"Finde Robben ganz cool"

Dirk Sing
02. Februar 201616:18
Justise Winslow (r.) wurde im Draft 2015 an 10. Stelle von den Miami Heat ausgewähltgetty
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Heat-Rookie Justise Winslow hat sich bereits als Edelverteidiger in der NBA einen Namen gemacht. Der Forward spricht im Interview über die Umstellung vom Go-to-Guy am College zum Rollenspieler an der Seite von Dwyane Wade. Außerdem erzählt er, wie er zum Bayern-München-Fan wurde und warum er lieber FIFA16 als NBA2K16 spielt.

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SPOX: Justice, in Ihrer Biografie heißt es, dass Sie ein Fußball-Fan und darüber hinaus sogar ein Anhänger des FC Bayern München seien. Können Sie uns das etwas näher erklären?

Justise Winslow: (lacht) Dass ich meine Vorliebe für Fußball entdeckt habe, ist eigentlich noch gar nicht lange her. Während meiner College-Zeit in der vergangenen Saison waren wir sehr oft bei meinem Kumpel daheim. Wir haben dann in unserer freien Zeit zwischen Schule und Training im Fernsehen zumeist Fußball geschaut. Aufgrund der Zeitverschiebung zu Europa ist da ja bekanntlich "Prime-Time". Ich fand das auf Anhieb ziemlich cool. Wir haben uns alle möglichen Partien aus den verschiedensten Ligen angesehen und darüber diskutiert.

SPOX: Und wie haben Sie Ihre Sympathien für den FC Bayern München entdeckt?

Justise Winslow: Naja, wir haben gleichzeitig auch immer FIFA auf der Playstation gezockt. Und da ich anfangs nicht sonderlich gut war, musste ich ein besseres Team nehmen, um gegen die anderen Jungs eine Chance zu haben. Letztlich habe ich mich dann für den FC Bayern entschieden und immer mit dieser Mannschaft gespielt. Natürlich war dann auch das Interesse da, Bayern München "in echt" zu verfolgen - sei es in der deutschen Bundesliga oder in der Champions-League. Und was die Jungs insgesamt abgeliefert haben, hat mir sehr gut gefallen. Das hat sich bis heute nicht geändert. Wobei ich gleich betonen möchte, dass ich mich definitiv nicht als Fußball-Experte bezeichnen würde. So gut kenne ich mich dann doch noch nicht aus.

SPOX: Gibt es auch einen Akteur des FC Bayern, der Sie besonders fasziniert?

Winslow: Nun, Arjen Robben finde ich beispielsweise ganz cool. Ansonsten sind Edison Cavani, Zlatan Ibrahimovic (beide Paris St. Germain) und Neymar (FC Barcelona) meine Lieblingsspieler. Allerdings kann ich mit Barcelona grundsätzlich nicht so viel anfangen. Ebenso wenig mit Real Madrid. Nahezu jeder ist Fan von diesen beiden Klubs beziehungsweise wenn wir auf den Play-Station zocken, möchte immer jeder mit diesen Teams spielen. Von dem her bin ich auch immer besonders motiviert, meinen jeweiligen Gegner zu schlagen, wenn dieser als Real und Barca antritt (lacht).

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SPOX: Zocken Sie, nachdem Sie ja nun selbst NBA-Spieler sind, mittlerweile nicht lieber "NBA 2K16" als weiterhin Fußball?

Winslow: (lacht) Nein, nein, auf gar keinen Fall. Für mich ist FIFA nach wie vor die klare Nummer eins. Allerdings muss ich zugeben, dass ich mich mit "FIFA 16" doch ziemlich schwer tue. Das war mit der Vorgänger-Version noch anders. Zum Ende hin war ich derart stark, dass mich von meinen Kumpels keiner mehr besiegen konnte. Aber ich arbeite hart daran, dass das möglichst bald wieder der Fall ist (lacht).

SPOX: Die "Gefahr", dass Sie als kleiner Junge statt einer Basketball- eine Fußball-Laufbahn einschlagen, dürfte ja schon aus familiären Gründen ohnehin nicht wirklich bestanden haben. Ihr Vater Rickie war ebenfalls Basketball-Profi, wurde im Jahr 1987 an 28. Stelle von den Chicago Bulls gedraftet und absolvierte anschließend sieben NBA-Partien für die Milwaukee Bucks, ehe es ihn für zwölf Jahre nach Europa zog. Welchen Einfluss hatte Ihr Vater letztlich auf Ihre Basketball-Karriere?

