NBA

Der Wahnsinn nimmt (k)ein Ende

Von Philipp Jakob
Die Oklahoma City Thunder müssen in Spiel 7 gegen die Memphis Grizzlies antreten
© getty

Wenn am Sonntag die Dallas Mavericks auf die San Antonio Spurs treffen (ab 21.30 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE), ist es bereits das fünfte Spiel 7 der NBA-Playoffs 2014. Zuvor treffen 8 weitere Teams in einer alles entscheidenden Partie aufeinander und zittern ums Weiterkommen - zur Freude der Fans.

Cookie-Einstellungen

Die besten Playoffs aller Zeiten? Auf jeden Fall! Was den Fans in der Post-Season 2014 geboten wird, ist schon in der ersten Runde der absolute Wahnsinn. Noch nie war der Kampf um die zweite Runde spannender. Beweis gefällig? Ganze fünf der acht Erstrunden-Serien gehen in ein Spiel 7. Das gab es noch nie!

Es gab sogar noch nie mehr siebte Spiele in einer ganzen Post-Season als dieses Jahr in der ersten Runde. Die Chancen stehen also ziemlich gut, dass der 1994 aufgestellte Rekord von 5 siebten Spielen in einem Jahr, 2014 überboten wird. Und es könnten weitere Rekorde fallen. Allein in der ersten Runde gingen 8 Spiele in die Overtime. Der Playoff-Rekord für die gesamte Post-Season liegt bei 10!

Um die schnöden Statistiken in einem Wort zusammenzufassen: Wahnsinn! Die Basketball-Fans auf der ganzen Welt dürfen sich auf ein einmaliges NBA-Wochenende mit fünf siebten Spielen an zwei Tagen freuen. Den Auftakt macht am Samstag der vor der Serie hochfavorisierte Number-1-Seed der Eastern Conference.

Die Probleme vergessen machen

Die Indiana Pacers müssen überraschenderweise weiterhin um den Einzug in die nächste Runde bangen und stehen in eigener Halle gegen die Hawks vor einer unerwartet hohen Hürde. Doch zugegeben: So überraschend sind die Probleme der Pacers nun auch wieder nicht.

In den letzten Monaten der regulären Saison verpuffte nach und nach der Zauber jenes Teams, das die Liga in den ersten Saisonmonaten noch dominierte und stolze 33 seiner ersten 40 Partien gewann. Alles Vergangenheit.

Offenbar ist das Teamgefüge der Pacers komplett auseinandergefallen, es steht einfach kein echtes Team auf dem Court - die Chance für Atlanta. Der Achtplazierte der Eastern Conference hatte sich gerade so in die Playoffs gerettet und steht jetzt vor einem der größten Upsets der NBA-Geschichte.

Doch obwohl Indiana aufgrund gewaltiger Matchup-Problemen schon in Spiel 6 kurz vor dem Aus stand, können die Pacers mit einem Sieg alles vergessen machen und in Runde zwei gewissermaßen einen Neustart wagen. Dafür muss die Partie aber erst einmal gewonnen werde, wobei der Heimvorteil helfen sollte, oder?

Hawks spielen ohne Druck

Nicht wirklich meint Indianas Coach Frank Vogel: "Die letzten drei Male, die wir hier in Indy gespielt haben, konnten sich die Hawks einen 20-Punkte-Vorsprung erspielen und haben uns recht deutlich geschlagen. Ich glaube also nicht, dass jemand denken sollte, dass alles in Ordnung ist, nur weil wir zu Hause spielen."

Vielmehr wird die Einstellung der Teams über Sieg oder Niederlage entscheiden. Indiana hat eine Menge Potenzial, doch im Kopf der Spieler scheint es eine Blockade zu geben, die es zu überwinden gilt.

Die Hawks können dagegen ganz befreit aufspielen, auf ihnen lastet überhaupt kein Druck.

Paul George ist dennoch zuversichtlich: "Jetzt geht es um alles. Wir sollten bereit sein für diesen Moment."

Schlechte Voraussetzungen für Memphis

Gespannt darf man auch auf das Auftreten der Grizzlies in Oklahoma City sein. Immerhin muss Memphis auf einen ihrer wichtigsten Akteure verzichten - Zach Randolph. Der 32-Jährige wurde wegen eines Schubsers gegen Steven Adams für Spiel 7 gesperrt. Als wenn das noch nicht genug wäre, ist auch Mike Conley angeschlagen (Oberschenkelverletzung). Der Point Guard will zwar auf alle Fälle spielen, doch wie und ob sehr er seinem Team helfen kann, ist fraglich.

"Da ich angeschlagen bin, müssen wir mehr von den anderen Jungs erwarten", so Conley, der sich aber auch kämpferisch zeigt. "Trotz der Verletzungen und der Art und Weise, wie das letzte Spiel gelaufen ist, sind wir sehr selbstbewusst."

Gleiches gilt allerdings für die Oklahoma City Thunder um Kevin Durant. Obwohl der MVP-Kandidat auch in Spiel 6 mit der harten Verteidigung von Tony Allen zu kämpfen hatte, zeigte Durant seine bisher beste Leistung in den Playoffs.

