Auf den Tag genau 56 Jahre ist es her: Wilt Chamberlain greift sich im Spiel seiner Philadelphia Warriors gegen die New York Knicks 43 Rebounds. Nach Bill Russells Rekord von 49 Boards ist es zu dem Zeitpunkt das beste Rebound-Spiel aller Zeiten. Heute - einige weitere Top-Performances von Russell und Wilt später - rangiert es auf Platz 7 in der Geschichte.
Die Zeit der dominanten Big Men wie Wilt, Russell und Kareem Abdul-Jabbar ist lange vorbei - so hört man es zumindest an jeder Straßenecke. Small Ball heißt das Erfolgskonzept der Zukunft. Doch einer scheint sich damit nicht wirklich abgefunden zu haben: Andre Drummond.
DeAndre who?
Staunten die NBA-Fans vergangenes Jahr noch über einige wenige 20/20-Spiele von DeAndre Jordan, so legt der Pistons-Center diese Werte derzeit einfach mal im Schnitt auf. Über die ersten sieben Spiele kommt die Nummer Null auf 19,4 Punkte und 19,6 Rebounds.
Jüngst kratzte Drummond gegen Portland (29 Punkte, 27 Rebounds) sogar am zweiten 30/30-Spiel in den letzten 33 Jahren NBA-Geschichte. Vor Kevin Love (2010) gelang das Kunststück zuletzt Moses Malone im Jahr 1982.
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Schon früh ein Turm
Bereits in der High School war Andre ein Turm in der Schlacht und schubste die anderen Schüler durch die Zone wie eine Abrissbirne. 20,2 Punkte, 16,6 Rebounds, 7,2 Blocks und 4,5 Steals waren die Ausbeute seines zweiten Jahres. Nach einer für ihn unterdurchschnittlichen Saison am College in Connecticut fiel er beim Draft 2012 den Pistons in die Hände. An Position neun.
Seitdem wütet er in Detroit unter den Körben, doch bislang wurden seine Kreise von Nebenmann Greg Monroe eingeschränkt. Nach dessen Wechsel zu den Milwaukee Bucks hält in Motor City nun Drummond die Schlüssel zum Auto in der Hand.
Neuer Coach, neues System
Mit Stan van Gundy kam ein neuer Coach, der ein Faible für das Inside-Out-Game hat. So arbeitete er bereits mit Shaquille O'Neal in Miami und Dwight Howard in Orlando zusammen. Vor allem das Magic-Team stellte er um das dominanten Zonen-Tier D12 zusammen. Gleiches hat nun in Detroit begonnen.
Als Ersatz für den ebenfalls am Brett agierenden Monroe holte SVG mit Ersan Ilyasova einen wurfstarken Vierer, Marcus Morris und Rookie Stanley Johnson fallen ebenfalls in diese Kategorie - wenn auch beide eher als Tweener einzustufen sind.
Endlich frei
Drummond genießt unter van Gundy komplette Narrenfreiheit. Seine Usage-Rate ist diese Saison auf 23,4 Prozent gestiegen. Das Pick-and-Roll mit Neu-Spielmacher Reggie Jackson erwies sich bisher als beste Waffe der Pistons. Aber auch generell heißt die klare Ansage in Detroit: "Wähl die Null". Der Ball muss zu Drummond.
Im Sommer hat der 22-Jährige zudem das verbesserungswürdige Postgame und die Fußarbeit zu seinem Fokus gemacht. Und das zahlt sich aus. Waren in den vergangenen beiden Saisons noch 58 Prozent seiner Korberfolge durch einen Mitspieler vorbereitet, sind es in den ersten Spielen nur noch 46 Prozent. Heißt im Umkehrschluss: Mehr als die Hälfte der Punkte erarbeitet sich Drummond inzwischen selbst. Auch, wenn er dabei noch einige Fehler macht.
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Ein Tier in der Zone
Dabei ist es eigentlich nicht der Schnitt von 19,4 Punkten, der Andre Drummond so besonders macht, den erreichen auch andere Big Men. Es sind die Rebounds. Schon in den vergangenen beiden Jahren war er der beste Offensiv-Rebounder der Liga und stets in den Top 5 am eigenen Brett. Noch beeindruckender als die reine Zahl der gesicherten Abpraller ist dabei seine Effizienz.
Satte 27,7 Prozent aller verfügbaren Rebounds greift sich Drummond im Luftkampf unter den Brettern, damit liegt er auf Kurs für die zweitbeste Rebound-Saison aller Zeiten hinter Hall of Famer Dennis Rodman (94/95). Besonders offensiv wütet der athletische 2,11-Meter-Mann: Im Schnitt erzielt er 8 seiner rund 20 Punkte nach Boards am gegnerischen Brett.
Auch hier kommt Drummond der Speed von Jackson zugute. Viele Big Men müssen ihren Vorderleuten gegen den pfeilschnellen Guard helfen, was unter dem Brett Räume für Drummond schafft. Umgekehrt sorgt dessen Gefahr in der Zone für mehr Platz für Jackson. Eine tödliche Zwickmühle für jede Defense.
Rekorde, Rekorde, Rekorde
In den ersten Spielen der Saison feierte Drummond eine Premiere nach der anderen: Mit zwei 25/25-Spielen schraubte er den Zähler seines Karriere-Kontos auf drei - und hat damit schon jetzt mehr gesammelt als jeder andere aktive Spieler der Liga.
Als erster Spieler der Franchise-Geschichte wurde er zweimal in Serie zum Conference Player of the Week gewählt. Seit Kareem und Wilt ist Drummond zudem der Erste, dem in den ersten sechs Partien drei 20/20-Spiele gelangen.
75 Partien hat Andre Drummond jetzt Zeit, den Rekord von Kevin Willis einzustellen. In der Saison 91/92 gelangen dem Center der Atlanta Hawks beeindruckende zwölf 20/20-Spiele. Fehlen nur noch neun.
Zahltag voraus?
Nach diesen 75 Spielen wird es allerdings interessant für Drummond. Kann er seine Leistung aufrechterhalten, winkt der ganz große Zahltag. Die Pistons müssen sich wohl mit einem Gehalt im dreistelligen Millionenbereich anfreunden, wollen sie ihren Zukunftsbaustein für weitere fünf Jahre in Motor City halten.
Als Restricted Free Agent könnte Drummond Angebote anderer Teams unterschreiben - zurzeit scheint es bei dem detroitschen Fokus auf die Nummer Null aber eher unwahrscheinlich, dass Detroit ihn ziehen lässt. Zusammen mit Reggie Jackson, der bis 2020 an die Pistons gebunden ist, könnte er das nächste Superstar-Duo der Liga bilden.
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Postseason statt Sofa
Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Als nächstes steht für Detroit auf der Agenda, Ende April noch nicht auf der Couch zu liegen. Nur die wenigsten Beobachter hatten den Pistons vor Saisonbeginn eine ernsthafte Chance auf die Playoffs eingeräumt.
Der Start mit fünf Siegen bei zwei Niederlagen und die Leistungen des neuen Traum-Duos haben diese Ansicht ziemlich schnell verschwinden lassen. Es ist was drin für Motor City. Und das, obwohl man die Karre im Premieren-Jahr von van Gundy erst einmal generalüberholen wollte.
Bevor die Pistons auf der linken Spur durchstarten, warten noch einige Hürden, doch auf dem Mittelstreifen ist Detroit bereits angekommen. Nur eine Bitte, liebe Pistons-Fans: Nicht gleich von Kevin Durant träumen.