Winslow: Speziell auf das Basketball bezogen, natürlich schon einen sehr großen. Bei uns in der Familie hat der Sport allgemein schon immer eine sehr große Rolle gespielt. Mein Bruder Josh spielt nach wie vor Football, meine Schwester Bianca an der Universität von unserer Heimatstadt Houston Basketball. Auch meine Mutter hat früher aktiv "Flag Football" betrieben. Erst vor einigen Monaten waren wir mit der Familie in New York und haben dort im Stanley Park spaßeshalber "Flag Football" gespielt. Dabei hat meine Mum einen meiner Cousins derart über den Haufen gerannt, dass er gleich zu weinen begonnen hat. Wahrschenlich habe ich diesen großen sportlichen Ehrgeiz, Biss und Siegeswillen sogar etwas mehr von meiner Mutter (schmunzelt).

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SPOX: Aber Ihr Vater hat Sie dann letztlich zum Basketball gebracht, oder?

Winslow: Ja, definitiv. Nachdem ich ja in Houston geboren bin und dort Football eine große Rolle spielt, war das natürlich auch meine erste große Liebe. Einige Jahre habe ich sowohl Football als auch Basketball betrieben, ehe ich mich dann doch für Letzteres entschieden habe. Daran hatte mein Dad sicherlich auch einen großen Anteil. Als ich dann in die High School gekommen bin, war er dort unser Assistant-Coach. Ehrlich gesagt ist es nicht gerade einfach, wenn dein Vater zugleich dein Trainer ist. Er war in etlichen Dingen sehr hart zu mir. Härter als zu meinen Teamkollegen. Aber im Nachhinein hat mir das definitiv geholfen. Er hat mir seine eigenen Erfahrungen weitergegeben und damit gelehrt, das Spiel zu verstehen beziehungsweise aufgezeigt, worauf es letztlich ankommt.

SPOX: Nach vier erfolgreichen Jahren auf der St. John's High School in Houston sind Sie schließlich im Jahr 2014 an die Duke University gewechselt, wo kein Geringerer als Trainer-Legende Mike Krzyzewski das Sagen hat. Wie wichtig war diese eine Spielzeit unter seinen Fittichen?

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Winslow: Ich habe in diesem einen Jahr unglaublich viel gelernt. Der wichtigste Begriff bei ihm ist Disziplin. Mike ist ein Trainer, der extrem darauf achtet, dass die Details stimmen und auf dem Spielfeld so umgesetzt werden, wie er sich das vorstellt. Machst du das nicht, hast du ein größeres Problem. Er lässt dich das dann auch sofort wissen. Auf der anderen Seite bekommst du auf dem Feld aber gleichzeitig auch genügend Freiheiten, um selbst etwas zu kreieren und deine Stärken entsprechend einzuschätzen. Wenm man so will, dann ist es eine perfekte Mischung aus Disziplin und Freiheiten. Letztlich hat genau das unsere Mannschaft auch ausgezeichnet.

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SPOX: Sie haben auf Anhieb mit der Duke University die NCAA-Meisterschaft gewonnen. Einer Ihrer Teamkollegen war dabei Center Jahlil Okafor. Wie würden Sie das Zusammenspiel mit ihm beschreiben?

Winslow: Wir hatten ja in den Jahren zuvor in den Nachwuchs-Auswahlteams der USA schon zusammengespielt und kannten uns daher bereits recht gut. Das war natürlich ein sehr großer Vorteil. Von dem her hat es dann auch nicht lange gedauert, bis wir uns auf dem Court blind verstanden und vertraut haben. Ich wusste, was er in bestimmten Situationen macht beziehungsweise wann der Ball in seine Hände muss - und umgekehrt war es genauso. Ich denke, das hat es letztlich auch für die Gegner sehr schwer gemacht, unser Spiel zu durchschauen oder vorauszuahnen. Auf alle Fälle hatten wir in dieser Saison nicht nur aufgrund unseres Titelgewinns eine Menge Spaß.

SPOX: Während Okafor am Draftday von den Philadelphia 76ers an dritter Stelle gezogen wurde, waren Sie an Nummer zehn dran. Können Sie sich noch an Ihre ersten Gedanken erinnern, als es hieß: "The Miami Heat select.....Justice Winslow from Duke University"?

