NBA

Jennings oder Ellis: Es kann nur einen geben

Von Cliff Schmit
Die Wege von Monta Ellis und Brandon Jennings könnten sich bereits im Sommer wieder trennen
© getty

Seit gut einem Jahr wirbeln Monta Ellis und Brandon Jennings gemeinsam im Backcourt der Milwaukee Bucks. Weil sich beide Akteure von der Spielanlage her sehr ähnlich sind und der gewünschte Erfolg bisher ausblieb, könnte das Duo im Sommer bereits wieder gesprengt werden. Schlimmstenfalls droht den Bucks sogar der Super-Gau.

Cookie-Einstellungen

Der Trade im März des vergangenen Jahres zwischen den Milwaukee Bucks und den Golden State Warriors war einer der wenigen Höhepunkte einer ansonsten eher ruhigen Trade-Deadline. Neben einigen Rollenspielern ließ der damalige Deal vor allem Andrew Bogut und Monta Ellis die Mannschaften wechseln.

Während der Trade in Golden State eine lange hinausgeschobene Problematik perfekt zu lösen schien, wunderte man sich am Lake Michigan doch etwas, warum die Bucks ihrem aufblühenden Starting Point-Guard Brandon Jennings mit Monta Ellis einen derart ballverliebten Backcourt-Partner zur Seite stellten.

Warriors der Trade-Gewinner

Die Warriors hatten nach zwei Spielzeiten nämlich erkannt, dass Curry und Ellis sich in ihrer Spielweise zu ähnlich waren und beide sich im Angriff eher auf den Füßen standen, als dass sie den jeweiligen Nebenmann sichtlich besser machten.

Im Nachhinein kann man festhalten, dass Golden State mit dieser Entscheidung alles richtig gemacht hat. Andrew Bogut verleiht dem Team aus der Bay Area die lang vermisste Inside-Präsenz und Stephen Curry hat sich in Abwesenheit von Ellis zum erwarteten Franchise-Player entwickelt. Die knapp 23 Punkte und 7 Assists, die der 25-jährige Scharfschütze bei starken Quoten in dieser Saison auflegt, sind beides Karrierebestwerte und deutliche Steigerungen im Vergleich zu den Vorjahren.

Milwaukee gefangen im Mittelmaß

Auf der Gegenseite sind die Bucks nach der Ellis-Verpflichtung weiter im Mittelfeld der Liga gefangen. Zu gut, um im Draft einmal die Chance auf einen zukünftigen Ausnahme-Spieler zu besitzen, zu schlecht, um die besser positionierten Teams in einer Best-of-Seven-Serie ernsthaft in Gefahr bringen zu können. Zwei Playoff-Teilnahmen sowie stets mindestens 25 Saisonsiege seit 2006 sind weitere Belege für die Mittelmäßigkeit der Bucks.

Auch in dieser Spielzeit sieht es bei den Bucks nicht nach dem großen Überraschungscoup aus. Gegen die übermächtigen Heat wäre alles andere als ein Sweep bereits ein Achtungserfolg. Nach zwei Partien scheint die Serie allerdings bereits ihren erwarteten Lauf zu nehmen.

"Trigger-Happy-Duo"

Bei Spiel 2 in Miami zeigten auch die wankelmütigen Ellis und Jennings sich wieder von ihrer hässlichen Seite. Mit einer kombinierten Feldwurfquote von 5/22 erzielte das dynamische Backcourt-Duo der Bucks lediglich 15 Punkte. In einer Phase der Saison, in der Milwaukee seine beiden Ausnahmespieler mehr denn je benötigt, natürlich ein äußerst unglücklicher Zeitpunkt für eine derartige Nicht-Leistung.

Mit 22 Abschlüssen blieben die beiden noch deutlich unter ihrem Saisonschnitt. Mehr als 33 Mal drückt das "Happy-Trigger-Duo" der Bucks in dieser Spielzeit pro Partie ab. Dass der Mehrzahl dieser Würfe eine eher suboptimale Feldposition vorausgeht, ist einer der größten Kritikpunkte an die beiden.

Dabei bringen sowohl Jennings, als auch Ellis jede Menge Talent mit und sind unbestritten vor allem von ihren Skills her überdurchschnittliche NBA-Spieler. Ob das momentane Duo den Bucks jedoch nachhaltig Erfolg bescheren wird, darf nicht erst seit Playoff-Beginn mehr als angezweifelt werden.