Heimvorteil in Spiel 7

Nun muss KD im zweiten Game 7 seiner Karriere beweisen, dass sich derartige Situationen eher förderlich als lähmend auf seine Performance auswirken. In seinem ersten Spiel 7 im Jahr 2011 - ebenfalls gegen die Grizzlies - hatte der 25-Jährige am Ende der Partie starke 39 Punkte (13/25 FG) und 9 Rebounds auf dem Konto. Eine ähnliche Performance wird auch dieses Jahr nötig sein, um sein Team in die nächste Runde zu führen.

Über die Wichtigkeit der Partie ist sich Durant definitiv im Klaren: "Das ist die letzte Chance, den Sieg einzufahren. Danach gibt es kein zurück mehr. Das ist Spiel 7. Wir müssen bereit sein." Ohne Randolph haben die Thunder definitiv den Vorteil auf ihrer Seite und auch die Historie spricht für OKC.

Einerseits konnten Russell Westbrook, Durant und Co. bereits 2011 das siebte Spiel gegen die Grizzlies für sich entscheiden, andererseits ging in der Geschichte der NBA in insgesamt 114 siebten Spielen 91 Mal der Gastgeber als Sieger vom Parkett - also in knapp 80 Prozent der Fälle.

Die Historie sagt nichts Gutes

Eine für Auswärtsteams verheerende Bilanz, die allerdings auch die Golden State Warriors gern ein wenig aufhübschen würden. Den Blick in die eigenen Geschichtsbücher sollten die Dubs-Fans dabei jedoch möglichst vermeiden. Lediglich ein Mal entschied die Franchise ein siebtes Spiel in fremder Halle für sich - im Jahre 1948. Damals setzten sich die noch in Philadelphia ansässigen Warriors in der Basketball Association of America gegen die St. Louis Bombers durch (das unglaubliche Endergebnis: 85:46).

Nun kehren die Dubs in jene Stadt zurück, in der sie 1977 ihr letztes Game 7 absolvierten und gegen die Lakers verloren. Wird es gegen die Clippers nun anders aussehen? Schwer zu sagen, denn immerhin war diese Serie (wie eigentlich jede andere auch) extrem ausgeglichen.

Allerdings müssen die Warriors eventuell auf Jermaine O'Neal verzichten, der sich in Spiel 6 am Knie verletzte. Auf der anderen Seite ist Chris Paul ist ein wenig angeschlagen, zeigt sich aber kämpferisch: "Ich werde da sein. Bei Tip-Off, wenn der Ball in die Luft geschmissen wird, dann werde ich da sein. Ich kann's kaum abwarten!"

Die Fans sind begeistert

Wie jeder NBA-Fan! Denn was gibt es größeres als ein Spiel 7? Außer vielleicht fünf Stück davon an einem Wochenende, nicht viel. Dennoch ist die siebte Partie der Raptors gegen die Brooklyn Nets eigentlich nur noch das Sahnehäubchen auf der Playoff-Torte für die leidgeprüften kanadischen Fans.

Dass nach sechs Jahren Playoff-Abstinenz in Toronto im April und Mai überhaupt wieder Basketball gespielt wird, ließ die Fans bei den bisherigen drei Heimspielen der Raptors bereits neue Lärmrekorde aufstellen - nur ein Vorgeschmack auf Spiel 7?

Am Sonntag darf in Toronto eine fantastische Playoff-Atmosphäre erwartet werden, wie man sie in nur wenigen Arenen beobachten kann. Sogar vor dem Air Canada Centre. Per Public Viewing verfolgten tausende Raptors-Fans die Spiele von Kyle Lowry, DeMar DeRozan und Co. und feierten jeden einzelnen Punkt als wäre es der letzte.

Super-Dirk in Spiel 7?

Da werden auch die Fans in San Antonio nicht mithalten können - selbst wenn es gegen den verhassten Texas-Rivalen aus Dallas geht. Dabei steht das Team von Gregg Popovich gewaltig unter Druck. Ähnlich wie den Pacers droht auch San Antonio das Erstrundenaus gegen ein Team, das nur denkbar knapp den Sprung in die Playoffs geschafft hat.

Die Mavericks haben dagegen bereits jetzt mehr erreicht, als ihnen jeder NBA-Experte und auch die meisten Fans zugetraut hätten - und das, obwohl sich Dirk Nowitzki nur phasenweise auf allerhöchstem Niveau präsentiert hat. Wird es erst mal so richtig ernst, blüht Dirk jedoch auf. Das hat er bereits vier Mal bewiesen.

Auf durchschnittlich 27 Punkte und 14,7 Rebounds kommt der 35-Jährige während seiner Auftritte in einem Spiel 7. Eine ähnliche Monster-Performance wird auch am Sonntag nötig sein. Zuzutrauen ist es Nowitzki definitiv.

Diese alles entscheidenden Spiele haben immer das gewisse Etwas an sich, dass das Beste aus jedem Spieler herausholt. "Es ist der ultimative Nervenkitzel", bringt es Nowitzki auf den Punkt. "Jetzt zählt nichts mehr, außer dieses eine Spiel!" Wohl wahr. Es ist also angerichtet: Ein fantastisches Basketball-Wochenende steht uns bevor.

Die Playoffs im Überblick