Schluss mit der Vergangenheit
Kaum eine Franchise verbindet man derart mit Elite-Centern wie die Lakers. Wilt. Kareem. Shaq. Und schlecht ist das Team damit schließlich nicht gefahren, auch wenn die Romantik zwischen Dwight Howard und Purple & Gold nur kurz anhielt. Mit Jahlil Okafor hätte man diese Tradition wieder aufleben lassen können. Ein Low-Post-Scorer par excellence, 20 und 10 fast garantiert.
Aber der NBA-Ball rollt mittlerweile eben anders, und das nicht erst seit dem Titel der Warriors. Guards, und zwar gute, sind wichtiger als je zuvor. Und die Western Conference strotzt nur so von fantastischen Aufbauspielern. Steph Curry. Chris Paul. Russell Westbrook. Man könnte auch James Harden in diese Reihe aufnehmen, obgleich er kein eigentlicher Point ist. Tony Parker natürlich. Und, und, und.
Mit D'Angelo Russell gehen die Lakers mit der Zeit, auch wenn GM Mitch Kupchak eine Verbindung verneinte. Man habe Russell einfach besser eingeschätzt als die zu habenden Center - also besser als Okafor. Aber die NBA-Trends lügen nicht.
Russell erinnere ihn an seinen früheren Weggefährten Magic Johnson, sagte Coach Byron Scott - und Magic gab per Twitter grünes Licht für den Pick. Der Linkshänder wird Kobe entlasten, die pfeilschnellen Gegner verteidigen und für mehr Playmaking sorgen. "Ich will, dass Kobe mich unter seine Fittiche nimmt und mir so viel beibringt, wie irgend möglich", so der ehrgeizige 19-Jährige. Es gibt schlechtere Lehrmeister.
Weitere Nebeneffekte dieses Picks: Einen Rajon Rondo in den Farben der Lakers wird es erst einmal nicht geben - es sei denn, der Ex-Maverick kommt von der Bank. Und: Tinseltown ist weiter im Rennen um die möglicherweise zu habenden Big Men: LaMarcus Aldridge, Kevin Love, vielleicht DeMarcus Cousins. Wenn das klappt, hat man definitiv alles richtig gemacht.
Was passiert in Philly?
"OK... lol", twitterte Sixers-Big Man Joel Embiid nach der Wahl von Jahlil Okafor. Ein neuer Teamkollege, gleichzeitig aber auch ein Konkurrent. Und dann ist da ja noch Nerlens Noel. OK, man kann nie genug gute Spieler haben, auch Frontcourt-Spieler nicht. Aber wo führt der Weg hin? Während die Warriors und Cavs zeitweise ohne Center spielen, läuft man in der City of brotherly Love künftig nur noch ultra-ultra-ultra-groß auf?
Vielleicht traut man Embiid nach dessen Verletzungsproblemen nicht mehr so richtig den Sprung nach ganz oben zu. Vielleicht war die Chance auf Okafor, der vor einigen Monaten noch der unumstrittene Top-Pick war, einfach zu verlockend. Den besten Spieler nehmen, der noch zu haben ist: eine von vielen bevorzugte Taktik.
Aber wer wie GM Sam Hinkie so vorausschauend denkt, einen derart langfristigen Plan verfolgt, der überlässt das nicht dem Zufall. Wie Adrian Wojnarowski von Yahoo! Sports meldet, wolle man Okafor auf keinen Fall abgeben. Also vielleicht Embiid oder Noel? Es gibt schließlich nur 96 Spielminuten für Power Forward und Center in einer Partie. Und in der zweiten Draft-Runde kamen noch mindestens drei weitere Big Men dazu. Wo sollen die spielen?
Früher oder später riecht da alles nach Trade. Das Problem: Wenn die Konkurrenz um den Stau unterm Korb weiß, werden die Angebote nicht gerade üppiger. Den Philly-Fans bleibt wohl weiterhin nur Vertrauen ins Front Office - und viel Geduld.
Porzingis: Boooooooo-urns?
Keine nette Geste, den 19 Jahre alten Letten in Diensten des FC Barcelona so auszupfeifen, als er sich in Richtung Bühne aufmachte. "Viele Fans haben mich angefeuert, aber natürlich haben auch viele gebuht", gab er sich im späteren Interview diplomatisch. "Aber egal wen die Knicks gedraftet hätten, es hätte auch Buhrufe gegeben." Es liege nun an ihm, diese Buhrufe in Jubelschreie zu verwandeln.
