Die NBA-Saison läuft seit einer Woche und schon jetzt schwimmt man nahezu in Storylines. SPOX wirft einen Blick auf die ersten Trends und analysiert, welche davon auf Dauer Bestand haben könnten.
One-Man-Shows sind super: Hände hoch, wer vor der Saison ziemlich große Zweifel an den Thunder hatte! Okay, ich habe meine jetzt wieder runtergenommen, schließlich lässt es sich sonst schwer weiterschreiben. Aber ja, ich war mir absolut nicht sicher, wer in diesem Team abgesehen von Russell Westbrook in irgendeiner Form konstant für Gefahr sorgen sollte.
Die Antwort nach drei Spielen? Völlig egal! Solange Westbrook in drei Spielen mehr als 100 Punkte, 30 Rebounds und 30 Assists auflegen kann, ist mit OKC so oder so zu rechnen. Das gab es zum Saisonstart übrigens noch nie und sollte physisch eigentlich nicht möglich sein, aber solche Nichtigkeiten haben Westbrook ja noch nie interessiert.
Russ steht derzeit bei 38,7 Punkten (lol), 11,7 Assists (rofl) und 12,3 Rebounds (lmao) im Schnitt. Wichtiger als die Durchschnittswerte ist jedoch der Fakt, dass OKC bisher jedes seiner drei Spiele gewinnen konnte, auch wenn das vor allem gegen Phoenix (Overtime) nicht wahnsinnig souverän war. Genau genommen waren alle drei Spiele relativ knapp (das letzte leicht ausgeklammert), obwohl die Gegner Philadelphia, Phoenix und die Lakers nicht gerade als elitär gelten dürfen.
Aber Stand jetzt kann man auch dazu nur sagen: Völlig egal! Russ ist auf der Jagd nach der ersten Triple-Double-Saison seit Oscar Robertson, was nach dem Abschied von Kevin Durant ja irgendwo auch zu erwarten war. Bisher scheint aber auch das Team keineswegs unter seiner astronomischen Usage Rate (40,2 Prozent) zu leiden, und das wurde - zumindest von mir - so nicht erwartet. Props an Mats Hummels.
Now I do what I want!
Na gut, nicht immer: Die Top 3 in Sachen Usage Rate bilden neben Westbrook derzeit Joel Embiid (41,5 Prozent) und DeMar DeRozan (37,6). An vierter Stelle kommt dann jemand, der den obigen Abschnitt wohl nicht mit trockenen Augen hätte zu Ende lesen können. Die Rede ist natürlich von Anthony Davis.
"The Brow" hätte auch durchaus Grund, das Label "One-Man-Show" für Westbrook anzufechten. Denn wenn man bei jemandem, der immerhin die Neu-Multimillionäre Steven Adams und Victor Oladipo sowie Enes Kanter neben sich hat, von einer One-Man-Show spricht - was zur Hölle erlebt dann gerade Davis?
Davis legt momentan mit 37 Punkten, 13 Rebounds, 2,5 Steals und 3 Blocks im Schnitt genauso absurde Statistiken auf wie Westbrook, im Gegensatz zu den Thunder stehen die Pelicans bisher aber ohne Sieg da (0-4). Woran liegt das wohl? Davis' beste Mitspieler heißen Tim Frazier und E'Twaun Moore. No offense, aber...
Es wäre eine Beleidigung für andere Trümmerhaufen, wenn man die Pelicans als einen solchen bezeichnen würde. Qualität, Talent, Eingespieltheit, Abstimmung, Offense, Defense, was auch immer - es fehlt in New Orleans. Und das wird sich auch nicht alles ändern, wenn Tyreke Evans und Jrue Holiday irgendwann wieder beim Team sind.
Davis spielt mittlerweile seit 2012 bei den Pelicans, bisher stand er genau einmal in den Playoffs. Er steht noch bis 2021 in New Orleans unter Vertrag, aber langsam muss sich die Franchise wirklich mal etwas einfallen lassen. Eine Braue reicht nicht, das sollte mittlerweile allen Beteiligten klar sein.
Die Splash Brothers sind umgezogen: Während Klay Thompson sich bei den Warriors in einer massiven Wurfkrise befindet (siehe unten), konzentrieren wir uns jetzt lieber auf das Team, das die wahren "Splash Brothers" in seinen Reihen hat. Es geht selbstverständlich um die Chicago Bulls.
Was wurde vor der Saison nicht alles geschrieben: Wer soll da werfen? Wer sorgt für Spacing? Stehen sich die "drei Alphas" Dwyane Wade, Rajon Rondo und Jimmy Butler nicht die ganze Zeit auf den Füßen? Wann gibt es die erste Eskalation zwischen Fred Hoiberg und einem seiner drei Stars? Und warum liegt da überhaupt Stroh rum?
Es mögen teilweise berechtigte Fragen gewesen sein, aber aktuell verfügen die Bulls über die beste Dreierquote der Liga (42,5 Prozent) und führen mit perfekter Bilanz gemeinsam mit Cleveland und Atlanta die Eastern Conference an. Ja nee, ist klar.
