Markus Krawinkel hat sich seit langem als Top-Basketball-Kommentator etabliert, jetzt feiert er am Sonntag beim Kracher zwischen den Miami Heat und Los Angeles Lakers (ab 21.30 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE) sein Debüt am SPOX-Mikrofon. Krawinkel über Erlebnisse mit Buschi, die Suche nach einem Colin-Kaepernick-Trikot und "Herrn Karl Winkel".
SPOX: Markus, nach Frank Buschmann und Matthias Bielek gibst Du am Sonntag als dritter Mann im SPOX-Kommentatoren-Team dein Debüt. Und das sofort mit dem Kracher: Heat vs. Lakers. Schon heiß?
Markus Krawinkel: Und wie! Das Spiel zum Einstand ist natürlich klasse, ich freue mich generell sehr auf das Projekt. Ich mag es einfach, wenn etwas Neues entsteht. Und ich glaube, dass sich hier gerade etwas richtig Gutes entwickelt. Wenn man dann von Anfang an bei so einer spannenden Sache dabei sein und sie mitentwickeln kann, ist das super. Das hat mir schon immer Spaß gemacht in meiner "Fernsehkarriere". Ich freue mich vor allem auch, mal wieder die NBA im "Free TV" zu kommentieren, das ist bei mir schon ganz lange her.
SPOX: Du hattest gerade erst ein besonderes Highlight. Stichwort: Super Bowl.
Krawinkel: Das stimmt. Wir waren zwar leider nicht vor Ort, aber es hat auch aus dem Studio heraus viel Spaß gemacht. Ich habe den Super Bowl zusammen mit Florian Berrenberg kommentiert, der wirklich ein sehr, sehr guter Experte ist und die Gabe hat, auch durch seine Coaching-Vergangenheit, komplizierte Sachen auch für Normalsterbliche verständlich zu erklären. Es war eine tolle Nacht, aus meiner persönlichen Sicht hätte es aber einen anderen Ausgang geben dürfen. Auch wenn ich den Ravens und Ray Lewis den Titel gönne.
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SPOX: Hast Du im Colin-Kaepernick-Trikot den Super Bowl kommentiert?
Krawinkel: (lacht) Das hat leider nicht geklappt. Ich habe tatsächlich nach einem Kaepernick-Jersey gesucht, weil ich unbedingt eins haben wollte. Aber ich bin nur auf zwei schwindlige Seiten gestoßen, auf denen es alles einen sehr komischen Eindruck gemacht hat, mit dem Bezahlen und Verschicken. Von der Qualität ganz zu schweigen. Aber Kaepernick steht ja erst am Anfang seiner Karriere. Ich werde mir bis zum Start der neuen Saison ein Trikot besorgen. Und nächstes Jahr muss es dann auch mit der Championship hinhauen, nach NFC Championship Game und Super Bowl ist es ja nur die logische Folge.
SPOX: Das wollen wir doch mal schön abwarten. Als die 49ers ihre Aufholjagd gestartet haben und Kaepernick zum Touchdown in die Endzone gelaufen ist, bist Du also in der Kabine gesessen und hast einen auf "Kaepernicking" gemacht, sehe ich das richtig?
Krawinkel: (lacht) Die Sache ist, dass Leute, die mich gut kennen, gesagt haben, dass man meine Neigung schon herausgehört hätte. Das kriegst du einfach nicht ganz raus. Seit ich Football schaue seit Mitte der 80er bin ich San-Francisco-Fan. Natürlich versuche ich, neutral zu bleiben, im Basketball ganz genauso, aber ein bisschen bleibt es in einem drin. Als die Ravens hoch geführt haben, war ich schon deutlich leiser, als später beim Comeback der Niners.
SPOX: Die NBA-Fans haben jetzt Buschi in seiner reinsten Form und Matze erlebt. Dich kennen die Basketball-Fans ohnehin schon. Wie würdest Du denn deinen Kommentatoren-Stil beschreiben?
Krawinkel: Jeder Kommentator ist natürlich total unterschiedlich in seiner Art, ein Spiel zu begleiten. Ich könnte ja zum Beispiel nie im Leben ein Spiel wie Buschi kommentieren, weil ich nicht die Persönlichkeit habe, um das so zu machen. Ich bin eher der ruhigere Typ und komme mehr über die Analyse. Was aber nicht heißt, dass ich nicht mit Herzblut dabei bin. Im Gegenteil. Dafür liebt man ja diesen Sport so sehr. Aber vom Stil ist es bei mir eher analytischer.
SPOX: Wie bist Du damals überhaupt in die Kommentatoren-Schiene gekommen?
