Lachen am Ende wieder die Lakers?

Robert Arndt
21. Juni 201715:10
Magic Johnson arbeitet wieder im Front Office der Los Angeles Lakersgetty
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Kurz vor der Draft sorgen zwei Trades für Paukenschläge in der Liga. Die Hawks trennen sich von Dwight Howard, während die Los Angeles Lakers alles auf die Karte Paul George setzen. SPOX beleuchtet die Deals und erklärt die Hintergründe der Geschehnisse.

Der Deal

Die Hawks bekommen: Marco Belinelli, Miles Plumlee, 41. Pick Draft 2017

Die Hornets bekommen: Dwight Howard, 31. Pick Draft 2017

Was bedeutet der Trade für die Atlanta Hawks?

So plötzlich der Deal beschlossen wurde, es macht absolut Sinn. Die hohen Erwartungen an den mehrfachen Defensive Player of the Year waren groß, auch weil Atlanta mit Howard ihr komplettes System umwarfen für den Hometown-Hero. War Al Horford ein Center mit feinem Touch, der von jeder Position auf dem Court Gefahr ausstrahlte, verbrachte Howard den Großteil der Zeit am Zonenrand.

Zwar ist Howard erst 31, doch als Spieler, der mit 18 Jahren in die Liga kam und seitdem fast ausschließlich auf seine Athletik baute, schwand sein Einfluss auf das Spiel. Offensiv konnte Howard wenig anbieten, dazu offenbarten sich in den Playoffs eklatante Schwächen in der Pick-n-Roll-Verteidigung. Auch dies war ein Grund, warum D8 große Teile der Schlussviertel auf der Bank verbrachte.

Magic Johnson arbeitet wieder im Front Office der Los Angeles LakersgettyDie Hawks haben nun einen Schlussstrich nach nur einem Jahr gezogen. Sicherlich hat Atlanta wenig Gegenwert bekommen, doch das Entscheidende sind die Ersparnisse, die der Deal mit sich bringt - zumindest kurzfristig. Durch den Move sparen die Hawks 3,4 Millionen in dieser und 11,3 Millionen in der kommenden Saison. Allerdings: Der fürchterliche Plumlee-Vertrag steht in Georgia noch bis 2020 in den Büchern (12,5 Mio.), also ein Jahr länger als Superman. Mit Belinelli besitzt man nun einen echten Scharfschützen, den Mike Budenholzer bereits letzte Saison hätte gebrauchen können.

Doch dies spielte in den Planungen der Hawks zunächst wohl keine Rolle. Viel wichtiger ist das gesparte Geld für diesen Sommer, womit der werdende Free Agent Paul Millsap bezahlt werden soll. Da macht es auch nichts, wenn aus Howard letztlich nur ein Plumlee wird. Zeiten ändern sich in der Liga, auch für den einst besten Center der Liga. GM Travis Schlenk machte in seiner kurzen Amtszeit bereits mehrfach deutlich, dass eine Unterschrift von Millsap höchste Priorität genieße, von Dwight war nie die Rede.

Allerdings zu welchem Preis? Ab dem 1. Juli steht bei Atlanta neben dem teuren Bazemore-Vertrag (noch 4 Jahre, je 17,5 Mio) auch das neue Arbeitspapier von Dennis Schröder auf der Gehaltsliste (4 Jahre, je 15,5 Mio). Die Hawks haben also bereits jetzt rund 65 Millionen Dollar verbraten und obwohl neben Millsap auch Tim Hardaway Jr., Thabo Sefolosha, Ersan Ilyasova oder Mike Muscala noch ohne Vertrag sind.

Wer letztlich gehalten werden kann, hängt nun auch von Millsap ab. Theoretisch könnte Atlanta einen Max-Deal über 205 Millionen für fünf Jahre anbieten. Da der Forward aber bereits 32 ist, erscheint dies nicht realistisch. Interessant wird sein, welche Teams den harten Arbeiter holen wollen bzw. wie viel sie ihm bezahlen wollen. Wie man es dreht und wendet: Verlängert Millsap, wird der kommende Roster verdammt teuer. Ohne ihn erscheinen die Playoffs außer Reichweite.

Was bedeutet der Trade für die Charlotte Hornets?

Howard mag zwar über seinen Zenit hinaus sein, doch für die Hornets könnte sich diese Verpflichtung als echter Coup herausstellen. Auch ohne den Center hatten die Hornets zahlreiche Verträge über mindestens zwei Jahre in den Büchern und dem Team waren quasi die Hände gebunden. Durch den Trade verschwindet ein schlechter Vertrag (Plumlee) und mit Howard kommt zwar ein minimal teurerer Spieler, der aber mehr Qualitäten besitzt und dem Team somit auf dem Feld mehr bringen. Dass Supermans Vertrag ein Jahr eher ausläuft, ist ein netter Randaspekt.

