Für viele Menschen ist die 13 eine negativ befleckte Ziffer, beispielsweise weil sie an "Freitag den 13." denken. Wer sich in Kreisen der Minnesota Timberwolves umhört, wird allerdings auf eine völlig andere Haltung stoßen. Dort erachten sie die 13 inzwischen als Glückszahl.
Seit dem Draft 2014 jedenfalls, als die Verantwortlichen Zach LaVine an eben jener 13. Stelle ausgewählt und sich damit eines der verheißungsvollsten Talente des Jahrgangs in ihre Reihen geholt haben. Denn der 19-Jährige hat nicht nur das Potenzial zur Highlight-Maschine, sondern auch zum All Star!
Space Jam in der Garage
Dass Zachary LaVine eine Karriere als Profisportler einschlagen würde, ist mehr oder weniger seit seiner Geburt vorprogrammiert. "Wir sind eine Sportfamilie", sagt Zach - Vater Paul spielte früher als Linebacker für die Seattle Seahawks in der NFL, Mutter Cheryl Johnson war eine außerordentlich talentierte Softballspielerin. Der perfekte Gen-Cocktail für den Filius, der drei Schwestern hat, ist damit gemixt und zeigt früh seine Wirkung.
Als kleiner Junge spielt Zach gerne Basketball und Baseball, entscheidet sich aber nach kurzer Zeit für den größeren der beiden Bälle und die zwei dazugehörigen Körbe. "In der Garage hat mein Dad einen Ring aufgehängt", erinnert sich der in Ranton, Washington geborene Guard, und verrät: "Ich habe immer Space Jam mit Michael Jordan und Bugs Bunny geschaut. Danach bin ich in die Garage und habe MJs Dunks auf meinem Mini-Korb nachgeahmt."
Als Zach fünf Jahre jung ist, wird es Zeit für einen neues Modell. "Eines Tages blieb ich nach einem Dunk mit dem Fuß im Netz hängen und bat meinen Dad, mir einen anderen Korb zu besorgen." Von diesem Moment an gibt es für den Jungen kein Halten mehr: Regelmäßig zockt Zachary mit den Jungs aus der Nachbarschaft und lässt dabei seine ohnehin älteren Gegenspieler noch älter aussehen. Zwar ist er kleiner und leichter, doch seine bereits zu diesem Zeitpunkt überragende Athletik kompensiert die körperlichen Nachteile.
Der Name Zach LaVine gewinnt rund um Seattle immer mehr an Bekanntheit, spätestens seit er an der Borthell High School mit seiner spektakulären Spielweise für Aufsehen sorgt. "Meinen ersten Dunk habe ich in der achten Klasse geschafft, als ich 1,75 Metern groß war. Eigentlich wollte ich einen Layup machen, aber als ich bemerkte, wie hoch ich war, entschied ich mich spontan, das Ding zu stopfen. Die Zuschauer waren begeistert und gleichzeitig irritiert. Und das war ich auch", erinnert sich LaVine lachend.
One-and-done
Zach entwickelt sich prächtig: In seinem Senior-Year legt der Guard 28,5 Punkte, 3,4 Rebounds und 2,5 Assists pro Partie auf, wird zum "Associated Press Washington Player of the Year 2013" sowie "Mr. Basketball" des Staates Washington gekürt. Trotzdem gilt der 1,96-Meter-Mann (noch) nicht als außergewöhnliches Talent, da an seinen Allround-Qualitäten gezweifelt und er als reiner Springer abgestempelt wird.
Es folgt der Wechsel an die University of California, Los Angeles (UCLA), für die LaVine in 37 Begegnungen durchschnittlich 24,4 Minuten auf dem Court steht. Speziell in den ersten zehn Partien liefert er starke Leistungen ab und verbucht 13,8 Punkte sowie 2,2 Steals. Schnell machen Vergleiche zu Russell Westbrook, der ebenfalls für UCLA spielte, die Runde, und Zachs Name landet auf den Zetteln der NBA-Scouts.
Im weiteren Saisonverlauf mangelt es dem damals 18-Jährigen aber an Konstanz, seine Stats (9,4 PPS, 2,5 REB, 1,8 AS) und Quoten (44,1 % FG, 37,5 % 3er, 69,1 % FW) sinken. Der Einser glänzt aber mit Kontrolle (1,1 TO) und seinem Distanzwurf (48 Dreier) und wird ins Pac-12-All-Freshman-Team gewählt - Talent und Potenzial des 83-Kilo-Flohs sind erkannt, er meldet sich zum Draft an.
Suche nach Konstanz
"Irgendwo ist das schon verrückt. Du hast immer davon geträumt, in der NBA zu spielen, und nun bist du hier", sagt Zach, nachdem ihn die Timberwolves an 13. Stelle gezogen haben. "Ich habe Kobe Bryant früher bewundert und bin mit ihm als Vorbild groß geworden - jetzt spiele ich gegen ihn. Das ist verdammt komisch!"
Das Gefühl, gegen Idole der Jugend wie Kobe, Dwyane Wade und Co. zu spielen, genießt der Playmaker ab dem 7. November regelmäßig. An jenem Tag verletzt sich Minnesotas etatmäßiger Einser, Ricky Rubio am Knöchel und muss lange pausieren.
Rubios Leid ist LaVines Freud, denn von da an hält der Rookie die Fäden der Wolves-Offense oft in der Hand und stellt sein großes Potenzial mehrfach unter Beweis. Gegen die Lakers (120:119) schreibt Zach mit 28 Punkte und fünf Assists als erst zweiter Teenager, dem von der Bank kommend mindestens 25 Punkte und fünf Assists gelingen, NBA-Geschichte. Zuvor hatte nur Kobe geschafft. Gegen die Spurs gelingt ihm als viertem Teenager ein Double-Double.
Zudem sorgt er mit Dunks, bei denen er mit dem Kopf nicht selten auf Ring-Niveau agiert, für ausflippende Fans. In der ersten Saisonhälfte lässt der Youngster einem Sahnetag allerdings regelmäßig auch einen schwachen Abend folgen, weshalb NBA-Experte Joseph Zapata kritisiert: "Er hat unglaublich viel Potenzial, spielt aber zu inkonstant!"
Ein Vorwurf, den sich LaVine seit seiner Collegezeit anhören muss und der ihn anspornt. "Ich freue mich jedes Mal, wenn ich meine Kritiker zum Verstummen bringen kann. Sie treiben mich an, noch mehr und härter an mir zu arbeiten. Ich will eines Tages ein kompletter Spieler sein!" Rückendeckung erfährt er dabei von Wolves-Coach Flip Saunders: "Zach wird sich prächtig entwickeln. Dafür sind seine Anlagen und seine Einstellung einfach zu gut!"
Mit seinen Dunks verzaubert er die NBA jetzt schon, doch Zach LaVine will mehr. Und der Einzige, der ihn daran hindern kann, ein Superstar zu werden, ist er selbst!
Der Artikel erscheint in der BASKET 03/2015