Ausgangslage:
Bisher konnte kein Team in dieser Serie ein Heimspiel gewinnen. Sollte es auch in Spiel 4 so weitergehen, dann hätten die Chicago Bulls den Heimvorteil wieder auf ihrer Seite, während die Wizards eine riesige Chance zum Schritt in Richtung nächster Runde liegen gelassen hätten.
Dass das eine ganz enge Kiste werden wird, zeigt der Blick auf die Spiele 1 und 2. Beide Partien waren extrem eng, Spiel 2 ging sogar in die Overtime und wurde letztlich von 2 verworfenen Freiwürfen von Kirk Hinrich entschieden. Besonders das zweite Spiel in Chicago hätte auch ganz anders ausgehen können - doch zum Glück haben die Wizards ja Nene.
Der Brasilianer erzielte 6 seiner 17 Zähler in der Verlängerung, nachdem er bereits in Spiel 1 fast nach Belieben dominierte (24 Punkte, 8 Rebounds, 11/17 FG). Das Problem: Nene wurde von der NBA für ein Spiel gesperrt und wird am Sonntag aussetzen müssen.
Nach einer Auseinandersetzung mit Jimmy Butler wurde der 31-Jährige Mitte des vierten Viertels der letzten Partie disqualifiziert. Damit fehlt Washington der wohl bisher beste Spieler der Serie, was fatale Folgen für das Team haben könnte.
"Das war der Knackpunkt", meinte auch Joakim Noah zu der Situation in Spiel 3. "Nene ist ein wichtiger Teil dieser Mannschaft. Ihn nicht mehr auf dem Feld zu sehen, war gut für uns." Besonders für Noah, der mit Nene bisher relativ viele Probleme in der Defense hatte.
Doch auch wenn ohne Nene der Job in der Verteidigung für die Bulls ein wenig leichter werden dürfte, das Problem in der Offense Chicagos löst dies bei weitem nicht. Denn dass Mike Dunleavy erneut 8 seiner 10 Dreier treffen wird, ist mehr als fragwürdig. Also ist Head Coach Tom Thibodeau auf einen Leistungsschub von zum Beispiel D.J. Augustin angewiesen, der in den Playoffs bislang eher enttäuschte.
Der 26-Jährige hat in der regulären Saison schon einige Male bewiesen, dass er auch mal ein Spiel im Alleingang entscheiden kann. Spiel 4 wäre genau die richtige Bühne dafür.
Die Stars der Teams:
Jetzt wo Nene ausfällt, wird der Druck auf John Wall noch ein bisschen größer. Dabei vergisst man oft, dass dies erst die erste Playoff-Teilnahme des 23-Jährigen ist. In Anbetracht dieser Tatsache kann man mit dem Auftreten von Wall durchaus zufrieden sein. Seine 18,3 Punkte, 6,7 Assists und 4 Rebounds in den drei Playoff-Partien liegen nur ganz knapp unter seinem Schnitt der regulären Saison.
Auf Seiten der Bulls steht Joakim Noah an der Spitze einer extrem ausgeglichenen Mannschaft, die eigentlich in jeder Partie die vollen 100 Prozent an Einsatz, Leidenschaft und Wille auf das Parkett bringt. Dies macht sich vor allem in der Defense bemerkbar, die angeführt von Noah (erst kürzlich zum Defensive Player of the Year gewählt) jedem Gegner das Leben unglaublich schwer macht.
Das Schlüsselduell:
Der Frontcourt der Bulls, bestehend aus Noah, Carlos Boozer und Taj Gibson, muss das Fehlen von Nene irgendwie ausnutzen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Trevor Booker die Rolle des Starters übernehmen, was einen deutlichen Qualitätsverlust zu Nene darstellt.
Nun liegt es an den Bulls, aus diesem Vorteil Profit zu schlagen. Mit Boozer und auch Gibson hat man zwei sehr starke Power Forwards im Kader, die durchaus in der Lage sein sollten, ein potenzielles Mismatch gegen Booker auszunutzen.
Auf der anderen Seite war Nene vor allem mit seinem Midrange-Jumper extrem gefährlich. Diese Gefahr fällt mit Booker im Lineup jetzt weg, Marcin Gortat allein wird es unter den Körben auch nicht richten können. Chicago muss das Fehlen von Nene einfach ausnutzen!
Geschichte:
In der regulären Saison konnten die Wizards 2 der 3 Aufeinandertreffen für sich entscheiden, die einzige Niederlage kam am 5. April - und die war dafür deutlich. Mit 96:78 überrollten damals die Bulls ihren jetzigen Playoff-Gegner, die in dieser Partie auf Nene verzichten mussten.
Ein schlechtes Omen für Washington? Vielleicht, denn Noah und Boozer lieferten starke Leistungen ab, während Booker in vielen Situationen einfach ein wenig überfordert wirkte. Da halfen auch die 19 Punkte von Gortat (8/11 FG) und die 20 Zähler von Wall relativ wenig.
Rookies:
Bei beiden Teams sind die Rookies in den Playoffs mehr oder weniger aus der Rotation gefallen. Bei den Wizards standen Otto Porter und Glen Rice in der Post-Season noch gar nicht auf dem Parkett und werden 2013/14 höchstwahrscheinlich auch keine Einsatzzeit mehr bekommen.
Tony Snell konnte dagegen schon ein wenig Playoff-Luft für die Bulls schnuppern. In den bisherigen drei Partien wurde der 20. Pick des letztjährigen Drafts für insgesamt 28 Minuten auf den Court geschickt. Seine Produktivität ist allerdings noch etwas verbesserungswürdig. Bisher kommt der 22-Jährige insgesamt auf nur 2 Punkte (1/6 FG) und 3 Rebounds.
Die Stimmen:
Mike Dunleavy (Bulls): "Wir müssen am Sonntag gewinnen, keine Frage. Wir haben uns selbst ein Loch gebuddelt und müssen uns da jetzt wieder herausarbeiten. Wir sind noch lange nicht da, wo wir hinwollen."
Joakim Noah (Bulls): "Wir wissen, dass das ein entscheidendes Spiel ist. Alle drei Spiele der Serie wurden erst ganz am Ende entschieden. Deshalb muss man auch auf die kleinen Dinge achten und am Ende des Spiels kommt es auf die mentale Stärke an. Wir müssen einfach fokussiert bleiben."
Randy Wittman (Wizards-Coach): "Da wird viel geschubst und viel geredet. Wir müssen einfach unsere Ruhe bewahren. Doch ich will nicht, dass meine Spieler in ihrer körperbetonten Spielweise nachlassen."
Tom Thibodeau (Bulls-Coach) über die körperbetonte Spielweise: "Es sind die Playoffs. Das ist normal."
Prognose:
Die Bulls können sich nicht erlauben, mit 1-3 in Rückstand zu geraten. Von daher ist diese Partie enorm wichtig und die Voraussetzungen stehen aus Sicht von Chicago eigentlich nicht schlecht. Der Ausfall von Nene wird einen immensen Einfluss auf die Partie haben und das eher nicht zum Vorteil von Washington.
Die reguläre Saison hat gezeigt, dass Chicago den Nene-losen Wizards überlegen ist. Dennoch wird es keinen Blowout geben, dafür sind John Wall, Bradley Beal und auch Marcin Gortat einfach zu gut. Ein Sieg ist für die Bulls heute aber definitiv drin und eigentlich auch ein Muss.