Zur perfekten Playoff-Atmosphäre fehlte am Donnerstagabend Ortszeit im TD Garden in Boston wirklich nicht mehr viel. Die Euphorie von 13 Erfolgen in Serie hatte die Celtics-Fans voll erfasst und nun war auch noch der amtierende Champion zu Gast. Beste Voraussetzungen also für einen stimmungsvollen Abend.
Erstmals so richtig laut wurde es schon vor dem eigentlichen Tip-Off - und das hatte rein gar nichts mit dem Geschehen auf dem Parkett zu tun. Vielmehr mit einem Gesicht auf dem Jumbotron. Frenetischer Applaus brannte auf, als Gordon Hayward auf den Bildschirmen auftauchte. Nach dessen Horrorverletzung im ersten Spiel der neuen Spielzeit und dem daraus resultierenden Saisonaus zeigte sich der 27-Jährige erstmals wieder in der Arena, um sein Team persönlich zu unterstützen.
Der warme Empfang dürfte Hayward sicherlich gut getan haben, für die Celtics-Fans war es ein perfekter Einstieg in den Abend, an dem die aktuell wohl besten Teams der NBA aufeinander trafen. Als die Kelten später einen doppelten 17-Punkte-Rückstand aufholten und schließlich den 14. Sieg in Folge in der Tasche hatten, gab es für die Bostonians erst recht kein Halten mehr.
Zum Helden des Abends avancierte dabei Jaylen Brown. Nur wenige Stunden vor der Partie erfuhr der 21-Jährige vom Tod seines besten Freundes, Trevin Steele. Dennoch stand Brown auf dem Parkett. Und dennoch führte er die Celtics mit seiner energiegeladenen Performance - sowohl in der Offense als auch in der Defense - zum Sieg.
Celtics an der Spitze der NBA
14 Siege in Serie - das gelang den Kelten zuletzt in der Saison 2010/11. Der Franchise-Rekord liegt übrigens bei 19 Siegen in Folge. In Anbetracht der aktuellen Form, die Kyrie Irving und Co. Abend für Abend aufs Parkett zaubern, erscheint es durchaus machbar, dass die Celtics diese magische Zahl zumindest angreifen können.
In jedem Fall unterstrich der Erfolg gegen die Warriors die Ambitionen, die dieses Team in dieser Saison hat - trotz des Ausfalls von Hayward und trotz des großen personellen Umbruchs im vergangenen Sommer. Boston steht nicht umsonst nach dem ersten Saisonmonat mit der besten Bilanz an der Spitze der NBA: Irving spielt wie der Superstar, der er selbst glaubt, zu sein (wenn auch im Spiel gegen Golden State davon nur bedingt etwas zu sehen war).
Dank der starken Bank um Daniel Theis scheint die nötige Tiefe im Kader vorhanden. Und die Defense gehört zu dem besten, was die Association aktuell zu bieten hat. Letzteres beweist allein schon der Blick auf die schnöden Statistiken. Bereits sechs Mal hielten die Cs ihren Gegner unter 90 Zählern, Bestwert in der NBA.
Das Defensiv-Rating ist mit einem Wert von 95,4 ebenfalls mit Abstand Bestwert. Und noch ein ganz frischer Beweis für Bostons Defensivstärke: Die Dubs erzielten Donnerstagnacht magere 88 Zähler. Ihr Saisonschnitt lag vorher bei 119,6 Punkten pro Partie.
Lob vom Gegner
"Es gibt einen Grund, warum sie bisher noch nicht allzu viele enge Spiele bestritten haben", warnte Coach Brad Stevens vor dem Aufeinandertreffen. "Sie sind einfach verdammt gut!" Nach den Gesetzen der menschlichen Logik müsste das Ergebnis aus der vergangenen Nacht also bedeuten, dass Boston ebenfalls verdammt gut ist.
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Dass Warriors-Coach Steve Kerr das genauso sieht, hat er bereits vor wenigen Tagen in den Medien klar gestellt. "Es sieht so aus, als sei Boston das Team der Zukunft im Osten, bei all den Assets die sie haben, dem jungen Talent und dem Coaching, und dem überragenden Kyrie Irving", sagte der 52-Jährige zu ESPN.
"Das sieht wie ein Team aus, das für eine lange Zeit ganz weit oben im Osten sein wird. Ob ihre Zeit jetzt schon gekommen ist oder in der Zukunft, wird sich zeigen. Aber es sieht ganz danach aus, als wäre es für sie jetzt schon so weit."
Celtics vs. Warriors: Vorschau auf die Finals?
Kerr ist mit dieser Einschätzung nicht alleine. Im Hinblick auf das Duell mit den Warriors war in verschiedenen Medien bereits von einer Vorschau auf die NBA-Finals 2018 die Rede. Ob er im Juni, also zu den Finals, wieder in Boston sein würde, wurde Golden States Superstar Stephen Curry nach dem Spiel gefragt: "Es sieht gerade sehr, sehr stark danach aus", entgegnete dieser.
Um das zu sagen, ist es natürlich noch viel zu früh. Zumal auch bei den Celtics nicht alles Gold ist, was glänzt. Beispielsweise hängt schon jetzt viel an Rookie Jayson Tatum; keine Frage, bisher hat der No.3-Pick die hohen Erwartungen an ihn sogar weit übertroffen. Es dürfte aber niemanden überraschen, wenn der 19-Jährige früher oder später Bekanntschaft mit der berühmt-berüchtigten Rookie-Wall macht.
Auch Brown ist mit seinen 21 Jahren noch recht unerfahren und wurde eher unsanft in seine prominente Rolle hereingespült. Kann er wie im Übrigen auch die bisher überzeugenden Reservisten über eine volle Saison und zusätzlich in den Playoffs konstant gute Leistungen zeigen?
Zudem wird sicherlich auch die Konkurrenz in der Eastern Conference (Hallo, Cavaliers!) im Laufe der Saison stärker werden und im Kampf um die Finals-Teilnahme das eine oder andere Wörtchen mitreden.
Celtics: Das Potenzial ist riesig
Dennoch kann Boston selbstverständlich mit einem extrem positiven Gefühl in die Zukunft blicken. Nachdem sie nach der Hayward-Verletzung von einigen Experten und vor allem Fans gegnerischer Teams bereits abgeschrieben wurden, zeigen die Celtics mit ihrer Siegesserie, dass mit ihnen doch schon in dieser Saison zu rechnen ist.
Außerdem bestätigen die ersten Wochen die Vermutungen vieler Experten vor Saisonbeginn: Der Kader ist durch die Bank weg enorm talentiert. Das Potenzial ist dementsprechend riesig. Dem jungen Team von Stevens gehört die Zukunft. Und vielleicht auch schon die Gegenwart.