NBA

"Keiner von uns ist glücklich"

Andre Roberson hält Russell Westbrook mit seiner Defense den Rücken frei
© getty

Andre Roberson hat sich bei den Oklahoma City Thunder beständig weiterentwickelt - vor seinem vierten Jahr steht der Swingman ohne Kevin Durant nun vor einer völlig neuen Situation. SPOX sprach mit Roberson vor dem Spiel gegen den FC Barcelona (20.30 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE) über seinen Wurf, Defense gegen KD und das Phänomen Russell Westbrook.

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SPOX: Andre, Sie galten seit Ihrer Ankunft in der Liga als einer, der nicht werfen kann. In den Conference Finals sah das auf einmal ganz anders aus, als Sie über fünf Spiele 8/14 von der Dreierlinie trafen. Was hatte sich geändert?

Andre Roberson: Es lag an meinem Selbstvertrauen. Schon in der Serie zuvor gegen San Antonio war es für mich ganz gut gelaufen und man muss eben nehmen, was die Defense einem gibt. Ich wurde zu Beginn von den Warriors oft alleine gelassen und habe mich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen, sondern eben abgedrückt. Natürlich war das in den Playoffs mit etwas Druck verbunden, aber das hat mich eher angespornt, besser zu werden. Das Vertrauen von Coach Billy Donovan und meinen Mitspielern hat mir da sehr geholfen.

SPOX: Zumindest für ein paar Spiele sah es so aus, als hätten Sie die Warriors tatsächlich geknackt. Sie waren beispielsweise in der Lage, Golden State mit Ihrem Dreier, aber auch mit Ihren Cuts abseits des Balles unheimlich weh zu tun.

Roberson: Über ein paar Spiele haben wir vermutlich wirklich den besten Basketball gespielt, den ich von uns jemals erlebt habe. Sie haben Recht, bei mir lief es offensiv besser als zuvor. Aber das lag nicht nur an mir, sondern vor allem daran, dass wir als Team einfach unseren Groove gefunden hatten, zusammenspielten und immer wieder da attackierten, wo wir die Warriors verletzen konnten. Sei es mit meinen Cuts, mit Steven Adams' Pick-and-Rolls oder auch den Aktionen von Dion Waiters - wir hatten einfach einen Lauf und sind über die Playoffs immer besser geworden. Wir haben erst da realisiert, wie gefährlich wir sein können, wenn wir alle komplett zusammenspielen. Leider hat es dann nicht bis zum ganz großen Wurf gereicht.

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SPOX: Aber erklärt das allein denn Ihre Dreierquote oder hatten Sie persönlich noch einen 'Aha'-Moment? In Ihrer Karriere hatten Sie zuvor nur 27 Prozent von der Dreierlinie getroffen, weshalb die Gegner am ehesten Sie offen stehen ließen.

Roberson: Ein bisschen schon. Ich habe gemerkt, dass ich auch auf der größten Bühne einen wirklich großen Einfluss auf das Team haben kann, wenn mein Wurf fällt. Und da es so gut geklappt hat, gehe ich da jetzt auch mit einem neuen Selbstvertrauen in die neue Saison. Sie haben meine Quoten angesprochen - mein Ziel ist es jetzt eher, zwischen 35 und 40 Prozent zu landen. Ich weiß jetzt, dass das möglich ist.

SPOX: Hat sich da bei Ihnen auch mechanisch etwas verändert? Viele Spieler arbeiten ja beispielsweise mit einem 'Shot Doctor', wenn der Jumper zum Problem wird.

Roberson: Über die Jahre habe ich das schon getan. Es gab am Anfang ein paar Dinge, die ich nicht richtig drin hatte in meiner Wurfbewegung, dabei habe ich mir helfen lassen. Aber mittlerweile ist es meiner Meinung nach nur noch eine Frage des Selbstvertrauens. Ich muss mich an ein paar Bewegungen noch etwas gewöhnen und sie noch weiter einstudieren, aber ich denke, dass ich mechanisch jetzt das richtige Rüstzeug habe. Ich will auf den Leistungen in den Conference Finals definitiv aufbauen.

SPOX: Gehen Sie davon aus, dass sich Ihre Rolle nach diesem Sommer signifikant verändern wird? Offensiv fehlt ohne Kevin Durant ja ein recht großer Part.

Roberson: Das ist richtig. Ich denke, dass sich meine Rolle in der Offense etwas vergrößern wird, aber da bin ich sicher nicht der Einzige. Ich meine, KD war vielleicht der beste Scorer der Liga und jederzeit für 30 Punkte zu haben - das müssen wir jetzt natürlich anderweitig auffangen. Und das geht nur zusammen, weil wir natürlich nicht einfach sein Talentpaket ersetzen können. Sowohl offensiv als auch defensiv können wir ohne ihn nur dann bestehen, wenn wir umso mehr zusammenhalten.

SPOX: Einen wichtigen Part nimmt dabei natürlich Russell Westbrook ein. Wird er als Gesicht des Teams eine Seite von ihm zeigen, die wir alle noch nicht gesehen haben?

