NBA

Der 40. Frühling

Dirk Nowitzki dreht die Uhr zurück - und zwar regelmäßig
© getty

Mit seinem besten Lauf seit fünf Jahren wehrt sich Dirk Nowitzki gegen die schwache Form seiner Dallas Mavericks - und bastelt dabei weiter an der eigenen Legende. Doch alleine wird er die Playoffs nicht stemmen können. Rick Carlisle und der Supporting Cast sind mehr denn je gefragt - das haben sie auch selbst erkannt.

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"Ich glaub', im ersten Viertel oder in der ersten Halbzeit hab' ich 'n paar Dinger verworfen. Da war 'n Airball dabei und 'n Dreier, der total hässlich war. Von daher war das jetzt nicht unbedingt toll in der ersten Halbzeit."

Die Analyse Dirk Nowitzkis gegenüber SPOX nach seinem 40-Punkte-Spiel gegen Portland sprach in vielerlei Hinsicht Bände. Sie verdeutlichte den Perfektionismus, der den 37-Jährigen prägt - auch nach seiner besten Punkteausbeute seit über zwei Jahren konzentrierte er sich immer noch mehr auf die Fehler als auf die zahlreichen Treffer oder seine herausragende Quote (16/26 FG).

Sie verdeutlichte zudem, dass Nowitzki weiterhin keinen Helden-Kult braucht. Andere dürfen ihn auf ein Podest heben, er selbst aber wird immer nüchtern bleiben - und bescheiden. Doch das war ohnehin schon lange klar. Die wichtigste Implikation der Analyse war eine andere.

Nowitzki wusste, dass sein Team jeden seiner Punkte brauchte, dass es dennoch fast verloren hätte. Ihn ärgerten die Fehlwürfe deshalb, weil die Mavericks im Playoff-Kampf immer noch von ihrer Nummer 41 und ihren Punkten abhängig sind - und das war so eigentlich nicht vorgesehen.

"Würden ihm gerne mehr Hilfe geben"

"Ich denke nicht, dass er Anfang der Saison erwartet hat, so viele Minuten zu spielen und solche Zahlen aufzulegen", sagte Deron Williams, "aber das ist notwendig, damit wir überhaupt eine Chance haben. Wir würden ihm gerne mehr Hilfe geben."

Gegen Portland gelang dies - vor allem dank D-Will, der mit 31 Punkten und 16 Assists selbst sein bestes Spiel im Mavs-Dress absolvierte, und dank Salah Mejri: Der Tunesier wurde im März vorher bloß ganze 12 Minuten auf den Court gelassen, doch am Sonntag war er essenziell: In 33 Minuten produzierte er das beste Plus/Minus-Rating (+30) aller Spieler und Career-Highs bei den Rebounds (14) und Blocks (6).

Das honorierte auch Nowitzki: "D-Will hat mit seiner Aggressivität die Würfe für uns und für mich ermöglicht. Salah war von der Bank der Game Changer. Ich denke also, dieses Spiel hat mehrere Helden." Die hatte das Spiel tatsächlich - doch das war in den letzten Wochen eher die Ausnahme.

Einbruch seit dem All-Star Break

Die Mavs haben einen überraschend guten Saisonstart hingelegt, straucheln aber schon seit der Jahreswende - nach dem All-Star Break legt Dallas eine 6-9-Bilanz hin und ist in der Tabelle vom sicheren Playoff-Team zum Wackelkandidaten geworden, während Teams wie Houston oder eben Portland sich in deutlich besserer Form präsentierten.

Von den letzten acht Partien vor dem Portland-Spiel wurden sieben verloren, obwohl Nowitzki alles versuchte. Sein Scoring passte, aber es fehlte an Unterstützung: Williams war seit dem All-Star Break zu selten ein Faktor, Wesley Matthews befand sich in einer schweren Wurfkrise - selbst nach der 5/7-Performance gegen die Blazers steht "Iron Man" im März bei 27 Prozent vom Perimeter.

Chandler Parsons zeigte nach seiner Operation in der Offseason zwar eine ansteigende Form und war Dallas' konstanteste Offensiv-Option nach Nowitzki, richtig verlässlich war aber auch der Forward nicht - gegen die Blazers etwa musste CP mal wieder aussetzen, auch für das Rematch am Mittwoch in Portland ist er fraglich.

