Das Gesetz der Serie - und sonst?

Ole Frerks
05. Juni 201615:05
LeBron James hat einen 0-1-Serien-Rückstand bereits neunmal in Serie ausgleichen könnengetty
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Kurios: Seit 2009 hat kein Team mit LeBron James mehr ein zweites Spiel verloren, nachdem Spiel 1 abgegeben wurde. Damit sich diese Serie aber auch in Spiel 2 der Finals (ab 2 Uhr im LIVESTREAM) fortsetzt, muss sich einiges tun. SPOX blickt auf die Faktoren, die die Cleveland Cavaliers im Vergleich zu Spiel 1 verbessern müssen, um den Golden State Warriors wirklich gefährlich zu werden.

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Die Bank-Produktion: Dem einen oder anderen ist es vielleicht aufgefallen: In Spiel 1 war die Bank der letztlich entscheidende Faktor. Den 45:10-Vorteil der Warriors-Reserve konnten die Starter der Cavaliers, die ebenfalls nicht gerade eine perfekte Leistung zeigten, nicht annähernd kompensieren - und so sieht sich der zweite Anzug Clevelands, in diesen Playoffs ja eigentlich ebenfalls eine sehr produktive Truppe, vor Spiel 2 in der Pflicht: "Ich denke, dass wir uns einfach an sie gewöhnen müssen", so Channing Frye, der im ersten Spiel überhaupt kein Faktor war.

"Sie hatten einen Plan für unsere Second Unit, an den wir uns anpassen müssen. Natürlich müssen wir auch einfach besser spielen, aber ich denke, dass wir dazu bereit sind. Wir sind sehr selbstbewusst, dass wir es besser machen können."

Diese Einschätzung teilt übrigens auch LeBron James: "Man wirft jetzt nicht alles weg wegen einem Spiel. Unsere Bank war bis hierhin so stark für uns. Sie alle wissen, dass wir sie unbedingt brauchen, wenn wir diese Serie gewinnen wollen. Darauf sind sie sehr stolz und deswegen bin ich auch sicher, dass sie sich in Spiel 2 noch stärker präsentieren werden."

Der Dreier: Teilweise hat auch dieser Faktor mit der schwachen Bank zu tun, allerdings erstreckte sich das Problem auch auf die meisten Starter - Cleveland strahlte von Downtown nicht annähernd die Gefahr aus wie in den bisherigen Playoffs (7/21 3FG). Das lag zum einen an der guten Defense der Warriors, die mit ihrer "Wir-switchen-alles"-Strategie offene Looks verhinderten, allerdings auch am fehlenden Konter der Cavaliers.

J.R. Smith etwa wurde abgemeldet und reagierte nicht etwa dadurch, dass er abseits des Balles um eine gute Wurf-Position kämpfte, sondern mit Arbeitsverweigerung. Wer hätte gedacht, dass man Earl Smith III. jemals den Vorwurf würde machen können, er habe zu wenig geworfen (nur drei Würfe in 36 Minuten)? Es war allerdings nicht allein seine Schuld.

Denn während LeBron es zumindest versuchte, seine Teammates zu involvieren, war Kyrie Irving in Spiel 1 ein Ballstopper der übelsten Sorte. Immer wieder endete jeder Versuch von Ballbewegung bei Uncle Drew, da er sich zunächst in Dribbelarien versuchte und dann selbst abschloss - mit mäßigem Erfolg (1/9 FG bei Isolation Plays).

Irving soll in Tyronn Lues System durchaus den Abschluss suchen, ohne dabei aber die gesamte Offense als Geisel zu nehmen. Wenn der Point Guard etwas mehr Balance in sein Spiel bringt und schnellere Entscheidungen gegen das Double-Team trifft, sollten sich auch wieder mehr Chancen für Dreier seiner Mitspieler bieten.

Die Wichtigkeit davon unterstrich auch LeBron: "J.R. ist wichtig für unseren Erfolg und wir müssen uns besser darum kümmern, dass er früh einige gute Looks bekommt, um sofort ins Spiel zu finden. Drei Versuche sind für ihn auf jeden Fall zu wenig."

Entschlossenheit am Korb: In einer Hinsicht war Clevelands Offense in Spiel 1 durchaus gut - die Cavs kamen zum Korb und hatten dort auch durchaus gute Würfe. Dennoch trafen sie bloß 18 ihrer 42 Versuche in Ringnähe, und das ist trotz der guten Rim-Protection von Draymond Green, Andrew Bogut und Co. einfach viel zu wenig.

Gerade bei Kevin Love bestätigte sich dabei ein Trend: Der Forward traf nur 2 von 8, obwohl darunter einige wirklich offene Layups waren - zumindest so offen, wie man sie in den Finals auf diesem Niveau eben bekommen kann. In den Playoffs steht Love mittlerweile bei 25/70 FG in der Zone. Das kann er besser - und das muss er auch besser machen, wenn die Cavs in dieser Serie eine Chance haben wollen. Das gilt auch für den fleischgewordenen Panzer namens LeBron, der in Spiel 1 ebenfalls nur 6 seiner 14 Versuche am Ring im Korb unterbringen konnte.

