NBA

Houston? Kein Problem!

Von Jan Zesewitz
Die Rockets profitieren von Trevor Arizas (r.) guter Defense - auch James Harden (l.)
© getty

Die Houston Rockets feiern ihren besten Saisonstart seit 1996. Dabei lief der Sommer gar nicht wie geplant. General Manager Daryl Morey wollte Chris Bosh nach Texas holen, um mit ihm, James Harden und Dwight Howard Titel zu gewinnen. Bosh blieb in Miami, Chandler Parsons verließ Houston in Richtung Dallas. Warum sind die Rockets trotzdem erfolgreich?

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Eigentlich müssten die Rockets schwächer sein als im Vorjahr. Im vergangenen Sommer hat es nicht geklappt, einen hochkarätigen Free Agent zu verpflichten, mit Chandler Parsons verlor Houston sogar einen hochgehandelten Spieler. Der Plan von GM-Taktiker Daryl Morey schien diesmal nicht aufzugehen, so die einhellige Meinung.

Eigentlich. Es kam nämlich anders. Die Rockets gewannen ihre ersten sechs Spiele und erlebten somit den besten Saisonstart seit 1996. Damals holte man vor Saisonstart allerdings Charles Barkley aus Phoenix nach Texas, wo er mit Clyde Drexler und Hakeem Olajuwon eine aus Hall of Famern bestehende Big Three bildete. Damals verlor Houston wie in diesem Jahr erst das siebte Spiel der Saison und kam im Frühjahr bis in die Conference Finals.

Die aktuelle Version der Rockets mit diesem Team zu vergleichen, erscheint allerdings ein wenig unangemessen. Halten wir uns daher an die Fakten und somit an die eine Parallele dieser beiden Mannschaften: Sie hatten einen guten Start in die Saison. Und dieses Jahr kam der wegen des vermeintlich missratenen Sommers auf den ersten Blick überraschend. Auf den Zweiten gibt es durchaus Gründe für den Erfolg.

Trevor Ariza - Das passende Puzzlestück

Für einige mitverantwortlich ist Trevor Ariza. Der Forward steht sinnbildlich für die neuformierten Rockets. Nicht als Star des Teams, sondern als bester Rollenspieler, der seine Aufgaben genau kennt und erfüllen kann.

Zudem lassen sich an seinem Namen die Kritikpunkte aus dem Sommer festmachen. Der Flügelspieler kam aus Washington als Ersatz für Chandler Parsons, der beim Clubbing mit Marc Cuban einen Vertrag bei den Mavericks unterschrieb. Ariza kostet die Rockets nur gut halb so viel wie Parsons, dafür erhielten sie einen anderen Spielertypen.

Ariza kann kaum seinen eigenen Wurf kreieren und hat ein weniger variables Offensivspiel als sein Vorgänger auf der Drei. Außerdem kam er als Wundertüte nach Houston. Nicht zum ersten Mal brachte der 29-Jährige hohen Erwartungen mit zu einem neuen Team und enttäuschte in der folgenden Saison. Die Rockets selbst mussten das erfahren, als Ariza 2009 von den Lakers kam und nach nur einer Saison mit einer Wurfquote von unter 40 Prozent zu den New Orleans Hornets getradet wurde.

Man spielt wieder Defense

Diesmal hatte Ariza vor dem Wechsel nach der Texas die beste Saison in seiner Karriere absolviert - lieferte allerdings sofort. Der Dreier aus der Ecke fällt zu Beginn der Spielzeit butterweich durch die Reuse, dazu zählt er zu den besseren Perimeter-Verteidigern der Liga. Ein Bereich, in dem sich Houston im Vergleich zum Vorjahr dringend verbessern musste. James Harden ist jedenfalls begeistert vom Neuzugang, vor allem dank seiner Präsenz und Einstellung. "Trevor ist ein Leader. Er hat bereits eine Championship gewonnen und bringt diese Erfahrung mit. Er kann uns helfen."

Die Verteidigung steht tatsächlich deutlich besser da als im Vorjahr, dank dem Neuzugang, einem Dwight Howard in der besten Form seit Orlando-Tagen und James Harden. Wie bitte? Kein Witz, tatsächlich scheint Harden auch auf der anderen Seite des Spaldings in dieser Saison zumindest einigermaßen motiviert zu sein.

