Schröders nächste Reifeprüfung

Martin Klotz
03. Mai 201607:49
Dennis Schröder spielt zum dritten Mal mit den Hawks in den Playoffsgetty
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Die Atlanta Hawks mit Dennis Schröder bekommen es in der zweiten Playoff-Runde mit den Cleveland Cavaliers und ihren Big Three zu tun. Es ist Zeit, Geschichte zu schreiben. Das Duell zwischen Miami und Toronto hat mächtig Feuer und Upset-Potenzial. SPOX macht den Check.

SPOX

Cleveland Cavaliers (1) - Atlanta Hawks (4)

Saisonbilanz: 3-0

Ausgangslage: Seit über fünf Jahren heißt der Herrscher der Eastern Conference LeBron James. Jedes Jahr schafte er es in die Finals: vier Mal mit Miami, ein Mal mit Cleveland. Wie im vergangenen Jahr stehen LeBron und den anderen beiden Teilen der Big Three, Kyrie Irving und Kevin Love, die Atlanta Hawks im Weg. Doch viel hat die Serie nicht mit einem Rematch zu tun.

Kevin Love ist dieses Jahr gesund und dabei, auch Irving verpasste 2015 die Hälfte der Serie. Damals gewannen die Hawks 60 Spiele in der Regular Season, hatten Heimvorteil und wurden doch von den Cavs gesweept. Diese Saison waren es nur 48 Spiele, mit DeMarre Carroll ist der Elite-Flügelverteidiger und LeBrons Kettenhund gegangen. Also wird alles viel schlimmer für die Hawks? Nicht zwangsläufig.

Vor allem die Starting Five spielt bärenstarke Defense, in der Zeitspanne von Weihnachten bis zum Ende der Regular Season stellte Atlanta die beste Verteidigung der Liga. Dazu kommt die gestiegene Playoff-Erfahrung durch das letzte Jahr sowie die schwierigen Boston-Serie.

Die Cavs hatten allerdings acht Tage Pause nach dem Sweep über Detroit und konnten sich in Ruhe auf die Defensivrotationen der Hawks vorbereiten. Zudem hat James (22,8 Punkte, 49 Prozent FG, 9 Rebounds, 6,8 Assists) in der ersten Runde die perfekte Kombination aus eigener Offense und Einbindung seiner Mitspieler gefunden.

Mike Budenholzer wird auf mehrere Spieler setzen, um LeBrons Kreise einzuschränken. Sowohl Kent Bazemore, Thabo Sefolosha als auch Paul Millsap werden Possessions gegen James verteidigen. Am gefährlichsten wird es für die Hawks aber, wenn Tyronn Lue auf Small Ball umstellt. Mit Love als Center und Shootern am Perimeter kann selbst Atlanta nicht schnell genug rotieren, um keine guten Würfe zuzulassen.

Der Vorteil der Hawks liegt vor allem in ihrer Tiefe. Bank-Anführer Dennis Schröder und seine Crew müssen auf den Punkt fokussiert sein, um in den wenigen Minuten, in denen James und Irving draußen sitzen, Runs zu starten. Dafür muss Schröder allerdings seinen Wurf wiederfinden (19 Prozent Dreier) und sich vielleicht eher ein Beispiel an Mike Scott nehmen (47 Prozent). Generell erzielte der Atlanta-Benchmob in den Playoffs bisher 36,6 Punkte pro Spiel, während die Cavs-Reservisten nur auf 25,1 Punkte kamen.

Zudem wird es spannend zu sehen sein, wie Schröder sich im Duell mit Provokateur Matthew Dellavedova verhält. Der Australier kennt alle Tricks - auch die schmutzigen. Lässt sich Dennis erneut auf solche Scharmützel ein?

Key Matchup:Kyrie Irving vs. Jeff Teague. Uncle Drew war trotz James' starker Leistung der beste Spieler der Cavs gegen Detroit. Ihn in Schach zu halten wird die Aufgabe von Teague und auch Schröder sein, der in seinen Phasen gegen Isaiah Thomas einen guten Job machte.

Vielleicht kam Thomas gerade recht, um die beiden Spielmacher auf das Aufeinandertreffen mit Irving vorzubereiten. Verlieren die Hawks das Point-Guard-Matchup, wird es eine kurze Serie. Können sie Irving im Eins-gegen-Eins zu langen Dribbling-Sequenzen zwingen und ihn bei LeBrons Ballvortrag daran hindern, sich freie Würfe zu erlaufen, schadet das Clevelands Offense.

X-Faktor:Kevin Love. Der Grenzgänger wandelte über die gesamte Saison immer zwischen den Labeln "Teil des Supporting Casts der Big Two" und "Teil der Big Three". Nun ist seine Chance gekommen, um zu zeigen, dass er dazugehört.

