9. April 1973, so lange ist es her, dass ein Hawks-Spieler in einem Playoff-Spiel mindestens 25 Punkte und 10 Assists auflegte. Der große Pete Maravich, neben Dominique Wilkins und Bob Pettit einer der besten Spieler der Franchise-Historie, legte diese Zahlen in einer Erstrunden-Partie gegen die Boston Celtics auf. Die Hawks gewannen zwar damals die Partie, die Serie ging dennoch mit 4:2 an den Rekordmeister.
Nun, 44 Jahre später, ist Dennis Schröder in die Fußstapfen von Pistol Pete getreten. 29 Zähler,11 Dimes und lediglich ein Turnover wurden im Boxscore verzeichnet, nur freuen konnte sich der Deutsche nicht wirklich darüber. Die Hawks verloren das so wichtige fünfte Spiel der Serie, eine weitere Pleite bedeutet nun das Aus.
Auch dieses Mal ging es knapp zu. Es begegneten sich zwei Teams auf Augenhöhe, doch wie in den anderen vier Spielen behielt die Heimmannschaft die Oberhand. "Wir waren genau da, wo wir sein wollten", haderte Schröder. "Wir haben einige Rebounds, Layups und Jumper liegen gelassen. Das ist sehr ärgerlich."
In der Tat: Der Point Guard der Hawks zeigte das wohl beste Spiel seiner Karriere und legte sowohl bei den Punkten als auch Assists neue Bestwerte für die Playoffs auf. Gerade in einer fremden Halle in einem wichtigen Spiel war dies von einem 23-Jährigen, der seine erste Postseason als Starter spielt, nicht unbedingt zu erwarten.
Schröder läuft heiß
Entsprechend verteidigten auch die Wizards. Während es Paul Millsap im Post und in der Zone so schwer wie möglich gemacht wurde, ließ man den Aufbau machen und respektierte vor allem dessen Wurf wenig, obwohl Schröder schon in Spiel 4 mit wichtigen Jumpern im Schlussabschnitt seine Qualitäten unter Beweis gestellt hatte.
Bereits im ersten Viertel deutete sich an, dass Dennis einen guten Tag erwischt hatte. Statt John Wall nahm es diesmal Bradley Beal mit dem Deutschen auf und ging konsequent unter dem Screen hindurch. An diesem Tag ein großer Fehler. Fünf von sechs Versuche von Downtown schickte Schröder durch die Reuse. Auch insgesamt wirkte sein Auftritt spritziger.
Coach Budenholzer stellte Schröder in der Defense gegen Beal, um den aufreibenden Duellen mit Wall aus dem Weg zu gehen. Es schien ein gutes Konzept zu sein, auch wenn sich Beal häufig mit Hilfe von Screens hin und wieder zum freien Abschluss kam. Was aber nicht gut funktionierte, war das Transition-Game der Wizards - und das fehlte Washington merklich.
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Keine Vorteile der Reservisten
Wie schon in Atlanta hatten Wall und Co. große Probleme, in Halfcourt-Sets ausreichend Offense zu generieren. Wall kam kaum zum Korb, da Howard aufgrund des indisponierten Gortat immer wieder helfen konnte. Im ersten Viertel konnte so von den Startern lediglich Beal und Markieff Morris punkten
Allerdings verpasste Atlanta es, nachzulegen. Die zuletzt so starke Bank konnte nicht an die Leistungen der Heimspiele anknüpfen. Exemplarisch dafür stand Kent Bazemore, der Wall diesmal nicht halten konnte. Dazu war so gut wie jeder Wurf zu kurz. Die Wizards stellten daher auf klein mit Morris auf Center und drückten nach langen Rebounds auf die Tube.
Dieses Mal konnte sich die Reservisten der Wizards auszeichnen. Brandon Jennings lieferte einige gute Plays, Kelly Oubre Jr. beging diesmal keine dummen Fouls und zeichnete sich dagegen durch unbändigen Einsatz aus. Der große Vorteil der Hawks, die bislang über mehr Alternativen verfügten, war so egalisiert.
