Dirk Nowitzki belegt mit den Dallas Mavericks derzeit den letzten Platz in der Western Conference (7-17). Im Gespräch mit DAZN und SPOX erklärte der 39-Jährige, wie er dennoch positiv bleibt, und erzählt von seinem Training und seiner Ernährung. Außerdem: Welche Niederlagen ihn bis heute heimsuchen.
SPOX/DAZN: Herr Nowitzki, würden Sie sagen, dass man die aktuelle Situation als Umbruch beschreiben kann? Gerade mit Rookie Dennis Smith ist jetzt ein Point Guard da, der völlig andere Stärken hat als beispielsweise Deron Williams letzte Saison.
Dirk Nowitzki: Ja, wir haben schon versucht, das Spiel jetzt ein bisschen schneller zu machen über Dennis, weil er eben so explosiv und extrem schnell im Fastbreak ist. Aber ich muss sagen, dass es bisher nicht toll funktioniert hat, vielleicht haben wir auch nicht so die Mannschaft dafür. Zuletzt haben wir jetzt wieder mehr versucht, das Tempo ein bisschen zu kontrollieren oder auch mal rauszunehmen und im Halbfeld unsere Sachen zu machen, vor allem über Harrison [Barnes]. Da müssen wir jetzt einfach einen Mittelweg finden.
SPOX/DAZN: Wann immer ein Point Guard mit Ihnen ein Pick'n'Pop läuft, entstehen zwei Mismatches. Im letzten Jahr wurde dann eigentlich immer das Duell zwischen Ihnen und dem kleinen Gegner gesucht, aktuell sieht es eher so aus, als würde Smith gezielt in Szene gesetzt. Ist das eine schwierige Umstellung?
Nowitzki: Nein, wir wollen schon, dass Dennis attackiert. Bei seiner Schnelligkeit und Athletik gibt es fast keinen Big Man, der vor ihm bleiben kann, wenn er zum Korb zieht. Deswegen ist das eine gute Option. Aber wir wechseln uns schon ab, manchmal gehe ich ja auch in den Post, um das Mismatch auszunutzen. Am besten ist man immer, wenn man mehrere Optionen nutzen kann. Mal schauen, wie weit wir das in dieser Saison noch entwickeln können. Aber Dennis wird ohnehin nur noch besser werden, gerade auch von der Übersicht her. Mit ihm werden wir in den nächsten Jahren noch viel Spaß haben.
gettySPOX/DAZN: Sie haben zuletzt immer betont, dass Sie so lange spielen, wie es noch Spaß macht - nun ist Dallas momentan in einer schwierigen Situation. Wie sieht es denn mit dem Spaß aus?
Nowitzki: Es waren jetzt natürlich viele Niederlagen, da ist es schwerer, Spaß zu haben. Aber ich versuche trotzdem, alles zu genießen. Auch im Training, da spiele ich viel Eins-gegen-Eins und versuche, gezielt an Moves zu arbeiten, die ich im Spiel auch brauche. Ich stärke auch immer noch meine Beine. Und Schießen macht mir sowieso immer Spaß. Also wie gesagt: Ich versuche weiter, alles zu genießen und positiv zu bleiben. Wir haben noch eine Menge Saisonspiele vor uns, da kann man jetzt nicht nur den Kopf hängen lassen. Natürlich war man jetzt enttäuscht und hier und da frustriert, aber ich hoffe, dass wir uns da rauskämpfen können. Dann können wir auch immer noch einige Teams überraschen.
SPOX/DAZN: Wie wichtig ist da Ihre persönliche Rolle, gerade in Bezug auf die vielen jungen Spieler im Kader?
Nowitzki: Ich versuche einfach, jeden Tag aufs Neue positiv an die Sache heranzugehen. Ich komme früh zum Training, um zu stretchen, ich bleibe länger, um dann noch ein bisschen zu werfen, einfach um allen zu zeigen: Wir müssen uns da irgendwie rausackern aus dem Loch. Mit Abwarten und Teetrinken wird das nichts.
SPOX/DAZN: Wie sieht Ihre Trainingsroutine aktuell aus?
Nowitzki: Wir machen mindestens zweimal die Woche Krafttraining, wobei da jeder schon individuell schauen kann, was er braucht. Bei mir zum Beispiel geht es mehr darum, die Explosivität zu fördern. Mit 40 werde ich jetzt nicht 500 Kilo squatten, es geht eher darum, Spannung aufzubauen vor Spielen, mich zu dehnen, oder auch Laufübungen. Wie gesagt, es geht um Explosivität, weil das normalerweise das erste ist, was man im Alter verliert. Nicht die Kraft, sondern eher die Spritzigkeit und Elastizität.
SPOX/DAZN: Dafür machen Sie auch Yoga, richtig?
Nowitzki: Genau, das machen wir jetzt auch zwei- oder dreimal die Woche, meistens morgens am Spieltag. Es ist aber optional, normalerweise machen fünf oder sechs Leute mit. Ich bin dabei, Harrison [Barnes] auch, Wesley [Matthews] und auch Dennis.
SPOX/DAZN: Eigentlich verbindet man Yoga ja nicht unbedingt mit Basketball. Wie haben Sie dazu gefunden?
Nowitzki: Das war 2008, als wir zu den Olympischen Spielen gereist sind. Chris Kaman hatte da seinen Yoga-Typen aus Los Angeles dabei. Ich dachte nur: 'Was machst du denn da?' Und dann habe ich mal mitgemacht vorm Training und mich dann wirklich super gefühlt. Dann haben wir mit dem ganzen Team mitgemacht und ich bin irgendwie dabeigeblieben. Ich glaube, gerade jetzt in meinem Alter muss man einen guten Mix finden aus Stretching, aus Kraftübungen und so weiter. Man verliert ja Elastizität in den Muskeln und wirkt dann im Spiel auch manchmal ein wenig steif, da kann man mit viel Stretching und Yoga schon noch etwas bewirken.