Winslow: Als mein Name aufgerufen wurde, war ich einfach nur glücklich. Mir war zu diesem Zeitpunkt klar, dass ich meinem großen Traum, in der NBA zu spielen, einen gewaltigen Schritt näher gekommen bin. Ansonsten hat sich in meinem Kopf in den ersten Sekunden und Minuten nicht wirklich viel abgespielt. Du fällst einfach jedem, der dir gerade in die Hände kommt, um den Hals. Einen klaren Gedanken in diesem Augenblick zu fassen, ist nahezu unmöglich.

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SPOX: Mal Hand auf's Herz: Waren die Miami Heat schon immer Ihr Lieblingsteam?

Winslow: Nein, nein. Wie ich ja schon gesagt habe, bin ich in Houston geboren und aufgewachsen. Von dem her habe ich natürlich den Rockets die Daumen gedrückt. Nichtsdestotrotz war es aber auch immer sehr beeindruckend, was die Heat um ihre Stars wie Dwyane Wade oder Shaquille O'Neal in den vergangenen Jahren geleistet haben. Ich denke, dass es schwer fällt, ein Team, indem ein unglaublicher Spieler wie D-Wade steht, nicht zu mögen. Von dem her war ich sehr glücklich und stolz, künftig an seiner Seite spielen und von ihm lernen zu können.

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SPOX: Stichwort Lernen: Was haben Sie denn in Ihrer ersten Halb-Saison in der NBA bislang am meisten gelernt?

Winslow: Nun, das Wichtigste ist das Verständnis, dass eine Saison in der NBA wesentlich länger als im College dauert. Dementsprechend musst du sowohl deinen Körper auf diese höhere Belastung vorbereiten und ihn pflegen als auch von der Psyche her stetig bereit sein. Ansonsten sind es unglaublich viele Kleinigkeiten, die man von Tag zu Tag dazulernt. Diese sind aber mindestens genau so wichtig, um letztlich in dieser Liga zu bleiben. Gerade im ersten Jahr prasselt diesbezüglich unglaublich viel auf dich ein. Und ich bin nach wie vor dabei, das Ganze entsprechend zu ordnen und zu verarbeiten.

SPOX: Hinzu kommt, dass Sie in Ihrer Rookie-Saison bei den Miami Heat auch eine ganz andere Rolle einnehmen als zuletzt bei der Duke University...

Winslow: Ja, das ist absolut richtig. Bei Duke war ich der Spieler, der gemeinsam mit Jahlil Okafor den Ball am meisten in den Händen hatte, über den fast alle Plays gelaufen sind und am Ende auch die erste oder zweite Option in der Offensive war. Hier in Miami haben wir wahnsinnig viele Akteure, die in der Lage sind, ein Match alleine zu entscheiden - allen voran natürlich Dwyane Wade und Chris Bosh. Für mich ist es nun eine ganz neue Erfahrung, beispielsweise auch dann meinen Rhythmus in der Offense zu finden, wenn ich deutlich weniger Bälle und Würfe bekomme. Das ist schon eine gewaltige Umstellung. Aber wie gesagt, ich bin hier, um zu lernen und mich weiterzuentwickeln.

SPOX: Ihr Headcoach Erik Spoelstra lässt kaum eine Gelegenheit aus, Sie auch öffentlich zu loben. Ein Weg, seinen Respekt Ihnen gegenüber auszudrücken, ist zweifelsohne die Tatsache, dass er Sie zumeist gegen die Topstars der jeweiligen Kontrahenten wie beispielsweise LeBron James, Kevin Durant, Paul George oder Jimmy Butler stellt. Was bedeutet Ihnen persönlich dieser doch enorme Vertrauensbeweis?

Winslow: Das macht mich natürlich immens stolz, keine Frage. Es zeigt mir, dass sowohl unsere Coaching-Staff als auch meine Teamkollegen mir voll vertrauen und an mich glauben. Letztlich ist es auch eine Anerkennung für meine bisherige Arbeit auf dem Court. Wenn man neu in diese Liga kommt und dann gleich gegen die besten Akteure der Welt verteidigen darf, ist das zweifelsohne eine gewisse Bestätigung für das, was man tut.

SPOX: Bereiten Sie sich im Vorfeld eigentlich spezifisch auf Ihre jeweiligen Match-ups vor? Vor allem dann, wenn es gegen einen James oder Durant geht?