In richtig gutem Englisch hatte der Teenager diese Worte vorgetragen, gleichzeitig ziemlich abgeklärt, zumindest äußerlich. Wahrscheinlich ist auch ihm klar: Die Buhrufe richten sich nicht dezidiert gegen ihn, sondern gegen die Entscheidung des Front Office. Die verzweifelten Knickerbocker-Anhänger hätten lieber ein aus der NCAA bekanntes Gesicht gesehen, statt einen Euro, jung und bestimmt soft.
Hey, Knicks-Fans: Die letzten Jahre, ja fast Jahrzehnte, waren bis auf wenige Ausnahmen bestimmt von Pleiten, Pech und Pannen. Der "Win Now"-Ansatz hatte sich zuletzt doch mehr als erschöpft. Warum also nicht langfristig planen? Klar, Porzingis hat eine Menge Arbeit vor sich, einen besonders breiten Schatten wirft er noch nicht. Aber das Talent ist da.
Wenn man sich den Trade des Abends anschaut - Tim Hardaway Jr. zu den Hawks, dafür die Rechte an Rookie Jerian Grant -, dann hat das Front Office mindestens eine Sache schon mal richtig gemacht. Vielleicht hat es Phil Jackson ja wirklich noch drauf. Porzingis erinnere ihn an Pau Gasol, nur mit einem besseren Jumper, sagte der Zen-Meister. Vielleicht hat er Recht. Sonst gibt's wieder Buhrufe.
Wildcat-Duo in Sacramento
Was mit Boogie passiert, steht wohl in den Sternen. Das Verhältnis zu Coach George Karl ist zerrüttet, ob es beide in den derzeitigen Vereinsfarben in die neue Saison schaffen, scheint kaum möglich. Ist Willie Cauley-Stein, der an sechs schon früher als erwartet vom Board ging, also die Vertretung, sollte Cousins getradet werden?
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Nicht unbedingt. Vlade Divac, auf dessen Kappe die Entscheidung geht, will die beiden vielmehr als "Twin Towers" in Sac-Town etablieren. Wo Boogie als Scorer glänzt, erwartet man von Trill bärenstarke Defense und ein gutes Pick-and-Roll-Game. Auf dem Papier ergänzen sich ihre Stärken und Schwächen, die Kings haben ihren Rim Protector. Ob sie sich auf dem Court dann doch eher den jeweiligen Platz abgraben, bleibt abzuwarten.
Vielleicht nicht zu unterschätzen: Mit Cauley-Stein hat Cousins einen weiteren Ex-Kentucky-Spieler an der Seite. Schaden kann das ja nicht - es könnte Boogie einen Verbleib schmackhafter machen. Andererseits stehen hinter dessen Einfluss auf den ebenfalls etwas wechselhaften Neuzugang große Fragezeichen.
In Mike we trust
PS: Was haben sich die Hawks nur dabei gedacht, den wertvollen Pick-Swap der Knicks in Tim Hardaway Jr. zu verwandeln? Das sieht der Handschrift des 60-Win-Teams so überhaupt nicht ähnlich. "Ein junger Two-Guard, der seine Würfe trifft und effektiv spielen kann", sagte Mike Budenholzer, dessen Rolle in der Franchise sich ja unlängst vergrößert hatte. Hardaway könne bei den Hawks wachsen und sich weiterentwickeln. Man habe ihn schon eine Weile im Auge gehabt.
So weit, so gut. Vielleicht hatten es die Hawks aber auch vor allem auf die zwei mitgelieferten Zweitrundenpicks abgesehen, jetzt wo einige Leistungsträger bezahlt werden wollen. Die Picks liefern Flexibilität und sind vielleicht auch als Trade-Goodie einsetzbar. Und: Eigentlich kaum vorstellbar, dass ein Spieler derzeit von den Knicks zu den Hawks geht und nicht sofort eine ganze Ecke besser wird...
Der Pate, Teil...
Pat Riley hat es mal wieder geschafft. Der Heat-Grande wartete die ersten neun Picks ab - und plötzlich war da noch Justise Winslow übrig. Zufällig genau der Spieler, der sich als Erben für Dwyane Wade hervorragend eignet, der Spieler, der auf den Boards eigentlich schon längst weggewesen wäre. Ein Steal sondergleichen. "Natürlich waren wir überrascht", so Riley. Und dürfte sich ein Grinsen verkniffen haben.
