SPOX: Kyle, in der vergangenen Offseason haben Sie gewissermaßen einen neuen Namen bekommen - aus Kyle Lowry wurde "Skinny Kyle Lowry", nachdem J.J. Redick ein Bild von Ihnen bei Instagram entsprechend kommentierte.
Kyle Lowry: Ja, das war nett von ihm. (lacht)
SPOX: Ist der Name für Sie beleidigend?
Lowry: Nein, ich finde es ehrlich gesagt witzig. Es ist ja auch richtig, dass ich im Vergleich zu den Jahren zuvor um einiges schmaler geworden bin. Gewissermaßen ist das also auch eine Anerkennung für die harte Arbeit, die ich im Sommer in meinen Körper gesteckt habe. Das habe ich natürlich alles J.J. Redick zu verdanken. (lacht)
SPOX: Was hat Sie dazu gebracht, Ihren Körper im Alter von 29 Jahren noch einmal so zu verändern?
Lowry: Das war einfach die Motivation, der bestmögliche Spieler zu werden. Ich habe mich in den letzten Jahren als Spieler schon sehr gesteigert, aber es gibt immer noch Aspekte, in denen man sich verbessern kann, in die man Arbeit investieren kann. Das war bei mir unter anderem ganz klar die Physis. Ich will das Maximum aus mir rausholen. Gerade bei Guards wird es mit zunehmendem Alter immer wichtiger, sich fit zu halten und nicht zu viel Gewicht mit sich herumzuschleppen - das habe ich mir beispielsweise bei Chauncey Billups und Ray Allen abgeguckt.
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SPOX: Hatten Sie eine bestimmte Methode, mit der Sie abgenommen haben?
Lowry: Generell habe ich einfach eine etwas gesündere Einstellung an den Tag gelegt. Ich habe weiterhin Krafttraining gemacht, aber vor allem auch viel Pilates und Fahrradfahren implementiert. Gerade Pilates hilft mir in zweierlei Hinsicht: Es ist gut für meinen Körper, hilft mir aber auch bei der Konzentration auf das Spiel. Ich habe dadurch gelernt, meinen Kopf frei zu kriegen und mich beim Spiel noch mehr auf meine Instinkte zu verlassen. Und natürlich habe ich auch bei der Ernährung etwas besser auf mich geachtet. Kurzum: Ich habe im Prinzip nicht mehr gearbeitet als in den letzten Jahren, nur eben klüger. Reifer, könnte man sagen. (lacht)
SPOX: Hatten die vergangenen Playoffs auch etwas mit dieser neuen Motivation zu tun? Die Playoffs endeten für Ihr Team nun zweimal in Folge...
Lowry (unterbricht): Zu früh!
SPOX: Genau, jeweils mehr oder weniger überraschend in der ersten Runde. Sind Sie optimistisch, dass es in diesem Jahr anders laufen wird?
Lowry: Wir denken da jetzt noch nicht wirklich drüber nach, wenn ich ehrlich bin. Wir müssen als Team noch zusammenwachsen und haben noch viel Steigerungspotenzial, gerade durch die vielen Verletzungen, die wir in dieser Saison schon hatten. Wir haben ja einige neue Spieler, da kannst du an jedem Tag noch etwas dazulernen und dich intern verbessern. Deswegen wollen wir noch nicht zu weit vorausdenken.
SPOX: Hat für Sie persönlich zuletzt denn Müdigkeit eine Rolle gespielt? Auch Sie wirkten in den Playoffs gegen Washington nicht mehr so dominant wie noch Mitte der Regular Season...
Lowry: Das war ein Faktor, das ist richtig. Wobei ich auch sagen muss, dass bei uns einfach vieles zu einem schlechten Zeitpunkt zusammen gekommen ist, wir konnten unser Spiel jetzt bereits zweimal in Folge in den Playoffs nicht wirklich durchziehen. Was mich persönlich betrifft, denke ich schon, dass mir der Gewichtsverlust dabei helfen wird, diesmal auch in den Playoffs noch in Topform zu sein. Das ist aber natürlich auch noch eine ganze Weile hin - bisher ist ja auch erst die Hälfte der Saison gespielt. Bisher bin ich aber recht zufrieden mit unserem Stand.
SPOX: Das liegt unter anderem wohl auch an ihrem Nebenmann DeMar DeRozan, der sich im Vergleich zur Vorsaison deutlich gesteigert hat. Können Sie Ihr Zusammenspiel ein wenig beschreiben?
