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"Wir können uns tanken nicht leisten"

Danny Ainge gewann als Präsident im Jahr 2008 mit Boston die Meisterschaft
© getty

Die Boston Celtics stecken scheinbar im Liga-Mittelfeld fest, ohne wirklich voranzukommen. President of Basketball Operations Danny Ainge spricht im Interview über den Unterschied zwischen kurz- und langfristiger Planung und die große Lücke im Kader - und erklärt, warum er trotzdem optimistisch in die Zukunft blickt.

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SPOX: Mr. Ainge, die Celtics gehen mit einem ziemlich prall gefüllten Kader in die Saison. Gibt es schon eine Hackordnung?

Danny Ainge: Um ehrlich zu sein: Wir arbeiten noch daran. Wie Sie gesagt haben: Wir haben viele Spieler, die spielen wollen und die alle verschiedene Qualitäten mitbringen - und die darüber hinaus vom Niveau her recht ähnlich sind. Man hat es in der Preseason gesehen, dass bei uns regelmäßig 10 bis 15 Spieler auf dem Court standen, weil es nicht so leicht ist, aus all den Möglichkeiten die richtigen Kombinationen zu finden. Ich habe jedoch Vertrauen in unseren Coach Brad Stevens, dass er die richtige Rotation findet. Es ist auch sicherlich nichts Schlechtes, über viele Optionen zu verfügen.

SPOX: Der Kader ist ein Resultat des einzigartigen Wegs, den die Celtics beim Rebuild gehen: Einerseits Assets sammeln und andererseits trotzdem mehr als konkurrenzfähig zu sein. Wie schwer ist es für Sie, zwischen kurz- und langfristiger Planung abzuwägen?

Ainge: Es ist eine Herausforderung, das ist richtig. Aber ich treffe die Entscheidungen erstens nicht alleine und zweitens nicht für meine persönlichen Absichten: Es geht um unsere Fans, unsere Spieler, unsere Coaches und die Besitzer. Wir haben uns dazu entschieden, das Beste aus unserer Situation machen zu wollen - das ist auch unsere Verantwortung gegenüber den Fans und der großartigen Geschichte der Celtics-Franchise. Deswegen haben wir das Gefühl, dass wir es uns nicht leisten können, Saisons abzuschenken beziehungsweise zu "tanken".

SPOX: Sie sagten dennoch kürzlich, Sie hätten eine Einschätzung Ihres Teams, die den Spielern wahrscheinlich nicht besonders gefallen würde. Was fehlt denn im Spezifischen für einen Angriff auf die Spitze im Osten?

Ainge: Das ist relativ leicht zu beantworten. Wir haben ein gutes Fundament, viele gute Spieler, uns fehlt aber der Superstar, der "transzendente" Spieler. Es gibt nicht viele davon, deswegen ist es so schwer, einen LeBron James oder Kevin Durant zu bekommen. Wir müssen daher einen anderen Weg gehen und über ein starkes Kollektiv kommen, solange uns diese Art von Spieler fehlt.

SPOX: Sie haben in der Vergangenheit einige große Deals eingefädelt - vor allem natürlich den Trade von Kevin Garnett nach Boston im Sommer 2007. Ist es seitdem schwieriger geworden? Am Draft-Tag 2015 scheiterten Sie angeblich mit dem Angebot, vier Erstrundenpicks für den Charlotte-Pick (No.9) zu tauschen.

Ainge: Es hat sich seitdem personell sehr viel geändert hat im Management-Bereich. Es wird jetzt mehr Wert auf Analytics gelegt, es sind überall mehr Entscheider involviert, bevor ein Deal eingefädelt werden kann - das erschwert den Prozess und kann hinderlich sein. Das angebliche Angebot vom Draft-Abend werde ich nicht kommentieren, es ist ja ohnehin anders gekommen. Man muss dazu aber auch sagen, dass wir KG auch nicht einfach so bekommen haben. Wir waren bereits seit drei Jahren an ihm dran, bevor es tatsächlich klappte, und dann spielten glückliche Umstände eine große Rolle.

