Der Wochenrückblick steht ganz im Zeichen von Clint Eastwood - mit Boris Diaw als Space Cowboy, Glorreichen Halunken in Philly und einem Fremden ohne Namen. Auch dabei: Das Million Dollar Baby von J.J. Barea - und Scottie Pippen als Walt Kowalski.
spoxMillion Dollar Baby der Woche
J.J. Barea ist und bleibt ein Phänomen. Der Kerl hat immer mal wieder Phasen, in denen man sich fragt, wie genau er es eigentlich in die NBA geschafft hat - er sieht schließlich aus, als könnten ihn die schwereren Koffer der Liga wie beispielsweise LeBron James aus mehreren Metern Entfernung problemlos umpusten. Doch irgendwie ist der Puerto Ricanische Dreikäsehoch dann doch immer wieder zur Stelle, wenn sein Team ihn benötigt.
Seine Heldentaten der Playoffs 2011 sind ja bestens bekannt, doch in der abgelaufenen Woche schaffte Barea dann auch noch etwas, was ihm zuvor in zehn Jahren NBA nie gelungen war: Er wurde zum Spieler der Woche ernannt, als Lohn für 24,3 Punkte und 6,8 Assists im Schnitt bei einer perfekten 4-0-Woche der Mavs.
Auch gegen Houston war er dann schon wieder mit 27 Punkten zur Stelle und sorgte gemeinsam mit Steal-Maschine #firstteamalldirkfense für den fünften Sieg in Serie. Jetzt müsste man sich schon reichlich unglücklich anstellen, um die Playoffs noch zu verpassen, zumal die Rockets ja mittlerweile sogar zuhause gegen die Suns verlieren. Kein schlechter Zeitpunkt für Barea, um den wohl besten Basketball seiner Karriere auszupacken - aber das kommt wohl nicht von ungefähr.
Jeder Spieler hat ja seine eigenen Maßnahmen, um sich während der Saison zu steigern. Dirk Nowitzki beispielsweise lässt Holger Geschwindner einfliegen, LeBron fliegt zum Workout nach Miami, weil er seine aktuellen Teammates nicht so toll findet. Barea? Der muss einfach nur Papa werden!
Seitdem seine Tochter Paulina vor rund einer Woche zur Welt kam, hat J.J. nacheinander 26, 29, 21 und 27 Punkte aufgelegt. Das kann sich sehen lassen und war für Dallas bekanntermaßen überlebenswichtig. Ob er diese Form wohl mit in die Postseason reinträgt? Ansonsten weiß Barea in Zukunft wenigstens rechtzeitig, was zu tun ist...
Glorreicher Halunke der Woche
Abraham Lincoln. Bill Belichick. Warren Buffett. Howard Marks. Max Planck. Bill James. Seth Klarman. Sam Hinkie? Der ehemalige Sixers-GM wählte in dieser Woche einen Abgang, den es in der Form wohl noch nicht gegeben hat. In einem 13-seitigen Manifest, das natüüüürlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, erklärte Hinkie all seine Maßnahmen und warum diese definitiv zum Erfolg führen würden, wenn...
...ja wenn man ihn lassen würde! Genau wie Lincoln im Kampf gegen die Sklaverei oder Belichick im Kampf gegen Cleveland hatte der große Denker Hinkie bei seinem Werdegang stets Widerstände zu bekämpfen, weshalb er diese Beispiele (und zwölf weitere außerhalb der NBA-Welt) in seinem Essay als Vergleiche heranzog. Klingt logisch. Nur war es ihm im Gegensatz zu einigen seiner "Brüder im Geiste" nun leider nicht vergönnt, seine Idee vom totalen Abriss und Neuaufbau wirklich zum Ende zu bringen.
Nach drei Jahren war die Geduld in Philly aufgebraucht, wobei man sich doch fragen muss, warum dann überhaupt so lange an Hinkie und seinem Plan festgehalten wurde. Dass diese Saison mit der schlechtesten Bilanz aller Teams abgeschlossen werden würde, war nach wenigen Wochen eigentlich schon klar.
Nun wurde ein neuer Weg eingeschlagen, der allerdings auch alles andere als sicher ist. Klar ist erst einmal nur, dass der Basketball-Vorsitzende Jerry Colangelo seinen Filius Bryan als Nachfolger installieren wird und dies sogar schon in die Wege geleitet hatte, als Hinkie noch nach passenden Vergleichen für seine Passion suchte (und Lincoln falsch zitierte). Ein Schelm, wer sich Böses dabei denkt.
Immerhin gibt es ein gutes Omen: (Bryan) Colangelo übernahm schon bei seiner vorigen GM-Station in Toronto während der Saison und bescherte seinem Team prompt den No.1-Pick. Es gibt aber auch ein schlechtes: Damit wählte er Andrea Bargnani aus. Also bloß nicht überrascht sein, wenn Jakob Pöltl etwas früher ausgewählt wird als gedacht!
