Jahlil Okafor wurde erlöst und von den Philadelphia 76ers zu den Brooklyn Nets getradet. Wie sah der Deal im Detail aus? Was bedeutet er für die Nets, die Sixers und für den Big Man selbst? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie sieht der Trade von Jahlil Okafor aus?
Schon seit Wochen sprach Sixers-GM Jerry Colangelo darüber, dass er emsig versuchen würde, einen Trade für Jahlil Okafor einzufädeln. Dieser hatte einen solchen immer wieder gefordert, da der No.3-Pick von 2015 keine Rolle mehr in der Rotation spielte und nicht mal mehr in der Garbage Time ran durfte - "aus Respekt", wie Coach Brett Brown betonte.
Es war also klar, dass sich die Wege der Parteien eher früher als später trennen würden. Dabei wurden die Nets ohnehin in vielen Gerüchten erwähnt und verhandelten offenbar schon länger mit dem Front Office von Philly. Nun kam es also zu einem Ergebnis: Die Nets erhalten neben Okafor auch noch Nik Stauskas, einen Shooter, der bei den Sixers auch abkömmlich geworden ist. Auch einen Zweitrundenpick 2019 mussten die Sixers drauflegen, um den unzufriedenen Okafor final loszuwerden.
gettyOkafor steckt noch in seinem Rookie-Vertrag. Dieser läuft allerdings im nächsten Sommer aus, da die Sixers auf die Option für das vierte Jahr verzichtet hatten. Somit wird der Center Unrestricted Free Agent, kann also in der kommenden Offseason theoretisch erneut wechseln, wenn ihm danach ist.
Auch Stauskas steckt noch in seinem Rookie-Vertrag. Anders als Okafor wird er allerdings nur Restricted Free Agent, wodurch die Nets über die Zukunft des Shooting Guards mitentscheiden können. Der 2019er Zweitrundenpick, den die Nets erhalten, ist nicht geschützt.
Der Vertrag von Trevor Booker, der zukünftig das Trikot der Sixers trägt, läuft 2018 aus. In der laufenden Saison verdient er 9,1 Millionen Dollar und legt 10,1 Punkte und 6,6 Rebounds auf.
Was bedeutet der Okafor-Trade die Brooklyn Nets?
Rein sportlich gesehen ist Okafor ein Spielertyp, den die Nets (offensiv) sehr gut gebrauchen können. Sie haben ligaweit die wohl schlechteste Center-Rotation. Jarrett Allen ist der einzige Fünfer im Roster, mit dem Brooklyn langfristige Pläne hat. Timofey Mozgov - beziehungsweise sein abstruser Vertrag - diente nur als Material im Trade rund um D'Angelo Russell und Tyler Zellers Potential ist begrenzt.
Nun gibt es mit Okafor einen Spieler, der im Setplay wertvoll ist, da er über ein gutes Post-up verfügt. Klar, es gibt viele Baustellen, an denen er arbeiten muss (siehe Frage 3), doch richtig eingesetzt wertet er das Team auf. Allerdings scheint er nicht ins schnelle und aufs Tempo ausgelegte System von Kennty Atkinson zu passen. Aber: Hier sind durchaus Anpassungen zu erwarten, schließlich hatte der Head Coach auch ein Wörtchen beim Trade mitzureden. Und dass das Halbfeldspiel bis dato recht mies war, gerade in Situationen am Ende der Shotclock, weiß er ja auch.
Ein Risiko gehen die Nets mit Okafor freilich nicht ein, da er 2018 Free Agent wird. Sollte er sich empfehlen, kann ihm das Front Office ohnehin nur einen Vertrag mit einem Startgehalt von 6,3 Millionen Dollar anbieten. Soviel wäre die Option wert gewesen, die Philly einst nicht zog - so wollen es die Regeln.
Auch Stauskas kommt finanziell komplett ohne Risiko ins Barclays Center. Sportlich sollte man nicht ausschließen, dass es doch noch etwas wird mit dem Distanzwurf-Spezialisten. Letzte Saison in Philly, als er noch 27,4 Minuten pro Abend randurfte, traf er 36,8 Prozent seiner Dreier für 9,5 Punkte. Unter anderem durch die Ankunft von J.J. Redick wurden seine Dienste aber nicht mehr gebraucht - anders könnte es nun in Brooklyn aussehen, die mit ihrem Spielstil gar nicht genug Dreierwerfer haben können.
Von Coach Atkinson mit der Lizenz zum Feuern ausgestattet ist es nicht auszuschließen, dass Stauskas Selbstvertrauen tankt und er ein wertvoller Scorer von der Bank wird. Wenn nicht, schickt man ihn halt im Sommer wieder weg.
Und dann ist da ja auch noch der Pick, den die Nets ergattert haben. GM Sean Marks versucht schon seit langem, die Trümmer vom verheerenden Trade mit den Celtics beiseite zu räumen und Picks für den Rebuild anzuhäufen. Das ist ihm inzwischen gelungen: 2018 haben sie drei Picks (1 Mal erste Runde, 2 Mal zweite Runde), 2019 die gleiche Konstellation. Darauf lässt sich aufbauen - ob nun mit oder ohne Okafor.
Was bedeutet der Trade für Jahlil Okafor?
In erster Linie die Chance auf den langersehnten Neuanfang. Okafor erlebte seit dem Draft 2015 einen rasanten Abstieg: Damals galt er noch als ähnlich talentiert wie Karl-Anthony Towns oder Kristaps Porzingis, manch ein Experte siedelte ihn sogar über den genannten Bigs an.
