Dennis allein zu Haus

Ole Frerks
12. Juli 201714:34
Myles Turner, Dennis Schröder und Knicks-Besitzer James Dolan - drei Verlierer des Sommersgetty
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Auch wenn weiterhin einige Spieler auf dem Markt sind, kann man bereits ein erstes Fazit ziehen: Welche Teams und Spieler gehören zu den Verlieren der Offseason - und wer hat gewonnen? SPOX macht den Check. Teil 1: Die Verlierer.

Chancengleichheit: Erinnert sich noch jemand an die Storylines vor der vergangenen Saison? Als es hieß, dass der Osten nach und nach aufholt und vielleicht nicht in der Spitze, aber in der Breite langsam die Lücke zum Westen schließt? Ich mich auch nicht. Die "Leastern Conference" ist wieder da, das Gefälle ist möglicherweise größer als zu jedem Zeitpunkt seit dem dunklen Zeitalter (damals, als New Jersey zweimal in die Finals kam).

Durch den Talent-Exodus (Jimmy Butler, Paul George, Paul Millsap ...) befinden sich im Osten derzeit so viele Teams im Rebuild, dass es verdammt schwer werden dürfte, zu tanken. Andererseits darf man sich schon darauf gefasst machen, dass ein oder zwei Teams rückwärts stolpernd "aus Versehen" mit 36-38 Siegen in die Playoffs einziehen, während im Westen wohl 45 Siege zu wenig sind. Dass es nicht zum ersten Mal so wäre, macht die Sache auch nicht besser.

Alle Transaktionen des Sommers: Hier geht's zum Überblick!

Utah Jazz: Ein Kandidat für eine starke Spielzeit ohne Playoffs sind die Jazz. Es ist schon relativ bitter gelaufen: Da schaffte es Utah vergangene Saison zum allerersten Mal mit dem Kern um Gordon Hayward, das Potenzial ansatzweise auszuschöpfen, und zog trotz etlicher Verletzungen mit 51 Siegen in die Playoffs ein - und schon verzog sich ebenjener Hayward als einziger Star in diesem Sommer Richtung Eastern Conference.

Myles Turner, Dennis Schröder und Knicks-Besitzer James Dolan - drei Verlierer des Sommersgetty

Während Hayward mit seinem neuen Team in Boston unter Garantie in die Playoffs einziehen wird, müssen die Jazz tatsächlich um jeden Sieg kämpfen. Das Team hat immer noch Playoff-Format, zumal Donovan Mitchell so aussieht, als könnte er sofort helfen, aber im Gegensatz zu vielen anderen Teams im Westen sind sie eben nicht besser geworden. Im Osten kann Stillstand ein Erfolg sein (siehe: Raptors, Toronto) - aber eben nicht in diesem Blutbad namens Western Conference.

Chicago Bulls: Dass der Trade von Jimmy Butler nicht besonders clever war, hat sich mittlerweile rumgesprochen - für eine genaue Analyse geht es noch einmal hier entlang. Seitdem haben die Bulls Justin Holiday günstig geholt und Cristiano Felicio (teuer: 4 Jahre, 32 Millionen Dollar) gehalten. Bei Nikola Mirotic haben sie dies auch noch vor, bisher gibt es aber keine Einigung mit dem Restricted Free Agent.

Macht unterm Strich: Die Bulls haben in Dwyane Wade und Robin Lopez zwei teure Veteranen und abgesehen davon eine Wagenladung an Spielern zwischen 20 und 25 Jahren (Holiday ist mit 28 eine Ausnahme), von denen sich bisher kein einziger als Eckstein eines Neuaufbaus empfohlen hat. Am ehesten noch Zach LaVine, aber der hat bekanntlich gerade einen Kreuzbandriss hinter sich.

Natürlich darf man die jungen Spieler wie Denzel Valentine, Kris Dunn oder Cameron Payne noch nicht abschreiben, aber gerade bei Payne käme man in der Summer League nicht darauf, dass er schon zwei NBA-Jahre auf dem Buckel hat. Geschweige denn, dass er ein NBA-Starter sein sollte. Zur Erinnerung: Für Payne (und Joffrey Lauvergne) gaben die Bulls während der letzten Saison Taj Gibson, Doug McDermott und einen 2018er Zweitrundenpick ab.

Apropos Zweitrundenpick: Es ist noch immer unerklärlich, dass die Bulls ihren Zweitrundenpick an die Warriors verscherbelt haben - wozu leitet man einen Rebuild ein und nutzt dann nicht einmal alle Chancen, um junge Talente zu bekommen? "Wir wollten nicht einfach einen Kaderplatz auf einen Spieler verschwenden, den wir wahrscheinlich nicht behalten hätten", erklärte John Paxson danach. Jordan Bell, der dann eben zu den Warriors ging, legte derweil in der Summer League jüngst ein 5x5-Spiel auf ...

Zu guter Letzt: No.7-Pick Lauri Markkanen hat in der Summer League bisher bewiesen, dass er ein sehr gutes Händchen von Downtown hat, seine eklatanten Schwächen in der Defense und beim Rebound deuten aber an, dass er noch ziemlich lange brauchen wird, um auf dem NBA-Level produktiv zu sein.

