Mit einer 3-14-Bilanz führt Atlanta die Ost-Tabelle "von unten" an. Leute, die davon überrascht sind, gibt es wenige, schließlich stand die Offseason 2017 im Zeichen des Rebuilds. Die Abgänge von Paul Millsap, Tim Hardaway Jr. (beide in der Free Agency) und Dwight Howard (Trade) haben das Team aus Georgia noch vor dem ersten Sprungball der Saison ins Rennen um den No.1-Pick 2018 geworfen, der Begriff "Tanking" ließ die ohnehin oft leeren Ränge der Philipps Arena noch lichter werden.
Dank Dennis Schröder, der momentan der einzige Spieler mit ernstzunehmendem Starter-Format im kompletten Roster ist, lohnt es sich aus deutscher Sicht natürlich trotzdem, die Entwicklung des Teams im Auge zu behalten. Denn der 24-Jährige befindet sich in einer Schlüsselsaison, die seinen weiteren Karriereverlauf definieren könnte.
Ein Rebuild dient einer Franchise schließlich auch als Testlauf. Junge Männer, die aufgrund ihrer Charakteristiken im Normalfall typische Rollenspieler wären, agieren als Starter mit Verantwortung, um zu evaluieren, ob doch mehr in ihnen schlummert. Taurean Prince darf hier als Beispiel dienen. Andere wiederum sollen beweisen, dass sie ein Team mehr oder weniger alleine anführen können - und da kommt DS17 ins Spiel.
Dennis Schröder: Scorer und Playmaker
19 Spiele haben die Hawks mittlerweile absolviert, 15 davon mit Schröder, der die anderen mit einer Knöchelverletzung verpasst hat. Er soll - so lautet die Anweisung von Mike Budenholzer - sowohl primärer Scorer als auch Playmaker sein, also praktisch das zeigen, was er auch in der Nationalmannschaft abreißt. Man könnte seinen Status als "Star auf Probe" in Atlanta bezeichnen, dessen Front Office beobachtet, ob die Zukunft auf den Schultern des Braunschweigers gebaut werden soll.
Dabei zeigt er viel Licht, aber auch noch Schatten. Positiv hervorzuheben ist zunächst die Tatsache, dass er die Anzahl der Ballverluste von 3,3 auf 3,1 gesenkt hat, obwohl er mehr Assists spielt als letzte Saison und sich die gegnerischen Verteidigungen sehr stark auf ihn fokussieren.
Besonders gut sieht Schröder aus, wenn sein Team auf Gegner trifft, die einen schnellen Ball bevorzugen. Denn auch wenn die Pace Atlantas nur knapp über dem Durchschnitt liegt, steht ihnen das offene Feld deutlich besser zu Gesicht. Dann nämlich profitiert Schröder von seinem Speed, wenn er gegen unsortierte Verteidigungen zum Drive ansetzen und im besten Fall einen Kickout-Pass zum Schützen anbringen kann.
Atlanta Hawks: Probleme im Halbfeld
Dank Prince, Kent Bazemore oder Marco Belinelli, die allesamt 40 Prozent ihrer Longballs treffen, rangieren die Hawks auf Platz 2 der Liga bei der Dreierquote. Den Aspekt des Playmakers erfüllt Schröder in dieser Hinsicht mehr als zufriedenstellend und auch mit einer 55-prozentigen Wurfquote aus dem Schnellangriff ist er gut dabei.
Allerdings lassen sich nur auf diesem Weg keine Spiele gewinnen. Das hat beispielsweise das Duell mit den Celtics gezeigt, in dem die Hawks gut und schnell starteten und mehrfach - auch hoch - in Führung lagen. Wie so oft dieser Saison brachte die junge Mannschaft den Sieg aber nicht nach Hause. "Wir sind ein sehr junges Team und müssen noch lernen, wie man das vierte Viertel gewinnt", erklärte Schröder das Dilemma gegenüber SPOX.
Die meisten Gegner wissen leider auch, dass die Hawks - so stark sie sind, wenn sie rennen dürfen - eklatante Schwächen im Halbfeldspiel haben. Das ist kein Wunder, da es keine ernstzunehmende Post-Option gibt und Schröder der einzige Ballhandler ist, der die Fähigkeit besitzt, für sich und andere zu kreieren.
Im den meisten Fällen tut er dies aus dem Pick-and-Roll, auch wenn nach den Abgängen von Howard und Millsap die Frequenz im Vergleich zur letzten Saison von 50,3 auf 44,3 Prozent gesunken ist. Aufgrund der fehlenden Qualität des Abrollers probiert es Schröder öfter selbst als im Vorjahr, seine Steigerung von 0,84 auf 0,87 PPP (Points per Possession) ist aber wenig bahnbrechend.
Schröder: Im Pick-and-Roll auf sich gestellt
Dass seine Turnover-Frequenz als Pick-and-Roll-Handler von 16,1 auf 18 Prozent gestiegen ist, darf derweil als "normale" Folge der fehlenden Unterstützung eingeordnet werden. Wer einen Vergleich braucht: Kemba Walker - ein Spieler also, mit dem sich DS17 früher oder später messen muss - kommt auf 0,99 PPP und eine Turnover-Rate von 9 Prozent.
Um fast 10 Prozentpunkte auf 20,6 hat sich die Anzahl der Schröder-Plays gesteigert, denen eine Isolation vorausgeht. Das mag zwar nicht im Sinne von Budenholzer sein, der Ball-Movement und Spacing predigt, doch eine Allzweckwaffe ist auch das nicht, weshalb das klassische Eins-gegen-Eins eben auch mal zum Einsatz kommen muss.
Und hier lässt sich festhalten: Durch die verbesserten Pull-Ups aus der Halbdistanz, die inzwischen jeder Verteidiger ernst nehmen muss, hat Schröder seine Produktivität gesteigert. Durch geschickte Verzögerungen versteht er es in seinen Drives wie kaum ein Zweiter, den Gegner zu einem falschen Schritt zu zwingen und dann doch an ihm vorbeizugehen - oder eben abzudrücken. 1,10 PPP aus Isolationen sind ein starker Wert - zur Elite á la James Harden fehlt da nicht viel.