In den folgenden Jahren schritt die Center-Revolution in der NBA jedoch schnell voran. Die neuen Fünfer sollten offensiv mehr mitbringen als nur Lowpost-Moves und einen soliden Halbdistanzwurf - es darf auch gerne ein sicherer Dreier sein. Wenn das nicht der Fall ist, sollen sie zumindest eine Wucht im Pick-and-Roll darstellen und dieses auf der anderen Seite gut verteidigen können. Letzteres sind Sachen, die auf Okafor bekanntlich gar nicht zutreffen.
Er ist einer der schlechtesten Verteidiger der Liga, ob nun im Pick-and-Roll oder in einer sonstigen Situation. Teilweise wirkte es hilflos, was er in der eigenen Zone veranstaltet - bei Switches gegen wuselige Guards mag man gar nicht hinschauen, so verheerend sieht das aus.
Daran wird The Big Jah arbeiten müssen, was die Nets natürlich wissen. Die nötige Zeit haben sie dafür, Siege braucht es erstmal nicht. Nun liegt es an Okafor, diese Zeit auch in die richtigen Baustellen zu investieren. Und davon gibt es auch in der Offensive einige.
Denn statistisch war er auch am vorderen Ende des Parketts nie effizient. Im Gegenteil: In der vergangenen Saison landete er beim offensiven Real-Plus-Minus auf dem 69. Platz unter den Centern - er war also Schlusslicht. Als eine "Ausrede" darf hier aber gelten, dass er sich selten das Feld mit den besseren Sixers-Spielern teilen durfte und entsprechend schwierige Abschlüsse nehmen musste.
Nun steht in Brooklyns Lineup auch nicht die Elite der NBA-Welt auf dem Parkett, doch das Spacing ist besser als zu Okafors Spielzeiten in Philly. Das dürfte dem Lowpost-Spezialisten zugutekommen. Wenn er Platz bekommt, kann er sich zu seinen Abschlüssen wühlen. Wenn es ihm gelingt, sein Playmaking zu verbessern und Double-Teams besser zu bestrafen, würde er sein Spiel direkt auf eine andere Ebene heben.
Das muss er auch dringend tun, um zu beweisen, dass er eben doch kein Center ist, der aus der Zeit gefallen ist. Dafür hat er jetzt noch drei Viertel der laufenden Saison Zeit. Das Umfeld in Brooklyn scheint dafür wie gemacht - und die Motivation dürfte nach der Posse in Philly massig vorhanden sein.
Was bedeutet der Trade für die Sixers?
"Es gibt nur selten Trades, bei denen beide Teams am Ende gut dastehen", erklärte Coach Brett Brown gegenüber philly.com. "Aber dieser hier ist einer."
Die Sixers sind also durchaus zufrieden mit der Ausbeute, die sie herausgeholt haben: Mit Booker bekommen sie einen harten Arbeiter, der sich nicht scheut, die Hände schmutzig zu machen. Das kann auf jüngere Spieler abfärben. Neun Millionen Dollar scheinen dafür zwar etwas viel Geld zu sein, doch der Vertrag des Forwards läuft aus.
Zudem haben die Sixers - da sie ja zwei Spieler für einen abgegeben haben - einen Roster-Spot geschaffen. Das dürfte in der kommenden Offseason helfen, zumal Bookers Gehalt dann nicht mehr gegen den Cap zählt.
Darüber hinaus haben sie einen Unruheherd beseitigt. Einen so hohen Pick wie Okafor einfach aufzugeben und auf der Bank versauern zu lassen, hat es selten gegeben. Dass dieser deshalb Stunk machte, war nachvollziehbar - das ist nun vorbei.
Ein Buyout wäre letztendlich wohl die schnellere Variante gewesen und die Sixers hätten ihren Pick behalten können. Okafor zufolge - der den Markt in diesem Fall hätte selbst testen können - wollte GM Colangelo das nicht, da er seinen Spieler nicht einfach so verschenken wollte.
"Im Laufe der Zeit ist sein Trade-Wert natürlich gesunken", erzählte Colangelo. "Dessen waren wir uns aber bewusst und haben entsprechende Verhandlungen geführt. Diese sind nun zu einem Erfolg gekommen."
Wie geht es mit Trevor Booker weiter?
Es ist eher unwahrscheinlich, dass Booker in den Langzeit-Planungen der Sixers eine Rolle spielt. Sollte er nicht über seinem Niveau spielen und künftig auf einen Haufen Geld verzichten, wird er vermutlich in der nächsten Saison wieder ein anderes Trikot tragen. Die Sixers sind bereits sein viertes Team in seiner achten Saison.
Zuletzt in Brooklyn war er ein Rollenspieler, der aufgrund mangelnder Konkurrenz trotzdem viele Spielanteile bekam. Seine 8,3 Abschlüsse pro Spiel (10,1 Punkte, 51,3 Prozent FG) waren Karrierehöchstwert. So viel wird er bei den Sixers nicht bekommen, da er sich seine Position unter anderem mit Dario Saric oder Ben Simmons teilen wird.
Als Energizer von der Bank wird er aber auch bei einem Playoff-Anwärter wie Philly wertvoll sein. Er kann bis zu drei Positionen verteidigen und zeigt immer vollen Einsatz. Das ist in einer langen Saison elementar. "Wir bekommen mit Trevor einen echten Mann", analysierte Brown seinen Neuzugang. "Wir bekommen einen Veteranen, der weiß, wie es läuft. Seine Härte und Vielseitigkeit interessieren mich."
Für Booker ist der Trade zweifelsfrei ein Upgrade. Aller Voraussicht nach wird er die Playoffs erreichen, was in Brooklyn utopisch gewesen wäre. Zeigt er dort gute Leistungen, ist das deutlich mehr wert als jedes Regular-Season-Spiel in einem Rebuild-Team. Kein Wunder, dass er sich auf seine neue Aufgabe freut.