Washington defensiv verbessert
Ein weiteres Plus der Gastgeber war zudem die starke Verteidigung unter dem Korb, was den Wizards in Atlanta noch das Genick gebrochen hatte. "Wir haben lange die Videos studiert. Ich denke, wir haben gut geantwortet", erklärte Coach Scott Brooks diese Steigerung. Im vierten Viertel verbuchte Atlanta nur noch acht Punkte in Korbnähe (4/13 FG).
Bojan Bogdanovic und Otto Porter stemmten sich dabei mit allem, was sie hatten, gegen Millsap, der kaum mehr zum Zug kam (2/9 FG). Konnte er dann doch mal seinen Gegenspieler überwinden, war sofort Hilfe von der Weakside zur Stelle - auch in dem Wissen, dass außer Schröder kein Schütze überzeugte (Rest des Teams: 4/25 von Downtown). So räumte Shooting Guard Beal Atlantas Power Forward gleich zweimal ab. "Ich denke, er ist einer der besten Two-Way-Player der Liga. Er braucht das nicht jedem zu sagen, wir wissen das auch so", lobte Brooks seinen Zweier.
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Defizite in der Crunchtime
Die einzig verlässliche Option blieb Schröder, der aber durch die starke Defense von Beal kaum Raum für Abschlüsse bekam. Dennoch hielten die Hawks das Spiel offen, am Ende reichte es aber wieder nicht. "In jedem der drei Spiele hier, waren wir dran. Wir haben das Gefühl, dass wir besser spielen können", bilanzierte Bud die bisherigen Reisen ins Verizon Center.
Dabei können auch dessen Entscheidungen infrage gestellt werden. War es richtig, Dwight Howard (5 Fouls) am Ende draußen zu lassen? Hätten die Hawks bei vier Punkten Rückstand und noch 40 Sekunden auf der Uhr nicht lieber Wall gefoult? "Ich dachte, sie spielen das Foul-Spiel, aber so wir konnten die Uhr runterspielen", zeigte sich auch der Star der Wizards ein wenig verwundert: "Im Chaos haben wir dann unsere beste Defense gespielt."
So verloren die Hawks wertvolle Zeit, ließen sogar noch einen Offensiv-Rebound zu und konnten sich bei Gortat bedanken, der tatsächlich noch einmal warf (und verfehlte), dass sie überhaupt noch einmal in Person von Hardaway auf den Korb zielen durften. "In der Crunchtime müssen wir einfach besser spielen", bilanzierte ein zerknirschter Schröder. So blieb dessen Stepback-Dreier der einzige Korb der Hawks in den letzten zwei Minuten. Warum es dann aber gleich mehrfach Millsap - der nicht im Rhythmus war - im Post richten sollte und Schröder keinen Abschluss mehr bekam, bleibt wohl das Geheimnis der Hawks.
Verschwenderische Hawks
Was blieb, war das Gefühl, dass erneut eine Chance liegengelassen wurde und nun kein Spielraum für Fehler mehr vorhanden ist. Die Hawks hielten ihren Kontrahenten bei 45 Prozent Trefferquote (29 Prozent von Downtown), begingen als fehleranfälliges Team nur 11 Turnover und bekamen von ihrem Point Guard das beste Spiel, welches er je gespielt hat - und dennoch muss Atlanta sich in der Nacht von Freitag auf Samstag mit dem Gedanken des Ausscheidens auseinandersetzen.
Während Millsap nach Spiel 4 noch tönte, die Wizards "entschlüsselt" zu haben, steht die Franchise aus Georgia nun mit dem Rücken zur Wand. "Wir müssen aggressiver und fokussierter sein", forderte darum Budenholzer.
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Es wird Zeit. Es wurde viel geredet, wie viel besser dieses Team spielen könne. Nun muss das auch gezeigt werden, denn sonst ereilt Schröder und die Hawks das gleiche Schicksal wie Pistol Pete 1973: das Aus in Runde eins.