38 Punkten gegen Orlando, 34 gegen die Thunder, 40 Zähler im Madison Square Garden, 38 gegen Cleveland und unglaubliche 47 Zähler bei den Lakers. Das sind nicht die Career Highs von Michael Jordan, sondern Minnesotas Punkte im ersten Viertel.
Wenn das Team von Rick Adelman aufläuft, gilt es rechtzeitig seine Plätze einzunehmen. Die Timberwolves, die mit einer 7:4-Serie aktuell auf Platz sieben der Western Conference liegen, überrennen ihre Gegner in diesen Tagen und mausern sich zum Dark Horse im Westen.
Die Regel ist eigentlich ganz einfach. Sobald Minnesota mehr als 30 Punkte in den ersten 12 Minuten erzielt, können die Wolves-Fans den Sieg verbuchen. Der High-Speed-Basketball zieht den Gegnern frühzeitig den Zahn. Und so mancher Anhänger wird sich etwas wehmütig fragen, ob das nicht auch schon in der vergangenen Saison möglich gewesen wäre.
Martin erweist sich als Glücksfall
Damals folgte eine Verletzung auf die andere. Kevin Love spielte nur 18 Partien, Ricky Rubio kehrte erst nach der Hälfte der Saison von seinem Kreuzbandriss zurück und wichtige Rollenspieler fielen teils Monate aus.
Minnesota strauchelte durch die Saison. Die Playoffs wurden deutlich verpasst und selbst vor der aktuellen Saison waren die Prognosen rund um das Team eher zurückhaltend. Man traute dem Braten nicht, denn die erste Hiobsbotschaft ließ wieder nicht lange auf sich warten.
Chase Budinger, gerade erst von einer Meniskus-OP genesen, musste sich erneut einer Knieoperation unterziehen und riss so eine große Lücke in die ohnehin dünne Small-Forward-Rotation. Doch die Rückholaktion von Corey Brewer entpuppte sich als Segen. Der Forward startet und spielt seine produktivste Saison seit 2010.
Starkes Ball Movement
Viel wichtiger war allerdings die Verpflichtung von Kevin Martin. Der Shooting Guard kam via Sign-and-Trade aus Oklahoma City und avancierte in kürzester Zeit zur zweiten Scoringoption der Wolves. Bei den Thunder stand der Veteran als Sixth Man im Schatten von Kevin Durant und Russell Westbrook. Zudem konnte er, allein schon aufgrund seiner Spielweise, die Fußstapfen von James Harden nicht füllen.
Als Spot-up-Shooter ist Martin allerdings eine Waffe und profitiert vom überragenden Ball Movement der Timberwolves in dieser Saison. Aktuell gibt es nur vier Teams, die mehr Assists produzieren als Minnesota. Point Guard Ricky Rubio verteilt im Schnitt rund 2,5 Vorlagen mehr als im Vorjahr und kann durch Martins Scoring nun mehr seine Pass-First-Attitüde ausleben. Sein Wurf bleibt nämlich weiterhin wacklig.
Selbst Love legt pro Spiel 4,5 Assists auf und liefert damit einen der Gründe, warum im MVP-Race sein Name häufig zuerst fällt. Seine Quarterback-Pässe auf die "Receiver" Brewer und Martin sind bereits ein Markenzeichen. "Der Typ kann einen 100-Yards-Brust-Pass spielen. Er sollte eigentlich NFL-Quarterback sein. Love erinnert mich mit seiner Pass-Fähigkeit an Wes Unseld. Das ist phänomenal", lobte Mavs-Coach Rick Carlisle.
MVP-Kandidat Love
Loves Zahlen in dieser Saison sind einfach nur beeindruckend. Knapp 27 Punkte, annähernd 14 Rebounds und die beeindruckende Assistzahl lassen die Wolves-Anhänger von einem tiefen Playoff-Run träumen.
Davon will der Power Forward aber nichts wissen. "Wir wollen nicht so weit vorausschauen. Das haben wir aus den Verletzungen gelernt. Daher wollen wir nicht in der Vergangenheit leben, aber auch nicht zu sehr in die Zukunft schauen", erklärte Love unlängst nach dem Sieg bei den Knicks.
