Die Oklahoma City Thunder eilen aktuell von Sieg zu Sieg. Ihre Bilanz (23-5) ist die zweitbeste der ganzen Liga. Nur die Indiana Pacers gewinnen ihre Partien deutlicher. Konnte man das vor der Saison so erwarten? Mitnichten.
Immerhin stand ein großes Fragezeichen hinter Russell Westbrook. Niemand konnte genau sagen, wie er seinen in den Playoffs gegen die Rockets erlittenen Meniskusriss wegstecken würde und wann er dann wieder einsatzbereit und in Form wäre. Doch der Superstar verblüffte alle und legte ein Blitz-Comeback hin.
Am 3. November, rund sechs Wochen vor dem erwartenden Rückkehr-Termin, stand Westbrook wieder in der Starting Five der Thunder und spielte, als wäre er nie weggewesen. 21 Punkte und 7 Assists waren seine Ausbeute bei einer, zugegeben, schwachen Quote von 5/16 aus dem Feld. Zahlen, die fast genau seinem Saisonschnitt entsprechen.
Harden schmerzlich vermisst
Die altbekannten und auch bewährten Starter waren wieder vereint. Westbrook, Thabo Sefolosha, Superstar Kevin Durant, Serge Ibaka und Kendrick Perkins. Eine gute Kombination, die in den Vorjahren für Erfolg stand, die aber auch nicht zum ganz großen Wurf fähig war. Als OKC 2012 am nächsten dran war und in den Finals den Miami Heat unterlag, war es vor allem James Harden, der mit seinen Qualitäten von der Bank immer wieder neue Impulse brachte.
Harden spielt mittlerweile bekanntlich beim kommenden Gegner (in der Nacht von So. auf Mo., 1 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE), doch sein Name geisterte auch während der kompletten Vorsaison immer wieder durch die Chesapeake Energy Arena. Nachfolger Kevin Martin konnte die in ihn gesetzten Erwartungen nie erfüllen. Zwar brachte er Shooting-Punch von der Bank, aber Martin ist nun einmal eher ein Spot-up-Shooter und niemand, der mit Athletik auch in der Zone für Gefahr sorgen kann.
Eben diese Qualitäten, die Harden ins Spiel brachte, gingen dem Veteranen gänzlich ab. Martin zog nach nur einer Saison weiter nach Minnesota und knüpft dort wieder an alte, erfolgreichere Zeiten an. In Oklahoma City entstand allerdings erneut eine Lücke. Eine Lücke, die General Manager Sam Presti auf den ersten Blick nicht füllte. Er verzichtete darauf, den nächsten Harden-Nachfolger zu verpflichten und sorgte damit durchaus für Gesprächsstoff. Schließlich sind die Ziele der Thunder unverändert. Der zweite Titel der Franchise-Geschichte soll eingefahren werden.
Lösung in den eigenen Reihen
Presti und Coach Scott Brooks ließen sich nicht beirren. Sie suchten in den eigenen Reihen und wurden gleich doppelt fündig. Reggie Jackson hatte sich bereits als absolut solider Ersatz während Westbrooks Ausfall erwiesen. Nach anfänglichen Problemen fand Jackson die richtige Balance und legte in den Playoffs knapp 14 Punkte auf. Dazu bewies er ähnliche Allrounder-Fähigkeiten (3,6 Assists, 4,9 Rebounds) wie sein Vorbild.
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Seit der Genesung von Westbrook gibt er den Sixth Man. Doch - und das ist neu - er macht dies nicht allein. An seiner Seite spielt mit Jeremy Lamb ein weiterer Combo Guard mit ähnlichen Qualitäten. Lamb ist athletisch und schnell, besitzt aber auch einen feinen Touch. Der Sophomore kam ebenfalls im Zuge des Harden-Abgangs als Trademasse nach Oklahoma City und erhält nun das Vertrauen, nachdem er in seiner Rookie-Saison nur sporadisch zum Einsatz kam.
Anders als Martin verstehen es beide, den Korb zu attackieren. Dazu greifen beide, gemessen an der Spielzeit, deutlich mehr Rebounds ab. Eine Fähigkeit, die sie mit Harden gemeinsam haben. Ihre Defensiv-Qualitäten sind zudem über denen von Martin und Harden anzusiedeln.
Die perfekte Ergänzung
Macht man eine Milchmädchenrechnung auf und addiert die Zahlen der beiden Guards, so kommen Stats dabei heraus, die eines Sixth Man mehr als würdig sind. In zusammengerechneten 45,6 Minuten produziert das Duo 22 Punkte, 4,7 Assists und 6,2 Rebounds bei einer Trefferquote von 46,7 Prozent. Und das Gute dabei, erwischt einer der beiden einen schlechten Tag, kann der andere die Second Unit tragen.
Die erweist sich in dieser Saison tiefer als angenommen. Neben verlässlichen Größen wie Nick Collison oder Derek Fisher beweisen Rookie Steven Adams oder auch Sophomore Perry Jones, dass sie vor allem defensiv schon jetzt helfen können. Durant ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben und könnte in dieser Saison LeBron James den MVP-Thron ernsthaft streitig machen.
Insofern könnte es sich mit Verzögerung doch noch als richtig erwiesen haben, Harden und auch Martin kampflos gehen zu lassen. Der Plan auf die beiden Youngster zu setzen, geht zumindest bislang auf. Prestis ausgezeichneter Ruf war durch Hardens Abgang leicht ramponiert, die jetzige Entscheidung könnte ihm viel Kredit zurückbringen. Doch bei aller Euphorie und allen Siegen in der Regular Season, letztendlich entscheidet die Postseason darüber, ob das Projekt "Harden zum Selberbauen" ein Erfolg war.