Wenn's läuft, dann läuft's

Wie nur wenige andere schaffte Ellis den direkten Sprung aus der High School in die NBA und wurde 2005 von den Warriors an 40. Stelle gezogen. Sein Spiel ist im Grunde genommen äußerst simpel. Abgesehen von den Phasen, in denen die "Mississippi Missile" unfassbar heiß laufen kann (im März schenkte er Orlando 25 Punkte im letzten Viertel ein), fällt er auf dem Court nicht besonders auf. Die Crux an seinem Spiel: wenn's läuft, dann läuft's. Läuft's nicht, dann hört er allerdings auch zu selten mit dem Werfen auf.

Ellis ist nicht besonders groß (1,89m), er spielt sich nicht durch Trash Talk auf und zeigt auch sonst nur wenige Emotionen. Don Nelson warf ihm in Golden State des Öfteren vor, eine negative Körpersprache an den Tag zu legen.

Obwohl vereinzelt als Point Guard eingesetzt, ist der 27-jährige alles andere als ein klassischer Ballverteiler. Ellis ist in erster Linie ein Scorer, der gelegentlich auf die Spielmacher-Position ausweicht. Seine Stärken liegen deutlich im Eins-gegen-Eins, vor allem dann wenn er aus dem Dribbling mit Tempo in die Zone zieht. Auffallend dabei ist jedoch seine Abhängigkeit von seiner starken rechten Hand. Wird der Most Improved Player von 2007 gezwungen, über die linke Seite zu attackieren, sinkt seine Erfolgsquote beträchtlich.

"Wie bitte soll das funktionieren?"

In Golden State drückte Ellis nach dem Draft von Curry seinen Unmut über einen derart kleinen und schmächtigen Backcourt aus: "Wie soll das bitte funktionieren? Du hast zwei Guards zwischen 1,80m und 1,90m, die beide knapp 90kg wiegen. Wie willst du so bitte gewinnen?" Obwohl auch Jennings alles andere als ein Koloss ist, hat Ellis bei seinem Dienstantritt in der Brauereistadt auf derartig markige Worte verzichtet.

Das größte Problem ist, dass Ellis sich viel zu oft auf lange Jumper konzentriert, obwohl sein Distanzwurf mehr als wackelig ist. Der Ex-Warrior hat in dieser Spielzeit stolze 328 Dreier (genau 4 pro Partie) genommen, obwohl nur indiskutable 29 Prozent dieser Würfe ihr Ziel fanden. Von allen Akteuren, die über 200 Mal von Downtown abdrückten, der mit Abstand schlechteste Wert.

Verbesserung seit dem Redick-Trade

Frank Madden vergleicht Ellis auf "brewhoop.com" nicht ganz unzutreffend mit einem fahrbaren Untersatz der besonderen Art: "Monta ist wie ein exklusiver Sportwagen: teuer, spaßig, aber nichts worauf du jeden Tag vertrauen möchtest."

Seit der Verpflichtung von J.J. Redick zur Trade-Deadline hat sich die Spielweise von Ellis aber erstaunlicherweise etwas verändert. Er nimmt weniger wilde Würfe, was seine Feldwurfquote auch sichtlich belegt (44%) und verteilt deutlich mehr Assists (7 pro Partie). Auch Jennings glänzt seit der Ankunft des Scharfschützen aus Orlando mit mehr Spielübersicht.

Jennings punktet weniger

Neben 6,5 Assists erzielt Jennings im Durchschnitt ordentliche 17,5 Punkte, doch auch seine Feldwurfquote ist mit 39,8 Prozent völlig unzumutbar. Nachdem sein Punkteschnitt seit seiner Rookie-Saison stets nach oben geschnellt ist, legt er in dieser Saison erstmals etwas weniger Zähler auf. Obwohl er immer noch weit davon entfernt ist ein Floor General zu sein, hat Jennings seine Passgeberqualitäten allerdings stark verbessert.

Seine Schnelligkeit lässt ihn zwar oft zum Ring ziehen, in unmittelbarer Korbnähe kommt er erstaunlicherweise aber nur in 52 Prozent seiner Aktionen zum Erfolg. Ähnlich wie Ellis bevorzugt Jennings es ebenfalls den Ball im Angriff so lang wie möglich in den eigenen Händen zu halten und idealerweise per Pick-and-Roll anzugreifen.

Fluch und Segen zugleich

Und in Analogie zu Ellis kann auch Jennings wie kaum ein anderer Akteur den Verlauf einer Partie im Alleingang bestimmen. Dabei wechseln Spielphasen, bei denen man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt, sich in regelmäßigem Abstand mit Aktionen ab, bei denen man am liebsten die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde.