Ist das in irgendeiner Form haltbar? Alle Konventionen sprechen dagegen, aber wenn die Bulls uns eines lehren, ist es die Tatsache, dass Konventionen für die Tonne sind. Splash!
Eingespielt ist besser als nicht eingespielt: Wir wollen uns jetzt nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen, aber: Eine etwas andere Situation als Davis erleben derzeit die Warriors. Trotz der mittlerweile durchaus guten 3-1-Bilanz ist aber auch in Oakland noch lange nicht alles Gold, was glänzt. Das offenbarten die zum Teil eher erzwungenen drei Siege, aber vor allem natürlich die 28-Punkte-Klatsche gegen die Spurs zum Auftakt.
Newsflash für alle, die einen angenehmen Warriors-Spaziergang mit mehr als 73 Siegen erwarteten: Auch wenn man mehr Talent hat als alle anderen, braucht man zu Beginn ein wenig Eingewöhnung.
Durant läuft derzeit fast genauso viele Isolation-Plays wie in OKC, Klay Thompson steckt in der Krise (10,7 Prozent Dreierquote!!!) und Draymond Greens Mutter beschwerte sich bereits während des ersten Spiels bei Twitter, dass Steve Kerr ihren Sohn falsch einsetze (mittlerweile leider gelöscht). Ganz zu schweigen davon, dass außerhalb der Big Four niemand wenigstens 8 Punkte pro Spiel macht und die Defense momentan noch extrem leidet.
Die Warriors sind momentan verletzlicher, als es in wenigen Wochen oder Monaten der Fall sein sollte. Und da kommt ein Gegner wie die Spurs, bei denen traditionell große Kontinuität herrscht, eben genau zur rechten Zeit.
Zumal Kawhi Leonard sich in absoluter Überform präsentiert (dazu später mehr) und die Spurs ihre ersten vier Saisonspiele alle gewinnen konnten - das schafften sie in 50 Saisons mit Tim Duncan nicht ein einziges Mal. Und dass, obwohl sich Pop treu geblieben ist und schon im dritten Spiel zwei Starter schonte...
Wir lehnen uns noch einmal weit aus dem Fenster: Beim nächsten Aufeinandertreffen beider Teams am 3. Dezember in San Antonio wird es nicht mehr so deutlich ausfallen - aber einen Spaziergang für die Dubs gibt es gegen den fleischgewordenen Androiden Kawhi und seine grauen Panther auch dann nicht.
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Einstimmig wird's eher nicht: Mit etwas mehr Gewissheit können wir die folgende Aussage treffen: Das MVP-Rennen wird in dieser Saison mal wieder richtig heiß. Dass erneut jemand einstimmig gewählt wird wie im letzten Jahr, ist äußerst unwahrscheinlich. Es gibt höchstwahrscheinlich einfach viel zu viele gute Kandidaten.
Westbrooks monströsen Start haben wir erwähnt, den von Davis auch, wenngleich man mit einer 0-82-Bilanz vermutlich kein MVP wird. Mit den Durants und Stephen Currys dieser Welt ist ohnehin immer zu rechnen, auch wenn der Start der Warriors noch nicht ideal verlief. Aber das sind noch lange nicht alle.
James Harden produzierte über die ersten vier Spiele 32,3 Punkte, 11,8 Assists und 7,3 Rebounds im Schnitt (gut, zwei von vier Spielen waren gegen Dallas...) und nimmt genau wie Westbrook Tiny Archibald ins Visier: Der kleine Point Guard war in den 70er Jahren der erste und einzige Spieler, der die Liga in einer Saison jeweils bei Punkten und Assists anführte.
LeBron James, der mit MVP-Awards ja bekanntlich eine gewisse Erfahrung hat, strebt derweil momentan eher nach Oscar Robertson und Magic Johnson (20,5 PPG, 9,6 RPG, 9,5 APG). Da kann ihn Tyronn Lue so oft schonen wollen, wie er will: Wenn LeBron Bock hat, ist er in jeder Saison ein legitimer MVP-Contender. Damian Lillard und Paul George klopfen an die Tür.
Und dann gibt's natürlich auch noch Leonard mit den Klauenhänden. Wo soll die Entwicklung dieses Roboters eigentlich noch hinführen? Kawhi kam vor fünf Jahren als wurfschwacher Defensivspezialist in einem Trade für George Hill nach San Antonio. Seitdem hat er einen Finals-MVP abgeräumt und wurde zweimal Defensive Player of the Year. Letzte Saison wurde er DPOY und zudem noch Zweiter bei der MVP-Wahl - und wenn die ersten Eindrücke irgendetwas wert sind, ist Kawhi noch einmal deutlich besser geworden.
28,4 Punkte, 4,2 Rebounds, 3,8 Assists, 3 (!) Steals und 50/40/90-Quoten? Das sind absolut MVP-würdige Stats, selbst wenn Kawhi dabei dieselbe Euphorie ausstrahlt wie ein Koala nach der Eukalyptus-Aufnahme. Die #SmallSampleSize bezieht sich auf fast alle Aussagen in diesem Artikel, aber nicht auf diese: Mit dieser Riege an Stars ist die NBA in ziemlich guten Händen.