Die Free Agency hatte gerade erst ihre Pforten geöffnet, da war der Spielerbasar bereits nahezu leergeräumt. Wohl nie zuvor nahm die Wechselphase in der NBA mit einer solchen Intensität Fahrt auf. Und wieder war es der ohnehin überladende Westen, der die dicksten Fische an Land zog.
LaMarcus Aldridge spielt nun für die hochdekorierten San Antonio Spurs, die Clippers verschafften sich mit Paul Pierce und Lance Stephenson endlich Tiefe. Und über die Saga um DeAndre Jordan wurde genug geschrieben. Mit Lob City ist auf jeden Fall wieder zu rechnen. Kevin Durant und Russell Westbrook sind wieder fit und wollen einen neuen Thunderstorm entfachen.
Das beste Team der Conference hielt dagegen in Sachen namhafter Neuzugänge die Füße still. Die Warriors, die im Vorjahr kräftig um Kevin Love buhlten, lehnten sich entspannt zurück und genossen ihre Meisterschaft. "Ich habe mich einen kompletten Monat rausgenommen - kein Basketball, kein Krafttraining oder so", gab MVP Stephen Curry im Interview mit CBS Sports zu.
Dicke Belohnung für Green
Auch das Front Office ließ es ruhig angehen. Warum auch nicht? Die Warriors holten schließlich 67 Siege, nie gewann die Franchise mehr Spiele. Das Team steht, es funktioniert. Das einzige Fragezeichen wurde schnell gelöst.
Draymond Green, Rising Star der Meistersaison, schloss sich dem allgemeinen Trend ein und willigte noch am 1. Juli ein, seinen Vertrag um fünf Jahre zu verlängern. Es ist sein ganz persönlicher Jackpot. Der Power Forward lässt sich die Unterschrift mit 85 Millionen versüßen, nachdem der Zweitrundenpick im Vorjahr für überaus schmale 915.243 Dollar auf dem Court stand.
Nun folgte die Entlohnung für die Breakout-Season, an der Head Coach Steve Kerr einen großen Anteil hat. "Vielen Dank an Coach Kerr und sein Team dafür, dass sie mich zu einem besseren Spieler gemacht haben und vielen Dank an meine Teamkollegen für ihre Akzeptanz", sagte Green, der sich in der letztjährigen Vorbereitung den Starting Spot von der langjährigen Double-Double-Maschine David Lee angelte.
Green legte Career Highs in Punkten (11,2), Rebounds (8,2), Assists (3,7) und Minuten (31,5) auf. Seine Defense war eines der entscheidenden Puzzleteile auf dem Weg zur ersehnten Meisterschaft. Und machte Topverdiener Lee überflüssig. Schon während der Saison rankten sich immer wieder Tradegerüchte um den Power Forward. Das richtige Angebot war nicht dabei.
Lees Vertrag losgeworden
Lee verhielt sich loyal. Das hervorragende Teamklima und die Aussicht auf einen Ring ließen ihn die Reservistenrolle verschmerzen. Doch nun ist die Ära vorbei. Nach fünf Jahren in der Bay Area tradeten die Warriors den zweifachen All-Star zu den Boston Celtics. Die 15,4 Millionen Dollar für die kommende Saison stehen nun in den Büchern des Rekordmeisters aus Massachusetts.
Zwar nahm Golden State im Gegenzug Chris Babb und Gerald Wallace samt üppigem Salär auf. Letzteren schickten die Warriors allerdings zurück an die Ostküste und tauschten ihn bei den 76ers gegen Big Man Jason Thompson ein.
Der Zug macht in zweierlei Hinsicht Sinn. Durch die Abgabe von Lee und dem Trade von Wallace verringert sich die zu zahlende Luxussteuer von etwa 48 Millionen Dollar auf nunmehr rund 26 Millionen Dollar.
