NBA

Der schmale Grat

Von Max Marbeiter
Kawhi Leonard (r.) hat in den Finals bislang häufig mit Foulproblemen zu kämpfen
© getty

Die Finals ziehen weiter nach Miami (Spiel 3, Mittwoch, 3 Uhr im LIVE-TICKER). Und erneut bahnt sich eine enge Serie an. Spiel 2 dominierte LeBron James, doch die Miami Heat und die San Antonio Spurs sind auch diesmal derart nah beieinander, dass jede Kleinigkeit entscheidend sein kann. Die Spurs hoffen auf Kawhi Leonard.

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Dass in den Finals die beiden besten Teams der Saison aufeinandertreffen, liegt irgendwie in der Natur der Sache. Dass diese beiden Teams dann auch Basketball auf allerhöchstem Niveau anbieten, ebenfalls. Spurs und Heat bilden da keine Ausnahme. Mehr noch: Herausforderer und amtierender Champ spielen nicht nur auf höchstem Niveau, sie treffen sich auf nahezu gleicher Höhe.

Seit der Saison 2011/12 durfte das Duell San Antonio gegen Miami insgesamt 14 Mal bestaunt werden - Spiel 1 und 2 der aktuellen Finals eingeschlossen. Den Spurs gelangen dabei 1.386 Punkte, den Heat 1.385. 14 Spiele. Ein mickriger Punkt Unterschied. Im Duell Texas gegen Florida entscheiden Nuancen. Kleinigkeiten. Mitunter sogar ein wenig Glück. Ein Faktor, den jeder Coach nur zu gern ausklammern würde, der im Sport aber nun mal dazu gehört.

LeBron James' Explosion nach all der Kritik im Nachhall seiner von Krämpfen jäh beendeten Performance in Spiel 1 als Kleinigkeit oder gar Glück abzutun, würde der Sache sicherlich nicht gerecht. Allerdings fehlte trotz James' 35 Punkten, trotz starker Quoten des amtierenden Finals MVP (14/22 FG) nicht viel, und die Heat wären mit einem 0:2 zurück nach Miami gereist.

"Hätten perfekt spielen müssen"

Dabei sah Gregg Popovich nicht einmal ein herausragendes Spurs-Team. "LeBron hat mit dem Ball in der Hand einen ziemlich guten Job gemacht", gestand der Coach. "Um dagegenzuhalten, hätten wir perfekt spielen müssen und das haben wir nicht getan." Tatsächlich gelang es San Antonio in der ersten Hälfte nicht, James aus der Zone herauszuhalten. Ein ums andere Mal wurden für Miamis Nummer 6 Punkte in Korbnähe notiert.

Als die Spurs in den beiden finalen Vierteln dann auf ihr bewährtes Mittel aus dem Vorjahr - sprich: auf Absinken und damit verbundenes Herausfordern des Mitteldistanzwurfs - zurückgriffen, hatte James längst seinen Rhythmus gefunden. "Wenn ich erst mal im Groove bin, habe ich das Gefühl, dass jeder Wurf fallen wird", erklärte James hinterher. Natürlich fiel nicht wirklich jeder Wurf, 8 Treffer bei 11 Versuchen außerhalb der Zone kommen einem perfekten Wurfabend dennoch gefährlich nahe.

Zu verteidigen ist James an solchen Abenden nicht mehr. Und deshalb meinte Coach Pop wohl auch nicht die Arbeit gegen LeBron, als er von einem nicht perfekten Spiel seiner Mannschaft sprach. Vielmehr leisteten sich die Spurs andere Unzulänglichkeiten, die dem Sieg schlussendlich im Wege standen, die in Spiel 3 jedoch nicht zwingend eine Rolle spielen müssen.

Leonards Suche nach Sicherheit

Da wäre beispielsweise Kawhi Leonard. Der Forward ist derzeit intensiver mit Foulproblemen beschäftigt als mit seiner eigentlichen Kernaufgabe. In Spiel 1 musste Leonard aufgrund zweier schneller Fouls früh auf die Bank, in Spiel 2 bekam er sechs Mal die Pfeife der Schiedsrichter zu hören und erlebte die entscheidenden Minuten der Partie erstmals in seiner Karriere nur als Zuschauer.