Hinkie kann das vorerst egal sein, auch wenn sich die Pro- und Contra-Prozess-Lager in Philadelphia wohl noch monatelang die Köpfe einschlagen werden. Sein Manifest liest sich gewissermaßen wie eine Bewerbung für den nächsten Job in der NBA, und vielleicht sieht ja irgendjemand in ihm den nächsten Belichick.
spoxFremder ohne Namen der Woche
Bei Hassan Whiteside läuft es derzeit bestens. Seitdem der Center in Miami von der Bank kommt, ist das Gerede über mentale Unreife und selbstsüchtiges Spiel vorbei, stattdessen hauen die Heat einen Sieg nach dem anderen raus - und Dwyane Wade versucht in bester Doc-Rivers-Manier, seinen Mitspieler als "Defensive Player of the Year" ins Spiel zu bringen.
Whiteside selbst suchte sich eine interessante Metapher, um die Wähler auf sich aufmerksam zu machen: "Ich möchte, dass ihr zu Toys'R'Us geht und für jeden meiner Blocks in dieser Saison einen Lego-Block rausholt. Die könnt ihr dann aufeinander stapeln und dann sagen: 'Das sind ziemlich viele Blocks!' Und dann könnt ihr wählen."
Klingt stimmig, immerhin sind seine bisher 256 Blocks mit großem Abstand Ligaspitze. Jetzt fehlt nur noch der richtige Spitzname, aber auch das dürfte sich bald ändern. Whiteside verriet kürzlich, dass er sich mit Neu-Hall-of-Famer Shaquille O'Neal angefreundet hat und den "Big Aristoteles" um Hilfe bitten wird.
"Ich muss Shaq nach einem Spitznamen fragen. Er hat ungefähr 250 davon, also ist er derjenige, der mir einen Namen geben sollte", so Whiteside. Wir haben keine Einwände. Alles ist besser als einst Dwight Howard, der mangels eigener Einfälle kurzerhand den "Superman"-Spitznamen von Shaq klaute - während der Diesel immer noch in der Liga war...
Space Cowboy der Woche
Dass Boris Diaw ein ziemlich ungewöhnlicher NBA-Profi ist, hat sich rumgesprochen. Der Franzose hat nicht nur eine Espresso-Maschine in seinem Spind, er kommt auch mal mit Flip-Flops zum Training und braucht ein Bild von sich selbst in der Nähe, wenn er tatsächlich mal hart trainiert. Ach, und natürlich nennt er auch einen Körperbau sein Eigen, der eher an die Premier League Darts erinnert als an die NBA. Wie gesagt, das hat sich alles schon rumgesprochen.
Jared Zwerling hat nun aber einiges über Monsieur Diaw erfahren, das bisher noch nicht bekannt war. So ist er beispielsweise vollkommen reiseverrückt: Diaw will unbedingt eine Stewardess heiraten, weil er so gerne den Globus bereist. Er war schon auf allen Kontinenten und hat sich fest vorgenommen, nach der aktiven Karriere auf einem Katamaran die Welt zu umsegeln.
Selbst dadurch wird sich Diaws Reise-Appetit aber nicht stillen lassen - diese Einstellung lässt sich offenbar auf all seine Aktivitäten übertragen. Denn "The Big Croissant" hat sich fest vorgenommen, diesen Planeten eines Tages zu verlassen: "Ich werde irgendwann ins All reisen. Vielleicht nicht unbedingt in den nächsten 10 Jahren, aber irgendwann in den nächsten 30." Bonne chance!
Gran Torino der Woche
Es ist ja mittlerweile nichts Neues mehr, dass die alten Legenden des Sports viel besser, fitter, härter und gottesfürchtiger waren als ihre Nachfolger. Kareem Abdul-Jabbar hält Dirk Nowitzki für ein "one-trick pony", Oscar Robertson hält jeden aktuellen Spieler für verweichlicht und laut Isiah Thomas zufolge ist Curry nur deshalb so gut, weil die Defense heutzutage die schlechteste aller Zeiten ist.
Wie gesagt, das Phänomen "Runter von meinem Rasen!" kennen wir schon. Daher verwundern auch die Aussagen von Scottie Pippen nicht, nach dessen Ansicht die '96er Bulls die heutigen Warriors problemlos sweepen würden. Das haben sie damals zwar weder gegen die Knicks noch gegen die Sonics geschafft, aber hey, das war wenigstens noch echter Basketball!
Jeder, der sich ausreichend mit Basketball und seiner Historie befasst hat, weiß, dass George Mikan einen Karl-Anthony Towns problemlos dominieren würde, dass der Dreier eine böse Erfindung der Illuminaten ist und dass man beim Wurf aus dem Stand einfach viel mehr Kontrolle hat. Und jetzt RUNTER VON MEINEM RASEN!!!