Krawinkel: Ich bin 1995 als Redakteur zum "DSF" gegangen, damals wurde die US-Sport-Redaktion, die es vorher noch gar nicht richtig gegeben hatte, gerade vergrößert. Mein Ziel war es schon immer, Basketball zu machen, und zwar am liebsten im Fernsehen - das war dann schon mal erfüllt. Und dann wollte ich irgendwann auch kommentieren. Damals haben wir die Spiele noch als Bänder aus den USA bekommen, bis die durch den Zoll waren, hat es dann mal schön zwei Tage gedauert. Die Spiele wurden also mit Verzögerung gesendet. Buschi hat damals hauptsächlich kommentiert. Ich habe dann so angefangen, dass ich mich ab und zu nachts in den Schnitt gesetzt und die Spiele nachkommentiert habe. Um ein Gefühl zu bekommen, ob ich es richtig mache und um sich reinzufinden. Später habe ich es so gemacht, dass ich mir ein Spiel von Buschi genommen und nachkommentiert habe. Dann habe ich mich danach hingesetzt, das Spiel noch einmal angeschaut - und zwar mit Buschis Kommentar auf dem linken Lautsprecher und meinem auf dem rechten. Wir sind vom Stil grundverschieden, aber ich wollte wissen, ob ich Dinge genauso erkenne und einordne wie er.
SPOX: Und wie ging's weiter?
Krawinkel: Mein großer Vorteil war, dass damals "DF1" gegründet wurde, der Vorgänger von "Premiere". Auf einmal gab es eine Masse an Formaten, die kommentiert werden mussten. NBA, College Basketball, WNBA, Damen-Handball, alles Mögliche - aber es gab keine Leute dafür. So war es mein glücklicher Zufall, dass ich "on air" üben konnte. Das war etwas ganz Besonderes, weil es einfach etwas ganz anderes ist, wenn dieses rote Lämpchen angeht, da kannst du vorher so viel geübt haben, wie du willst. So konnte ich in einem Jahr bestimmt über 100 Spiele machen und "On-Air"-Erfahrung sammeln. Das war damals ein ganz wichtiger Schritt für mich.
SPOX: Kannst Du dich noch an das erste NBA-Spiel erinnern, das Du dann live kommentiert hast?
Krawinkel: (überlegt) Ich habe leider ein ganz ganz schlechtes Gedächtnis. Ich weiß es echt nicht. Ich weiß noch, dass wir damals viel NBA History gesendet haben, wir haben alte Finals neu kommentiert. Das war cool, weil du die Spiele Jahre zuvor nachts gesehen hattest. Ich war auch so jemand, der nachts aufgestanden ist und sich die Spiele reingezogen hat. Als die Bulls ihren ersten Three-Peat geholt haben, war ich Student in Köln und bin nachts immer zu meinen Eltern nach Hause gefahren, um die Spiele zu sehen. Weil ich bei mir den Sportkanal nicht empfangen konnte. Wenn du dann später selbst die Spiele kommentierst, ist es grandios.
SPOX: Du warst bei so vielen Finals oder All-Star-Games live dabei. Was sind deine größten Highlights?
Krawinkel: Das ging schon vor meiner Kommentatoren-Karriere los. Als Buschi und Manni Winter die Finals-Serie zwischen den Bulls und Jazz gemacht haben, bin ich einfach so mitgeflogen. Damals war die Security auch noch nicht so streng, man konnte direkt hinter dem Korb stehen bei der Vorstellung der Bulls und die Atmosphäre aufsaugen - das war ein irres Erlebnis. Das All-Star-Game 2000 mit dem absolut geilen Dunk Contest mit Vince Carter war auch klasse, da habe ich es mit einem fiesen Magen-Darm-Virus gerade noch so in die Halle geschafft. Die Finals mit den Lakers Anfang der 2000er Jahre waren toll, negativer Höhepunkt war dann klar die Finals-Pleite der Mavs 2006. Wegen der Fußball-WM waren wir praktisch die einzigen deutschen Journalisten, es ging so gut los, die Woche in Miami war eigentlich super - aber was am Ende herauskam, war dann katastrophal.
SPOX: Zum Glück kam dann 2011 - und Du warst wieder dabei.