SPOX: Sind Sie dennoch optimistisch, dass die Celtics via Trade einen Superstar bekommen können?

Ainge: Es ist immer eine Frage des Timings. In welcher Lage ist dein Team gerade, wenn ein Star sein Team verlassen oder das Team eine andere Richtung einschlagen will? Man kann es nie wirklich vorhersehen. Ich bin der Meinung, dass wir für diesen Fall ziemlich gut aufgestellt wären, da wir über viele Draft-Picks und junge Spieler verfügen. Es ist aber auch möglich, dass dieser Fall nicht eintritt - dann konzentrieren wir uns eben weiter auf die Entwicklung unserer jungen Spieler.

SPOX: Sie sagten kürzlich, Marcus Smart habe im Sommer einen riesigen Sprung gemacht. Könnte er eines Tages dieser "transzendente" Spieler werden?

Ainge: Ich hasse es, einem erst 21-Jährigen solche Erwartungen aufzubürden. Wir haben ihn aber natürlich nicht aus Zufall an 6. Stelle ausgewählt. Er macht sich. Es gefällt mir sehr gut, wie er sich entwickelt hat, seitdem er bei uns ist, außerdem ist er jetzt im Gegensatz zum Vorjahr von Anfang an gesund. Er ist aber nicht der Einzige: Avery Bradley und Isaiah Thomas entwickeln sich auch beständig weiter und sind ja ebenfalls noch ziemlich jung. Im Backcourt sind wir auf jeden Fall sehr gut aufgestellt.

SPOX: Gerade vor diesem Hintergrund war der Draft 2015 etwas überraschend: Mit Terry Rozier und R.J. Hunter zogen Sie zwei weitere Guards. Was war die Strategie dahinter?

Ainge: Es stimmt, dass wir bereits viele Guards hatten, aber ganz ehrlich: Wir haben auch ziemlich viele Big Men und Small Forwards. (lacht) Es ging uns bei beiden Picks darum, den jeweils besten verfügbaren Spieler zu ziehen, unabhängig von seiner Position. Das ist immer unsere Strategie, auch wenn dadurch ein Stau auf gewissen Positionen entsteht.

SPOX: Wie zufrieden sind Sie bisher mit den beiden?

Ainge: Kurz gesagt: Wir bereuen die Entscheidung nicht, die beiden geholt zu haben. Terry hat sich im Training Camp sofort super eingefügt und hat bewiesen, dass er sich gegen drei gestandene Jungs wie Isaiah, Avery und Marcus behaupten kann. Er gehört hierher und wir sind glücklich darüber, ihn hier zu haben. R.J. ist zwar noch etwas zögerlich, er bringt aber tolle Anlagen und einen unglaublich guten Distanzwurf mit. Es wird auch für mich interessant zu sehen, wie regelmäßig sie im ersten Jahr an Spielzeit kommen werden, aber wir werden an beiden noch viel Freude haben.

SPOX: Im Frontcourt hingegen setzen Sie etwas mehr auf Erfahrung, in David Lee und Amir Johnson holten Sie im Sommer zwei gestandene Veteranen. Welche Rollen werden Sie einnehmen?

Ainge: Beide sollen ihre Erfahrung einbringen und den jüngeren Spielern als Vorbilder dienen - sie gelten zu Recht als absolute Musterprofis. David kann uns mit seinen Skills im Lowpost sehr nützlich sein, wenn wir anderweitig schwer an Punkte kommen. Zudem ist er wie auch Amir ein sehr intelligenter Passer. Was die Spielzeit angeht, müssen Sie aber Coach Stevens fragen. (lacht) Er hat auch hier die Qual der Wahl, da Tyler Zeller und Kelly Olynyk ebenfalls spielen wollen und gerade Kelly einen sehr guten Sommer hinter sich hat. Die Erfahrungen mit Team Kanada bei den FIBA Americas haben ihm einen Schub gegeben, das hat man im Training Camp von Anfang an gesehen. Er ist selbstbewusster geworden. Der Konkurrenzkampf auf den großen Positionen ist also auch durchaus da - das stimmt mich recht optimistisch.

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