Darüber hinaus unterstrichen die Hornets noch einmal, dass sie gewillt sind mit ihrem Kern erneut die Playoffs anzugreifen - nun mit der Addition des mehrmaligen All Stars. Eine Rotation aus Kemba Walker, Jeremy Lamb, Michael Kidd-Gilchrist, Nicolas Batum, Cody Zeller und eben jenem Howard liest sich auf den ersten Blick gar nicht schlecht.

Bereits in der vergangenen Saison verkaufte sich Charlotte teils unter Wert, da das Team mit Verletzungen (Walker, Batum) zu kämpfen hatte und so klar die Postseason verpasste. Dass Charlotte besser sein kann, zeigten sie im Jahr zuvor, als das Team Fünfter im Osten wurde und erst gegen die Miami Heat in sieben Spielen niedergerungen wurde.

Gleichzeitig kennt Howard aus alten Orlando-Zeiten Trainer Steve Clifford. Der Hornets-Coach gilt als exzellenter Mann für die Defensive und hat nun mit Howard erstmals in seiner Zeit in Charlotte einen echten Anker am hinteren Ende des Feldes. Zusammen mit Zeller können die Hornets nun über 48 Minuten eine mehr als respektable Center-Rotation aufbieten.

Allgemein kann der Trade für Charlotte positiv gesehen werden. Bis 2019 werden die Hornets mit diesem Kern angreifen, um einen weiteren Push für die Playoffs zu machen oder gar mal eine Runde zu überstehen. Nach diesen zwei Jahren stehen erst wieder Entscheidungen an. Dann laufen die Verträge von Howard, Marvin Williams und Michael Kidd-Gilchrist, Jeremy Lamb und vor allem Kemba Walker aus.

Der Deal

Die Lakers bekommen: Brook Lopez, 27. Pick Draft 2017

Die Nets bekommen: D'Angelo Russell, Timofey Mozgov

Was bedeutet der Trade für die Brooklyn Nets?

Auf den ersten Blick sieht es natürlich verheerend aus, sich den fast schon legendär schlechten Vertrag von Mozgov ans Bein zu binden. Aber: Die Nets werden noch über Jahre zur Unterschicht der Liga gehören. 2017 pickt Philly (via Boston) für die Nets, im kommenden Jahr geht der Pick direkt nach Boston und 2019 können die Celtics mit Brooklyn ihren Erstrundenpick tauschen.

Somit fehlt der Franchise aus New York City vor allem eines - junge, hochtalentierte Spieler. Durch den Trade bekommen sie in D'Angelo Russell, dem zweiten Pick aus dem Draft von 2015 immerhin einen möglichen All Star der Zukunft. Der Guard erfüllte zwar in L.A. die hohen Erwartungen nicht vollständig, steigerte sich aber in seiner Sophomore-Saison deutlich (15,6 Punkte, 4,8 Assists im Schnitt).

Nun bekommt Russell die Schlüssel einer darbenden Franchise in die Hand und kann sich in Brooklyn in Ruhe entwickeln und zeigen, dass er einer der besten Guards der Liga werden und ein Team führen kann, was in den chaotischen zwei Jahren bei den Lakers kaum möglich gewesen ist. Es erscheint wahrscheinlich, dass er zusammen mit Jeremy Lin die Nets zumindest wieder halbwegs respektabel machen kann.

Dass Russell zu den schlechtesten Verteidigern der Liga zählt, fällt dabei weniger ins Gewicht. Die Nets werden weiter versuchen, schnellen und attraktiven Basketball zu spielen, um wieder mehr Zuschauer ins mittelmäßig besuchte Barclays Center zu locken. Mit Russell hat man nun wieder eine echte Attraktion und ein Gesicht, das für die Franchise stehen kann.

Und Mozgov? Der Russe steht noch drei Jahre unter Vertrag und wird auch aus Mangel an Alternativen viele Minuten beim Team von Kenny Atkinson bekommen. Capspace blockiert der Center auch nicht. Die Nets sind auch mit ihm noch rund 35 Millionen unter der Grenze und haben keine Free Agents, die sie im Sommer bezahlen müssen.

Was bedeutet der Trade für die Los Angeles Lakers?

Vor allem eines: Flexibilität. Mit Mozgov entledigte sich die Organisation zumindest einem Teil des Ballasts, welchen der damalige GM Mitch Kupchak der Franchise mit den Signings von Luol Deng und des Russen im Sommer 2016 aufgeschultert hatte. Mit Lopez kommt ein mehr als solider Center, der ein weiches Händchen und einen guten Jumper hat, dazu blockt der Big Man immer mal einen Wurf.