Krawinkel: Als die Mavs dann die Championship gewannen, hat sich für mich auch irgendwie ein Kreis geschlossen. Ich weiß noch, wie ich zum ersten Mal bei Dirk drüben war, da hatte er gerade angefangen zu spielen. Ich habe für das "DSF" ein Interview gemacht, wir haben uns in irgendeinem komischen Restaurant getroffen. Danach sieht man sich immer mal wieder über die Jahre. Dass er es dann wirklich geschafft hatte, diesen ersehnten Ring zu holen, das war schon etwas sehr Spezielles. Es war auch komisch für mich, weil ich 2011 als Reporter vor Ort war. Normalerweise kenne ich nur die Rolle als Kommentator. Du machst dein Spiel und kannst dann schön zum Medienessen gehen, während die Kollegen arbeiten müssen. Es hatte aber auch etwas Positives: Ich konnte dadurch von den Presseplätzen als Fan mitfiebern. Ich weiß, das soll man eigentlich nicht machen, aber wir deutsche Journalisten konnten nicht anders. Wir sind mitgegangen, aufgesprungen - so dass sich sogar Kollegen beschwert haben. Und danach ging es zur Nachberichterstattung in die Katakomben. Dirk hat sich 2011 in den Finals total abgeschottet. Er hat zwar sein Programm professionell durchgezogen, aber es gab gar keinen persönlichen Kontakt, kein "Hey, wie geht's?", was für ihn normal ist. Aber als wir dann mit der deutschen Journalisten-Traube in der Kabine standen und zu sehen war, wie alles von ihm abgefallen ist, war das eines dieser Bilder, das einem im Kopf bleibt.
SPOX: Gibt's noch andere Erlebnisse, die Dir spontan einfallen?
Krawinkel: Was auch großartig war: 2000 sind Buschi und ich schon ein paar Tage vor den Finals nach L.A. geflogen, weil wir wussten, dass die Finals an der Westküste losgehen würden. Entweder in L.A. oder in Portland. So konnten wir noch Spiel 7 zwischen den Lakers und Blazers im Staples Center anschauen, als die Lakers ihr Comeback gestartet haben, wie Kobe den Alley-oop spielt auf Shaq, die ganze Atmo, das sind so grandiose Erinnerungen. Oder der Jordan-Steal in den Finals in Salt Lake City, wie er dann Russell leicht nach vorne schiebt und abdrückt, diese Bilder nimmt man mit.
SPOX: Wie steht es eigentlich um deine basketballerischen Skills? Lust auf einen Freiwurf-Contest mit Buschi?
Krawinkel: Den würde ich wohl alleine deshalb schon verlieren, weil er mich zutexten würde. Und Buschi hat schon ein gutes Händchen. Bei mir war es so, dass Basketball erst mal keine große Rolle gespielt hat, als ich aufgewachsen bin. Ich komme aus Haltern, da sind Fußball, wie es im Dorf so ist, und Handball das Thema. Ich bin erst durch eine Schul-AG recht spät zum Basketball gekommen, da war ich schon 15. Aus dieser AG ist dann eine Unter-Abteilung im Verein gegründet worden, wir haben es uns größtenteils selbst beigebracht und uns mit ungefähr den gleichen Jungs bis in die Oberliga hochgekämpft. Es waren Freunde, die zusammen Basketball gespielt haben. Die Sportart hat mich so gereizt, weil du zum einen als Team zusammenspielen musst, du aber auch als Einzelner glänzen und Sachen entscheiden kannst, ob in der Offense oder in der Defense.
SPOX: Und wo hast Du die Dinge entschieden? Offense oder Defense?
Krawinkel: (lacht) Krawinkel? No Defense at all! Ich hatte einen guten Wurf von der Dreierlinie und konnte ganz gut ziehen, aber in der Verteidigung war das schon katastrophal. Die vier anderen Jungs mussten für mich alles abdecken. Aber dadurch, dass ich in der Offense relativ gut war, durfte ich auf dem Feld bleiben.
SPOX: Was viele Fans auch wissen: Neben Basketball hast Du auch viel mit Poker zu tun. Wie ist diese Affinität denn entstanden?
Krawinkel: Inzwischen produziere ich Poker-Sendungen nur noch, kommentiere aber nicht mehr. Ich habe irgendwann mal einen Piloten vertont, dabei bin ich dann total heiß geworden aufs Pokern. Der Pilot wurde nie gesendet, weil das noch vor dem Poker-Boom war und die TV-Sender zu dem Zeitpunkt das Potenzial noch nicht erkannt haben, aber ich bin so in die Szene reingerutscht. Man betritt da eine ganz andere Welt. Am Anfang dachte ich, da sitzen nur Schrotthändler, Autoverkäufer und sonstige alte Säcke bei den Turnieren, aber dann waren da überall so junge Brains. Es macht Spaß, ab und zu in diese Welt einzutauchen, aber es ist auch wieder schön, aus ihr herauszukommen.
SPOX: Letzte Frage: Wie ist denn der Spitzname "Karl" entstanden?
Krawinkel: Die Geschichte geht so: Bevor ich zum "DSF" kam, habe ich bei der "BASKET" gearbeitet. Eines Tages bekam ich ein Fax von der NBA. Adressiert an: Karl Winkel. Hintergrund: Wir haben damals auch "Magic Sport" gemacht, wir durften aber nur unter einem Pseudonym schreiben, und mein Pseudonym hieß Karl Winkel. Karl ist dann kleben geblieben.