Gegen die Pistons spielte er stark und ließ erstmals wieder einen Hauch seiner Leistungen in Minnesota aufblitzen. Kann er das über die nächste Serie aufrechterhalten, wird es sehr, sehr schwer für Atlanta. Darüber hinaus ist es wichtig, dass er aggressiv ist und sich in die Offensive einschaltet, damit Millsap in der Verteidigung viele Körner lässt.

Prognose: Die Hawks mögen zwar besser verteidigen als vergangene Saison, doch Cleveland hat in James immer noch eine der besten Offensivoptionen der Liga. Spielen Irving und Love so weiter wie in der ersten Runde, dann werden die Cavs auch vor den Conference Finals wieder viel Zeit haben, sich auf den kommenden Gegner vorzubereiten. Es spricht nicht wirklich viel dagegen. Cleveland in 5.

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Toronto Raptors (2) - Miami Heat (3)

Saisonbilanz: 3-1

Ausgangslage: Beide Teams mussten in der ersten Runde über sieben Spiele gehen, haben aber außer den Langzeitverletzten keine Ausfälle zu beklagen, auch Josh Richardson ist wieder fit. Die Heat vermissen Chris Bosh schmerzlich, nach wie vor gibt es keine Informationen, wann der Big Man nach seinen erneut diagnostizierten Blutgerinnseln auf den Court zurückkehren kann.

Umso erfreulicher für Miami, dass Luol Deng wieder sei altes Ich hervorgekramt und Goran Dragic den Overdrive-Knopf gefunden hat. Sie entlasten Dwyane Wade und Hassan Whiteside, die als Einzige konstant abliefern. Vor allem Deng (19,7 Punkte, 53 Prozent FG, 51 Prozent Dreier) spielt derzeit so wie zu besten Bulls-Zeiten.

Nach einem 2:0-Start in die Postseason und anschließend drei Niederlagen in Serie halfen die Erfahrung und der Heimvorteil den Heat, die Serie gegen die Hornets doch noch zu gewinnen. Toronto war als No. 2 Seed alles andere als souverän gegen die Pacers. Das Star-Backcourt-Duo bestehend aus Kyle Lowry und DeMar DeRozan hatte über die gesamte Serie Probleme, auch in Spiel 7 verspielte man am Ende fast noch eine 15-Punkte-Führung.

Nach dem ersten Sieg in der Postseason seit 2001 ist diese Kopf-Blockade hoffentlich gelöst und die Raptors können frei aufspielen. Denn wenn sie das tun, zeigen sie wirklich ansprechendes Teamplay mit gutem Ball Movement. Der Schachzug von Dwane Casey, Patrick Patterson für Luis Scola in die Starting Five zu berufen, hat sich bisher ausgezahlt.

Key Matchup: DeMar DeRozan vs. Dwyane Wade. Eine Legende und ein Spieler, der es einmal werden möchte. In Wade (34) und DeRozan (26) treffen zwei Basketballer-Generationen aufeinander und beide können den Ball im Korb unterbringen. Wade (19 Punkte, 47 Prozent FG) hat dabei aktuell die Nase gegenüber Double D vorn (16,2 Punkte, 32 Prozent FG).

Wade spielt eine fantastische und nahezu verletzungsfreie Saison. Wie er sein Team in der Crunchtime von Spiel 6 in Charlotte getragen hat, war eine Augenweide. DeRozan hatte gegen Indiana Probleme mit seinem Wurf, er muss die Konstanz wiederfinden, die ihn in der Regular Season auszeichnete.

Gut möglich, dass Wade nicht von DeRozan, sondern von DeMarre Carroll verteidigt wird. Die Aufgabe für den alten Mann wird also deutlich schwerer als gegen Charlotte.

SPOXspoxX-Faktor: DeMarre Carroll. Seine Form hat der Raptors-Swingman noch immer nicht gefunden, seit seiner Verletzung ist er noch nicht wieder der Alte. Natürlich hilft er Dwane Casey auch in dieser Verfassung, doch sollte er irgendwo auf dem Weg zwischen Toronto und Miami Offense oder wenigstens Zielwasser von Downtown finden, würde das Toronto-Spacing der Heat-Defense größere Probleme bereiten. Und vielleicht sind das die Zentimeter, die DeRozan braucht, um endlich zu spielen wie in der Regular Season.

Prognose: In dieser Serie werden Details den Ausschlag geben. D-Wade ist für Vintage-Performances gut, aber vier in den ersten sechs Spielen werden auch ihm nicht gelingen. Ein siebtes Spiel in Toronto gewinnt Miami nicht, gegen Indiana schrie das kanadische Publikum den Spalding phasenweise selbst in den Korb. Daher Toronto in 7.

Die Playoffs im Überblick