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Victor Oladipo dreht bei den Pacers auf: Wer war noch gleich dieser Paul George?

Von Jan Dafeld
Victor Oladipo wird von den Fans in Indiana gefeiert
© getty

Die Indiana Pacers gehören zu den großen Überraschungen der laufenden Saison. Statt Rebuild steht der Kurs auf Playoff-Rennen. Zentraler Bestandteil des Aufschwungs ist Victor Oladipo, der nach vier Jahren und zwei Trades schon beinahe im grauen Mittelmaß verschwunden wäre.

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Seinen Sommer hatte sich Victor Oladipo anders vorgestellt. Ruhiger. Oladipo war Teil der "neuen" Oklahoma City Thunder, sein Vierjahresvertrag bei der Franchise noch kein Jahr alt. Die zweite Playoff-Runde hatte das Team in der vergangenen Saison verpasst, individuelles Training und die Organisation von Basketball-Camps standen im Mittelpunkt von Oladipos Plänen für den langen Sommer. Doch es sollte anders kommen.

Es war der 1. Juli, Oladipo flog nach einem Trainingslager in Oklahoma in seinen Heimatstaat Maryland zurück. Als er das Flugzeug verließ, drehte sich einer seiner Begleiter um: "Du wurdest gerade für Paul George zu den Pacers getradet." "Red keinen Mist", antwortete Oladipo, nur um wenige Augenblicke später mit einem Blick auf das eigene Smartphone festzustellen: Der Begleiter hatte Recht.

Es war ein harter Schlag für den 25-Jährigen. "Zwei Mal in so einem kurzen Zeitraum getradet zu werden, gibt dir das Gefühl, dass die Menschen dich nicht haben wollen", erklärte er. "Du hinterfragst dich selbst. Es schleichen sich Zweifel bei dir ein."

Doch die Zweifel sollten nicht lange anhalten. Seine Familie und Tom Crean, sein ehemaliger College-Coach, redeten ihm gut zu. Oladipo hatte seine erfolgreichste Zeit als Basketballer an der Universität von Indiana erlebt, zudem winkte ihm bei den Pacers eine deutlich bedeutendere Rolle als noch in OKC: Franchise Player statt Rollenspieler.

Oladipo: Liegestütze statt Schulterklopfer

Doch so positiv Oladipos persönliche Aussichten auch gewesen sein mögen, die Zukunft der Pacers sah anders aus. Die Thunder wurden als der klare Gewinner des Trades gefeiert. Indiana sei über den Tisch gezogen worden, wurde geunkt. Einziger Ausweg für die Franchise: Rebuild. Tanking. "Natürlich stört mich das", zeigte sich Oladipo damals erzürnt. "Aber die Leute haben ihre Meinung, ich kann das nicht kontrollieren. Das einzige, was ich kontrollieren kann, ist, wie hart ich arbeite."

Und Oladipo arbeitete hart. Er legte während der Offseason zwei, manchmal drei Trainingseinheiten pro Tag ein, arbeitete mit einem eigenen Coach, engagierte einen persönlichen Koch und nahm fast zehn Kilo ab. "Die Art und Weise wie er an sich arbeitet, ist ansteckend", schwärmte Teamkollege Lance Stephenson. "Er bringt jeden dazu, hart zu spielen. Er ist jeden Tag der Erste, der da ist."

Oladipo versucht, voranzugehen. Nachdem er sein Team in der vergangenen Woche mit 27 Punkten und einem Dreier in letzter Minute zum Sieg über die Bulls geführt hatte, konnte man am Spielfeldrand beobachten, wie er unmittelbar nach Spielende Liegestütze machte. Selbstbestrafung. Der Grund: Er hatte am Ende des Spiels einen Freiwurf vergeben.

Indiana Pacers: Teamchemie als Erfolgsrezept

Bislang zahlt es sich aus. Nach 27 Spielen haben die Pacers 16 Siege auf dem Konto. Das Team, das viele Experten zu Beginn der Saison ans Ende der Tabelle getippt hatten, liegt auf Playoff-Kurs. Der Vorsprung auf die Philadelphia 76ers, momentan Neunter, beträgt bereits 3,5 Siege, auch weil Oladipo aufdrehte und gegen die Denver Nuggets mit 47 Punkten ein neues Career High auflegte.

Dabei hatte Dipo kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit noch den möglichen Ausgleich verpasst, doch Mitspieler Thaddeus Young tippte den Rebound in den Korb und die Pacers siegten noch in der Overtime. "Ich denke, unser Erfolg hängt stark mit den Persönlichkeiten in unserem Team zusammen", erklärt Oladipo. "Wenn du von guten Leuten umgeben bist, dann kommt er irgendwie von ganz alleine."

