine klare Trennung zwischen dem Beruflichen und Privatem. Daher spreche ich über den Schicksalsschlag nur in der Radiosendung und jetzt bei SPOX.
SPOX: Dass Sie ohne Zwang über den Selbstmord Ihres Vaters und die Folgen des Erlebnisses für sich selbst sprechen, wirft eine Frage auf: Wie schwer ist es, die Ehrlichkeit nicht nur von anderen, sondern auch von sich selbst zu fordern?
Buschmann: Ich bin kein Heiliger und benutzte in meinem Leben wie jeder andere Notlügen. Nur: Ich möchte im Kern, beruflich wie privat, ehrlich sein. Das ist für mein Umfeld und für mich selbst nicht einfach. Dennoch möchte ich das so, weil ich glaube, dass das der bessere Weg ist. Damals zermarterte ich mir als 18-Jähriger den Kopf, warum sich mein Vater vor einen Zug geworfen hat. Ich hatte nichts geahnt, mich traf es wie ein Keulenschlag. Im Nachhinein kam ich zum Schluss, dass mein Vater sein Leben lang Everybody's Darling sein wollte, von jedem gemocht und geliebt. Genau daran zerbrach er. Und das möchte ich für mich ausschließen. Nicht falsch verstehen: Ich bin ein lieber, netter Kerl. Ein lieber, netter Kerl, der für sich selbst die Entscheidung traf, dass es nur eine Richtung geben kann: geradeheraus.
Hier geht's zu Teil II: Buschi über seine Anfänge und den alten Trash-Talk-Meister Pesic