Es war eine der Szenen der Rising Stars Challenge. Nerlens Noel zieht mühelos zum Brett, steigt hoch und will den Ball durch den Ring befördern. Doch Rudy Gobert räumt seinen Center-Kollegen nahezu mühelos ab. Der Fastbreak läuft und Gobert vollendet als Trailer auf der anderen Seite standesgemäß per Dunk. Am Ende standen 18 Punkte, 12 Rebounds und 3 Blocks für ihn zu Buche.
"Es war für mich eine großartige Gelegenheit, mich den NBA-Fans, die nicht so viele Utah-Spiele schauen, vorzustellen", sagte der Franzose nach seiner Coming-Out-Party im Barclays Center. 13 Spiele später muss sich Gobert niemandem mehr vorstellen. Der 2,18-Meter-Riese ist in aller Munde und gilt als Kandidat für gleich drei Awards.
Der Gobert-Effekt
Seit besagtem Spiel in Brooklyn steht Gobert in der Starting Five der Jazz. Seit besagtem Spiel hat Utah den besten Record (11-2) aller Teams und führt die Liga gleich in mehreren Defensiv-Kategorien an. Es ist der Gobert-Effekt. Die französische Revolution.
Das Ganze ist so bemerkenswert, weil Utah zuvor nicht mal annähernd den Ruf eines defensivstarken Teams besaß. Vor dem All-Star-Break rangierten die Jazz nur auf Platz 27 im Defensive Rating (106,1 Punkte pro 100 Possessions), aktuell ist niemand besser (89,7). Außer den Lakers und Rockets knackte in dem Zeitraum kein Team überhaupt die 90-Punkte-Marke. Dabei bekamen die Jazz sicher keine Laufkundschaft vor die Flinte.
Es ist offensichtlich, kein Spieler hat aktuell in der Liga einen größeren Einfluss auf die Defense seines Teams als er. Gobert vereint Länge, Cleverness und Athletik. Nicht die schlechtesten Zutaten, um sich einen Premium-Defender zu backen. Seit dem Trade von Enes Kanter zu den Oklahoma City Thunder bekommt der 22-Jährige so viele Minuten, dass sich dieses Paket eben auch auswirkt. In den letzten 13 Spielen kommt er durchschnittlich auf 10,4 Punkte, 15,1 Rebounds und 2,8 Blocks.
"Wussten nicht, dass es sich so auswirkt"
"Wir dachten schon, dass er ein guter Spieler ist, aber wir wussten nicht, dass es sich so schnell auswirken wird. Niemand hat eine Kristallkugel, die einem erzählt, dass er so ein zweites Jahr hinlegen wird", reibt sich selbst General Manager Dennis Lindsey die Augen.
Gobert hat einen ganz eigenen Antrieb. Aufgrund einer Knieverletzung war er beim Draft Combine 2013 nicht 100-prozentig fit. Dementsprechend zurückhaltend verhielten sich die Teams im anschließenden Draft.
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"Ich habe eine Menge Stolz. Ich bin an 27. Stelle gedraftet worden, aber ich wusste, dass ich eigentlich hätte höher gezogen werden müssen. Jeden Tag versuche ich so zu spielen, dass sie es bereuen, mich nicht früher gedraftet zu haben", sagt er rückblickend.
An Selbstbewusstsein mangelte es ihm noch nie. Anfang Februar ernannte er sich beiläufig zum besten Rim Protector der Liga. Das lässt sich allerdings auch mit Zahlen belegen. Direkt am Korb machen seine Gegenspieler nur 38,9 Prozent ihrer Würfe. Das ist abartig gut und natürlich Bestwert in der Liga.
In der Verlosung zu drei Awards
Die Zurückhaltung beim Draft hat sich längst in ein Staunen gewandelt. US-Medien sehen ihn gleichzeitig in der Verlosung um den Defensive Player of the Year, den Most Improved Player und den Sixth Man Award.
"Um ehrlich und auch realistisch zu sein, ich glaube, sie werden jemanden auswählen, der besser ins TV passt", schätzt Gobert seine Chancen ein und liegt damit sicher nicht verkehrt. Um ein ernsthafter Kandidat zu sein, muss der Big Man seine Leistung auch erst einmal über einen längeren Zeitraum bestätigen.
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Er wird es wieder mal als Ansporn nehmen. Seinen Teamkollegen muss er ohnehin nichts mehr beweisen. "Sein Potenzial geht durch die Decke. Das sieht man schon beim Zusehen und daran, wie seine Präsenz die Würfe der Gegner beeinflusst. Und auch in der Offensive. Er kann überall am Ring punkten und sich da auch noch verbessern. Er kann ein richtig Guter in der Liga werden", lobt ihn Trey Burke und spricht gleichzeitig eine Schwäche an: sein offensives Repertoire.
Offensiv ausbaufähig
Gerade wenn Gobert zusammen mit Derrick Favors auf dem Court steht, geht den Jazz das mittlerweile obligatorische Shooting der Big Men vollends ab. Coach Quin Snyder ist sich dessen bewusst: "Probleme in der Shooting Range musst du möglicherweise durch Bewegung, Screening, Passing und andere Dinge ausgleichen, um die Verteidiger zu überwinden. Es ist nicht einfach."
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Sein Impact auf der anderen Seite des Feldes ist aber so groß, dass dieses Manko nicht verheerend ins Gewicht fällt. Zumal gute Defense bekanntlich auch in der Offense vieles leichter macht und auch Favors dort durchaus potent ist. Snyder ist ohnehin in der Lage, dem Team auch so eine schlagkräftige offensive Identität einzuimpfen.
Und so könnte den Jazz unerwartet und vor allem schneller als gedacht die Wende geglückt sein. Das spielt für diese Saison keine Rolle mehr, macht aber Hoffnung auf die kommende.