Doch sollten alle Spieler gesund bleiben, muss man die Timberwolves auf der Rechnung haben. Das Team besticht durch seine Vielseitigkeit. Allein Love kann auf so viele Arten punkten. Der Forward ist im Low-Post gefährlich, trifft schlafwandlerisch von der Freiwurflinie und zieht das Spiel als Stretch Four in die Breite. "Er hat so eine große Präsenz auf dem Feld. Jeder will immer seinen besten Mann auf ihn ansetzen, ihn doppeln, alles was nur geht. Damit öffnet er das Spiel für uns und wir profitieren davon", berichtet Martin.
Dazu kommt Center Nikola Pekovic, der in der Zone nur schwer zu stoppen und defensiv ungemein wichtig ist. Dass er durch die Genesung von Love und der Akquisition von Martin weniger Würfe bekommt, ist dem Montenegriner dabei egal.
"Mit den beiden Kevins im Team, wissen wir natürlich, dass sie den Großteil der Würfe nehmen. Ich versuche unter dem Korb meine Position zu finden und bereit zu sein, wenn ich gebraucht werde", sagte Pekovic nach der Partie gegen die Celtics. Und gebraucht wird der bullige Center durchaus. Rund zehn Würfe fallen pro Partie für ihn ab und da er mehr als die Hälfte davon trifft, ist er die dritte Option in der Offensive. Brewer hingegen beweist in dieser Saison, dass er mehr kann, als nur Fastbreaks laufen.
Was passiert mit Williams?
Doch bei aller Euphorie rund um das Team, gibt es weiterhin massig Baustellen. Eine davon betrifft Derrick Williams. Der No.2-Pick von 2011 kommt nur noch 16 Minuten zum Einsatz, nahezu alle seine Kategorien befinden sich im Sturzflug. Der Power Forward ist kein überragender Passer und damit für das auf Ballbewegung ausgelegte Spiel von Adelman eher ungeeignet. In dieser Saison gelang ihm noch gar kein Assist.
Nicht wenige Experten rechnen daher damit, dass Williams sein drittes Jahr in der Liga nicht in Minneapolis beenden und bei entsprechendem Angebot abgegeben wird. Eine produktive Bank geht den Wolves nämlich völlig ab. Offensiv wie defensiv stellt Minnesota die schlechteste Second Unit der Liga.
Die Situation erinnert an die Blazers aus dem Vorjahr, die aufgrund ihrer dünnen Bank nichts mit den Playoffs zu tun hatten. Die Rookies Shabazz Muhammad, Gorgui Dieng und Robbie Hummel haben bislang noch keinen Impact und selbst J.J. Barea spielt die schlechteste Saison seit seinem Wechsel aus Dallas. Alle Wolves-Starter müssen daher weit über 30 Minuten ran.
Lakers und Knicks buhlen um Love
Die anstehende Rückkehr von Budinger könnte Abhilfe schaffen, aber inwieweit die maladen Knie des Forwards den Belastungen direkt wieder standhalten, bleibt abzuwarten.
Zudem bereitet die Zukunft von Love Sorgen. Der Superstar besitzt zwar noch einen Vertrag bis 2016, kann aber 2015 per Player Option aus seinem Vertrag aussteigen. Den Lakers wird großes Interesse am ehemaligen UCLA-Star nachgesagt. Zumal Loves Brücken nach L.A. nie abgebrochen sind. Bereits als Kind fieberte er mit den Lakers und die locken mit einem nahezu unbelasteten Salary Cap und der Aussicht auf weitere Superstars an seiner Seite. Und auch die New York Knicks buhlen bereits um den Big Man.
Wolves-Präsident Flip Saunders ist daher bereits jetzt bemüht, das Team mit weiteren Veteranen zu verstärken und seinem Superstar so keine Anreize zu geben, zu einem Big-Market-Team zu wechseln. Ob das reichen wird? Aber wie Love bereits sagte, für das Team zählt das Hier und Jetzt und das ist gerade überaus erfolgreich.