Dass er über seine Karriere stets ein schwacher Rebounder war, muss die Lakers zunächst nicht interessieren. Stattdessen besitzt Lopez nur noch einen Vertrag bis zum Ende der Saison 2017/18. Dass Lopez dabei noch 22,6 Millionen Dollar zustehen, nehmen die Kalifornier billigend in Kauf.

Mit Russell verlässt dagegen ein wichtiger Rotationsspieler Tinseltown, der aber nicht immer unumstritten war. Zugleich ist es ein weiteres Indiz, dass die Lakers wie von den meisten erwartet, Lonzo Ball im Draft ziehen werden und ihn für die Zukunft aufbauen werden. In L.A. war man wohl der Überzeugung, dass dieses Tandem nicht funktionieren würde, obendrein steht mit Jordan Clarkson ein weiterer solider Guard im Roster.

Dies sind jedoch alles nur Randaspekte. Das ultimative Ziel war, so viel Capspace wie möglich für den Sommer 2018 freizuschaufeln, wenn ein gewisser Paul George und auch LeBron James in die Free Agency gehen. Speziell PG-13 wird seit Monaten in Los Angeles gehandelt, zudem gelten die Lakers als die Wunschdestination für den Star der Indiana Pacers.

Durch den Move haben die Lakers nun ausreichendend Platz, um George das maximale Gehalt anbieten zu können. Allerdings stellt sich weiter die Frage, ob Lakers nicht schon vorher einen Trade mit den Pacers einfädeln wollen, wie bereits mehrfach berichtet wurde. Marc Stein von ESPN berichtete zuletzt, dass Purple&Gold mit einem Paket aus Julius Randle und Jordan Clarkson (dazu der 27. und 28. Pick der Draft) Indiana zu einem Deal bewegen möchte.

Was zur Hölle ist los in der Liga?

Die Saison ist kaum eine Woche vorbei und schon scheint es, als ob sich die Ereignisse überschlagen. Es kann angenommen werden, dass die beiden Trades nur der Anfang eines wilden Sommers gewesen sind. Neben den Lakers tauchen auch die Cleveland Cavaliers in unzähligen Gerüchten auf. Dabei fallen immer wieder die Namen von Jimmy Butler und Paul George.

Allerdings: Die Cavs stehen im Moment ohne General Manager da, nachdem sich die Organisation nicht mit David Griffin auf eine Verlängerung einigen konnte. Des Weiteren haben die Cavs fast keine Assets anzubieten, der nächste Erstrundenpick, den Cleveland abgeben könnte, wäre erst der im Jahr 2021.

Doch nach der recht deutlichen Finals-Pleite gegen die Golden State Warriors sieht man sich in Ohio zum Handeln gezwungen. So fällt auch wieder häufiger der Name von Kevin Love, der als wahrscheinlichster Trade-Kandidat angesehen muss, auch in einem möglichen Multi-Team-Trade.

Es scheint, als habe die gezeigte Dominanz der Warriors die Liga in Aufruhr versetzt. Nicht nur die Cavs sind auf der Suche nach einem Deal, auch die Boston Celtics versuchen durch ihre Ansammlung an Auswahlrechten einen dicken Fisch zu angeln. George, Butler und der werdende Free Agent Gordon Hayward von den Utah Jazz gelten als die heißesten Kandidaten.

Doch nicht nur die umtriebigen Celtics, auch die Los Angeles Clippers tauchen vermehrt im Gossip der Liga auf. Die einst unantastbare Big Three um Chris Paul, Blake Griffin und DeAndre Jordan steht wohl zur Disposition. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Trio nach sechs Jahren gesprengt wird, sei es weil Paul oder Griffin in der Free Agency andere Teams bevorzugen oder weil Jordan auch nicht mehr unantastbar ist.

So oder so: Der Liga stehen spannende und wahrscheinlich auch wilde Wochen bevor. Die Draft erscheint so undurchschaubar wie lange nicht mehr. Auch hier sind zahlreiche Moves zu erwarten, auch bereits gesehen beim Pick-Swap zwischen den Celtics und den Sixers. Dazu scheinen einige echte Stars verfügbar, die unzufrieden sind oder zeitnah die Vorzüge der Free Agency und der neuen Maximal-Deals auskosten können.

Für Fans, die sich über langweilige Playoffs beschwerten, sollte diese zu erwartende wilde Fahrt für die nächsten Wochen Entschädigung genug sein.