Das Ego wird hinter das Team zurückgestellt. Als Al Jefferson im Training Camp erfuhr, dass er in dieser Spielzeit mehr als Mentor fungieren sollte und weniger spielen würde, akzeptierte er seine Rolle. Auch als Stephenson seinen Platz als Starter wieder für Oladipo räumen sollte, stimmte er zu.

"Es ist etwas, das du nicht lernen kannst. In diesem Team stimmt es einfach", so Oladipo weiter. "Die meisten kennen sich erst seit vier, fünf Monaten und trotzdem machen wir viele Sachen zusammen. Ich habe schon in Teams gespielt, wo du dich nie mit deinen Mitspielern triffst. Da bist privat auf dich alleine gestellt. Das hier ist ziemlich cool."

Oladipo: Die beste Saison seiner Karriere

Es wäre leicht, Oladipos Aussagen auch als Kritik an seinen ehemaligen Teamkollegen, im speziellen Russell Westbrook, zu deuten, doch Oladipo macht deutlich, dass dem nicht so ist: "Ich habe so viel von Russ gelernt. Seine Einstellung, seine unermüdliche Moral. Diese Dinge haben mich definitiv geprägt."

Ob es nun tatsächlich auch Westbrooks Einfluss geschuldet ist oder nicht, sei dahingestellt, doch Oladipo spielt tatsächlich seinen mit Abstand besten Basketball aller Zeiten. In seiner gesamten NBA-Karriere kam der Shooting Guard nur über drei Monate gesehen auf seinen Scoring-Schnitt von über 20 Punkten pro Spiel. Für die Pacers markiert er bislang rund 24 Zähler. In fast allen relevanten Kategorien legt er Career-Highs auf. "Sie haben ihm sein Selbstvertrauen zurückgegeben", zeigte sich sogar LeBron James nach der Niederlage seiner Cavaliers in Indiana beeindruckt. "Wenn er drei, vier Würfe hintereinander nicht trifft, dann macht es ihm nichts aus - solange er gute Würfe kriegt, nimmt er sie."

Oladipo spielt aggressiver und schneller. Er erzielt mehr Punkte in Transition als je zuvor in seiner Karriere. Eine Spielweise, die sein Coach von ihm erwartet: Nate McMilan studierte seinen Neuzugang über den Sommer eindringlich und kam zu dem Schluss, Oladipos Schnelligkeit mehr nutzen zu müssen - fest in dem Glauben, den Guard so tatsächlich in einen Star verwandeln zu können.

Doch Oladipos Entwicklung kommt nicht einfach so aus dem Nichts. Er ist auch ein Produkt der äußeren Umstände. Seines Coaches, der Teamchemie - aber auch den Qualitäten seiner Mitspieler. Obwohl er - anders als noch in Oklahoma City - der Fokuspunkt der Offense ist, erhält Oladipo mehr offene Würfe als jemals zuvor.

Während Andre Roberson oder Russell Westbrook in der vergangenen Saison eher bedingt über Qualitäten als Shooter verfügten, öffnen Cory Joseph, Darren Collison oder Bojan Bogdanovic ihm in dieser Saison das Feld. Mit 39,5 Prozent weisen die Pacers die zweitbeste Dreierquote der Liga auf - einzig die Warriors sind noch besser.

"Letzte Saison George, jetzt Oladipo"

Während die Thunder mit einer Bilanz von 12 Siegen und 13 Niederlagen ihren eigenen Ansprüchen weit hinterher laufen, sind die Pacers im Aufwind - und erscheinen plötzlich wie der Gewinner des Trades im Sommer! "Wenn du hier gewinnen willst, dann musst du der Schlange den Kopf abschlagen. Letzte Saison war das Paul George, jetzt ist es Victor Oladipo", zollte James Oladipos Entwicklung zum Anführer Respekt.

Als Number-Two-Pick kam dieser 2013 mit Vorschusslorbeeren in die NBA. Nach vier eher soliden Jahren galt Oladipo schon beinahe als Enttäuschung. Heute scheint der 25-Jährige den damaligen Erwartungen mit etwas Verspätung doch noch gerecht werden zu können. "Mir wurde gesagt, dass man an mich und meine Fähigkeiten glaubt", erzählt er über seine Ankunft in Indiana. "Es ist ein gutes Gefühl, wenn jemand so an dich glaubt wie du es auch selbst tust."

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