In der Offseason wurde bei den Pistons vieles verändert. Das Logo erinnert wieder mehr an glorreiche Bad-Boys-Zeiten, als Isaiah Thomas, Joe Dumars, Dennis Rodman oder Bill Laimbeer die Liga das Fürchten lehrten und die Chicago Bulls um Michael Jordan zur Verzweiflung trieben. Zeiten, von denen die Franchise zuletzt nur träumen konnte.
Dem Team fehlt weiter ein echter Star, doch mit einer Bilanz von 10-3 startete die Mannschaft von Stan Van Gundy so gut wie seit der Saison 2005/06 nicht mehr (10-2). Es sollte Aufbruchstimmung in Michigan herrschen. Zu spüren ist davon allerdings nur wenig.
Vor der Spielzeit hatte Detroit den Palace von Auburn Hills verlassen und spielt stattdessen nun wieder im Herzen der Motor City, in der brandneuen Little Caesars Arena. Dennoch blieben zuletzt viele Sitze leer. Nur die Atlanta Hawks weisen derzeit eine schwächere Auslastung ihrer Arena auf.
Detroit Pistons: Neue Arena nicht voll
Schon bei der Einweihung kriegten die Pistons die Bude nicht voll. Offiziell meldete LCA beim Saisonauftakt gegen Charlotte "ausverkauft", dennoch waren zahlreiche rote Sitzschalen auf den Rängen zu sichten. Das mag auf den ersten Blick verwundern, auf den zweiten aber nicht. Seit 1978 spielten die Pistons nicht mehr Downtown, sondern in den reichen Vororten Pontiac und Auburn Hills.
Die Stadt Detroit traf die Wirtschaftskrise dagegen deutlich heftiger, entsprechend können sich weniger Leute die Tickets leisten. Zudem wurde der Umzug erst im Frühjahr publik gemacht. Alte Dauerkarten-Besitzer mussten also schnell reagieren, wenn sie es denn taten.
Dabei verdient das jetzige Team viel mehr Aufmerksamkeit. Noch vor zwei Jahren galt Detroit als eine aufstrebende Mannschaft, die als No.8-Seed in den Playoffs durchaus eine Duftmarke setzte, auch wenn es letztlich in einem Sweep in der ersten Runde gegen die Cleveland Cavaliers um LeBron James mündete.
Die schwache vergangene Saison, in der die Postseason deutlich verpasst wurde, sorgte dann aber für Ernüchterung. Umso überraschender nun der Start, bei dem unter anderem die Los Angeles Clippers und auch die Golden State Warriors in deren Wohnzimmer besiegt wurden. Aktuell weist Detroit gemeinsam mit den Dubs die drittbeste Bilanz der Liga nach Boston und Houston auf.
Pistons: Trade für Avery Bradley ein Glücksgriff
Dabei war es während der Offseason relativ ruhig am Lake Michigan. Kentavious Caldwell-Pope bekam als Restricted Free Agent nicht einmal ein Angebot und schloss sich den Los Angeles Lakers an. Als Ersatz kam Avery Bradley, der im Tausch mit Marcus Morris von den Boston Celtics kam - und sich mittlerweile mehr und mehr als einer der Steals des Sommers herausstellt. Zum einen bringt er dem Team ein dringend benötigtes Plus an Professionalität, zum anderen ist er auch spielerisch stark.
Defensiv ist Bradley ein deutliches Upgrade gegenüber KCP und auch offensiv macht er vieles besser. Der ehemalige Celtic bewegt sich abseits des Balles gut und kann Screens deutlich effektiver für sich nutzen. Auch seine Cuts überraschen nicht selten seine Gegenspieler und sorgen dafür, dass die Offense der Pistons weniger berechenbar wirkt als in der Vergangenheit. Es ist mehr Bewegung in den Aktionen, der Angriff variiert, teils erinnert es sogar an die Motion Offense der Spurs in ihren besseren Zeiten.
"Es gefällt allen, dass jeder Spieler involviert ist", sagte Van Gundy über das neu installierte Angriffssystem. "Keiner steht nur herum. Unsere Spieler sind sehr uneigennützig und brauchen nicht unzählige Würfe."
