Should I stay or should I go?

Ole Frerks
10. März 201614:14
Kevin Durant hält sich mit jeglichen Aussagen zu seiner Zukunft bisher vornehm zurückgetty
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Seit LeBron James im Sommer 2010 wurde keine Free Agency mit so viel Spannung erwartet wie die von Kevin Durant. Aufgrund des steigenden Salary Caps hat ein ungewöhnlich großer Anteil der Teams "Platz" für ihn, daher kann sich KD sein neues Zuhause aussuchen - wenn er denn will. SPOX blickt auf die wahrscheinlichsten Kandidaten. In der Nacht von Samstag auf Sonntag trifft Durant mit OKC auf die San Antonio Spurs (2.30 Uhr im LIVESTREAM).

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Washington Wizards

Vor der Saison galten die Wizards noch als womöglich heißester Anwärter, sollte der MVP von 2014 seine Zelte in Oklahoma City abbrechen. Die Gründe dafür sind schnell gefunden: Durant wurde in der US-Hauptstadt geboren, ging im nahe gelegenen Maryland zur High School und wurde in der Vergangenheit mit der Aussage zitiert, Washington werde "immer ein Teil von mir" sein.

Als Kind besuchte er Wizards-Spiele, darunter die letzte Partie von Michael Jordan in Washington. Ergo versuchten Wizards-Fans bereits in der vergangenen Saison bei Thunder-Gastspielen in der Hauptstadt, den verlorenen Sohn von einer Rückkehr zu überzeugen.

Der Pitch sah im vergangenen Sommer auch durchaus recht reizvoll aus: Die Wizards hatten vor John Walls Verletzung in den Playoffs an den Conference Finals geschnuppert, wiesen mit Wall und Bradley Beal einen der vielversprechenderen Backcourts der Liga auf und hatten mit Otto Porter zudem einen Flügel, der für den modernen Small-Ball prädestiniert zu sein schien.

Wenige Monate später lässt sich festhalten, dass abgesehen vom überragenden Wall nicht mehr allzu viel für Washington richtig läuft. Beal hat mittlerweile so viele Stressfrakturen hinter sich, dass er selbst offen spekulierte, er könne den Rest seiner Karriere mit einem Minutenlimit versehen werden, zudem wird der Shooting Guard Restricted Free Agent. Porter konnte nicht an seine Form aus der Postseason anknüpfen.

Obwohl Wall die beste Saison seiner Karriere spielt, dümpeln die Wizards aktuell im Niemandsland der Eastern Conference rum und würden Stand jetzt sogar die Playoffs verpassen. Verletzungspech spielte dabei eine große Rolle, dennoch stellt sich die Frage, welche Gründe - abgesehen von Verbundenheit zur Heimat - Durant nach Washington treiben sollten.

Zumal für KD der erste Titel vor allen anderen Dingen Priorität hat. Wall und (möglicherweise) Beal plus Durant wären zweifelsohne ein nettes Fundament, eine bessere Chance auf den Titel als mit seinem aktuellen Team in OKC hätte Durant so aber nicht - im Gegenteil. Vor diesem Hintergrund sind die Wizards mittlerweile höchstens noch Außenseiter, Heimatliebe hin oder her.

Los Angeles Lakers

A propos Außenseiter. Die Lakers haben aufgrund ihrer Historie und ihrer Heimat wohl immer noch die größte Strahlkraft der gesamten Liga. Die letzten Sommer haben allerdings gezeigt, dass dies alleine nicht mehr ausreicht, um Hochkaräter nach Lala-Land zu locken - siehe LaMarcus Aldridge, Carmelo Anthony oder auch Dwight Howard, der sich als einer der ersten Free Agents überhaupt gegen L.A. UND mehr Geld entschied.

Eine sportliche Perspektive sollte eben auch gegeben sein, und das war beim Team der entweder verletzten oder schlichtweg alten Black Mamba Kobe Bryant in den letzten Jahren nicht wirklich der Fall. Auch in dieser Saison dümpeln die Lakers am Ende der Western Conference herum und müssen gar hoffen, dass sie am Ende unter den schlechtesten drei Teams landen - ansonsten wäre der Erstrundenpick im kommenden Sommer futsch.

Dennoch schwören gut vernetzte Insider wie Stephen A. Smith (bevor gelacht wird: Er sagte LeBron James' Wechsel nach Miami auch als Erster voraus) von ESPN und Adrian Wojnarowski (Yahoo! Sports), dass die Lakers durchaus im Rennen sind, Smith attestiert ihnen sogar Favoritenstatus, falls Durant OKC tatsächlich verlassen sollte.