"Es war schon witzig, als wir uns das Video davon angesehen haben", sagte Lue am Samstag. "Wir sind ja immer gut in die Zone gekommen. Wir haben aber gleich neun Layups verpasst, bei denen wirklich niemand in der Nähe war. Das muss einfach besser werden."

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Das Tempo: Ein Lichtblick in Spiel 1 war eine Phase im dritten Viertel, als Cleveland binnen weniger Minuten einen 9-Punkte-Rückstand in eine 3-Punkte-Führung umwandeln konnte - dank eines schnelleren und aggressiveren Stils, wie Lue analysierte. Der Coach wünscht sich daher für Spiel 2 generell ein höheres Tempo von seinem Team, selbst wenn das gegen die dynamischen Warriors eigentlich kontraproduktiv erscheint. Doch Lue hat seine Gründe.

"Es gelingt uns im Schnellangriff besser, Jungs wie J.R., Kevin oder Channing offene Würfe zu verschaffen", erklärte der Coach. "Zudem ist der Court offener für LeBron und Kyrie, wenn sie penetrieren wollen. Daher denke ich, dass uns ein höheres Tempo offensiv sehr helfen wird."

Die Defense: Wer den Warriors mit schnellem Spiel wehtun will, darf sich selbst in der Defense keinerlei Fehler erlauben - und muss vorne gut auf den Ball aufpassen, da man den Dubs ansonsten genau in die Karten spielt. Die Defense war in Spiel 1 nicht das Hauptproblem der Cavs, allerdings auch nicht so gut, wie es die miesen Spiele von Klay Thompson und Stephen Curry (zusammen 8/27 FG) erahnen lassen würden.

Beide Splash Brothers hatten nämlich durchaus genug offene Würfe, die sie nur eben nicht mit so einer tödlichen Präzision trafen wie sonst gewohnt. Daher verwunderte es auch nicht, dass Curry trotz seiner schwachen Leistung sagte, er mache sich "keine Sorgen" wegen der Cavs-Defense. Nachdem Golden State die 7-Spiele-Schlacht gegen OKCs langarmige und athletische Defense überstanden hat, wirkten die Dubs in Spiel 1 teilweise verwundert darüber, wie viele Freiräume sie hatten.

Nahezu alle Cavs-Spieler müssen hier eine Schippe drauflegen, allerdings lässt sich auch hier Irving hervorheben, der mit all seinen defensiven Aufgaben in Spiel 1 große Schwierigkeiten hatte. Das sah Kyrie sogar ähnlich: "Ich muss besser dagegenhalten, wenn ich im Post nach Switches gegen Iguodala oder Barnes spiele. Da muss ich einfach physischer agieren."

Und das gilt nicht nur für ihn. Dass Iggy, Livingston oder Barbosa in Spiel 1 die Lampen ausschießen konnten, hatte vor allem auch damit zu tun, dass die Cavs sich ausschließlich auf den Warriors-Backcourt konzentrierten - und in der Zone kaum Gegenwehr leisteten.

Das Gesetz der Serie: Bei allen Stellschrauben, die Lue zur Verfügung hat, ist der größte Hoffnungsträger der Cavaliers natürlich immer noch James. Der King lieferte trotz imposanter Zahlen (23 Punkte, 12 Rebounds, 9 Assists) eine für seine Ansprüche mäßige Leistung ab und wird sich steigern müssen - gut für Cleveland, dass er dazu seit vielen Jahren auch tatsächlich in der Lage ist.

Seit 2009 verlor LeBron in neun Playoff-Serien das erste Spiel, schlug aber bei allen neun umgehend mit einem Sieg in Spiel 2 zurück, darunter auch in den letzten vier Finals. Seine Statistiken dabei? 31 Punkte, 11 Rebounds und 7 Assists im Schnitt. Eine solche Performance wäre auch in diesem Jahr der größte Trumpf der Cavaliers, zumal kaum damit zu rechnen ist, dass Curry und Thompson erneut beide ein derartiges Ei legen werden wie zum Auftakt.

"Meine Teams waren immer in der Lage, sich neu aufzustellen, Fehler aus dem ersten Spiel zu analysieren und dann in Spiel 2 mit einem besseren Game-Plan zurückzukehren", erklärte LeBron. "Ich war also Teil einiger sehr widerstandsfähiger Teams, die sowohl zuhause als auch auswärts zu Kontern imstande waren. Wenn wir unseren Plan vernünftig ausführen, kann uns das auch jetzt wieder gelingen."

Die Playoffs im Überblick