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Nikola Mirotic macht die Bulls zum Gewinner: Schaufensterpuppe mit Knochenbruch

Nikola Mirotic
© getty

Nikola Mirotic war schon weg vom Fenster, nun hat er die Chicago Bulls überraschend zu sechs Siegen in Folge geführt und tritt auf wie ein komplett neuer Spieler. Was steckt dahinter - und wie geht es weiter?

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Es wäre ziemliches Understatement, wenn man behaupten würde, dass die letzten Wochen für die Bulls einem Zickzackkurs folgten. Am 6. Dezember, also vor genau zwei Wochen, kassierten sie ihre zehnte Niederlage am Stück und standen danach bei einer 3-20-Bilanz. Das überraschte niemanden, schließlich verfügt Chicago in dieser Saison über einen tanktastischen Kader, aber keinerlei Ambitionen.

Seit diesem 6. Dezember hat sich allerdings etwas verändert. Sechs Spiele haben die Bulls seither absolviert - und alle gewonnen, darunter sogar ein knapper Auswärtssieg in Milwaukee und ein Blowout gegen die Celtics (ohne Kyrie Irving). Dem Elias Sports Bureau zufolge sind die Bulls damit das erste Team in der NBA-Geschichte, das auf eine Serie von mindestens zehn Niederlagen mindestens fünf Siege folgen ließ.

Der Turnaround ist dabei natürlich kein Zufall und überhaupt nicht überraschend: Schließlich steht den Bulls seit sechs Spielen wieder Nikola Mirotic zur Verfügung!

Mirotic und Portis: Ein echter One-Two Punch

Der letzte Satz war selbstredend ironisch gemeint. Kein Mensch hatte damit gerechnet, mit Sicherheit auch nicht Mirotic selbst. Noch vor wenigen Wochen wurde bezweifelt, ob Mirotic überhaupt noch einmal für die Bulls auflaufen würde. Diversen Berichten zufolge hat er schließlich längst einen Trade gefordert.

Zur Erinnerung: Mirotic hatte den Anfang der Saison verpasst, weil Bobby Portis ihn bei einer Trainingseinheit geschlagen und dabei mehrere Brüche im Gesicht zugefügt hatte. In der Zwischenzeit weigerte sich Mirotic, die Entschuldigung von Portis anzunehmen - dieser wiederum schien beim Team ein höheres Standing zu haben als er.

Coach Fred Hoiberg äußerte immer wieder die Hoffnung, dass die beiden ihr Verhältnis mit der Zeit reparieren könnten. So richtig wollte daran aber natürlich niemand glauben. Als sich anbahnte, dass Mirotic so langsam wieder spielbereit werden würde, witzelte man über diesen "One-Two Punch" - aber nicht mit dem Hintergedanken, dass er tatsächlich funktionieren könnte.

Mirotic: "Bobby und ich spielen gut zusammen"

Nun sind erst ein paar Spiele absolviert und Mirotic und Portis standen bisher erst 74 Minuten gemeinsam auf dem Court - aber in dieser Zeit weisen die Bulls ein Net-Rating von +18,8 auf. Es ist das beste 2-Man-Lineup überhaupt im Kader, wobei es natürlich hilft, dass Mirotic die 20 Niederlagen vorher alle verpasst hat. Dennoch: One-Two Punch, aber sowas von!

"Bobby und ich spielen gut zusammen", sagte kürzlich auch Mirotic, der Portis' Entschuldigung mittlerweile dann doch "offiziell" akzeptiert hat. "Wir finden einander und wir bringen dem Team die Energie, die es braucht. Es scheint, als würde das Team sehr gut spielen, wenn wir beide auf dem Court stehen. Dafür müssen wir Fred [Hoiberg] danken, weil er uns in die richtigen Spots bringt."

Der Angesprochene selbst behauptete wiederum, dass ihn das gute Zusammenspiel der beiden früheren Streithähne nicht überrascht, weil ja beide "Pros" seien: "Beide spielen mit viel Leidenschaft und Emotion. Man kann sehen, wie gut sie zusammenpassen. Es macht wirklich Spaß, das anzuschauen."

Kris Dunn: "Niko ist ein sehr guter Leader"

Es fällt schwer, Hoiberg zu glauben, dass er diese Entwicklung wirklich antizipiert hat, es ist sogar beinahe unmöglich. Er hat aber definitiv Recht damit, dass die Bulls neuerdings Spaß machen - nicht nur der Team-interne Fight Club.

Bis vor kurzem waren Bulls-Spiele katastrophal anzuschauen, aber auf einmal verteidigen sie gut, lassen den Ball zirkulieren und spielen einen modernen Ball - hohe Pace, viel Bewegung, viel Leidenschaft. Alles mit Mirotic im Fokus: Der Forward legt momentan 20,3 Punkte und 7,3 Rebounds bei 52 Prozent aus dem Feld und 50 Prozent von der Dreierlinie auf und stachelt immer wieder sein Team genau wie die Fans an.

