Um 22.02 Uhr deutscher Zeit machte Dennis Schröder es offiziell: "Froh, für weitere vier Jahre bei den Atlanta Hawks zu sein! Ich liebe die Fans, die Coaches, die Organisation und meine Mitspieler! Atlanta ist Heimat!", schrieb der Deutsche bei Twitter und postete dazu ein Foto von seiner Vertragsunterschrift.
Die Details lieferte wenig später wie üblich ESPN: 62 Millionen Dollar bekommt Schröder über vier Jahre garantiert, acht weitere könnten dazukommen, wenn er bestimmte Leistungen erreicht. Die Verlängerung tritt nach dieser Saison in Kraft und bindet Schröder bis 2021 an die Hawks, sofern er nicht vorher eine Option zum Ausstieg hat.
Auf den ersten Blick ist das aus deutscher Sicht natürlich eine schöne Nachricht: Schröder bekommt nicht nur eine satte Gehaltserhöhung von 2,7 Millionen auf 15,5 Millionen garantiertes Jahresgehalt, er bekommt auch das absolute Vertrauen seines Teams ausgesprochen. Er ist angekommen - und hält die Schlüssel für Atlanta endgültig in der Hand.
Auf den zweiten Blick bleibt es eine schöne Nachricht - aber es wird auch deutlich: Die Hawks sind aus der Angelegenheit günstiger rausgekommen, als vorher zu erwarten war. Auch vom Zeitpunkt der Verlängerung profitiert in allererster Linie die Franchise.
Potenzial mehr wert als Leistungen
Schröder ist der dritte Spieler aus dem 2013er Draft-Jahrgang, der in diesem Sommer vorzeitig verlängert hat: Die ersten beiden waren Giannis Antetokounmpo und C.J. McCollum, deren Extensions allerdings jeweils über 100 Millionen wert waren. Nun ist Schröder kein Kaliber wie der Greek Freak - am Beispiel McCollum sieht man allerdings, was auch möglich gewesen wäre.
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Der Blazers-Guard war in seinen ersten beiden Jahren ein unauffälliger Spieler, viel verletzt und auf der Bank hinter Wes Matthews und anderen geparkt. Letzte Saison durfte er dann auf einmal starten und verdreifachte seinen Output in fast allen Kategorien - einen Most-Improved-Player-Award später hat McCollum einen 106-Millionen-Dollar-Vertrag in der Tasche.
Natürlich steht in den Sternen, ob Schröder als Starter ähnlich explodieren wird wie McCollum, allerdings gilt er nicht völlig aus der Luft gegriffen als einer der heißesten Kandidaten auf den MIP-Award.
In der NBA wird regelmäßig - vor allem in diesem Sommer - mehr für Potenzial gezahlt als für das, was ein junger Spieler tatsächlich schon gezeigt hat. Sonst hätte Bradley Beal keinen 127-Millionen-Vertrag, sonst hätte Harrison Barnes mit großer Sicherheit keinen 94-Millionen-Vertrag. Vor diesem Hintergrund ist der Schröder-Deal aus Hawks-Sicht fast schon ein Schnäppchen, so komisch das klingen mag.
Schröder bleibt Cap-freundlich
Auch der Zeitpunkt der Verlängerung hilft in erster Linie Atlanta. Bis zum 31. Oktober hätten sie Zeit gehabt, danach wäre ein neuer Deal erst kommenden Sommer möglich gewesen - allerdings auch mit einem neuen Collective Bargaining Agreement, bei dem noch niemand weiß, wie genau es aussehen wird.
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Ein Aspekt des CBA, über den derzeit laut Informationen vom ESPN-Experten Zach Lowe diskutiert wird, ist der Cap Hold von Spielern, deren Rookie-Vertrag endet. Der Prozentsatz soll wahrscheinlich erhöht werden, was auch auf die Hawks Auswirkungen hätte.
Ohne zu technisch zu werden: Der Cap Hold ist gewissermaßen ein "Platzhalter" im Salary Cap für Spieler, von denen erwartet wird, dass sie einen neuen Vertrag bekommen. Dieser Betrag ist blockiert und kann vom Team nicht dafür verwendet werden, Free Agents unter Vertrag zu nehmen.
Keine Schunkelei wie mit Kawhi
In der Vergangenheit nutzten einige Teams die verhältnismäßig niedrigen Cap Holds ihrer jungen Spieler strategisch, um andere Free Agents zu akquirieren. Die Spurs etwa wussten 2015 natürlich, dass sie Kawhi Leonard mit einem fetten Vertrag ausstatten würden - sie warteten damit allerdings, bis sie LaMarcus Aldridge unter Vertrag hatten, um diesen gemäß dem Salary Cap bezahlen zu können. Dabei hatte man sich mit Kawhi "unter der Hand" längst geeinigt.
Eine ähnliche inoffizielle Absprache gab es diesen Sommer bei Detroit und Andre Drummond - genau dies soll durch den Anstieg im neuen CBA aber verhindert werden. Die Hawks taten daher gut daran, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen und weit vor der nächsten Offseason Planungssicherheit zu haben.
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Man kann insgesamt also nicht behaupten, dass die Hawks rein altruistisch gehandelt hätten oder dass sie Schröder einfach mal für seine gute Arbeit belohnen wollten. Natürlich hoffen sie, dass er ihre Erwartungen noch übertrifft, zum Star reift und beim nächsten Mal einen noch fetteren Vertrag rechtfertigt. Aber mit der Vertragsstruktur mitsamt der Leistungsprämien haben sie sich nicht zuletzt auch ein Stück weit abgesichert, falls das Experiment mit DS17 doch nicht so perfekt läuft.
Ein Boost fürs Selbstvertrauen?
Schröder selbst sollte an die CBA-Implikationen derweil natürlich keinen Gedanken verschwenden. Auch nicht daran, ob er nächstes Jahr mehr gekriegt hätte. Es ist davon auszugehen, dass er und seine Repräsentanten den Hawks auch ein wenig entgegengekommen sind, da er weiß, was er an Atlanta hat. Sonst wären die Sixers, die Berichten zufolge erwogen hatten, ihm im Sommer 2017 einen Maximalvertrag vorzulegen, vielleicht ein bisschen interessanter für Schröder geworden.
Die Hawks gaben ihm seine erste Chance in der NBA, sie führten ihn heran und räumten ihm mit dem Trade von Jeff Teague in diesem Sommer den Weg frei. Durch den neuen Vertrag legten sie außerdem den Grundstein dafür, dass Schröder über Jahre ihr Starting Point Guard sein wird. Es gibt mehr als 70 Millionen Gründe, weswegen Schröder dem Team und vor allem Mike Budenholzer dankbar sein dürfte.
In der Nacht auf Freitag beginnt endlich auch für Atlanta die Saison und für Schröder die Möglichkeit, seinen neuen Status und jetzt auch seinen neuen Deal zu rechtfertigen. Noch vor wenigen Tagen äußerte Bud die Hoffnung, Schröder werde "etwas aggressiver" auftreten: "Er hat nicht so richtig das Selbstvertrauen, das Jeff [Teague] hatte."
Daran könnte die am Mittwoch getätigte Unterschrift ja durchaus etwas ändern.