Mit den Cleveland Cavaliers gewann Timofey Mozgov die Championship, nun heuerte er für vier Jahre und 64 Millionen Dollar bei den Los Angeles Lakers an. Im Interview spricht der russische Center über den Führungsstil von LeBron James, Partynächte in Las Vegas, schwierige Trainingsbedingungen in Russland und die neue Herausforderung in L.A.
SPOX: Herr Mozgov, erst einmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrem ersten NBA-Titel. Haben Sie persönlich überhaupt noch daran geglaubt, nachdem Sie in den Finals 3-1 gegen die Golden State Warriors hinten lagen?
Timofey Mozgov: Vielen Dank. Und ja, auch wenn mir das vermutlich niemand abnimmt, aber ich habe wirklich immer dran geglaubt. Das hat jeder von uns. Manche Menschen glauben an Gott, aber wir haben alle an diesen Titel geglaubt. So etwas habe ich noch nie erlebt. Dieser Zusammenhalt, diese einzigartige Atmosphäre im Locker Room. Da war einfach kein Platz für Zweifel. Wir dachten nur ans nächste Spiel und an den nächsten Sieg. Und am Ende haben wir uns mit dieser Einstellung den Traum von Titel erfüllt.
SPOX: Können Sie uns einen Einblick geben, wie LeBron James das Team durch diese schwierige Situation geführt hat?
Mozgov: Er war unerschütterlich. Er hat immer wieder gesagt: 'Jungs, ich habe das schon einmal gemacht. Ich weiß, wie es geht. Ich werde euch führen.' Und das hat er getan. Wir sind ihm gefolgt und er hat unseren Fokus aufrecht erhalten.
SPOX: Wie lange haben Sie nach dem Erfolg gefeiert?
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Mozgov: Ich persönlich? Monate. (lacht) Nein, vielleicht nicht ganz. Wir sind direkt nach Las Vegas geflogen, haben die ganze Nacht Champagner getrunken und sind dann weiter nach Cleveland. Dort haben wir ein paar Stunden geschlafen und dann fingen wir wieder an zu trinken. Den ganzen Tag. Ich habe ungefähr eine Woche getrunken. Ich weiß, ich bin Sportler, aber es war etwas Besonderes. Ich habe mit all meinen Freunden gefeiert und Sie hätten die Leute in Cleveland sehen sollen. Die Championship Parade war unfassbar, aber danach ging es noch weiter. Die Menschen haben uns überall Drinks und Essen ausgegeben.
SPOX: Hat J.R. Smith sein Shirt wirklich verloren? Oder was ist die wahre Geschichte dahinter?
Mozgov: Ich weiß nicht, wo sein Shirt ist. (lacht) Ich habe gesehen, wie er es nach dem Spiel ausgezogen hat und danach hatte er einfach keins mehr an. Es war verrückt. Er ist eine Woche oben ohne rumgelaufen. Er hat vermutlich auch eine Woche durchgesoffen.
SPOX: Was bedeutet es Ihnen, gemeinsam mit Sasha Kaun der erste Russe zu sein, der einen NBA-Titel gewonnen hat?
Mozgov: Für mich persönlich ist der NBA-Titel das Größte. Dieses Ziel erreicht zu haben. Dabei geht es gar nicht darum, wo ich herkomme oder welche Nationalität ich habe. Aber für Russland bedeutet er sehr viel. Sasha und ich sind nun ein Teil der Geschichte des Landes. Das kann uns niemand nehmen. Im Moment realisiert man es vielleicht gar nicht so, aber in 15, 20 Jahren werde ich wahrscheinlich darauf zurückschauen und merken, wie viel es bedeutet.
SPOX: Wenn wir mal 15,20 Jahre zurückdenken, sind Sie mit drei Brüdern in St. Petersburg aufgewachsen. Wie kann man sich das damals vorstellen?
Mozgov: Uh, das war hart. Und ich war der Jüngste! Bis ich 14 Jahre alt war, haben mich meine Brüder immer verprügelt. Dann bin ich gewachsen und irgendwann war ich der größte von uns. Das ist irgendwie lustig: Je älter meine Brüder, desto kleiner sind sie.
SPOX: Und als Sie älter waren, haben Sie sich da an ihnen gerächt?
Mozgov: Nein, so bin ich nicht. Ich bin ein gutmütiger Mensch. Ich liebe sie, auch wenn sie mir damals den ein oder anderen Streich gespielt haben. (lacht) Aber das hatte ich ihnen längst vergeben.
SPOX: Nicht nur in der Familie war es manchmal schwierig, auch im Basketball. Wie konnten Sie noch trainieren, als Sie aus St. Petersburg weggezogen sind?