Fragezeichen im Frontcourt

Zudem wurde die Big-Man-Rotation gehörig durcheinander gewürfelt. Zaza Pachulias Spielzeit etwa wurde drastisch reduziert: Vor dem All-Star Break spielte der Georgier noch beinahe eine halbe Stunde pro Spiel (10 Punkte, 10,7 Rebounds), seither sind es bloß noch 18 Minuten (6 und 6,9). Dwight Powells Spielzeit hat sich geviertelt, JaVale McGee hat seit dem All-Star Game komplett draußen.

Einiges hat mit der Ankunft von David Lee zu tun - der Veteran ist mittlerweile meist erster Backup auf den großen Positionen und legt im Mavs-Dress starke 11,2 Punkte und 8,3 Rebounds in nur 20 Minuten auf. Nur weist Dallas mit ihm eben auch bloß eine 5-8-Bilanz auf.

David Lee: Veteran aus dem aufgeblähten Kader

Rick Carlisle sucht derzeit händeringend nach Kombinationen, die funktionieren - allein im ersten Viertel gegen Portland setzte er ganze elf Spieler ein. Eine Kombination, die offensichtlich nicht funktioniert: Lee und Nowitzki. Stehen beide auf dem Court, lässt Dallas auf 100 Ballbesitze hochgerechnet fast 115 Punkte zu. Auch die Blazers starteten am Sonntag immer dann ihre Runs, wenn beide spielten, Lee hatte mit -13 am Ende auch das schlechteste Plus/Minus-Rating.

In dieser Partie war Mejri die Lösung - auch wenn er Dallas mit zwei vergebenen Freiwürfen am Ende noch beinahe den Sieg gekostet hätte. Vielleicht hat er sich damit endgültig in die Gunst seines Coaches gespielt? "Salah hat sich bereitgehalten. Heute hat er den Unterschied gemacht. Gibt es dafür irgendwelche Garantien? Hölle, nein", sagte Carlisle.

Mavs "schulden" Dirk die Playoffs

Prinzipiell ist es ja auch unerheblich, wer letztendlich die Protagonisten sind - aber Carlisle selbst ist gefragt, in den nächsten zwölf Spielen noch oft genug die richtigen Kombinationen zu finden. Die Playoffs sollen unbedingt erreicht werden, selbst wenn es in einer Erstrundenserie gegen die Überteams aus Golden State und San Antonio wohl nichts zu holen gäbe.

"Das schulden wir ihm", sagte D-Will am Sonntag über Nowitzki. "Dafür sind wir hier." Die Ausgangslage dafür stimmt durchaus optimistisch: Dallas ist von der Bilanz her gleichauf mit den Rockets (Platz 7) und nur ein halbes Spiel hinter Portland (Platz 6). Gegen beide Teams gibt es noch direkte Duelle.

Und Dallas hat dabei eine 2,13 m große Trumpfkarte. In den letzten acht Spielen hat Nowitzki durchschnittlich 26,8 Punkte und 7,4 Rebounds aufgelegt, bei 54 Prozent aus dem Feld und 42 Prozent vom Perimeter - sein bester Scoring-Run seit fünf Jahren.

"Gevatter Zeit kann ihn nicht stoppen"

Wo ein Kobe Bryant bei seiner Abschiedstournee kaum noch für sportliche Highlights sorgt, schreibt der rund zwei Monate ältere Nowitzki noch immer Geschichte. Vor ihm haben im Alter von 37 Jahren nur Michael Jordan, Kareem Abdul-Jabbar und Karl Malone 40 Punkte in einem Spiel aufgelegt. "Gevatter Zeit kann ihn nicht stoppen", staunte D-Will.

"Unterschätze niemals echte Größe, unabhängig vom Alter", fügte Carlisle hinzu. "Es ist ja nicht so, dass er mal ein gutes Spiel macht, er zieht das konstant über die ganze Saison durch. Wir alle müssen es genießen, ihm zuzusehen, so lange wir noch die Möglichkeit dazu haben, denn die Zeit wird schnell vergehen. Einen wie Dirk wird man nicht wieder sehen - niemals."

Der Spielplan im Überblick

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