Nach sieben Jahren in der NBA fehlt Al Horford die verdiente Anerkennung. Von Verletzungspech geplagt, kämpft sich der Big Man derzeit zurück ins Team und hofft endlich auf den ganz großen Erfolg.
Al Horfords Herkunft schreit nicht zwingend nach Basketball. In der Dominikanischen Republik, in Puerto Plata, wo Horford zur Welt kam und aufwuchs, tendiert das Interesse schließlich eher zum Baseball. Und dennoch war Horfords Weg von Beginn an eher in Richtung des orangefarbenen Leders vorgezeichnet. Immerhin spielte Vater Tito einst selbst in der NBA. Als klein Al mit 14 Jahren dann auch noch gen Michigan zog, war Baseball endgültig von der Agenda gestrichen. Horford besuchte die Highschool, spielte natürlich Basketball und entwickelte sich binnen kürzester Zeit zum ernst zu nehmenden Prospect.
Auch für die Florida Gators. Dort, im Sunshine State, schrieb sich der Dominikaner am College ein und wurde so Teil der sogenannten 04-er-Klasse um Joakim Noah und Corey Brewer. Talent war vorhanden, so viel wurde schnell deutlich, allerdings zeigte Horford eine weitere Facette, die weit über pures Können am Ball hinausgeht. Er erarbeitete sich den ungeteilten Respekt seiner Teamkollegen, weshalb Coach Billy Donovan seinem Schützling den Spitznamen "The Godfather"verpasste.
Legendäres Spiel
Doch es blieb nicht bei persönlichem Respekt. Auch sportlich sorgten die Gators für mächtig Furore, gewannen gegen UCLA sogar den NCAA-Titel. Für Horfords Karriere war der 23. Dezember 2006 allerdings vielleicht noch ein Stück wichtiger. Aufgrund einer Verletzung kündigte Donovan an, seinen Star im Spitzenspiel gegen die Ohio State Buckeyes nicht einzusetzen. Nach einem durchwachsenen Beginn wechselte der Coach seinen Center doch noch ein. Eine gute Idee.
Die Gators drehten das Spiel und sicherten sich den Überraschungssieg. Am Ende ging die Partie sogar als eine der besten im O'Connell Center in die Geschichte ein. Horford verteidigte dabei den damaligen Superstar und späteren First-Pick Greg Oden und ließ lediglich sieben Punkte zu.
Entsprechend erwartungsvoll blickte die NBA gen Draft, als sich Horford 2007 zum Schritt ins Profigeschäft entschied. Mit 2,08 Metern ordneten die Scouts den 21-Jährigen zwar als Power Forward ein, allerdings hatte Horford bereits zuvor Potential für Einsätze auf der Fünf offenbart.
Schlussendlich schlugen die Atlanta Hawks zu und wählten den MVP der Southeastern Conference an dritter Stelle aus. Bereits in seiner Rookie-Saison spielte Horford über 30 Minuten pro Partie und schnupperte am Double-Double. Zur Belohnung wurde er ins All-Rookie Team gewählt. Lediglich Kevin Durant lieferte ein besseres erstes Jahr und sicherte sich den Rookie of the Year Award.
Stark wie nie zuvor
In seiner zweiten Saison führte Horford die Hawks sogar bis in die zweite Runde der Playoffs, scheiterte dort jedoch an LeBron James und den Cleveland Cavaliers. Die Fans in Atlanta hat ihren Liebling dennoch bereits gefunden. Er hörte auf den Namen Al Horford.
Das lag allerdings nicht allein am Wesen des Dominikaners, auch die Leistung stimmte. Horford steht für Konstanz und stabilisierte zudem die Defense der Hawks. Zwar ist "Al" ikein großartiger Shotblocker, dafür zählt er zu den besten Frontcourt-Verteidigern der Liga. Speziell das Pick-and-Roll verteidigt Horford extrem effektiv.
Zudem zeigte er sich lernfähig. Bis zur Saison 2011/12 verbesserte sich "Al" jedes Jahr so offensichtlich, dass er zweimal ins All-Star Team gewählt wurde. Der große Erfolg mit den Hawks blieb jedoch aus, weshalb Horfords starken Aufritten ein wenig die gebührende Beachtung abging.