Lowry: Nun, es ist für mich ziemlich leicht. (lacht) DeMar macht meinen Job so viel einfacher. Seitdem ich ihn kenne, hat er gerade als Leader und Verteidiger riesige Fortschritte gemacht. Er hat ähnlich wie ich immer das Bedürfnis, an sich zu arbeiten und seine Schwachstellen auszumerzen, um der beste Spieler zu werden, der er sein kann. Ich denke, dass wir deshalb auch abseits des Courts sehr gute Freunde geworden sind.
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SPOX: Dabei ist DeRozan für die heutigen Zeiten ein ziemlich untypischer Shooting Guard. Wie kommt es, dass er so ein guter und zumeist effizienter Scorer ist, obwohl er eigentlich keinen verlässlichen Dreier hat?
Lowry: Das stimmt schon, er ist eher ein "Throwback"-Player. Er kann den Dreier zwar nehmen, wenn er muss, aber er macht seine Punkte lieber auf eine andere Art. Es gibt kaum Spieler, die den Korb so dynamisch und kreativ attackieren können wie er, er kann über jeden Big Man finishen, weil er so athletisch ist. Deswegen zieht er auch enorm viele Freiwürfe - die Gegner wollen nicht auf einem Poster landen, also foulen sie ihn lieber. (lacht) Ich rechne ihm das sehr hoch an: Er versucht nicht, sich in irgendein Korsett drängen zu lassen oder sich anzupassen, sondern ist mit seinem eigenen Stil zu einem der besten Guards der Liga geworden. Und, glauben Sie mir: Auch beim Dreier wird er noch Fortschritte machen, selbst wenn er wohl nie als designierter Scharfschütze auftreten wird. Diesen Anspruch an sich selbst hat er.
SPOX: Mit DeRozan und beispielsweise Jonas Valanciunas spielen Sie nun schon seit Jahren zusammen, vor der Saison kamen mit DeMarre Carroll, Cory Joseph, Bismack Biyombo und Luis Scola aber einige Neue dazu. Was bringen Sie dem Team, wenn alle mal wirklich fit sind?
Lowry: DeMarre ist aktuell ja leider verletzt, aber wenn er dabei ist, gibt er uns vor allem defensiv enorme Vielseitigkeit und Abgezocktheit, er ist ein echter Hund. Cory ist sowohl vorne als auch hinten ein wichtiger Faktor, der auch mal in der Crunchtime übernehmen kann - er ist schließlich der einzige bei uns, der schon einen Ring gewinnen konnte. Bis' ist ein Wahnsinns-Shotblocker mit unglaublicher Energie. Und Luis ist einfach unfassbar gewitzt, er kann im Lowpost immer noch jeden Gegner richtig schlecht aussehen lassen, zudem ist er defensiv ebenfalls clever und bringt trotz seines Alters noch jede Menge Energie. Im Großen und Ganzen würde ich also sagen, dass wir super eingekauft haben und vor allem in den Bereichen Defense und Erfahrung um einiges besser aufgestellt sind als noch in den letzten Jahren.
SPOX: Sie sind seit mittlerweile rund dreieinhalb Jahren bei den Raptors. Können Sie ein wenig beschreiben, wie Sich die Franchise seither verändert hat, auch von der Wahrnehmung her?
Lowry: Was die Wahrnehmung angeht, weiß ich es nicht so genau: Ich habe ja nur meine eigenen Eindrücke und spiele eben hier. Ich bezweifle aber, dass beispielsweise DeMarre auch schon vor drei Jahren nach Toronto gewechselt wäre, wenn er auch andere Angebote gehabt hätte wie jetzt in der Offseason. Es entgeht den Leuten natürlich nicht, dass hier etwas aufgebaut wird, dass wir Spiele gewinnen und Schritt für Schritt versuchen, uns oben in der Liga zu etablieren. Und wenn mich jemand fragt, kann ich nur immer wieder sagen, dass Toronto eine tolle Stadt ist und diese Organisation sich wirklich gut um ihre Spieler kümmert. Ich kann uns nur empfehlen!
SPOX: Im Februar findet erstmals überhaupt das All-Star Game außerhalb der USA statt und kommt nach Kanada. Kann das den Ruf Torontos noch weiter steigern?
Lowry: Ich hoffe es, weil die Stadt und die Fans das wirklich verdient haben. Das wird bisher das wohl größte Basketball-Ereignis in Toronto und vielleicht werden dadurch noch mehr Leute darauf aufmerksam, dass hier wirklich gut gearbeitet wird und dass Basketball hier eine immer größere Rolle spielt. Und dann hoffe ich natürlich, dass wir in den Playoffs noch größere Ereignisse nachlegen können. (lacht)