Durant bezeichnete Smith' Aussagen zwar umgehend als Lügen, dennoch kann man sich die Situation ja etwas genauer ansehen: Die Lakers sind aktuell zwar mies, mit Julius Randle, Jordan Clarkson, Larry Nance und D'Angelo Russell verfügen sie aber über junges Talent - insbesondere Russell stellte zuletzt immer häufiger unter Beweis, warum sein Team ihn an zweiter Stelle pickte.

Da Kobes Monstervertrag zum Saisonende ausläuft, hätten die Lakers auch genug Kohle parat, um KD noch einen weiteren Star (Al Horford?) an die Seite zu stellen. Zu guter Letzt geistert das Gerücht herum, dass der offensichtlich überforderte Head Coach Byron Scott im Sommer durch Durants Ex-Trainer Scott Brooks ersetzt werden könnte. Eine Reunion in Hollywood? Warum nicht...

Ausschließen darf man dieses Szenario vermutlich nicht, es müsste aber schon etliches richtig laufen für die Lakers. Die einstige Vorzeige-Franchise präsentierte sich in den letzten Jahren nicht gerade als die stabile Organisation, die KD gerne um sich herum hätte, der Weg zum Titel wäre selbst mit ihm noch ein sehr weiter. Zudem gehen ihm die Medien schon im beschaulichen Oklahoma City auf die Nerven - wie würde das erst in Los Angeles aussehen?

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Golden State Warriors

Wie bereits erwähnt steht die Titeljagd für den 27-jährigen Durant an oberster Stelle. Warum dann also nicht gleich zum vielleicht besten Team in der Geschichte der Liga wechseln? Was sich ein bisschen anhört wie ein Szenario aus "Space Jam" (Die Monstars hätten keine Chance!), ist tatsächlich gar nicht so unrealistisch.

Die Dubs müssten Harrison Barnes dafür ziehen lassen, zudem mindestens zwei Spieler aus dem Quartett Andre Iguodala, Festus Ezeli, Andrew Bogut und Shaun Livingston. Ein Kern aus Stephen Curry, Durant, Draymond Green und Klay Thompson für sich wäre allerdings wohl schon gut genug, um den Rest der Liga über Jahre in Schutt und Asche zu legen.

(Fragt sich nur, inwiefern sich das von der aktuellen Saison unterscheiden würde...)

Nach Informationen von Wojnarowski wären die Dubs gar favorisiert, falls Durant Oklahoma City verlässt. Am liebsten würde er demnach mit OKC einen Titel holen, sollte er dies aber für unrealistisch halten, solle es ein Team sein, mit dem er umgehend Meister werden kann. Und das ginge wohl nirgendwo besser als beim dann vielleicht Back-to-Back-Champion aus der Bay Area...

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Dennoch ist dieses Szenario mit einigen Fragezeichen verbunden. Allen voran: Hat Durant wirklich Lust, sich in die zweite Reihe zu stellen? Bei nahezu jedem Team wäre KD sofort das Alphatier, mit drei Ausnahmen: Cleveland gehört LeBron. San Antonio gehört Gregg Popovich. Und Golden State gehört Curry, Draymond und Co. - vor allem, wenn sie jetzt noch einen zweiten Titel holen. Durant gilt nicht als Egomane, dass er aber große Lust hat, die überqualifizierteste zweite (oder dritte?) Option aller Zeiten zu werden, ist nur relativ schwer vorstellbar.

Ein weiterer Faktor, der gegen einen Wechsel in die Bay Area spricht: KD ist gut mit LeBron befreundet und weiß, was für ein Shitstorm bei dessen Wechsel nach Miami über ihn hereinbrach. Und machen wir uns nichts vor: Diese Warriors MIT Durant wären mehr "Superteam" als jede Inkarnation der Heatles. Ob es ihm das wert wäre?

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Zu guter Letzt: Durant hat den Anspruch, der beste Spieler der Welt zu sein. Dazu dürfte es auch gehören, dass er seinen derzeit ärgsten Konkurrenten um diesen Titel - Curry - besiegen und nicht dessen Co-Star werden will. Aber wer weiß: Ähnliches sagte man 2010 auch über LeBron und Dwyane Wade. Ausschließen kann man es nicht!

Die Außenseiter unter den Außenseitern

Wie erwähnt haben etliche Teams Cap Space und verständlicherweise will jedes dieser Teams versuchen, seine Finger an einen der drei besten Spieler der Liga zu bekommen. Ein paar davon im Schnelldurchlauf...