Die zwei Combo-Guards sind für die Bucks somit Fluch und Segen zugleich. Ohne Ellis und Jennings hätte das Team von Jim Boylan mit Sicherheit nicht die Playoffs erreicht. Man darf jedoch die berechtigte Frage stellen, ob die Mannschaft nicht erfolgreicher wäre, wenn nur einer der beiden wirbeln würde.

Fast identische Statistiken

Dafür sind sie sich sowohl von der Spielanlage als auch von den Statistiken (Ellis: 19,2 Punkte, 6 Assists, 3,9 Rebounds, Jennings: 17,5 Punkte, 6,5 Asissts, 3,1 Rebounds) her zu ähnlich. Hinzu kommt, dass beide dank ihrer Schnelligkeit dem Gegner zwar überdurchschnittlich oft den Ball klauen, ansonsten aber nicht zu den gefürchtetsten Verteidigern gehören.

Ob die Bucks allerdings überhaupt gezwungen werden eine Entscheidung in diese Richtung zu treffen, ist mehr als zweifelhaft. Die Vertragssituation bietet nämlich genügend Spielraum für Spekulationen und erlaubt es sowohl Ellis als auch Jennings den jeweiligen Marktwert im Sommer zu testen.

Abgang von Ellis wahrscheinlich

Vor allem bei Ellis erscheint ein Verbleib mehr als unwahrscheinlich, da sich der 27-Jährige dank einer Spieler-Option auf die Suche nach einem neuen Arbeitgeber machen darf. Der noch aus Warriors-Zeiten stammende und mit umgerechnet knapp 50 Mio. dotierte Sechs-Jahres-Vertrag des Shooting Guards gilt zwar eigentlich noch bis 2014, eine Klausel erlaubt es Ellis jedoch, nach dieser Spielzeit auszusteigen.

Dass er dies tun wird, gilt in NBA-Kreisen als sicher. Genauso sicher ist es, dass die Bucks keine irrwitzigen Forderungen von Ellis erfüllen werden, weil sie im Sommer zudem darauf aus sein werden, Redick langfristig zu binden.

Wohin es Ellis schlussendlich verschlagen wird, ist momentan noch unklar. In die Karten will er sich allerdings nicht schauen lassen: "Ich möchte mir während der Saison nicht zu viel Kopfzerbrechen über meine Vertragssituation machen. Ich ziehe einfach mein Ding durch und wenn es Zeit wird sich, über die Zukunft Gedanken zu machen, werde ich dies auch tun."

Jennings Restricted Free Agent

Bei Jennings ist die Ausgangslage als Restricted Free Agent ein wenig anders. Der 23-Jährige verdiente bisher überschaubare 3 Mio. pro Jahr, hat sich trotz starker Leistungsschwankungen aber sicherlich ins Schaufenster einiger Teams gespielt.

Unter anderem sollen die Dallas Mavericks bei ihrer krampfhaften Suche nach einem neuen Spielmacher auf Jennings aufmerksam geworden sein. Findet der Guard eine Franchise, die ihm mehr bietet, als die Bucks bereit sind zu zahlen, könnte auch er im Sommer Wisconsin den Rücken zukehren.

Bucks-Manager John Hammond hat allerdings bereits angedeutet, dass man alles unternehmen werde, um Jennings langfristig zu binden. Dies könnte für Milwaukee jedoch richtig teuer werden, ist Jennings nicht unbedingt dafür bekannt, kleine Brötchen backen zu wollen. Ein Vier-Jahres-Vertrag in der Größenordnung um die 35 Mio. scheint durchaus im Bereich des Möglichen zu liegen.

Worst-Case-Szenario

Milwaukee läuft also im Worst-Case-Szenario Gefahr, beide Stars ohne Gegenwert zu verlieren. Eine Vorstellung, an die man bei den Bucks momentan jedoch keinen Gedanken verschwenden möchte.

Angesichts der nahezu identischen Zahlen und der Tatsache, dass Jennings vier Jahre jünger als Ellis und folglich noch entwicklungsfähiger ist, wird es in Milwaukee wohl darauf hinauslaufen, dass die Bucks ab der kommenden Saison wieder Jennings´Team sein werden. Eine Vorstellung, die auch durchaus ihren Reiz besitzt und in Kombination mit der nötigen Cap-Space vielleicht wieder rosigere Zeiten nach Beertown bringen wird.

Der Playoff-Spielplan im Überblick

Artikel und Videos zum Thema