Sportlich gesehen sichern sich die Dubs mit Thompson einen direkten Ersatz für Lee, der wichtige Minuten hinter Green abreißen wird. Zumal Rookie-Center Kevon Looney aufgrund einer Hüftverletzung ein halbes Jahr pausieren muss. "Wir sind sehr froh, dass wir Jason zu unserem Kader hinzufügen konnten. Er hat sich schon in der Liga bewiesen und trägt wesentlich zur Tiefe des Teams bei, die für uns ein wichtiger Schlüssel unseres Erfolges in der Vorsaison war", kommentierte General Manager Bob Myers den Trade.
Dazu konnten mit Leandro Barbosa und Marreese Speights zwei wichtige Bestandteile der erwähnten tiefen Bank gehalten werden.
Lees Führungsqualität verloren
Thompson wird in der Lage sein, Lee auf dem Court zu ersetzen, aber wie sich der Verlust des Veteranen im Locker Room auswirken wird, bleibt abzuwarten. "Seine Führungsqualitäten waren großartig. Er war ein richtig guter Teamkollege und damit meine ich nicht nur, wie er die Situation annahm und in die zweite Reihe trat, aber er hat eine Menge geopfert. Er hätte den Stinkstiefel geben können, aber er hat sich wie ein absoluter Profi verhalten. Er hielt sich bereit und hatte dann in den Finals einen riesigen Einfluss", trauert Klay Thompson Lee bereits jetzt nach.
Der Forward sorgte als Teil des Kerrschen Small Balls für die Wende. Wie wohl er sich in Kalifornien fühlte, bewies Lee mit seinem Abschied und gab damit noch einmal ein Paradebeispiel dafür, dass das Gerede vom einzigartigen Geist in der Franchise, der während der vergangenen Saison immer wieder propagiert wurde, nicht einfach so daher gesagt war: Lee ließ für alle Mitarbeiter Burritos ankarren und bedankte sich so noch mal für die letzten fünf Jahre.
Mit dem Titel verabschiedete sich auch Coach Kerrs Lead Assistant. Alvin Gentry nutzte den Titelruhm und ergriff die Head-Coach-Option bei den aufstrebenden New Orleans Pelicans. Der erfahrene Trainer wird intern ersetzt. Luke Walton rückt in der Hierarchie einen Platz nach oben.
Beide Veränderungen könnten schmerzen, sie ändern aber nichts daran, dass der Meister ansonsten zusammengeblieben ist. MVP Stephen Curry sieht die Entwicklung des jungen Teams daher noch längst nicht am Ende. "Natürlich ist es schön, die Meisterschaft zu gewinnen, aber man muss als Spieler und als Mannschaft jedes Jahr besser werden. Jeder versucht sich zu verstärken und uns vom Thron zu stoßen. Ich bin immer noch in der Entwicklung. Ich versuche mich weiter zu pushen, um für das Training Camp bereit zu sein."
Das Streben nach mehr
Und das ist der Punkt. Das Team ist nach dem Titel längst nicht satt. Sie sieht dies nur als Anfang. Als Anfang einer Ära. Der Kern ist immer noch unglaublich jung und kann in den nächsten Jahren ohne Probleme gehalten werden. Der Hunger ist da und wird durch Meldungen, dass Golden State bei den Wettanbietern nicht der Topfavorit auf den Titel ist, nur weiter befeuert.
"Es ist schon lustig, wir sind bekanntlich die Champions und man sollte eigentlich denken, dass wir aufgrund unserer Erfahrung nächstes Jahr noch besser sein werden. Und trotzdem sind wir nicht die Favoriten", zeigte sich Curry irritiert. "Es gibt eine Menge Bewegung, viele Teams versuchen sich zu verbessern, aber die Hälfte der Teams haben noch nicht einen Fuß auf den Court gesetzt und sind trotzdem favorisiert, uns vom Thron zu stoßen."
Die Buchmacher in Las Vegas sehen Vize-Meister Cleveland vorn. Dahinter kommen die Spurs quotengleich mit dem Meister. Der MVP gibt sich trotzig: "Wir wissen schon, was abgeht. Es liegt an uns, unser Momentum am Leben zu halten." Es ist die Motivation für mehr. Mehr Erfolg. Mehr Titel.