"Niko ist ein sehr guter Leader", erklärte kürzlich etwa Kris Dunn, der übrigens selbst nicht wiederzuerkennen ist, und Mirotic selbst sagte: "Das ist mein Moment, unser Moment. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir wieder einen Weg finden, um Spiele zu gewinnen. Bevor ich zurückkam, hatten wir Probleme und keinen Spaß am Spiel."

Der Faustschlag als Weckruf

Auch wenn Mirotic in seinen drei bisherigen Saisons immer wieder seine Momente hatte, hat sein aktuelles Spiel kaum etwas mit dem zu tun, was man von ihm kannte. Mittlerweile hat er zugegeben, dass der Vorfall mit Portis durchaus ein Weckruf für ihn war. Wobei sicherlich auch die Tatsache eine Rolle spielt, dass Mirotic sich empfehlen muss - für die kommende Saison verfügen die Bulls über eine Team-Option (12,5 Millionen Dollar), er hat also keinen garantierten Vertrag.

"Es ist etwas von beidem. Ich brauche Emotionen, wenn ich spiele", erklärte Mirotic. "Letzte Saison hat man das bei mir vermutlich nicht so gesehen. Aber es fällt einem viel leichter, wenn man gewinnt. Ich hatte seit langer Zeit nicht mehr so viel Spaß wie im Moment. Ich spiele einfach mit viel Selbstvertrauen und versuche, nicht zu viel nachzudenken."

Die Zögerlichkeit war etwas, was man Mirotic in den vergangenen Jahren oft vorwerfen konnte - jetzt lässt er den Ball einfach fliegen. "Ihr habt mich die letzten Jahre fertiggemacht, von wegen 'Pump-Fake, Pump-Fake Niko.' Deswegen lasse ich das jetzt", entgegnete Mirotic kürzlich auf die Frage, warum er auf einmal keine Hemmungen mehr habe, mit einem Grinsen.

Trade-Forderung besteht wohl immer noch

Das klingt alles ziemlich einfach - allerdings sind Mirotic und die Bulls natürlich immer noch mit Vorsicht zu genießen. Nicht nur sportlich, sie werden jetzt nicht die nächsten 50 Spiele gewinnen, das ist auch gar nicht der Plan. Im Gegenteil: Wenn sie so weitermachen, bringen sie sich selbst um den hohen Lottery-Pick, der eigentlich das übergeordnete Ziel dieser Saison ist.

Aber auch intern deutet nichts darauf hin, dass Mirotic seine Trade-Forderung zurückgenommen hat. Auch wenn er aufgrund seiner Vertragsstruktur erst ab dem 18. Januar getradet werden kann - und ein Veto-Recht hat, also jeden Deal blocken könnte.

Die Bulls machen, aller guten Laune zum Trotz, dem Chicago Tribune zufolge ebenfalls ihre Hausaufgaben. Vorsichtig sollen sie bereits bei mehreren Teams angefragt haben, was sie vielleicht für Mirotic (und Robin Lopez) bekommen könnten. Sie wollen (natürlich) Draft-Picks, aber keine langfristigen Verträge aufnehmen. Generell ist beim Team von Paul Zipser außer Lauri Markkanen, Zach LaVine und vielleicht Dunn niemand untouchable.

Es ist aufgrund von Mirotic' Vertrag nicht garantiert, dass ein Trade in dieser Saison zustande kommen wird, es ist aber weiterhin das wahrscheinlichste Szenario. Mirotic steht im Schaufenster - was zu erwarten war. Es war nur nicht zu erwarten, dass er eine so attraktive "Schaufensterpuppe" sein würde.

Trade-Kandidat in Probezeit

"Wenn wir überlegen, wie ein moderner Spieler aussieht, dann kommt so etwas wie Mirotic heraus", sagte Sixers-Coach Brett Brown kürzlich. Seine Hot Streak hat für Aufsehen gesorgt, zumal Mirotic derzeit auch defensiv viel kompetenter aussieht, als man es von ihm gewohnt ist. "Er ist defensiv viel besser als sein Ruf. Er tut viele kleine Dinge, die übersehen werden", erklärte Hoiberg.

Zweifel sind mit Sicherheit angebracht, Zweifel daran, dass er dies über mehrere Wochen halten kann. Aber in der aktuellen Verfassung wäre Mirotic auch für die ambitionierten Teams eine wirklich reizvolle Verstärkung. Viele Playoff-Teams werden bis Mitte Januar mit Sicherheit genau hinsehen und überlegen, ob "Threekola" nicht doch einen Erstrundenpick wert sein könnte.

"Wenn ich spiele, sage ich mir einfach, mach deine Arbeit und habe Spaß dabei. Ich versuche, alles möglichst simpel zu halten", erklärte Mirotic nach dem sechsten Sieg in Serie. Bisher ist er damit ziemlich gut gefahren.

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