Roberson: Ich glaube, Ihr kennt das alles bereits. Ich meine, wer sonst haut ein Triple-Double in 20 Minuten raus? (lacht) Russ ist einfach ein einzigartiger Typ. Ich nehme an, dass er als Leader noch ein ganzes Stück wachsen wird. Er weiß ja, dass er jetzt der 'Big Dog' bei uns ist. Er wird sicher noch mehr mit dem Team sprechen, nachdem er mittlerweile alles gesehen hat. Wir sind auf jeden Fall alle mehr als bereit, ihm zu folgen und sein Feuer anzunehmen.

SPOX: Wo Sie sein Feuer ansprechen: Welche Auswirkung hat es auf Sie als Mitspieler, neben einem dermaßen wilden und besessenen Typen auf dem Court zu stehen?

Roberson: Russ reißt uns alle mit und gibt uns Energie. Es ist Wahnsinn, wie er mit einer einzigen Aktion das ganze Team und die ganze Halle elektrisieren kann. Dann rennst du zurück in die Defense und beißt umso mehr, um diese positive Atmosphäre nicht kaputtzumachen. Ich glaube nicht, dass viele Spieler eine solche Wirkung haben können. Wenn wir diesen Spirit richtig ausnutzen, sind wir als Team schwer zu schlagen - auch ohne KD und Serge Ibaka.

SPOX: Haben Sie im Sommer mit Westbrook darüber gesprochen, wie Sie sich gegenseitig helfen können, nachdem sich das Team so verändert hat?

Roberson: Nicht wirklich. Also, wir haben natürlich viel miteinander gesprochen, aber dabei ging es eigentlich um andere Themen. Als Basketball-Spieler und Teammates kennen wir uns mittlerweile ja recht gut und wissen eigentlich beide, was zu tun ist. Ich arbeite natürlich an meinen Schwächen und er sicher auch an seinen, auch wenn er vielleicht weniger Schwächen hat. (lacht) Aber da braucht es eigentlich keine Absprachen, da wir ohnehin alle die gleichen Ansprüche haben.

SPOX: A propos - mit welchen Ansprüchen gehen Sie ins erste Duell mit Durant? Als bester Flügelverteidiger der Thunder werden Sie wohl viel mit ihm zu tun haben.

Roberson: Ich freue mich definitiv darauf. Ich habe natürlich schon im Training viel gegen ihn gespielt und weiß daher einigermaßen, was auf mich zukommt. Allerdings sieht unsere Defense gegen die Warriors natürlich nicht allzu viel Eins-gegen-Eins vor, sondern jede Menge Switches. Im Laufe des Spiels bekomme ich es mit jedem von ihnen zu tun - simpel wird es gegen sie nicht. Aber das macht ja auch den Spaß daran aus. Ich gehe auf jeden Fall sehr motiviert in das Duell, gerade nach der Niederlage in den Conference Finals.

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SPOX: Abgesehen von KD: Wer bereitet Ihnen in der Defense die größten Probleme?

Roberson: Es gibt defintiv einige gute Jungs auf den Positionen Zwei bis Vier, mit denen ich mich herumschlagen muss. (lacht) Ich habe sehr großen Respekt vor Jungs wie Klay Thompson, Kawhi Leonard und Jimmy Butler. Sie halten dich nämlich nicht nur defensiv die ganze Zeit beschäftigt und rennen um einen Block nach dem anderen, gerade Klay, sie verteidigen auch noch richtig gut. Butler beispielsweise ist körperlich so stark, dass man mit ihm an beiden Enden des Courts alle Hände voll zu tun hat.

SPOX: Zurück zu den Thunder - es wirkt, als gäbe es ziemlich viele Charakterköpfe in Ihrem Team, jetzt kam mit Victor Oladipo noch ein weiterer dazu. Wer ist denn Ihr witzigster Mitspieler?

Roberson: Steven Adams, und zwar bei weitem. Da gibt es überhaupt keinen Zweifel. (lacht) Der Kerl hat einfach einen wahnsinnig guten Sinn für Humor. In jeder Lage fällt ihm ein blöder Spruch ein. Das hilft teilweise schon sehr, wenn man ein schlechtes Spiel hatte. Steve baut dich immer wieder auf, ob direkt oder indirekt, wenn er sich über etwas anderes lustig macht. (lacht)

SPOX: Welche Rolle nimmt jemand wie er ein, nachdem sich im Sommer so viel verändert hat? Hat sich die Atmosphäre bei den Thunder ohne Durant und Ibaka verändert?

Roberson: Nun, es ist eine gewisse Wut zu spüren. Natürlich ist keiner von uns glücklich damit, was im Sommer passiert ist. Andererseits haben wir aber auch nichts davon, uns jetzt zu ärgern, und wissen das auch alle. Wir denken immer noch, dass wir das Potenzial haben, zusammen einiges zu erreichen. Für diese Ziele ziehen wir alle an einem Strang und deswegen ist die Stimmung am Ende doch nicht wirklich anders als in den letzten Jahren. Wir glauben immer noch, dass wir eins der besten Teams der Liga sind oder sein können. Und wenn mal etwas nicht perfekt läuft - dann kommt Adams mit seinen Sprüchen ins Spiel. (lacht)

Andre Roberson im Steckbrief