Mozgov: Als ich zehn Jahre alt war, sind wir in den Süden von Russland gegangen. Es war ein richtiges Kaff, nicht mal eine Kleinstadt. Dort habe ich einen Typen kennengelernt, er war Lehrer - also nicht einmal Coach- und hat hin und wieder Basketball an einer Schule unterrichtet. Dort bin ich regelmäßig hingegangen. Ansonsten haben wir draußen auf einem völlig heruntergekommenen Court gespielt.
SPOX: Ein Sprungbrett war das aber nicht gerade...
Mozgov: Wohl wahr. Damals dachte ich aber noch, dass es in Ordnung ist. Ich konnte immerhin für eine Schule spielen und hoffte auf ein Stipendium an einer russischen Universität. Damit hätte ich wenigstens einen Abschluss machen können. Doch der Lehrer sagte irgendwann zu mir: 'Hier wird dich nie jemand spielen sehen. Come on, du kannst viel mehr erreichen als das.' Also bin ich zurück nach St. Petersburg, um dort aufs Sport-Internat zu gehen. Dadurch hat sich einiges geändert.
SPOX: In Russland kam Ihre Karriere dennoch nicht wirklich ins Rollen, erst als Sie in die USA gingen. Sie hatten die New York Knicks gerade davon überzeugt, Sie unter Vertrag zu nehmen, da wurden Sie schon im Carmelo-Anthony-Trade zu den Denver Nuggets verschifft. Wie war das damals für Sie?
Mozgov: Um ehrlich zu sein, war es eine gute Erfahrung, gerade um sich an die NBA zu gewöhnen. In Europa werden Spieler nicht einfach so weggegeben, da dauert es Monate, bis ein Spieler das Team wechselt. In den Staaten steht das Geschäftliche über allem. Man muss verstehen, dass es wirklich nichts Persönliches ist. Die Verantwortlichen versuchen nur, ihr Team nach ihren Vorstellungen besser zu machen.
SPOX: Nach vier Jahren in Denver und zwei Saisons mit den Cavs haben Sie im Sommer einen großen Vertrag bei den Los Angeles Lakers unterschrieben. Warum gerade L.A.?
Die Offseason der Lakers: Zurück in der Realität
Mozgov: Für uns in Russland hat Los Angeles schon immer eine ganz besondere Rolle gespielt. Die Lakers mit Kobe Bryant und die Chicago Bulls mit Michael Jordan waren die einzigen Teams, die wir in den 90ern in Russland ab und zu mal im Fernsehen sehen konnten. Es waren immer meine Idole und es wird ein Traum wahr, für sie zu spielen. Sie haben die größte Geschichte der Liga und 16 Titel geholt. Man muss verstehen, dass sie zwar zwei schlechte Saisons hatten, aber die Lakers sind kein Team, das lange dort unten bleibt. Diese Mannschaft wird wieder oben stehen.
SPOX: In L.A. gibt es eine lange Historie starker Center, von Wilt Chamberlain über Kareem Abdul-Jabbar bis hin zu Shaquille O'Neal. Das sind ganz schön große Fußstapfen...
Mozgov: Ich bin, wer ich bin. Ich weiß, dass ich nicht so gut sein werde wie Shaq oder Kareem. Aber ich werde mein Bestes für die Lakers geben und alles tun, um dem Team wieder zum Siegen zu verhelfen. Ich hoffe, die Leute in L.A. werden mich nicht allzu sehr hassen. (lacht)
SPOX: Immer mehr Teams spielen Small-Ball, Big Men werden zu Shootern. Auch deshalb kamen Sie bei den Cavs zuletzt nicht mehr so zum Zuge wie noch in den Finals 2015. Wie schwer ist es für Sie als 7-Footer, sich an die neue NBA anzupassen?
Mozgov: Ich kann rennen, das ist nicht das Problem. Manche Leute denken, dass ich nur in der NBA spiele, weil ich 2,16 Meter groß bin. Aber ich bin nicht der langsamste Mensch der Welt. Meine Fußarbeit ist auch nicht so schlecht, also für die nächsten Jahre sollte das noch reichen.
SPOX: Und wann sehen wir Sie Dreier werfen?
Mozgov: Da muss ich wohl erstmal mit dem Coach sprechen. (lacht) In Denver habe ich Brian Shaw gesagt, dass ich werfen kann. Und er sagte: 'ok'. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich einfach mal eben an die Linie gehen und dann Dreier reinballern kann. Ich muss es trainieren. Wenn du es nicht trainierst, triffst du sie auch nicht. Aber als ich das mal zwei Wochen intensiver gemacht habe, war es echt ganz gut. Ich habe einige versenkt.
SPOX: Gibt es nach dem Wechsel von Kevin Durant zu den Warriors überhaupt ein Team, das Golden State schlagen kann?
Mozgov: Ja, ich denke schon. (hält inne) Die Lakers. (lacht)