Zudem ereilte den ehemaligen Gator der erste große Rückschlag. Wegen einer Bauchmuskelverletzung verpasste er beinahe die gesamte Saison 2011/12. Aufgeben? Sich runterziehen lassen? Auf keinen Fall! Horford kam brachial zurück, spielte stärker als je zuvor. Zum ersten Mal in seiner Karriere sammelte er über zehn Rebounds pro Partie und legte zudem durchschnittlich 17,4 Punkte auf.
Als Center effektiver
Die Medien sparten dennoch beharrlich mit größeren Sympathiebekundungen. Wahrscheinlich ist Horfords Spiel zu unspektakulär, wartet mit zu wenigen Highlights auf. Gern wird da übersehen, welch hervorragende Team-Defense Horford Abend für Abend aufs Parkett bringt. Sie ist schließlich weniger auffällig als die Highlight Plays all dieser Überathleten. Dennoch dominiert Horford - gerade als Center.
Obwohl er eigentlich zu klein für die Fünf erscheint, hat Coach Mike Budenholzer deshalb eigentlich keinen Grund, seinen Big Man als Power Forward auflaufen zu lassen. Als Center hat der Dominikaner ein PER von 21,9, auf der Vier sind es 17,9.
Das Spiel am gegnerischen Brett und der solide Mid-Range Jumper des 28-Jährigen sind mittlerweile die größten Waffen der Hawks. "Im letzten Sommer habe ich nach den Veränderungen gemerkt, dass ich im neuen System als Center erfolgreich sein kann. Ich schätze das und versuche, das Beste daraus zu machen", meinte Horford.
Probleme mit Smith
Es ist seine Vielseitigkeit, die den Dominikaner für gegnerisches Defender so schwer greifbar macht. Horford sorgt sowohl innerhalb als auch außerhalb der Zone für Gefahr und stellt den Gegner so regelmäßig vor größere Herausforderungen. Die Hawks konnten also durchaus zufrieden sein mit ihrem Starter. Allerdings blieb der Frontcourt um Horford und Josh Smith als Gesamtkonstrukt hinter den Erwartungen zurück. Sowohl offensiv als auch defensiv gab es Probleme, die Beiden ergänzten sich nicht wie erhofft.
Im vergangenen Jahr deutete nun endlich einiges darauf darauf hin, dass Horford in Paul Milsap endlich den passenden Partern gefunden haben könnte. Mit einer 16-13 Bilanz starteten die Atlanta Hawks in die Saison. Dann schlug erneut das Verletzungspech zu. Horford zog sich einen Riss in der rechten Brustmuskulatur zu und fiel für den Rest der Saison aus.
"Noch nicht bei 100 Prozent"
Sogar eine Großteil von Atlantas Vorbereitung auf die kommende Saison verpasste der ehemalige Gator, weshalb auch noch final zu klären ist, wie sich das Zusammenspiel zwischen Horford und Millsap entwickelt. Dass Horford alles tun, sich im Zweifelsfall auch unterordnen wird, um am Ende das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, steht dabei allerdings außer Frage.
"Ich muss einer der Anführer werden und mit meiner Einstellung als Vorbild dienen", erklärt er. "In einigen Spielen wird die Mannschaft mich als Scorer brauchen, in anderen eher als Rebounder. Egal was auf mich zukommen wird, ich bin dafür bereit."
Nach wiederholten Problemen im Brustbereich bleibt allerdings noch eine weitere Frage: Wie fit wird Horford bis zum Saisonstart? "Er macht gute Fortschritte", kommentiert Coach Mike Budenholzer den Gesundheitszustand seines Big Man. "Derzeit ist er noch nicht bei 100 Prozent, doch Al ist ein harter Arbeiter. Deswegen denke ich, dass er bald bereit sein wird.".
Hunger nach Erfolg
Bleibt Horford über die nächsten Jahre von größeren Verletzungen verschont, kann er zum wichtigsten Faktor im Rebuild der Hawks werden. Der Vertrag des Veteranen läuft noch über zwei Jahre. Zwei Jahre, in denen aus den Hawks eine Sieger-Franchise werden soll.
Wie es sich anfühlt, Spiele und Meisterschaften zu gewinnen, weiß Horford schließlich noch aus College Zeiten. Nun soll sich der Erfolg auch in der NBA endlich einstellen. Denn Horford hat einen Wunsch:"Dass die Leute in 20 Jahren über mich sagen: Er war ein Gewinner."