So fehlte den Spurs ihr fähigster Verteidiger gegen James, was dieser wiederum bestens zu nutzen wusste. Hätte ein nicht von Foulproblemen geplagter Leonard LeBron stoppen können? Unwahrscheinlich. Immerhin hängte James seinem texanischen Pendant einen Großteil der Pfiffe an. Mit ein wenig mehr Unterstützung seiner Mitspieler, die Leonard gegen LeBron zu häufig allein ließen, hätte er des Königs Kreise aber sicherlich effektiver eingeengt.

Neben jenem am hinteren Ende des Courts vermisst San Antonio bislang zudem Leonards offensiven Einfluss. Der Dreier sucht noch sichtbar nach seinem Rhythmus, wirkt vorne teils passiv und ließ 9 Punkten in Spiel 1 in Spiel 2 ebenfalls 9 Zähler folgen. Dabei könnten die Spurs einen aggressiven Leonard gut gebrauchen. Immerhin versteht der er es eigentlich, anders als beispielsweise Danny Green, einen eigenen Wurf zu kreieren und die Defense des Gegners durch den Zug in die Zone ein wenig durcheinander zu bringen.

Die Foulbelastung setzte Leonard sichtlich zu. Auch offensiv. Dabei braucht San Antonio seinen Forward. Wie sehr, bewies die Schlussphase von Spiel 2. Dort geriet die sonst so effektive Offense der Spurs nämlich gewaltig ins Stocken. Plötzlich diktierte Miamis Defense Tempo und Geschehen, die Spurs bekamen Probleme beim Scoring.

Das James-Parker-Dilemma

"In manchen Momenten hatten wir vergessen, was uns hierher gebracht hat", übte Manu Ginobili nach der Niederlage deutlich Kritik. "Wir haben mit unserem Ballmovement aufgehört."

Mitverantwortlich dafür: mal wieder LeBron James. Der nahm sich am Ende nämlich Tony Parker vor. Und was im vergangenen Jahr bereits häufig bestens funktionierte, ging aus Heat-Sicht auch diesmal gut. James' Masse, gepaart mit seiner Schnelligkeit, hinderte Parker immer wieder am Drive. Wo der Franzose sonst nur zu gern den Layup loswird, musste er angesichts seines stets auf den unsanften Block lauernden Schattens abbrechen, wusste die Offense der Spurs in der entscheidenden Phase nicht wie gewohnt in Bewegung zu bringen.

Für Spiel 3 müssen nun Lösungen her. Irgendwie muss dem James-Parker-Dilemma schließlich beizukommen sein. Nur gut also, dass die Spurs einen der besten Problem-Löser der Liga in ihren Reihen wissen. Popovich wird sich seine Gedanken machen und am Dienstag Nacht (3 Uhr im LIVE-TICKER) sicherlich zumindest einen Lösungsansatz präsentieren. Vielleicht werden die Spurs vermehrt versuchen, den Switch zu erzwingen, sobald Erik Spoelstra James mal wieder gegen Parker stellt. Vielleicht hat Mr. Popovich aber eine gänzlich andere Idee.

Spurs sind gefordert

Zu aussichtslos sollte man San Antonios Situation ohnehin nicht beschreiben. Ebenso wenig wie jene der Heat nach Spiel 1. Immerhin sah Coach Pop ein Team, das "einige Male einen möglichen Vorteil nicht zu unseren Gunsten nutzen" konnte. Ein Team, das mit 60 Prozent von der Freiwurflinie deutlich unter seinem Saisonschnitt blieb (79 Prozent FT) und noch dazu 4 entscheidende Freiwürfe vergab, ehe James' Dreier den Heat wieder einen Vorteil verschaffte.

In gewissem Sinne steht diese Sequenz sinnbildlich für den schmalen Grat, auf dem beide Teams wandeln. Ein kleiner Fehler hier kann sich dort verheerend auswirken. So ist das, wenn sich die beiden derzeit wohl besten Teams des Planeten treffen. Und wer weiß, welche Faktoren Spiel 3 am Ende entscheiden. Bringt James die nächste Glanzleistung? Bleibt Chris Bosh in entscheidenden Momenten wieder eiskalt? Findet Kawhi Leonard endlich seinen ganz persönlichen Zugang zu den Finals? Was hat Popovich ausgeheckt? Vielleicht explodiert auch Dwyane Wade.

Die Finals 2013 schrieben bereits diverse Geschichten, die nun in diesem Jahr fortgeführt werden. Jedes einzelne Spiel ist für sich zu betrachten - und doch so wichtig für den Gesamtkontext. Eines ist jedoch sicher: Es bleibt eng!

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