Die Warriors fielen in Spiel 5 einer historischen Show von LeBron James und Kyrie Irving zum Opfer - dennoch herrscht beim Meister weiterhin Optimismus. Vieles hängt an Draymond Green, auf den scheinbar auch Stephen Curry in hohem Maße angewiesen ist.
nbaEs war ein trauriges Bild, das Stephen Curry am Ende von Spiel 5 abgab. Knapp zwei Minuten waren noch zu spielen, dennoch war das Spiel längst entschieden - also saß der MVP auf der Bank, ebenso wie alle anderen Starter der Warriors. Mit einem ungläubigen Blick, aus dem man nur folgendes lesen konnte: 'Hätte das heute nicht irgendwie einfacher sein sollen?'
Es war nicht der Abend der Warriors, und es war auch nicht der Abend von Curry. 25 Punkte und 7 Rebounds sind für sich genommen keineswegs schlecht, 38 Prozent aus dem Feld und 4 Ballverluste sprachen indes nicht gerade für eine Meisterleistung. In jedem Fall reichte es nicht gegen ein verzweifelt kämpfendes Cavs-Team, das in LeBron James und Kyrie Irving gleich zwei Spieler im "NBA Jam"-Modus in seinen Reihen wusste.
"Unsere Defense war das ganze Spiel über problematisch", analysierte Coach Steve Kerr nach dem Spiel, und fügte hinzu: "Wir sind einfach nicht ins Laufen gekommen. Es war einer dieser Abende."
Leise Kritik an Curry
Kerr fuhr damit fort, dass er die Ausgangslage seines Teams immer noch deutlich besser fünde als die der Cavs, und dafür gab es gleich eine Vielzahl an Gründen. Angefangen damit, dass an diesem Abend zwei Gäste-Spieler historische Leistungen zeigten, was sich so schnell wohl kaum wiederholen wird. Aber auch intern gab es bei den Dubs noch einige Faktoren, welche die Prognose auf Spiel 6 dennoch positiv ausfallen lassen könnten.
Das Shooting beispielsweise: In Halbzeit eins agierten die Warriors von Downtown noch mit der gewohnten Brillanz und trafen elf Dreier, wobei vor allem Klay Thompson überragend auftrat. Doch nach der Pause fielen nur noch drei der weiteren 21 Versuche, und das lag nicht unbedingt an der auf einmal beinharten Cavs-Defense - vielmehr versemmelten die Dubs uncharakteristisch viele offene Würfe (16/43 "uncontested" FG).
Harrison Barnes fiel am häufigsten damit auf, wie er weit offen nur den Ring traf, aber auch Curry (am Ende 5/14 3FG) zeigte ungewohnte Streuung und wurde im Anschluss sogar noch von Kerr gerügt: "Steph war meiner Meinung nach einige Male zu voreilig beim Abschluss." Was bei den Warriors sonst zum Inventar gehört, endete bei Curry und auch Klay an diesem Abend immer mal wieder in Airballs.
Green? "Keine Entschuldigung"
Das ist auf Dauer vermutlich kein Grund zur Sorge - bei den meisten Teams kommt und geht der Dreier, bei den Warriors jedoch kommt er meistens einfach nur. Und auch defensiv war diese Leistung wohl eher ein Ausreißer nach unten. Der beste Rim-Protector durfte schließlich nur außerhalb der Arena zuschauen, der zweitbeste musste während des Spiels mit einer hässlich aussehenden Knieverletzung die Halle verlassen.
Wie es bei Andrew Bogut weitergehen wird, steht zwar in den Sternen, bis er gründlich untersucht wurde, bei Draymond Green hingegen gibt es die Gewissheit, dass er in Spiel 6 wieder mitmischen wird. Wie wichtig das für den Meister sein wird, zeigte Spiel 5 teilweise offensiv, ganz besonders aber am anderen Ende des Courts.
"Dass wir Draymond nicht dabei hatten, ist keine Entschuldigung", sagte Thompson zwar richtigerweise. Der Off-Guard war mit sich selbst unzufrieden, da er Irving seiner Meinung nach schlecht verteidigt hatte - wenngleich man eben nicht viel tun kann, wenn LeBron und Kyrie gemeinsam 24 von 42 "contested" Würfen treffen. Dennoch merkte man Greens Fehlen an allen Ecken und Enden.
Das erkannte auch der gegnerische Coach an: "Er ist ihr bester Verteidiger", sagte Ty Lue. "Ich habe es schon öfter gesagt, dass er der beste Spieler in der NBA ist, wenn es darum geht, Situationen als Help-Defender zu lesen und zu entscheiden, wann er einschreiten muss. Er wird als Shotblocker unterschätzt und kann von Eins bis Fünf jede Position verteidigen."
Die Nervensäge fehlt
Green ist mit seiner Vielseitigkeit derjenige, der die Warriors abgesehen vom Shooting so speziell macht. Kerr versuchte es an seiner statt mit "vier oder fünf" verschiedenen Spielern auf der Fünf, aber natürlich war keiner davon ein adäquater Ersatz. Fast niemand stopft so clever Lücken und hindert Spieler wie James oder Irving als Help-Defender beim Zug zum Korb, niemand bringt auf dieser Position vergleichbares Playmaking.
Niemand sonst kann den Gegner so gut nerven wie Green, wenngleich Anderson Varejao es freilich versuchte. Und zu guter Letzt strahlt niemand sonst dieses mitreißende Selbstvertrauen, ja diese Arroganz aus, die Green liefert. Das allseits beliebte Klischee trifft in diesem Fall zu: Green ist wirklich die Seele der Warriors. Ohne ihn fehlte den Dubs etwas von ihrem Selbstverständnis.
"Werden den Job erledigen"
Am allerdeutlichsten sah man dies bei Curry. Mit der Meisterschaft im Visier, ohne seinen Sidekick Deluxe, hätte Steph seiner eigenen wachsenden Legende ein wichtiges Kapitel hinzufügen können. Stattdessen war er zwar nicht unsichtbar, aber auch bei weitem nicht der beste Mann auf dem Court.
Um diesen Titel kämpften zeitweise Klay und Andre Iguodala, am Ende aber nur noch Irving und James. Von Curry wird aus Spiel 5 vorerst nur das Bild hängen bleiben, wie er am Ende des Spiels ungläubig auf der Bank saß.
"Wir bleiben optimistisch und gehen davon aus, dass wir noch einen Sieg holen werden", sagte Curry nach dem Spiel. "Wir werden diesen Job erledigen." Er hatte allen Grund zu dieser Ansage, aufgrund der genannten Faktoren und des Heimvorteils in einem potenziellen Spiel 7 bleiben die Warriors logischerweise auch weiterhin der Favorit in dieser Serie.
Und dennoch dürften die Dubs, dürfte Curry an diesem Montagabend erkannt haben, dass dieser Gegner ihnen die Trophäe nicht auf dem Silbertablett servieren wird. Die müssen sie sich schon selbst verdienen.