SPOX: Bevor Sie mit den Bulls selbst um Titel kämpfen können, müssen Sie sich erst einmal im Training Camp für einen Platz in der Rotation empfehlen. Ihre Mitspieler wie Nikola Mirotic, Doug McDermott oder Tony Snell werden dann in gewisser Weise zu Konkurrenten. Was wissen Sie über die anderen Flügelspieler in Chicago?
Zipser: Natürlich kenne ich jeden von ihnen schon ein bisschen, aber wenn man mit ihnen und gegen sie trainiert, lernt man natürlich noch mehr über ihre Stärken und Schwächen. Dazu kommt, dass viele von den Jungs mit solchen Leuten wie Wade, Jimmy Butler oder Rondo noch nicht zusammengespielt haben. Daher wird auch das eine Umstellung. Aber ich werde mich einfach voll reinhauen und alles geben, denn ich freue mich genauso auf den Wettbewerb im Training wie auf die neuen Systeme und den neuen Spielstil. Grundsätzlich werden dort auch fünf Leute auf dem Spielfeld stehen und es gibt einen Ball. Das passt also schon mal. (lacht)
Die Offseason der Chicago Bulls: Zirkustruppe mit Ablaufdatum
SPOX: Rondo, Wade, Butler - das sind schon enorm große Namen für einen Spieler, der bisher in der BBL aktiv war. Wie oft mussten Sie sich schon kneifen, wenn Sie realisieren, dass Sie in nicht einmal einem Monat mit diesen drei Stars in einem Team spielen werden?
Zipser: Mindestens jedes Mal, wenn ich wie jetzt danach gefragt werde. Alle drei sind großartige Spieler, aber im Endeffekt ist es nichts anderes als das Zusammenspiel mit Dirk Nowitzki. Bei der EM 2015 konnte ich mich schon ein bisschen daran gewöhnen. Klar haben sie alle schon viel erreicht, aber jeder von ihnen ist auch nur ein Mitspieler auf dem Feld.
SPOX: Auch nur ein Mitspieler? Sind es nicht gerade die besonderen Spieler und dominanten Charaktere, die einen auf dem Court mitziehen?
Zipser: Ja, durchaus. Aber ich versuche im Gegenteil eher, großartige Spieler auszublenden, wenn ich mit ihnen zusammenspiele. Man kennt natürlich ihre Stärken und weiß zum Beispiel, dass Dirk gut werfen kann. Also versuche ich, ihm so oft wie möglich den Ball in einer guten Wurfposition zu geben. Aber wenn da jemand ist, der auch gut werfen kann und nicht Dirk Nowitzki heißt, dann bekommt der von mir auch den Ball. Große Namen spielen da keine Rolle.
SPOX: Das NBA-Geschäft kann auch hart und erbarmungslos sein. Tibor Pleiß wurde erst kürzlich von den Utah Jazz zu den Philadelphia 76ers getradet und dann entlassen. Machen Sie sich über so etwas auch Gedanken?
Zipser: Natürlich. Man redet darüber und jeder weiß, wie schnell es in der NBA gehen kann. Aber ich denke da vielleicht ein bisschen anders darüber als andere Leute. Klar kann es sein, dass das Training Camp schrecklich läuft, ich mich verletze oder etwas Unvorhergesehenes passiert. Es kann sein, dass die Coaches mich katastrophal finden, wenn sie mich live sehen. Aber auch dann würden sie ihre Gründe haben, daher denke ich über solche Dinge nicht viel nach.
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SPOX: Hat der Kontakt mit Dirk und Dennis Schröder so kurz vor dem Saisonstart zugenommen? Haben Sie die Jungs schon um Tipps und Tricks gebeten?
Zipser: Mit Dennis habe ich schon ein wenig über die Preseason gesprochen, als er kurz in Deutschland war. Wir spielen ja in der Vorbereitung auch gegen seine Atlanta Hawks. Mit Dirk hatte ich zwar auch Kontakt, aber das hatte nichts mit Basketball zu tun. Eher damit, dass meine kleine Schwester nach Würzburg gezogen ist und die beiden sich dort über den Weg gelaufen sind. (lacht)
SPOX: Wenn Sie sich eine Überschrift für Ihre erste NBA-Saison wünschen könnten - wie würde sie lauten?
Zipser: Puh, schwer. Im Detail überlasse ich das doch lieber den Journalisten. Aber es wäre schön, wenn ungefähr so etwas drin vorkommen würde: "Am Anfang war es schwer, aber Zipser hat sich durchgebissen, sich seine Spielzeit erkämpft und das Team hatte immer mehr Erfolg." Das wäre wohl das Maximum. Es ist vielleicht ein Traumziel, aber warum nicht nach den Sternen greifen?