SPOX: Sie waren lange Jahre der klassische Vertreter eines NBA-Handlungsreisenden: Trotz guter Stats am College wurden Sie 2006 erst an Nummer 32 gezogen, verdingten sich in der D-League und bekamen in der NBA wenn überhaupt nur Kurzzeit-Verträge. Dank der Vorsaison, als Sie für die Knicks mit 47,2 Prozent Quote der beste Dreierschütze der Liga waren, haben Sie plötzlich einen 15 Millionen Dollar Vertrag über 4 Jahre sicher. Wie gehen Sie damit um?
Steve Novak: Es klingt kitschig, aber es ist wie ein Traum. Ich komme aus einer kleinen Stadt in Wisconsin, lebe plötzlich in New York, habe großartige Mitspieler um mich und verdiene noch ordentlich Geld damit, Basketball zu spielen. Und das in der großartigsten Stadt der Welt vor den besten Fans der Welt. Schon bevor ich zu den Knicks kam, fand ich, dass der Madison Square Garden die Heimat des Basketballs ist. Und jetzt bin ich ein Teil dessen. Ich liebe es!
SPOX: Sie werden von den Fans der Knicks bejubelt und sind Kult im Madison Square Garden.
Novak: Ich spüre, dass die Fans nicht nur auf Zahlen schauen, sondern darauf, wie viel Einsatz man zeigt. Seit ich im Sommer 2011 nach New York kam, spüre ich den Rückhalt der Leute. Dennoch möchte ich es nicht als selbstverständlich sehen. Ich genieße jeden Moment, als ob es der letzte wäre.
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SPOX: Ihr "Belt"-Jubel trug zu Ihrer Popularität bei. Nach erfolgreichen Dreiern legen Sie sich imaginär einen Championship-Gürtel um die Hüfte. Wie kam es dazu?
Novak: Als Junge aus Wisconsin bin ich natürlich riesiger Green-Bay-Packers-Fan und speziell auch von Aaron Rodgers. Als er damit anfing, einen Touchdown mit dem Belt zu feiern, dachte ich mir, dass ich das ebenfalls machen könnte, um meine Buddys in Wisconsin zu grüßen und meine Verbundenheit zu den Packers zu beweisen. Weil ich merkte, dass es sogar den Knicks-Fans gefiel, mache ich damit einfach weiter.
SPOX: Der "Belt"-Jubel brachte allerdings Kritik. Nate Robinson bezeichnete Sie als "Clown" und sarkastisch als "meinen Lieblingsspieler". Sie konterten und verniedlichten den 1,75 Meter kleinen Robinson als "Little Nathan".
Novak: Naja, ich nenne das mal freundlichen Trash Talk. Er glaubte, dass er Lacher bekommen würde für seine Aussagen. Und ich glaubte, dass es nötig war, ihm zu antworten. Alles gut.
SPOX: Von dieser Episode abgesehen sind Sie der klassische Rollenspieler mit weitestgehend unauffälligen Statistiken. Träumen Sie nicht davon, wie am College in einem Spiel mal 41 Punkte und 16 Rebounds abzuliefern?
Novak: Überhaupt nicht. In der NBA geht es darum, sich zu spezialisieren und seine Stärken immer weiter auszubauen. Bei mir ist es das Shooting, da mache ich mir keine Illusionen. Daher ist meine Rolle klar: Ich treffe die Würfe, ziehe die Aufmerksamkeit auf mich, schaffe so Platz für die anderen und entlaste Carmelo Anthony und die anderen, die am Brett spielen.
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SPOX: Ihr Schuss brachte Sie in die NBA. Unter anderem trafen Sie in der Senior Season am Marquette College an Dwyane Wades Seite 97,2 Prozent der Freiwürfe - über das gesamte Jahr gesehen! Wie ist so etwas möglich?
Novak: Ich bin ein sehr stolzer Shooter. Ich definiere mich sehr über gute Quoten und ich brauche diese Quoten, um Selbstvertrauen zu haben. Das wurde mir schon in der Kindheit angelernt. Mein Vater trainierte mich im Highschool-Team und ich schieße heute so, wie er früh geschossen hatte. Genau die identische Technik, genau die identische Einstellung. Die Quoten sind praktisch das Erbe meines Vaters.
SPOX: Sie spielten in Dallas unter Rick Carlisle. Er sagt: "Steve ist einer der besten Shooter, die ich je trainiert habe. Er hat auf jeden Fall den schnellsten Release."
Novak: Das Geheimnis für einen schnellen Release, also für eine schnelle Wurfbewegung, ist die erste Berührung mit dem Ball. Es geht darum, die Bewegungsabläufe nach dem Touch immer und immer zu wiederholen. Ball fangen, schießen, Ball fangen, schießen, Ball fangen, schießen. Ich hatte in der Highschool gar nicht gewusst, wie viel ich trainiert hatte. Erst am College sah ich, dass niemand so schnell werfen kann wie ich.
SPOX: Haben Sie früher tatsächlich pro Tag 1000 Würfe genommen?
Novak: Nicht immer, aber es gab Tage, an denen ich die 1000 erreichte. Ich habe als Jugendlicher schrittweise und sehr systematisch die Intensität erhöht. In der achten Klasse fing ich mit 300 Würfen an.
SPOX: Ein Erfolgsgeheimnis der Knicks in dieser Saison heißt Dave Hopla, der neue Shooting Coach. Bringt er selbst Ihnen etwas bei?
Novak: Es stimmt, auf dem Level ist es extrem schwierig, jemanden zu finden, der einem beim klassischen Shooting Tipps geben kann. Bei Dave ist es etwas anderes: Er ist vom Fach und kann hunderte Freiwürfe nehmen und 99 Prozent treffen. Daher gelang ihm etwas, was sehr selten ist: Er verdiente sich unseren Shooters Trust. Gute Werfer mögen es eigentlich nicht, dass man ihnen in ihre Routinen reinredet. Wenn allerdings Dave etwas sagt, vertrauen wir ihm.