Winslow bringt einen NCAA-Titel von Duke mit, dazu jede Menge Athletik und die Fähigkeit, sowohl Shooting Guard als auch Small Forward zu spielen. Ein Spieler wie Jimmy Butler oder Kawhi Leonard. NBA-ready, wie man so schön sagt. Ein Lineup "Dragic - Wade - Winslow - Bosh - Whiteside" schafft im Osten die Playoffs allemal. Mindestens. Wie hat das dieser Pat Riley nur wieder gemacht??? Um es mit den Worten von ESPN-Experte Jalen Rose zu sagen: "Deswegen gewinnt Pat Riley immer weiter."
Ein zweiter Jae Crowder?
Ein Small Forward für die Mavericks? Interessant, hat man da doch bereits mit Chandler Parsons einen fähigen und gleichzeitig teuren Mann. Aber die anvisierten Point Guards waren weg, deshalb holte man sich Justin Anderson. Vielseitig, defensiv stark, 45 Prozent von Downtown im letzten Jahr. "Ein Mann der mehrere Positionen verteidigen und den Dreier treffen kann, danach sucht man in dieser Liga, und deshalb freuen wir uns", tönte Besitzer Mark Cuban.
Ein Platz in der Starting Five ist aber wohl nicht frei. Anderson könnte ein Shawn Marion werden, aber vielleicht auch nur ein Jae Crowder. "Er ist größer und länger als Jae", so Cuban. Anderson werde sich noch entwickeln. "Er ist ein Energy Guy, der in Ricks System richtig gut reinpasst", lobte auch Donnie Nelson. Starke Perimeter Defense braucht es in Big D definitiv. Die passenden Guards fehlen aber immer noch. Und: Kein einziger Spieler im derzeitigen Roster wurde auch von den Mavs gedraftet (Dirk kam von Milwaukee).
Jung und international
Über das Age Limit der Liga wird ja immer wieder diskutiert. Auch über die Frage, ob die Spieler auf dem College wirklich für die NBA-Wirklichkeit fit gemacht werden. Aber der Draft spricht dann doch eine eindeutige Frage: Gleich 13 Freshmen gingen in der ersten Runde vom Board, hatten also nur ein einziges Jahr College-Ball gespielt. Schon das war Rekord für einen Draft - und dann kam ja noch die zweite Auswahlrunde.
Zudem erschließt der Spalding weiter neues Terrain. Mit Satnam Singh holten sich die Mavs in Runde zwei den ersten Inder ins Boot - also über eine Milliarde potenzielle neue Fans. Dazu gab es Picks aus Lettland, Serbien, Kroatien, der Türkei, Spanien, Argentinien, Schweden, Griechenland... Immer noch wollen viele Fans vor allem auf College-Stars setzen. Die GMs sehen das offenbar anders, auch wenn vermutlich nicht alle der vgedrafteten Internationals mit 50 Jahren auf glorreiche NBA-Karrieren zurückblicken können.
Got to give the people...
Der Draft hatte auch Buntes zu bieten. Ob Kelly Oubres stachelbesetzte, goldfarbene Schuhe , eine Menge farbenfroher Anzüge (die definitiv um einiges schmaler geworden sind als die Exemplare von vor zwölf Jahren), oder Moziah Bridges, der 13 Jahre alte Unternehmer, der die Prospects mit handgemachten Fliegen ausstattete - und mit seinem Business 200.000 Dollar im Jahr verdient.
Besonders großen Spaß hatte die Internetgemeinde an den Vergleichen von Grantland-Kultfigur Jalen Rose. Den erinnerte Porzingis zum Beispiel sowohl an Dirk Nowitzki, als auch an Draft-Bust Darko Milicic. Swingman Rondae Hillis-Jefferson musste mit Josh Smith vorlieb nehmen, und Shooter Rashad Vaughn mit Dion Waiters. Da drängte sich bei einigen Zuschauern der Verdacht auf, dass es Rose mit der Vorbereitung nicht allzu genau genommen hatte. Und unter diesen Zuschauern befanden sich auch NBA-Spieler. Auch Dirk meldete sich zu Wort: "Das beste am Draft sind Jalens Vergleiche..."