Winslow: Grundsätzlich spielt es für mich keine große Rolle, wer mein direkter Gegenspieler ist. Ich bereite mich auf jedes Match-up immer gleich vor. Im Vorfeld einer Partie gibt es von unserer Coaching-Staff zahlreiche Video-Frequenzen, die die jeweiligen Stärken dieser Akteure aufzeigen. Dementsprechend versuche ich mir diese einzuprägen und mache mir Gedanken, wie ich meinem Kontrahenten möglichst die eine oder andere gefährliche Waffe nehmen kann. Das Wichtigste ist ohnehin, dass man im Match mental bereit ist. Wir sind hier schließlich in der NBA - und dort verteidigt man gegen die Besten der Welt.

SPOX: Sie haben sich in Ihren ersten Monaten ohnehin schon den Ruf, einer der besten Heat-Verteidiger zu sein, erarbeitet. Wieviel harte Arbeit steckt dahinter, um ein derart guter Defender zu werden?

Winslow: Schon extrem viel. Allerdings muss ich zugeben, dass es mir schon als kleines Kind immer sehr viel Spaß gemacht hat und meine Motivation war, derart gut im Training oder Match zu verteidigen, dass mein Gegenspieler frustiert war. War dieser jedoch besser und hat gegen mich immer gescort, habe ich dies regelrecht persönlich genommen. Auch später in der High School oder im College war es immer mein Anspruch, gegen die besten Jungs zu verteidigen, um damit meinem Team zu helfen. Dass man als starker Verteidiger sicherlich nicht derart im öffentlichen Rampenlicht steht wie ein spektakulärer Scorer, war mir indes schon immer egal und ist es nach wie vor.

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SPOX: Wie hat sich Ihr Leben als NBA-Spieler insgesamt verändert? Vor allem Ihr Bekanntheitsgrad dürfte rapide gestiegen sein...

Winslow: (lacht) Ja, das ist er auf alle Fälle. Wenn ich unterwegs bin, sprechen mich die Leute an, grüßen mich, fragen hin und wieder nach einem Autogramm, lassen mir aber dennoch meine Privatsphäre. Letztlich bin ich ja auch nicht mehr als ein 19-Jähriger, der gerne mit seinen Freunden ins Kino oder in eine Mall zum Einkaufen geht. Ich hoffe mal, dass ich das auch in einigen Jahren noch tun kann.

SPOX: Dann lassen Sie uns doch gleich einen Blick in die Zukunft wagen: Wo sehen Sie sich sportlich in den kommenden fünf Jahren? Als Starter oder sogar als All-Star? SPOX

Winslow: Mein größtes Ziel ist es, eine Meisterschaft mit den Miami Heat zu gewinnen. Ob das jetzt als Starter oder von der Bank aus der Fall ist, ist für mich wirklich absolut zweitrangig. Klar wäre es - persönlich gesehen - eine schöne Auszeichnung, kontinuierlich zu starten oder bei einem All-Star Game dabei zu sein. Doch der Teamerfolg steht für mich über allem.

SPOX: Kommen wir zum Schluss nochmals auf Ihre Biografie zurück. Dort geben Sie unter anderem an, sich auch für Kunst-Museen sehr zu interessieren. Für einen 19-Jährigen wirkt das - zumindest auf den ersten Blick - etwas ungewöhnlich...

Winslow: Da kann ich Ihnen nicht wirklich widersprechen (lacht). Mein Interesse dafür habe ich - ebenso wie mit dem Fußball - im College entwickelt. Um mich herum waren sehr viele Leute, die sich mit Kunst im Allgemeinen beziehungsweise auch Kunstmalerei intensiv beschäftigt haben. Irgendwie war ich von dieser Vielfältigkeit und dem Können dieser Künstler richtig beeindruckt. Ich habe dann auch angefangen, regelmäßig in Museen zu gehen. Was das betrifft, habe ich mit Miami natürlich doppeltes Glück gehabt. Hier gibt es zahlreiche Museen, Kunsthallen oder Festivals, die ich immer mal wieder Besuche.

SPOX: Wie steht es dann selbst um ihre malerischen oder zeichnerischen Fähigkeiten?

Winslow: Oh je, das möchte ich wirklich niemand antun (lacht). Das hat mit Kunst übergaupt nichts zu tun. Das überlasse ich dann doch lieber den Fachleuten.

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