Zählte Detroit in der vergangenen Saison noch zum Bodensatz der Liga in der Offense, stehen sie nun auf Rang 6 im Offensiv-Rating (107,4 Punkte auf 100 Ballbesitze). Durch das Comeback von Reggie Jackson kann SVG nun mit ihm und Ish Smith über 48 Minuten solides bis gutes Point-Guard-Play bekommen.
Pistons: Reggie Jackson und Tobias Harris formstark
Dabei war gerade Jackson in der letzten Saison noch ein Dorn im Auge vieler Pistons-Fans. Der ehemalige Thunder-Spieler verärgerte mit seiner schlechten Körpersprache, er war allerdings auch das komplette letzte Jahr nicht richtig fit. Nun ist er aber körperlich voll auf der Höhe und macht mit durchschnittlich 16,3 Punkten und 6,1 Assists einen guten Job. Auch sein Net-Rating schnellte von -8,8 auf 6,7 in die Höhe geschnellt.
Speziell die Chemie mit Center Andre Drummond stimmt. Das Pick'n'Roll mit dem Big ist eine gefährliche Waffe, vor allem weil mit Bradley und Tobias Harris auf dem Flügel gefährliche Schützen auf die offenen Dreier warten. Harris ist seit Beginn der Saison ultraheiß und kann derzeit eine Dreierquote von 50,6 Prozent vorweisen, wohlgemerkt bei 6,4 Versuchen pro Spiel.
Sein Spiel aus der Mitteldistanz ist dagegen kaum mehr vorhanden, was auch für das gesamte Team gilt. Nur noch 12,7 Prozent der Punkte werden aus der Midrange (2016/17: 20,9 Prozent) generiert. Gerade Morris war ein Kandidat, der gerne in dieser Zone isoliert werden wollte und dort seine Abschlüsse nahm.
Andre Drummond und die Freiwürfe
So hat auch Drummond unter dem Korb mehr Platz. Vorbei sind die Zeiten, als er versuchte, im Post seine Würfe zu kreieren. Stattdessen wird der Center vermehrt an der Birne eingesetzt, um mit Handoffs und einem gleichzeitigen Screen Platz für die schneidenden Flügelspieler zu schaffen. Auch so ist sein neues Career High in Assists (7 gegen die Atlanta Hawks) zu erklären.
"Ich freue mich über meine neue Rolle", sagte Drummond selbst. "Ich bin mehr involviert, kann Plays machen, meine freien Mitspieler finden und die Defense unter Druck setzen." Der einst so phlegmatische Big bringt nun viel mehr Energie und zeigt deutlich mehr Freude am Spiel. Es hilft ihm, dass seine Stärken deutlich gezielter eingesetzt werden.
Noch viel auffälliger sind aber bisher seine Auftritte an der Freiwurflinie. Die Liga staunte nicht schlecht, als der einstige 38-Prozent-Schütze gegen Milwaukee 14 von 16 Freebies versenkte. Zwar legte er gegen die Pacers (0/7 FT) wieder ein ordentliches Ei, doch bleiben seine Quoten bisher im mittleren 60er Bereich.
Das wäre vollkommen in Ordnung, da es historisch gesehen kaum solche Sprünge bei schlechten Freiwerfern gegeben hat. "Ich muss weiter dranbleiben", äußerte sich Drummond nach dem Indiana-Spiel. "Ich muss stark bleiben und darf mich davon nicht runterziehen lassen."
Pistons: Gute Stimmung dank Siegesserie
Das wird aber nicht passieren, wenn man den Aussagen des ehemaligen UConn-Spielers glauben mag. "Die Energie in unserem Team ist fantastisch", preiste Drummond nach dem Sieg gegen die Heat die Stimmung an. "Wir gehen gut mit Niederlagen wie auch mit Siegen um. Wir werden nicht übermütig und lassen auch nicht den Kopf hängen."
Die Birne hängt in den vergangenen Wochen selten unten. Nach den Celtics bleiben die Pistons das heißeste Team im Osten. In der kommenden Woche warten nun vier weitere Heimspiele; vier weitere Gelegenheiten also, um den Leuten in Detroit und den USA zu zeigen, dass es sich endlich wieder lohnt, Pistons-Spiele live anzusehen.