Das reicht, da er durch Ariza, aber auch durch Guard-Pest Patrick Beverley und den Rookie Kostas Papanikolaou viel Hilfe bekommt. Das zahlt sich aus, die Rockets kassieren momentan nur gut 90 Punkte pro Partie (90,9) und liegen auch in Sachen defensiver Effizienz in der Spitzengruppe (92,5, Rang zwei).

Die Rockets als Einheit

Außerdem tritt Harden auch außerhalb des Parketts mehr als zuvor als Anführer auf. Die Erfahrungen aus dem Sommer mit dem Team USA gingen auch an "The Beard" nicht spurlos vorüber. Harden scheint nur mit einem Honiglöffel bewaffnet durch den Rockets-Lockerroom zu patrouillieren, in der Hoffnung, jemandem Honig um den Mund schmieren zu können: "Wir haben den dominantesten Big Man der Liga am Ring lauern, der muss verteidigt werden", sagt Harden. "Und dann sind da noch hervorragende Schützen auf dem Flügel. Das ist ziemlich schwer zu verteidigen."

Team-Chemie wird bei den Rockets in diesem Jahr überhaupt groß geschrieben. Vergangene Saison gab es dort beispielsweise noch Probleme mit der Rolle von Omer Asik. Der bekam im Sommer jedoch seinen Wunsch erfüllt und ist jetzt Starter bei den Pelicans. Auch Jeremy Lin verließ die Franchise in Richtung L.A. Damit gaben die Verantwortlichen auch ein klares Statement in Richtung Beverley ab, der jetzt unangefochtener Starter ist.

Auch Kevin McHale ist von der neuen Harmonie im Team begeistert: "Ich glaube, dass die Spieler diese Saison auf einer Wellenlänge sind", so der Head Coach. "Sie sind gemeinsam fokussiert und sagen sich: 'Lass uns dieses eine Spiel jetzt gewinnen'. Vergangene Saison wurde sich häufiger beschwert, auch auf dem Platz."

Dabei blieben die Rockets bislang nicht von Verletzungen verschont. Beverley und Power Forward Terrence Jones verpassten einige Spiele. Doch das konnte durch Spieler aus der zweiten oder sogar dritten Reihe aufgefangen werden. Isaiah Canaan übernahm den Job des Starting Point Guard, Papanikolaou bringt Vielseitigkeit auf verschiedenen Positionen ins Team. Donatas Motiejunas zeigte als Starter seine Daseinsberechtigung in der NBA, als er gegen die Warriors 16 Punkte und 8 Rebounds auflegte. Selbst Jason Terry scheint zurück unter den Lebenden zu sein und bringt solide Minuten von der Bank - dazu seine 15 Jahre Erfahrung in der Liga und ein Championship-Tattoo auf dem Oberarm.

Die Schwachstellen

Alles bestens also in Houston? Nach einer Handvoll Spiele lassen sich natürlich keine langfristigen Prognosen abgeben. Zumal auch einige Fragezeichen hinter den Rockets stehen. Zum Beispiel hinter der Tiefe des Kaders. Die Abhängigkeit von Harden und Howard ist groß, niemand außer Harden kann die Offensive wirklich lenken, Wurfgelegenheiten kreieren.

Hinter Howard klafft auf den großen Portionen zudem ein Loch. Sollte Dwight - der in den vergangenen Jahren immer wieder mit seiner Gesundheit zu kämpfen hatte - einige Zeit fehlen, steht nach dem Abgang von Asik kein Back-up bereit. Tarik Black, Joey Dorsey und Clint Capela sorgen nicht unbedingt für Angst und Schrecken beim Gegner. Motiejunas ist ein Seven-Footer, aber ein Stretch-Power Forward und kein klassischer Center für viele Minuten in einem NBA-Spiel.

Dazu fehlt den Rockets eine richtige Standortbestimmung. Einzig die Warriors waren ein Gegner, der zum Favoritenkreis auf den Titel zählt und in diesem Spiel starteten Canaan, Black und Papanikolaou. Die anderen Gegner gehören eher in die Kategorie "Lottery", gleichzeitig rutschten Harden und Co. gegen keines dieser Teams aus: Die ersten sechs Spiele gewann Houston mit jeweils mehr als zehn Punkten Abstand.

Um ein Urteil über dieses Rockets-Team zu fällen, ist es noch zu früh. Doch die Kritiker aus dem Sommer sehen momentan ein Team, in dem die einzelnen Teile besser zusammenpassen als in den Jahren zuvor.

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