  • Heat: Sportlich gibt's reizvollere Situationen, Wade und Hassan Whiteside sind zudem Free Agents. "Don" Pat Riley darf man allerdings nie abschreiben, zudem lebt es sich wohl fast nirgendwo so angenehm wie am Südstrand.
  • Knicks: Durant mag New York und spielt (wie jeder Spieler) sehr gerne im MSG, zudem ist Kristaps Porzingis in gewisser Hinsicht sein lettischer Klon. Einen klar definierten Plan, einen Coach für die nächste Saison oder ähnliches gibt es im Big Apple freilich trotzdem nicht. Mit Derek Fisher wurde zudem kürzlich ein Durant-Buddy gefeuert.
  • Rockets: Dwight Howard ist wohl weg, James Harden einer der besten Kumpels von Durant, General Manager Daryl Morey ein Fuchs. Eine bessere Situation als OKC bietet Houston aber nicht.
  • Celtics: Boston hat in Brad Stevens einen Magier als Coach, ein junges, talentiertes Team und dazu mehr Trade-Masse zur Verfügung als der "Wolf of Wall Street". Einen Superstar-Free Agent konnten die Cs in ihrer illustren Historie allerdings noch nie verpflichten, dabei bleibt's wohl auch.
  • Grizzlies: Laut Yahoo! Sports rechnet Memphis sich tatsächlich Chancen aus. Dann mal viel Glück.
  • Clippers: Sollte Durant OKC verlassen wollen, wäre den Thunder ein Sign-and-Trade mit Blake Griffin sicherlich lieber, als ihren Franchise Player komplett ohne Gegenwert zu verlieren, Griffin stammt zudem aus Oklahoma. Aber sind der alternde Chris Paul und DeAndre Jordan für KD reizvollere Partner als Russell Westbrook und Serge Ibaka?
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Oklahoma City Thunder

Für die Freunde von Gerüchten und Spekulationen mag dies freilich nicht die spannendste Voraussage sein, und es gibt durchaus Teams, die eine Chance auf KD haben. Aber die vermutlich sinnvollste Entscheidung - finanziell und auch sportlich - Durants wäre es, bei den Thunder zu verlängern. Und zwar zunächst für ein Jahr.

Warum für ein Jahr? Der Salary Cap wird in diesem Sommer auf etwa 90 Millionen Dollar steigen, KD würde mit einem Maximalvertrag (30 Prozent) daher ein Einstiegsgehalt von rund 27 Millionen Dollar beziehen. Ein Jahr später springt der Cap allerdings erneut, diesmal auf 108 Millionen. 2017 könnte KD also für deutlich mehr Geld unterschreiben, zumal er dann zehn Jahre NBA auf dem Buckel haben wird.

OKC: Der Gigant im Schatten

Das spielt insofern eine Rolle, da man als 10-Year-Veteran mit einem Maximalvertrag 35 und nicht 30 Prozent des Salary Caps beziehen darf. Im Fall von KD hieße das, dass sein neuer Vertrag bei rund 38 Millionen Dollar pro Jahr STARTEN würde. Wenn er ein Jahr auf eine neue langfristige Einigung wartet, könnte ihm das insgesamt knapp 40 Millionen Dollar mehr einbringen.

Eine erneute Free Agency im Sommer 2017 hätte zudem einen weiteren Vorteil: In diesem Sommer werden auch Russell Westbrook und Serge Ibaka Free Agents, man könnte sich im Zweifelsfall also untereinander absprechen. Für Thunder-Manager Sam Presti wäre das sicher kein Traumszenario, allerdings hätte das Star-Trio damit noch eine weitere Chance, zusammen in Oklahoma einen Titel zu holen.

Und wenn man ehrlich ist: Abgesehen von Golden State findet sich keine Situation, in der KD eine bessere Chance auf den Titel hätte. Bei allen Reizen, die ihm andere Destinationen geben können - einen dynamischen Co-Star wie Westbrook und ein rundum so talentiertes Team wie die Thunder hat sonst einfach kaum jemand.

OKC hat sich seit dem All-Star Break nicht gerade eindrucksvoll präsentiert, trotzdem sind sie aufgrund ihrer Tiefe abgesehen von San Antonio vielleicht der ärgste Konkurrent für Golden State. Diese Situation wird Durant nur dann herschenken, wenn ihn der Pitch eines potenziellen neuen Teams wirklich umhaut.

"Ich bin gerade erst von meiner Verletzung zurück und spiele wieder, deswegen habe ich bisher fast überhaupt nicht über Verträge, Free Agency und dergleichen nachgedacht", meinte KD noch im Zuge des All-Star Weekends. "Das werde ich irgendwann wohl tun müssen." Das ist richtig. Jeder andere tut es schließlich auch.

Kevin Durant im Steckbrief