SPOX/DAZN: Wie hat sich die Routine seit Ihrer Rookie-Zeit verändert?
Nowitzki: Am Anfang steht man fast nur auf dem Feld. Man wirft vor dem Training, nach dem Training und macht sonst ein bisschen was für die Kondition. Aber das war es schon, in meinen Zwanzigern habe ich fast gar keine Kraftübungen gemacht. Und heute hat sich das alles ein bisschen umgelegt. Jetzt mache ich fast mehr außerhalb vom Spielfeld. Es ist genau so viel Arbeit wie damals, aber eben umstrukturiert. Es geht jetzt einfach darum, irgendwie das Niveau zu halten. Dafür bekommt jeder von uns einen sehr detaillierten Plan aufgestellt, welche Übungen wir machen sollen.
SPOX/DAZN: Hat sich das bei der Ernährung vergleichbar verändert?
Nowitzki: Ja, als ich damals hierherkam, wurden wir noch nicht so verwöhnt wie heute. (lacht) Da waren wir teilweise nach den Spielen noch um 11 Uhr in irgendwelchen Bars und haben Burger oder Chicken-Sandwiches gegessen. Welches normale Restaurant ist da noch geöffnet? Ich glaube, damals wusste man auch einfach noch nicht so viel über Ernährungswissenschaften. Das war es bei uns noch normal, vorm Spiel irgendwelche frittierten Sachen zu essen, das gibt es heute so gar nicht mehr. Jetzt kriegen wir vom Team oft dreimal am Tag gezielt gesundes Essen serviert, weil man jetzt auch mehr darüber weiß, wie viel man aus gesunder Ernährung herausholen kann. Es gibt viel Huhn, viel Fisch, und sicher nichts Frittiertes. Natürlich gibt es auch Eiweiß-Shakes und solche Sachen. Es wird einfach versucht, in einer langen Saison noch die paar Prozentpunkte herauszukratzen, an die man mit der Ernährung von früher eher nicht herangekommen wäre.
SPOX/DAZN: Gibt es irgendein deutsches Gericht, das Sie in den USA vermissen?
Nowitzki: Die Küche meiner Mutter vermisse ich manchmal, aber sie ist ja auch öfter bei uns. Über Weihnachten zum Beispiel ist die ganze Familie da und dann gibt es mit Sicherheit Schnitzel, Kartoffelsalat und solche Sachen. Das ist schon auch ein Grund, warum ich im Sommer immer gerne mal in Deutschland bin. Aber mir geht es schon auch hier ganz gut mit dem Essen.
SPOX/DAZN: In den USA ist es ja völlig normal, dass an Feiertagen wie Weihnachten oder Thanksgiving in der NFL und auch NBA gespielt wird. Wenn Sie selber nicht aktiv sind, schauen Sie dann auch zu, einfach weil es irgendwie dazugehört?
Nowitzki: Ich selber habe glaube ich nur einmal in meiner Karriere am Christmas Day gespielt, ansonsten konnte ich die Zeit schon mit der Familie verbringen. Aber klar, auch wir haben immer den Fernseher an. Nicht unbedingt immer das erste Spiel, aber nachmittags und die Abendspiele gucken wir dann schon auch. Da freut sich gerade mein Neffe, weil er in Deutschland ja nicht so viel NBA gucken kann zu den Uhrzeiten. Wenn er hier ist, wird dann alles geguckt. Und an Thanksgiving gucken wir auch Football, die Cowboys sind mir in 20 Jahren hier schon ans Herz gewachsen.
SPOX/DAZN: Stichwort 20 Jahre: Hätten Sie rückblickend irgendetwas in Ihrer Karriere gerne anders gemacht, wenn Sie die Chance dazu hätten?
Nowitzki: Man sagt das immer so schön, aber irgendwie gehören eben auch die Sachen dazu, die man durchmachen musste, die weh taten und nicht so schön waren. Wenn man in den Playoffs verliert und frustriert nach Hause fährt zum Beispiel. Abseits vom Feld sind auch einige Dinge anders gelaufen, als ich mir das gewünscht hätte. Das ist ja alles wohldokumentiert. Aber so ist das im Leben: Es ist nicht perfekt, die Karriere ist nicht perfekt. Man muss aus Fehlern lernen und ich glaube schon, dass alles für mich ganz gut gelaufen ist und dass ich es geschafft habe, aus Fehlern das Positive herauszuholen.
SPOX/DAZN: Welche Niederlage knabbert heute noch besonders an Ihnen?
Nowitzki: Einerseits die Finals 2006, andererseits natürlich die erste Runde 2007 gegen Golden State. Das war mein MVP-Jahr, wir hatten eine großartige Saison gespielt und fast 70 Siege geholt, und dreimal gegen die Spurs gewonnen. Wir waren der absolute Topfavorit und hatten wirklich eine gute Chance, das Ding zu holen. Und dann läuft man in so eine heiße Mannschaft, das war bitter. Und 2006 nach 2-0-Führung ... da wurde in den Zeitungen schon gefragt, wo die Parade stattfindet. Es war eine bittere Zeit, so etwas in aufeinanderfolgenden Jahren zu erleben. Aber es gab natürlich auch andere bittere Niederlagen. Es ist immer enttäuschend, wenn man nicht das erreicht, was man sich vorgenommen hat. Aber deswegen war 2011 natürlich umso besser.