Natürlich kann es sein, dass Markkanen seine Schwächen loswird - aber gerade angesichts der Leistungen von beispielsweise Dennis Smith, der an 9 gepickt wurde, dürften seine bisherigen Auftritte Bulls-Fans nicht davon abhalten, den Front-Office-Kollegen Paxson und Gar Forman aufs Dach zu steigen.

Indiana Pacers: Wo wir schon bei East-Teams sind, die ihren einzigen Star verscherbelt haben - eine Runde Applaus für Kevin Pritchard! Es wäre ja auch viel zu einfach gewesen, einfach ein paar Tage abzuwarten, ob Boston sich mit Gordon Hayward einigt und dann ein neues Angebot abgibt - nein, bei einem Angebot wie Victor Oladipo und Domantas Sabonis OHNE Draft-Pick für Paul George musste man einfach zuschlagen. Oder so ähnlich. The Ringer zufolge ist noch immer die halbe NBA geschockt ob dieses einseitigen Trades.

Die anschließenden Verpflichtungen von Darren Collison und Bojan Bogdanovic erschienen auch eher rätselhaft, aber immerhin gab man ihnen jeweils nur ein garantiertes und ein nicht garantiertes Jahr. Ob dieses Team einen langfristigen Plan verfolgt, ist allerdings unklar. Welch ein Glück für Indiana, dass Myles Turner erst in einigen Jahren Unrestricted Free Agent werden kann.

George Hill: Während der vergangenen Saison hatte Utah noch mit aller Macht versucht, Hill langfristig zu halten. ESPN zufolge hätten die Jazz seinen Vertrag neu strukturiert und ihm bis 2020 88,3 Millionen Dollar gezahlt, seinen Vertrag also um drei Jahre und 74,7 Millionen Dollar verlängert. Hill jedoch lehnte ab, da ihm wohl nahegelegt wurde, im Sommer könnte er mehr verdienen.

Nicht ganz: Hill plagte sich Ende der Saison und in den Playoffs mit Verletzungen rum, dann holte sich Utah per Trade Ricky Rubio und brauchte den Free Agent auf einmal nicht mehr. Auch andere Bewerber standen nicht gerade Schlange: Im Endeffekt kam Hill für drei Jahre und 57 Millionen Dollar bei den Kings unter. Auch viel Geld, aber das dritte Jahr ist nicht garantiert - und er muss zu den Kings.

New York Knicks: Ein paar Tage lang hätte man annehmen können, dass die Knicks sich endlich mal zusammenreißen: Phil Jackson wurde endlich entlassen und danach sah man zunächst keine Impuls-Transfers oder etwas in der Art. Über die ersten Tage der Free Agency waren die Knicks überhaupt nicht aktiv, abgesehen davon, dass sie sich mit dem "Ed Sheeran des Basketballs" Ron Baker auf einen neuen Deal einigten.

Und dann ... schleuderten die Knicks auf einmal den wohl verrücktesten Vertrag dieses Sommers aus dem Ärmel. 71 Millionen Dollar für Tim Hardaway? Den sie vor zwei Jahren schon hatten und für nicht gut genug befanden? Selbst innerhalb der Organisation sollen Mitarbeiter schockiert von diesem Angebot gewesen sein - und zwar vollkommen zu Recht.

Wenig später sickerte dann durch, dass David Griffin nicht mit den Knicks einig wurde, weil diese ihm nicht die Entscheidungsgewalt im Basketball-Bereich gewähren wollten. Klar. Warum auch den Meister-Macher der Cavaliers machen lassen, wenn man es doch selbst seit mehr als einem Jahrzehnt so viel besser hinkriegt?

Die Knicks bleiben bis auf weiteres die Knicks - mal sehen, mit welchem Lowball-Angebot Houston oder ein anderes Team Carmelo Anthony letzten Endes aus diesem Zirkus loseisen kann.

Dennis Schröder: Der Deutsche hat gerade seine erste Postseason als Starter hinter sich und zeigte mit 24,7 Punkten und 7,7 Assists im Schnitt gegen die Wizards, dass er durchaus zu den aufstrebenden Spielern der Liga gezählt werden kann. Eigentlich sollte das alles ein Grund zur Freude sein. Das Problem jedoch: Es war vielleicht für eine Weile sein letzter Playoff-Auftritt.

Die Hawks haben im Sommer komplett die Reißleine gezogen, indem sie erst Dwight Howard für einen Plumlee tradeten und dann Paul Millsap ziehen ließen, ohne ihrem besten Spieler überhaupt ein Angebot zu machen. Und während Tim Hardaway in New York nahezu lächerlich überbezahlt ist, war er eben doch der drittbeste Scorer in Atlanta.

Es war sinnvoll für die Hawks, einen Neuaufbau einzuleiten, Schröder ist jetzt gewissermaßen aber eben allein zu Haus. In seinen vier NBA-Jahren hat er noch nie die Playoffs verpasst, mit Kent Bazemore als zweitbestem Spieler dürfte sich das im kommenden Jahr aber ändern. Immerhin: Mit Taurean Prince, John Collins, Diamond Stone und Deandre Bembry finden sich schon einige Talente im Kader. Es wird nur eben Geduld brauchen.